Zwei Entwicklungen der letzten Tage verdeutlichen, wie gängig rechtsextreme Haltungen und Umtriebe in der Bundeswehr sind. Sie werden von höchster Stelle unterstützt und gedeckt.
Am Donnerstag berichtete das ARD-Magazin Panorama über einen rechtsextreme Vorfall beim Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr. Das im baden-württembergischen Calw stationierte KSK ist die Eliteeinheit der deutschen Armee und operiert unter strenger Geheimhaltung.
Wie das Magazin berichtet, ereignete sich der Vorfall am 27. April dieses Jahres bei einer Abschiedsfeier für einen KSK-Kompaniechef nahe Stuttgart. Bei seiner Verabschiedung sei rechtsextreme Musik gehört worden. Mehrere Soldaten hätten die Lieder mitgegrölt. Vier Soldaten hätten dabei den Hitlergruß gezeigt.
Eine Frau hatte sich wegen dieses Vorfalls bereits vor Monaten an die Panorama-Redaktion gewandt. Sie war von einem Freund, der als Soldat beim KSK arbeitet, zu der Feier eingeladen worden. Der Kommandeur sollte dort einen Parcours absolvieren, bei dem nach Aussage der Frau unter anderem das Werfen von Schweineköpfen auf dem Programm stand. Nach dem Parcours sollte sie verabredungsgemäß als „Preis“ für den zu verabschiedenden Kommandeur für gemeinsamen Sex zur Verfügung stehen. Dazu kam es nach Aussage der Frau schließlich nicht, weil der Kommandeur, wie auch viele andere Soldaten, zu betrunken gewesen sei.
Während der geplante Sex einvernehmlich erfolgen sollte, war die Frau von der rechtsextremen Musik abgestoßen. Sie habe sich die Textzeilen gemerkt und die Band recherchiert. Es handelte sich um die Gruppe „Sturmwehr“, die auch auf NPD-Konzerten aufgetreten ist. Im Jahr 2004 befanden sich Songs der Band auch auf einer sogenannten Schulhof-CD der NPD, die die rechtsextreme Partei kostenlos an Kinder und Jugendliche vor den Schultoren verteilte.
„Armes Deutschland, was ist aus dir geworden? Armes Deutschland, man versucht dich zu ermorden“, heißt es in dem Liedext, der nach Angaben von Panorama bei der KSK-Feier gespielt wurde: „Einst ein Land von Größe, Kultur und Arbeitskraft, dich herunter zu wirtschaften in fast 60 Jahren haben sie geschafft“, so der Text weiter. Das Lied aus dem Jahr 2005 nimmt positiv Bezug auf die NS-Herrschaft und stellt die deutsche Nachkriegsgeschichte als nationalen Niedergang dar.
Die Bundeswehr hat inzwischen gegenüber Panorama bestätigt, dass die Abschlussfeier des KSK-Kommandeurs tatsächlich stattgefunden hat. In einer E-Mail an die Redaktion des Magazins heißt es, der Parcours habe unter dem Motto „römisch-mittelalterliche Spiele“ gestanden. Dazu habe auch Bogenschießen, das Zerteilen von Melonen und Ananas mit einem Schwert und das Werfen von Schweineköpfen gehört. Wegen der Vorwürfe des Hitlergrußes und des Rechtsrocks hat die Bundeswehr nach eigenen Angaben interne Ermittlungen eingeleitet.
Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans Peter Bartels (SPD), kommentierte, wenn tatsächlich der Hitlergruß gezeigt oder rechtsradikale Musik gehört worden sei, wäre das „jenseits von geschmacklos. Dann wäre das auch im Bereich der Strafbarkeit.“
Der Vorfall beim KSK ist kein Einzelfall, sondern symptomatisch für eine Armee, in der rechtsextreme Tendenzen fester Bestandteil der Traditionspflege sind. Das zeigt der Umgang der Bundeswehr mit ihren Kasernennamen.
Nach der Entdeckung einer rechten Terrorzelle unter Bundeswehroffizieren, die Anschläge planten, um sie Flüchtlingen in die Schuhe zu schieben, versuchte Verteidigungsministerin von der Leyen abzuwiegeln, indem sie eine Überprüfung der Traditionspflege der Bundeswehr ankündigte. Sie erklärte, die Tradition von Hitlers Wehrmacht gehöre nicht zur Bundeswehr, und versprach, Kasernen, die die Namen von Wehrmachtoffizieren tragen, umzubenennen. Das stieß auf die Kritik führender Generäle.
Nun hat sich selbst diese oberflächliche Initiative der Ministerin als Augenwischerei entpuppt. Aus einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag geht hervor, dass mehrere Kasernen, die die Namen von Wehrmachtoffizieren tragen, nicht umbenannt werden.
In insgesamt vier Fällen wurde bislang entschieden, den Kasernennamen beizubehalten; bei drei davon handelt es sich um die Namen von Wehrmachtssoldaten.
So behält die Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne im nordrhein-westfälischen Augustdorf ihren Namen. Rommel zählte zu Hitlers Lieblingsoffizieren. Der „Wüstenfuchs“ wurde von Goebbels‘ Propagandaministerium gezielt zum Kriegshelden aufgebaut. Erst ganz am Ende des Krieges fiel er in Ungnade und wurde zum Selbstmord gezwungen.
Auch zwei weitere Wehrmachtsoffiziere gelten nach wie vor als traditionsbildend für die Bundeswehr. Die beiden Kasernen im niedersächsischen Munster sollen weiterhin „Bamm-Kaserne“ und „Schulz-Lutz-Kaserne“ heißen. Wer waren die beiden Namensgeber?
Peter Bamm diente der Wehrmacht als Stabsarzt zunächst im Frankreich-, später auch im Russlandfeldzug. Adelbert Schulz war zuletzt Generalmajor und Divisionskommandeur der Wehrmacht. Schon am Einmarsch ins Sudetenland und nach Österreich war er beteiligt. Für seine schnellen Vormärsche beim Frankreich-Feldzug und den Durchbruch nach Cherbourg am Ärmelkanal wurde er 1940 mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichnet; außerdem war Schulz Ritterkreuzträger Erster und Zweiter Klasse. Auch für seine militärischen Leistungen an der Ostfront wurde er mehrfach ausgezeichnet, bevor er im Januar 1944 in der Ukraine durch einen Granattreffer zu Tode kam.
Einzig die General-Thomsen-Kaserne im nordfriesischen Stadum soll in „Südtondern-Kaserne“ umbenannt werden. Im Ersten Weltkrieg hatte Hermann von der Lieth-Thomsen durchgängig für die deutsche Luftwaffe gekämpft; unter den Nazis spielte dann der damals schon 68-Jährige 1935 eine führende Rolle bei der Aufstellung der Luftwaffe und wurde – trotz Erblindung – zum General der Flieger ernannt.
Wie die Zeitung Junge Welt berichtet, wurde an zahlreichen Standorten, die nach Wehrmachtsoffizieren benannt sind, eine Diskussion über eine mögliche Umbenennung gar nicht geführt, sodass deren Namen in jedem Fall beibehalten werden. Darunter befinden sich die Namen führender Generäle, die bis zuletzt unter Hitler gedient hatten und in den 1950er Jahren dann auch am Aufbau der Bundeswehr beteiligt waren. An sieben weiteren Bundeswehrstandorten ist über eine mögliche Umbenennung noch nicht entschieden worden.
In der Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage der Linksfraktion heißt es auch, dass über die Umbenennung in den Standorten selbst entschieden werde, also insbesondere durch die jeweiligen Kommandeure.