Das Jahr 2018 beginnt mit einer internationalen Kampagne zur Zensur des Internets. Auf der ganzen Welt reagieren die Technologiekonzerne auf die politischen Forderungen der Regierungen mit einem harten Vorgehen gegen die freie Meinungsäußerung, die von der amerikanischen Bill of Rights, der Europäischen Menschenrechtskonvention und zahllosen internationalen Abkommen geschützt wird.
Der Wirtschaftsnachrichtensender Bloomberg veröffentlichte einen Blogpost mit dem Titel „Willkommen im Jahr 2018, dem Jahr der zensierten sozialen Netzwerke“. Er begann mit der Beobachtung: „Dieses Jahr sollte man sich nicht darauf verlassen, dass die sozialen Netzwerke ihre wichtigste Dienstleistung erfüllen: ein unzensiertes Podium für alle erdenklichen Ansichten. Die Zensur hat bereits begonnen und wird nur noch umfangreicher werden.“In der letzten Woche fanden u.a. folgende Entwicklungen statt:
- In Deutschland trat am 1. Januar das „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ in Kraft, das für die Betreiber von sozialen Netzwerken Strafen von bis zu 50 Millionen Euro vorsieht, wenn sie vermeintlich bedenkliche Inhalte nicht sofort entfernen. Deutsche Handelsgruppen und die Vereinten Nationen haben davor gewarnt, das Gesetz könne Technologiekonzerne dazu anspornen, geschützte Äußerungen zu verbieten.
- Am 3. Januar kündigte der französische Präsident Emmanuel Macron ein Verbot von „Fake News“ in Wahlkampfzeiten an, ein weiterer Schlag gegen die freie Meinungsäußerung nach den drakonischen Maßnahmen, die während des Ausnahmezustands umgesetzt wurden. Das Vorgehen von Frankreich und Deutschland hat neue Forderungen nach einem für die ganze Europäische Union gültigen Zensurgesetz ausgelöst.
- Die New York Times berichtete am 28. Dezember, Facebook habe den Account des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow gelöscht, offiziell weil er auf einer US-Sanktionsliste steht. Die American Civil Liberties Union wies darauf hin, dass dies einen Präzedenzfall schafft und der US-Regierung faktisch freie Hand gibt, weltweit die freie Meinungsäußerung einzuschränken, indem sie Wirtschaftssanktionen gegen einzelne Personen verhängen.
- Letzte Woche blockierten iranische Behörden soziale Netzwerke wie Instagram, in denen Demonstrationen gegen Ungleichheit und Arbeitslosigkeit organisiert wurden.
- Facebook hat sein Durchgreifen gegen palästinensische Facebook-Accounts verschärft und über 100 Forderungen von israelischen Regierungsvertretern nach der Löschung von Accounts erfüllt.
Zuvor hatte die Trump-Regierung die Abschaffung der Netzneutralität beschlossen. Die Technologiekonzerne haben damit freie Hand, den Zugang zu Websites und Dienstleistern zu zensieren und zu blockieren.
Im August berichtete die World Socialist Web Site erstmals darüber, dass Google linke, pazifistische und progressive Websites zensiert. Als Google Änderungen an seinen Suchalgorithmen einführte, behauptete das Unternehmen, sie seien politisch neutral und dienten nur dazu, „maßgeblichere Inhalte“ weiter nach oben zu befördern und „offensichtlich irreführende, qualitativ minderwertige, anstößige oder offen falsche Informationen“ herabzustufen.
Mittlerweile kann niemand mehr leugnen, dass die großen Technologiekonzerne eine umfangreiche und systematische Online-Zensurkampagne durchführen und sich dabei eng und aktiv mit mächtigen staatlichen- und Geheimdienstbehörden absprechen.
In den fünf Monaten seit der Veröffentlichung der Ergebnisse der WSWS hat Google seine Zensur linker, pazifistischer und progressiver Websites noch weiter verschärft.
Obwohl sich die Zahl der Leser der World Socialist Web Site über direkte Einträge und andere Websites erhöht hat, ist ihr Such-Traffic aufgrund der systematischen Entfernung ihrer Artikel aus den Suchergebnissen weiter gesunken. Der Such-Traffic auf die WSWS ist stärker gesunken als auf irgendeine andere linke Website, mittlerweile um 75 Prozent, im August waren es noch 67 Prozent.
Der Suchtraffic von Alternet.org ist um insgesamt 71 Prozent gesunken, im August waren es 63 Prozent. Der Traffic von Consortium News ist mittlerweile um 72 Prozent gesunken, bis August um 47 Prozent. Auch andere Seiten wie Global Research und Truthdig verzeichnen einen deutlichen Rückgang des Such-Traffics.
Die World Socialist Web Site schrieb in ihrer Neujahrserklärung: „Das Jahr 2018, das Jahr des 200. Geburtstags von Karl Marx, wird in erster Linie durch eine enorme Verschärfung der sozialen Spannungen und durch eine weltweite Zuspitzung des Klassenkampfs gekennzeichnet sein.“ Diese Prognose hat sich seither durch die Massendemonstrationen im Iran, den wilden Streik der Autoarbeiter in Rumänien und die wachsende Militanz der Arbeiter in Europa und dem Nahen Osten bestätigt.
Die herrschenden Eliten auf der ganzen Welt reagieren auf dieses Wiederaufleben des Klassenkampfs mit Versuchen, die freie Meinungsäußerung im Internet abzuwürgen und zu unterdrücken. Als Vorwand dient ihr der angebliche Kampf gegen „Fake News“ und „ausländische Propaganda“.
Die Arbeiterklasse muss gegen die Versuche Widerstand leisten, ihren sozialen Widerstand zum Schweigen zu bringen.
Am 16. Januar wird die World Socialist Web Site eine Live-Diskussion über Internetzensur zwischen dem Journalisten und Truthdig-Autoren Chris Hedges und dem Vorsitzenden der Internationalen Redaktion der WSWS David North veranstalten.
Diese Diskussion wird sich mit dem politischen Kontext der Versuche befassen, das Internet zu zensieren und die Netzneutralität abzuschaffen. Sie wird auf die Vorwände eingehen, mit denen die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung gerechtfertigt wird (z.B. „Fake News“) und politische Strategien zur Verteidigung demokratischer Rechte diskutieren. Hedges und North werden außerdem Fragen von Online-Zuhörern entgegennehmen.
Wir rufen alle Leser auf, sich zu registrieren, an dieser äußerst wichtigen Diskussion teilzunehmen und Freunde und Kollegen darüber zu informieren.