Die Zensur und die schwarzen Listen, die Google in Bezug auf die World Socialist Web Site und andere linke sowie Antikriegs-Websites anwendet, waren Thema eines ausführlichen Artikels, den die New York Times am 27. September veröffentlichte. Unter der Überschrift „Google als Polizist im Datenverkehr“ erschien der Artikel prominent auf der ersten Seite des Wirtschaftsteils der Druckausgabe und in der Online-Ausgabe der Zeitung.
Autor ist der Times-Journalist Daisuke Wakabayashi, der sich auf Technologiethemen spezialisiert hat. Der Artikel beginnt mit den Worten: „Als David North, der Chefredakteur der World Socialist Web Site, im April einen Rückgang der Zugriffe auf die Website bemerkte, schrieb er das zunächst der Nachrichtenmüdigkeit in Bezug auf Präsident Trump oder einer Veränderung des politischen Bewusstseins zu.
Als er sich die Zahlen jedoch genauer anschaute, so North, fand er eine eindeutige Erklärung: Google hatte aufgehört, Suchanfragen auf die Site zu leiten. Er stellte fest, dass die wichtigsten Suchbegriffe, die die Benutzer früher zur World Socialist Web Site weitergeleitet hatten, jetzt zu keinem Ergebnis mehr führten.
,Dies ist kein Zufall‘, erklärte North. ,Es ist eine bewusste Intervention.‘“
Wakabayashi hatte die WSWS einige Tage nach der Veröffentlichung von Norths Offenem Brief an den CEO und andere Mitglieder der Google-Konzernleitung kontaktiert. In dem Brief, der anhand umfangreichen Materials nachwies, dass Google die WSWS und andere linke Websites von den Suchergebnissen auszuschließen versucht, wurde ein Ende der Zensur und der schwarzen Listen gefordert.
Zwar hatte die Times schon früher darüber berichtet, dass Google den Zugang zu extrem rechten Websites einschränkt, doch Wakabayashis Artikel ist der erste fundierte Bericht über die Zensur von linken Websites durch kommerzielle Unternehmen in der Presse des US-Establishments.
Die Nachforschungen der WSWS hatten ergeben, dass der Suchtraffic zu 13 linken, Antikriegs- und progressiven Websites um 55 Prozent zurückgegangen war, seit Google im April diesen Jahres Änderungen an seinen Suchalgorithmen bekannt gab.
Nach dem ersten Gespräch zwischen North und Wakabayashi stellte die WSWS dem Times-Journalisten umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung, das belegt, dass der dramatische Rückgang des Suchtraffics von Google auf eine Zurückstufung der WSWS-Artikel bei den Suchergebnissen zurückzuführen war.
Ende September, kurz vor Erscheinen des Artikels, führte Wakabayashi ein zweites Interview mit North.
Der Artikel gibt die Erkenntnisse der WSWS zutreffend wieder.
„Mitte April ergab eine Google-Suche nach ,socialism vs. capitalism‘ gleich auf der ersten Seite einen Link auf die Site, im August ergab dieselbe Suche keinen einzigen Link mehr. Laut Angaben der Website führen nun 145 der wichtigsten 150 Suchbegriffe, die Menschen im April auf die Site geleitet hatten, nun zu überhaupt keinen Treffern mehr, die entsprechende Links enthalten.“
In seinem Interview mit Wakabayashi bat North den Times-Journalisten, Google aufzufordern, eine auf Tatsachen beruhende Antwort auf die Analyse der WSWS vorzulegen:
„Sie sollten aufgefordert werden, zu erklären, wie sie das machen“, zitiert die Times North. „Wenn sie behaupten: ,Wir [Google] machen gar nichts‘, dann ist das einfach unglaubwürdig.“
Der Times-Journalist fragte bei Google nach, erhielt aber keine Antwort. Der Artikel berichtet: „Google lehnte es ab, sich zur World Socialist Web Site zu äußern.“
Das Schweigen von Google ist gleichbedeutend mit einem Schuldeingeständnis.
Wakabayashi erwähnt in seinem Artikel auch den Vorwurf des offenen Briefs, dass die Google-Suche Websites des Establishments begünstigt.
„North zufolge rührt der Rückgang des Suchtraffics daher, dass Google die Anwender zu den Mainstream-Nachrichtenorganisationen leitet, darunter auch die New York Times. Die World Socialist Web Site behauptet, dass seit April die Suchergebnisse für eine Reihe anderer linker, progressiver, sozialistischer oder Antikriegs-Publikationen wie AlterNet und Consortiumnews zurückgegangen seien.“
Im Verlauf des Monats, in dem er für den Artikel recherchierte, hat Wakabayashi offenbar keine Beweise entdeckt, die die Behauptungen über Googles Zensur widerlegen. Im Gegenteil, seine eigene Recherche hat die Untersuchungsergebnisse der WSWS bestätigt.
So hat die New York Times zum Beispiel herausgefunden, dass der Suchtraffic zur WSWS über die Suchmaschine zwar zurückgegangen, die Anzahl der sonstigen Zugriffe jedoch gestiegen ist.
North erklärte gegenüber der Times: „Ich bin gegen jegliche Art von Zensur. Die Menschen sollten selbst entscheiden, was sie lesen wollen. Die World Socialist Web Site wird nicht das letzte Opfer sein. Diese Sache wird ausgedehnt werden und um sich greifen.“
Der Bericht der Times über Googles Zensur und den Boykott der World Socialist Web Site sowie anderer linker Websites ist eine politisch bedeutsame Entwicklung.
Als Reaktion auf den Times-Artikel veröffentlichte David North folgende Erklärung:
„Die Aufdeckung von Googles Angriff auf demokratische Rechte durch die WSWS wird von vielen verfolgt und hat erhebliche Auswirkungen. Der Artikel, der in der Times erschienen ist, wurde über einen Monat lang vorbereitet. Die Rechercheergebnisse des Autors bestätigen, dass der Suchtraffic zur WSWS dramatisch zurückgegangen ist. Als Google von der Times aufgefordert wurde, auf unsere Anschuldigungen zu antworten, hat das Unternehmen es vorgezogen, die Journalisten abzublocken. Wenn Google in der Lage gewesen wäre, die WSWS zu widerlegen, dann hätte es Mr. Wakabayashi die Beweise vorgelegt. Doch das hat es nicht getan, weil unsere Vorwürfe der Wahrheit entsprechen. Google ist an einer Verschwörung zur Zensur des Internets beteiligt.
Doch Googles Bestrebungen werden scheitern. Das Bewusstsein darüber, dass grundlegende demokratische Rechte angegriffen werden, wächst sehr schnell. Google diskreditiert sich selbst, da sein Name zum Synonym für die Manipulation von Suchergebnissen und die Unterdrückung der Redefreiheit und von kritischem Denken wird.
Die World Socialist Web Site wird ihren Kampf nicht aufgeben oder einen Rückzieher machen. Wir sind zuversichtlich, dass unser Kampf gegen die Zensur durch Staat und Unternehmen weiterhin an Unterstützung gewinnen wird.“