WikiLeaks-Gründer Julian Assange seit zwei Wochen zum Schweigen gezwungen

Bereits zwei Wochen sind vergangen, seit die ecuadorianische Regierung sämtliche Kommunikation des WikiLeaks-Gründers Julian Assange zur Außenwelt gekappt hat. Sie blockieren Assanges Internet- und Telefonverbindung und verbieten Besuche.

Assange sitzt seit sechs Jahren in der Botschaft Ecuadors in London fest. Dort hatte man ihm politisches Asyl gewährt, um eine Auslieferung nach Schweden aufgrund von erlogenen Anschuldigungen sexueller Gewalt zu verhindern. Schon länger wollen die USA ihn verhaften und verurteilen, weil er Emails und diplomatische Protokolle veröffentlicht hatte, die amerikanische Kriegsverbrechen im Nahen Osten sowie die Korruption der ehemaligen Außenministerin Hillary Clinton aufdeckten.

Die Anschuldigungen gegenüber Assange wurden von der schwedischen Regierung bereits vor einem Jahr fallengelassen. Außerdem erklärten die Vereinten Nationen seine Inhaftierung in der Botschaft als illegal. Trotzdem bleibt die britische Regierung dabei, dass sie Assange in jedem Fall verhaften würde, wenn er die Botschaft beispielsweise aus medizinischen oder anderen Gründen verlassen müsste. Voraussichtlich würden sie ihn dann direkt an die USA ausliefern.

Mike Pompeo, CIA-Direktor und baldiger US-Außenminister, nannte WikiLeaks einen „verfeindeten, nichtstaatlichen Akteur“. Im Jahr 2010 forderte Trump, der damals noch Unternehmer war, die Todesstrafe für Assange und andere, die bei WikiLeaks beteiligt waren.

Das Regime des ecuadorianischen Präsidenten Lenin Moreno begründete das Vorgehen gegen Assange damit, dass dieser angeblich die politischen Angelegenheiten anderer Länder „gestört“ habe, weil er auf Twitter die Verhaftung des katalanischen Politikers Carles Puigdemont in Deutschland kritisch kommentiert hatte.

In den Tagen bevor Assange mundtot gemacht wurde, veröffentlichte er Statements zur angeblichen Vergiftung von Sergei und Julia Skripal durch Russland, in denen er sich skeptisch gegenüber der offiziellen Darstellung der britischen Regierung zeigte. Außerdem teilte Assange auf Twitter die Artikelserie der World Socialist Web Site, in der entlarvt wurde, dass in den US-Zwischenwahlen zahlreiche ehemalige CIA-Agenten für die Demokratische Partei kandidieren.

Es ist kein Zufall, dass Assange gerade jetzt von der Außenwelt abgeschnitten wird. Die USA und ihre Verbündeten bereiten sich auf eine Verschärfung des Syrienkrieges und eine direkte Konfrontation mit der Nuklearmacht Russland vor. Die Zensur oppositioneller Stimmen, die das offizielle Narrativ in Frage stellen, wird als notwendig angesehen, um die Öffentlichkeit für die neuen Kriege zu gewinnen.

Der beispiellose Angriff auf Assange traf in der bürgerlichen Presse auf stillschweigende Zustimmung: Weder die New York Times noch die Washington Post oder andere große bürgerliche Zeitungen haben seit der ursprünglichen Nachricht am 28. März weitere Berichte oder Kommentare über Assange veröffentlicht.

Wenn jedoch Wladimir Putin einem regimekritischen Journalisten den Internetzugang versperrt hätte, so würden diese „Menschenrechtsimperialisten“ in ihren Kolumnen die Kriegstrommel rühren. Es gäbe gar nicht genug Tinte, um die Seiten zu füllen, auf denen im Namen der „Pressefreiheit“ ein Krieg mit Russland gefordert werden würde.

