Diese Woche in der Russischen Revolution

6. – 12. März: in Petrograd bricht die Februarrevolution aus

Als die Februarrevolution in Petrograd ausbricht, befinden sich die beiden größten Repräsentanten des russischen Marxismus, Wladimir Lenin und Leo Trotzki, im Exil. Lenin, der Vorsitzende der bolschewistischen Partei, der seit 1900 in der Verbannung lebt, hält sich zu diesem Zeitpunkt in Zürich in der Schweiz auf. Trotzki, die führende Persönlichkeit der russischen Revolution von 1905, wurde wegen seiner Rolle in der Revolution eingesperrt und dann ins Exil getrieben. Er lebt in New York in der Bronx. Er schreibt dort für die russische Emigrantenzeitung Novy Mir. Zuvor war er aus Frankreich und Spanien vertrieben worden. Lenin, Trotzki und zahllose andere politische Exilanten verfolgen die Ereignisse in Russland genau und warten auf eine Möglichkeit zurückzukehren.

Petrograd, 7. März (22. Februar): Aussperrung der Putilow-Arbeiter

Ein Ausschnitt aus Tsar to Lenin (Produzent: Herman Axelbank, Kommentar: Max Eastman), erhältlich beim Mehring Verlag

Als die Duma wieder zusammentritt, werden ca. 30.000 Arbeiter der Putilow-Werke vom Fabrikeigentümer ausgesperrt. Die Polizei versucht, eine Demonstration der Putilow-Arbeiter zu verhindern. Die Aussperrung erhöht die Spannungen in der Stadt. Während des Streiks nehmen Gruppen von Putilow-Arbeitern Kontakt mit zwei menschewistischen Duma-Abgeordneten auf, mit Nikolai Tschcheïdse und Alexander Kerenski. Während eines Treffens mit Kerenski warnten ihn die Arbeiter, dass der Streik eine große politische Bewegung auslösen könne und dass „etwas sehr Ernstes geschehen kann“.

Schon in der russischen Revolution von 1905 hatten die Arbeiter der Putilow-Werke eine entscheidende Rolle gespielt. Damals wurde eine Demonstration der dort beschäftigten Arbeiter unter Führung von Vater Gapon durch die Polizei gewaltsam auseinandergetrieben. Tausende wurden dabei getötet und verwundet. Das Ereignis ging als „blutiger Sonntag“ in die Geschichte ein.

Der Film "Tsar to Lenin" ist jetzt erstmalig als DVD mit Untertiteln in 15 Sprachen beim Mehring Verlag erhältlich.

Petrograd, 8. März (23. Februar): Brotaufstände breiten sich in russischer Hauptstadt aus

Am Internationalen Frauentag kommt es zu Unruhen, die in den Warteschlangen der vor den Bäckereien in der Kälte stehenden Frauen ausbrechen. Sie entwickeln sich zu massiven Demonstrationen für den Sturz der Monarchie und das Ende des Kriegs. 90.000 Arbeiter treten in den Streik, obwohl Menschewiki wie auch Bolschewiki sich gegen einen Streikaufruf aussprechen.

Trotzki bemerkte später: „Die Tatsache bleibt also bestehen, dass die Februarrevolution von unten begann nach Überwindung der Widerstände der eigenen revolutionären Organisationen, wobei die Initiative von dem am meisten unterdrückten und unterjochten Teil des Proletariats, den Textilarbeiterinnen, unter denen, wie man sich denken kann, nicht wenig Soldatenfrauen waren, spontan ergriffen wurde. Den letzten Anstoß gaben die immer länger werdenden Brotschlangen.“ [Leo Trotzki: Geschichte der Russischen Revolution. Februarrevolution, Essen 2010, S. 91]

New York, 8. März: Debs und Trotzki zusammen in der Cooper Union

Eugene Debs, der führende Vertreter des amerikanischen Sozialismus, lädt Trotzki ein, mit ihm vor einer großen Antikriegsversammlung in dem College Cooper Union in New York aufzutreten. Schon während seines kurzen Aufenthalts in New York gerät Trotzki in offenen Konflikt mit dem Reformisten, Morris Hillquit, einem führenden Vertreter des Sozialismus in New York. Hillquit versucht, die Sozialistische Partei auf einen Pro-Kriegskurs zu bringen. Debs unterstützt hingegen Trotzki.

57 Jahre und eine Woche nach Lincolns berühmter „Cooper Union“ Rede am gleichen Ort donnert Debs: „Ich werde mich absolut weigern für irgendeine kapitalistische Regierung dieser Welt in den Krieg ziehen. Ich habe meine Entscheidung getroffen. Ich würde mich eher an die Wand stellen und als Verräter an der Sache der Wall Street erschießen lassen, denn als Verräter an der Sache der Arbeiterklasse zu leben.“

Später schreibt Trotzki in seiner Autobiografie Mein Leben über das „nicht erlöschende innere Flämmchen des sozialistischen Idealismus“ von Debs. „Bei unseren Begegnungen umarmte und küßte er mich“. Debs war ein „aufrichtiger Revolutionär“. Hillquit war ganz anders. Trotzki beschreibt ihn als „den Babbit aller Babbits [...], den idealsten sozialistischen Führer der prosperierenden Zahnärzte“.

Petrograd, 9. März (24. Februar): Der Generalstreik beginnt

Über 214.000 Arbeiter aus 224 Fabriken beteiligten sich an dem Streik. Hunderttausende Menschen besuchten am Nachmittag Massenkundgebungen auf einigen der größten Plätze der Stadt. Bürgermeister Alexander Balk berichtet dem Kommandeur des Petrograder Militärbezirks, Sergei Chabalow, dass die Polizei nicht mehr in der Lage sei, „die Bewegung und das Zusammenströmen der Massen zu verhindern“. Etwa zwei Dutzend Polizisten werden verprügelt. Zar Nikolaus II. und seine Familie fliehen vor den Unruhen in Petrograd und halten sich jetzt im militärischen Hauptquartier in Mogilew auf. Pointiert schrieb Trotzki später in seiner Geschichte der Russischen Revolution: „Die Dynastie fiel bei der Erschütterung wie eine faule Frucht, noch bevor die Revolution Zeit gehabt hatte, an die Lösung ihrer nächsten Aufgaben heranzugehen.“ [Leo Trotzki: Geschichte der Russischen Revolution. Februarrevolution, Essen 2010, S. 70]

New York, 10. März (25. Februar): J.P. Morgan erhält 41 Millionen Dollar in britischem Gold

Die britische Regierung schickt aus Kanada 41 Millionen Dollar in Goldbarren an J.P. Morgan Chase & Company. Das ist die bisher größte Goldsendung an einem Tag. Gold im Wert von 25 Millionen Dollar werden in der New Yorker Testanstalt für wertvolle Metalle eingelagert und der Rest an die Münzprägerei in Philadelphia geschickt.

Die Sendung, die als Deckung für amerikanische Kriegskredite dient, verstärkt dramatisch die Abhängigkeit der Alliierten von amerikanischer Unterstützung. Gleichzeitig zwingt sie Washington, sich stärker für einen Sieg der Alliierten zu engagieren, um seine Investitionen wieder herein zu bekommen. Unter Beachtung der damals gültigen Vorschriften für Mindestreserven werden von den 41 Millionen Dollar Kriegskredite in Höhe von 200 Millionen Dollar an die Briten bereitgestellt. Mit jeder weiteren Tranche verschiebt sich das Zentrum der Weltfinanz weiter von der City of London zur Wall Street.