Wie zu erwarten war, kam auch von der pseudolinken Presse keine Verteidigung von Julian Assange – weder von der International Socialist Organization und ihrer Zeitung Socialist Worker noch der Socialist Alternative oder dem Magazin Jacobin, das enge Verbindungen mit den Democratic Socialists of America pflegt. Sie sind allesamt Anhängsel der Demokratischen Partei und des amerikanischen Imperialismus. Sobald falsche Vorwürfe sexueller Belästigung aufgekommen waren, hatten sie Assange mit den reaktionären Argumenten der Identitätspolitik verurteilt und den Wölfen zum Fraß vorgeworfen.

Ebenso auffällig ist die vollständige Abwesenheit von Kritik seitens jener Organisationen, die sich in der Vergangenheit gegen die Verfolgung von Assange und die politischen Attacken auf WikiLeaks ausgesprochen hatten. Zum jetzigen Stand finden sich keine Stellungnahmen auf den Webseiten von Amnesty International, der Electronic Frontier Foundation, der Freedom of the Press Foundation oder des Committee to Protect Journalists.

Letzten Donnerstag traten der Dokumentarfilmer und Journalist John Pilger und Assanges Mutter Christine Assange zusammen im Programm Flashpoints des Radiosenders Pacifica Radio auf. Dort sprachen sie über die politische Motivation hinter der Zensur.

„Gegen Julian Assange wird besonders brutal vorgegangen, weil er die kritische Meinung repräsentiert, die im westlichen politischen Spektrum fehlt“, sagte Pilger. „Er wurde zum Feind der westlichen Regierungen.“

„Dass ihm das Recht auf Kommunikation genommen wurde, ist ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Es ist ein Angriff sowohl auf seine als auch auf unserer Rechte. Noch nie habe ich jemanden getroffen, der so kühn und mutig wie Julian Assange ist. Überhaupt keinen Mut hat hingegen die sogenannte Opposition bewiesen, die jetzt schweigt.”

Christine Assange setzte die Zensur gegen ihren Sohn in Verbindung mit seiner Kritik an der antirussischen Kampagne der britischen Regierung, die im Zuge der Skripal-Affäre in Gang gesetzt und schnell als Lügenkonstrukt entlarvt wurde.

„John Pilger hat darauf hingewiesen, dass wir uns aufgrund der Propaganda rund um den Giftanschlag in Großbritannien an einem ziemlich kritischen Punkt im Verhältnis zu Russland befinden. Die Vergiftung konnte nicht eindeutig Russland zugeordnet werden.“

„Ich würde auch sagen, dass wir an einem kritischen Punkt bezüglich Julians Freiheit und Sicherheit sind. Beide Situationen sind miteinander verbunden. Am Tag, bevor Julians Kontakt mit der Außenwelt gekappt wurde, meldete sich zum Beispiel ein Mitglied des britischen Parlaments zu Wort und fragte: ‚Ist es nicht an der Zeit, etwas gegen die ecuadorianische Botschaft zu unternehmen?‘ Er war offenbar nicht erfreut über die Twitter-Nachrichten, in denen Julian die Reaktion der Regierung auf den Anschlag in Salisbury kommentierte.“

„Mir gefällt das Zitat von Orwell: Wenn es eine Hoffnung gibt, liegt sie bei den Proles [Proletariern]“, sagte Christine Assange später im Interview. „Im Laufe der Geschichte waren es meistens nicht die Herrscher, die unsere Rechte verteidigten. Es war die Bevölkerung, die sich zur Wehr setzte und von den Machthabern forderten, in ihrem Interesse zu handeln. Wir befinden uns an einem entscheidenden Punkt in der Geschichte. Wie John [Pilger] schon sagte, wir sind konfrontiert mit einem möglichen Weltkrieg und zugleich mit einem Krieg gegen den Journalismus.“

Siehe auch:

Warum bringt Ecuador Julian Assange zum Schweigen?

[2. April 2018]

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