Petrograd, 10. März: Streiks und Proteste breiten sich aus

Inzwischen ist die Zahl der Streikenden auf 305.000 aus 421 Fabriken angeschwollen. Auf dutzenden Plätzen im Stadtzentrum finden Massendemonstrationen statt. Gängige Parolen lauten: „Nieder mit der Regierung“, „Nieder mit dem Krieg“, „Brot, Frieden, Freiheit“ und „Lang lebe die Republik.“ Die Demonstrationen üben auch Anziehungskraft auf breite Schichten der Intelligenz und von Handwerkern aus. Schüler der Oberschulen schließen sich den Demonstranten an. Arbeiter haben sich auf gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei vorbereitet und sich mit Messern, primitiven Waffen und Eisenstangen bewaffnet. Einige Demonstranten werden tödlich getroffen, als Polizisten in die Menge schießen. Es gibt erste Anzeichen, dass die revolutionären Unruhen auf die Armee übergreifen. Einige Kosaken, die gegen die Demonstranten vorgehen sollen, verbrüdern sich mit ihnen.

Als Zar Nikolaus II. am Abend von der Revolution erfährt, verlangt er von General Chabalow, dem Aufstand in der Hauptstadt sofort ein Ende zu setzen. In der gleichen Nacht beginnt die Polizei mit Massenverhaftungen sozialistischer Politiker, darunter fünf Mitglieder des Petrograder Komitees der Bolschewiki.

Das Wyborger Regionalkomitee der bolschewistischen Partei in der Hochburg der Bolschewiki, dem Arbeiterbezirk Wyborger Rajon, übernimmt de facto die Führung der Aktivitäten der Partei in der Hauptstadt.

Petrograd, 11. März (26. Februar): Russische Regierung beginnt mit gewaltsamer Unterdrückung.

Am Sonntag können die Arbeiter nicht streiken, die Massendemonstrationen halten jedoch an. Es kommt zur blutigen Niederschlagung der revolutionären Bewegung durch die Regierung. Die Polizei treibt die Menge mit heftigem Gewehrfeuer auseinander und schießt oft von den Dächern oder aus hochgelegenen Fenstern in die Menge. Bei einem der gewalttätigsten Zwischenfälle des Tages töten Mitglieder des Garderegiments auf dem Palastplatz circa vierzig Demonstranten. Vierzig weitere werden verletzt. Trotzdem bekommt die Regierung die Bewegung nicht unter Kontrolle. Berichte nehmen zu, dass Soldaten zu den Demonstranten überlaufen. Am Abend löst der Zar die Duma auf unbestimmte Zeit auf.

Beijing, 11. März: China kappt Beziehungen mit Deutschland

Der Senat des chinesischen Parlaments beschließt mit 158 zu 37 und das Abgeordnetenhaus mit 331 zu 87 Stimmen, dass alle diplomatischen Beziehungen zu Deutschland und Österreich-Ungarn abgebrochen werden sollen. Die Maßnahme ist Teil des Versuchs der nationalistischen Regierung von Premierminister Tuan Chi-jui im Ersten Weltkrieg zwischen den rivalisierenden imperialistischen Mächten zu lavieren. Sie ist das Vorspiel für den direkten Eintritt Chinas in den Konflikt auf Seiten der Alliierten.

Bei Ausbruch des Kriegs im Jahr 1914 nahm China eine neutrale Haltung ein. Seine Abkehr von Deutschland hat teilweise mit dem Wunsch zu tun, die deutschen Konzessionen in Tianjin und Hankou und den deutschen Anteil an den Wiedergutmachungszahlungen wegen des Boxeraufstands um die Jahrhundertwende abzuschütteln. Chinesische Führer hoffen zudem, dass die Maßnahme die Alliierten dazu bewegen werde, ihre eigenen Wiedergutmachungsforderungen und ihren Würgegriff um die Wirtschaft des Landes zu lockern. Die US-Regierung, die ursprünglich Druck auf China ausgeübt hat, seine Bindungen zu Berlin zu kappen, reagiert nun auf die Maßnahme, indem sie geheime Abkommen mit Japan schließt, die Tokios Konzessionen und Finanzinteressen in China garantieren.

Die Abstimmung führt in eine politische Krise. Präsident Li Yuan-hung und andere sind gegen einen direkten Kriegseintritt des Landes. Sun Yat-Sen, der in der Revolution von 1911 eine führende Rolle spielte und nun finanzielle und politische Bindungen zur deutschen Regierung aufgebaut hat, weist auf die anti-imperialistischen Stimmungen der chinesischen Massen hin. „Die Chinesen sind nicht in der Lage zwischen Fremden unterschiedlicher Nationen zu unterscheiden. Und wenn den einfachen und ehrlichen Menschen gesagt wird, sie sollen Teutonen umbringen, dann könnte das dazu führen, dass sie sämtliche weißen Fremde im Land umbringen.“

Bagdad, 11. März: Briten besetzen antike Hauptstadt

Nach einem erfolgreichen britischen Angriff auf Bagdad, der die Verteidigung der Stadt praktisch unmöglich machte, ziehen sich die Streitkräfte des Osmanischen Reichs aus der antiken arabischen Hauptstadt zurück. Die osmanischen Streitkräfte unter dem Kommando von Halil Pascha ziehen sich nach Norden in Richtung der Städte Kirkuk und Mossul zurück, an die Schwelle zur türkischen Halbinsel. Seit dem 16. Jahrhundert hatte das Osmanische Reich die Region im Nahen Osten beherrscht. Zum Reich gehörten Bagdad und Basra, Syrien, der Libanon und Palästina.

Der britische Generalleutnant Sir Frederick Stanley Maude stand an der Spitze einer Armee von etwa 50.000 Soldaten, die zu einem erheblichen Teil aus den britischen Kolonien stammten und in die Indischen Expeditionsstreitkräfte eingezogen worden waren. Beim Einmarsch in Bagdad verkündete Maude: „Unsere Armeen kommen nicht in eure Städte und euer Land als Eroberer oder als Feind, sondern als Befreier.“

Ein zentraler Faktor bei den Konflikten, die in ihrer Folge zum Ersten Weltkrieg führten, war der wachsende Einfluss Deutschlands in der Region, der sich in den Plänen für eine Bahnlinie zwischen Berlin und Bagdad widerspiegelte. Darüber hinaus hatten der britische und der französische Imperialismus ein geheimes Abkommen getroffen, mit dem die Aufteilung des im Nahen Osten gelegenen Teils des Osmanischen Reichs als Kriegsbeute beschlossen wurde – London sicherte sich Bagdad, Basra und Palästina; Paris erhielt den Libanon und Syrien. Das Russische Zarenreich gab dem Abkommen seine Zustimmung. Als Gegenleistung fiel Istanbul, die türkischen Meerengen und Armenien dem Zaren zu. Italien wurde Südostanatolien und dessen Inseln versprochen, wenn die Italiener ihr Bündnis mit Deutschland aufkündigen und sich auf die Seite der Alliierten schlagen würden.

Mexiko-Stadt, 11. März: Carranza in Mexiko zum Präsidenten gewählt

Die erste Wahl nach der mexikanischen Revolution, in der für Männer das allgemeine Wahlrecht gilt, endet mit dem Sieg des Anführers der konstitutionalistischen Armee und Großgrundbesitzers Venustiano Carranza. Der Wahlsieg des Nationalisten Carranza stärkte den Prozess der politischen Konsolidierung Mexikos und bereite der Unterdrückung der Bauernarmeen von Pancho Villa und Emiliano Zapata den Weg. Dass Carranza der rechten Huerta-Regierung entgegentrat, lag vor allem in seiner Furcht davor begründet, dass sich die Revolution gegen die Grundbesitzer wenden könnte.

Carranza versprach, die wichtigsten Maßnahmen aus der Verfassung umzusetzen, die im Januar 1917 verabschiedet wurde und den Interessen der USA zuwider lief. Artikel 27 (der eine begrenzte Umverteilung des Landbesitzes an die Bauern und kommunalen Ejidos sowie eine Verstaatlichung wichtiger Bodenschätze wie Öl vorsah) und Artikel 123 (in dem Arbeitsschutzmaßnahmen und Sozialleistungen gefordert wurden) bedrohten die Vermögenswerte amerikanischer Kapitalisten, insbesondere von Unternehmen wie Doheny Petroleum und Guggenheim Smelting and Refining.

In Vorbereitung des Eintritts der USA in den Ersten Weltkrieg, nutzt US-Präsident Woodrow Wilson ein abgefangenes Telegramm zwischen Deutschland und Mexiko um einerseits die Kriegshysterie in den USA zu schüren und andererseits um die Carranza-Regierung den finanziellen Interessen der USA gefügig zu machen. Amerikanische Besatzungstruppen unter General Pershing hatten sich erst kürzlich, nach einem gescheiterten Versuch, Villa zu unterdrücken, aus den nördlichen Regionen Mexikos zurückgezogen.

Petrograd, 12. März (27. Februar): Sowjet gegründet; Bewaffneter Aufstand breitet sich aus

In einem panischen Telegramm an den Zaren schreibt der Vorsitzende der Duma, Michail Rodsjanko: „Die Regierung ist völlig machtlos und kann der Unordnung nicht Herr werden. Die Truppen der Garnison sind unzuverlässig. Die Reservebataillone der Garderegimenter sind vom Geist der Revolte angesteckt. Sie töten ihre Offiziere. […] Der Bürgerkrieg hat begonnen und flammt überall auf.“ In völliger Verzweiflung drängt Rodsjanko den Zaren, die Duma aufzulösen. Der Zar schlägt die Warnungen des „Dickwanst Rodsjanko“, wie er ihn nennt, in den Wind.

Nach dem Scheitern einer Meuterei in einem anderen Regiment am Tag zuvor, entzündet sich der bewaffnete Aufstand der Armee am Abend des gleichen Tages in einer Übungseinheit des Wolhynischen Garderegiments. Von dort breiten sich die Meutereien im Eiltempo auf andere Regimenter aus. Viele arme Bauern und Arbeiter, aus denen sich die Regimenter hauptsächlich zusammensetzten, standen an den Tagen zuvor mit den Aufständischen und Streikenden in engem Kontakt und teilten deren Wunsch nach einem Ende des Kriegs. Trotzki kommentierte das Verhältnis zwischen den Arbeitern und der Armee in diesen Tagen so: „Das molekulare Ineinanderdringen von Armee und Volk ging ununterbrochen vor sich. Die Arbeiter verfolgten die Temperatur der Armee und fühlten sofort das Nahen des kritischen Punktes. Das verlieh auch dem Ansturm der auf den Sieg vertrauenden Massen diese unwiderstehliche Kraft.“ [Leo Trotzki: Geschichte der Russischen Revolution. Februarrevolution, Essen 2010, S. 130]

In Petrograd wird der Belagerungszustand ausgerufen. Doch wie Trotzki später anmerkte: „Es gelang nicht einmal, die Plakate mit der Proklamierung des Belagerungszustandes in der Stadt anzukleben: der Stadthauptmann Balk besaß weder Kleister noch Pinsel. Diese Behörden konnten überhaupt nichts mehr zusammenkleistern, denn sie gehörten bereits dem Reiche der Schatten an.“

Die besorgten Anführer der Duma formieren das Dumakomitee und versuchen, die Kontrolle über die Militäreinheiten zurückzugewinnen, die sich der Meuterei noch nicht angeschlossen hatten.

Um 21 Uhr am Abend gründet eine Gruppe von rund 250 Arbeitern, Soldaten und Intellektuellen im Taurischen Palais den Petrograder Sowjet. Sie bilden ein Exekutivkomitee und wählen den Menschewiken Nikolai Tschcheïdse zum Vorsitzenden. In dessen Wahl spiegelt sich die Dominanz menschewistischer Intellektueller, insbesondere in den ersten Monaten nach der Gründung des Petrograder Sowjets, wider.

Washington, 12. März: AFL und ihr Präsident Gompers erklären Unterstützung für Kriegseintritt der USA

Nach einer Sitzung, die die ganze Nacht andauerte, erklären die Führungen des Gewerkschaftsverbands American Federation of Labor (AFL) und der Eisenbahnergewerkschaften, in denen insgesamt rund drei Millionen Arbeiter organisiert sind, einstimmig ihre Unterstützung „für unser Land in allen Bereichen seiner Aktivität“, sollten die USA „in den Strudel des europäischen Konflikts hingezogen werden“. Die Resolution kommt der Erklärung eines allgemeinen Streikverzichts gleich. Stattdessen legt sie nahe, dass Aufstände dadurch verhindert werden könnten, in dem die AFL von den Unternehmen und der Regierung zur Zusammenarbeit eingeladen wird. „Die Regierung muss die organisierte Gewerkschaftsbewegung als Agentur zur Zusammenarbeit mit den Lohnempfängern anerkennen“, heißt es in der Resolution.

Mit seinem Schwur, der „Landesverteidigung“ im imperialistischen Krieg treu zu dienen, tritt der AFL-Vorsitzende Samuel Gompers in die Fußstapfen der Gewerkschaftsbewegungen in ganz Europa. Von der Wilson-Regierung wurde Gompers bereits zur Teilnahme am neu gegründeten Rat für Nationale Verteidigung (engl. Council of National Defense) eingeladen, um bei der Kriegsvorbereitung gegen den Widerstand der amerikanischen Arbeiterklasse, in der eine überwältigende Antikriegsstimmung herrscht, behilflich zu sein:

„Die Ablehnung gegenüber der Armee saß tief und äußerte sich leidenschaftlich. Sie war Teil einer Tradition und beruhte auf historischen Erfahrungen“, schreibt der Historiker Simeon Larson. „Das Militär war kein unparteiischer Repräsentant des ganzen Volkes, sondern ein Instrument in den Händen der Großunternehmen, das vor allem zur Auflösung von Streiks benutzt wurde. An vergangene Arbeitskämpfe, an die Männer und Frauen der Gewerkschaft, die vom Militär getötet wurden, an die Ludlows und Calumets erinnerte die Gewerkschaftspresse immer wieder. Es waren Geschichten, die die Arbeiter vor den Gefahren eines wiederbewaffneten Amerikas warnten.“

Außerdem in dieser Woche: Gances Mater Dolorosa erstmals in Paris gezeigt

Szene aus Mater Dolorosa

Der französische Regisseur Abel Gance (J‘Accuse, Napoleon) veröffentlicht Mater Dolorosa. Das psychologische Melodram folgt der Geschichte der vernachlässigten Ehefrau Manon Berliac (Emmy Lynn), die die Liebe in den Armen ihres Schwagers findet. Das Drama besticht durch die Hell-Dunkel-Kontraste (Chiaroscuro) von Gances Kameramann, Léonce-Henri Burel. Der Film feiert in den USA unter dem Titel The Torture of Silence einen großen Erfolg. Eine Nacktszene und die Untertitel werden zensiert oder verändert.

Der französische Filmtheoretiker Jean Mitry schreibt: Mater Dolorosa „überrascht und versetzt in Staunen – durch Lichteffekte, den bewussten Einsatz von Licht und Schatten, womit die Intensität dramatischer Szenen noch gesteigert wird, durch die akribische Gestaltung der Kulissen, durch die Inszenierung bestimmter Details und durch Tausend weitere, für einen französischen Film ungewöhnliche Qualitäten. Es war der erfolgreichste französische Film des Jahres.“

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