Erfolgreiche IYSSE-Veranstaltung zur Wahl Trumps an der Humboldt-Universität

Am Mittwoch kamen fast 100 Studierende zur Veranstaltung der Hochschulgruppe der International Youth and Students for Social Equality an der HU mit dem Titel „Die Wahl Trumps – Politische Ursachen und Lehren“. Die IYSSE hatten die Veranstaltung kurzfristig angesetzt und sie lediglich an drei Tagen mit Flyern und Plakaten auf dem Campus beworben. Trotzdem war der Raum bis auf den letzten Platz gefüllt und es mussten sogar zusätzliche Stühle herbeigeschafft werden.

Die große Resonanz und die intensive Diskussion auf der Veranstaltung, die wir in einem weiteren Artikel zusammenfassen werden, zeigen eine wichtige politische Veränderung: eine neue Generation von jungen Arbeitern und Studierenden politisiert sich und beginnt ernsthaft über eine revolutionäre Perspektive zu diskutieren, um den Kampf gegen Reaktion und Krieg zu führen.

Geleitet wurde die Veranstaltung von Sven Wurm, dem Sprecher der IYSSE-Hochschulgruppe und Abgeordneten im Studierendenparlament an der HU. Als Vortragenden hatten die IYSSE Johannes Stern eingeladen, ebenfalls Mitglied der IYSSE und Redaktionsmitglied der World Socialist Web Site.

Stern erklärte zu Beginn seines Vortrags, dass die Wahl von Trump einen historischen Wendepunkt darstelle. Mit ihm ziehe ein extrem rechter Vertreter der amerikanischen herrschenden Klasse ins Weiße Haus ein, der die Kriegspolitik nach außen und Angriffe auf die sozialen und demokratischen Rechte im Innern extrem verschärfen werde. „Gerade in Deutschland kann niemand unterschätzen, was es bedeutet, wenn ein Halbfaschist die stärkste Militärmacht der Welt befehligt und über das größte Nuklearwaffenarsenal verfügt,“ so Stern.

Ein Blick auf Trumps Personal lasse keinen Zweifel am Charakter seiner Administration. Mit Steve Bannon, dem früheren Leiter der rechtsradikalen und antisemitischen Internetplattform Breitbart News, habe Trump einen ausgemachten Faschisten zu seinem Chefberater im Weißen Haus ernannt. Als Minister seien u.a. Rudolph Giuliani, der frühere „Law and Order“-Bürgermeister von New York, und John Bolton, einer der Architekten des illegalen Überfalls auf den Irak während der Amtszeit von George W. Bush, im Gespräch.

Anhand von Statistiken wies Stern das von den Liberalen und Pseudolinken verbreitete Märchen zurück, die „weiße Arbeiterklasse“ sei für den Wahlsieg Trumps verantwortlich. Dieser habe weniger Stimmen erhalten als seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton und nicht mehr als die republikanischen Kandidaten John McCain und Mitt Romney, die 2008 und 2012 die Wahl gegen Obama verloren. Die Demokraten seien in den vergangenen acht Jahren jedoch regelrecht zusammengebrochen und hätten auf Grund ihrer unsozialen und militaristischen Politik auch unter Frauen, Jugendlichen und Minderheiten Millionen von Wählern verloren. Die größte Gruppe seien mit fast 100 Millionen die Nichtwähler und Anhänger von Drittparteien gewesen.

Stern nannte die unmittelbar Hauptverantwortlichen für Trumps Wahlsieg beim Namen: Clinton habe als Vertreterin der Wall Street, des Militärs und der Identitätspolitik Trump im Wesentlichen von rechts angegriffen und ihn als „Agenten Putins“ beschimpft. Obama sei vor acht Jahren als angeblicher Kandidat von „Hoffnung“ und „Wandel“ auch von vielen Arbeitern gewählt worden, habe dann aber die verhasste Kriegspolitik der Bush-Regierung fortgesetzt und die gesamte Last der internationalen Finanzkrise auf die Bevölkerung abgewälzt.

„Und dann sind da Bernie Sanders und die pseudolinken Organisationen, die ihn unterstützt haben“, fuhr Stern fort. „Sanders hatte in den Vorwahlen vor allem deshalb Unterstützung gewonnen, weil er sich als Sozialist bezeichnet und zu einer politischen Revolution gegen die Milliardärsklasse aufgerufen hat. Dann hat er jedoch feige zur Stimmabgabe für Clinton aufgerufen und damit ermöglicht, dass die Rechten jede Opposition gegen die gegenwärtigen Verhältnisse für sich vereinnahmen konnten.“

Unter Bedingungen wachsender Klassenspannungen schließe die herrschende Elite nun die Reihen. „Binnen weniger Stunden nach der Wahl haben sie sich alle – von Obama bis zu Sanders und den Gewerkschaften – hinter Trump gestellt und angekündigt, mit ihm zusammenzuarbeiten.“

Um die tieferen Ursachen für Trumps Aufstieg und die Rechtswende des gesamten herrschenden Establishments in den USA zu verstehen, müsse man sich mit den größeren politischen und historischen Entwicklungen beschäftigen, so Stern weiter. Er ging ausführlich auf die US-Kriegspolitik, den Niedergang der amerikanischen Demokratie und die tiefe soziale Spaltung der US-Gesellschaft in den vergangenen 25 Jahren seit der Auflösung der Sowjetunion ein. Unter anderem sprach er über die gestohlene Wahl im Jahr 2000, Abu Ghraib, Guantanamo, extralegale Tötungen und die massive Polizeigewalt in den USA selbst.

Zusammenfassend zitierte Stern aus einem Perspektivartikel der World Socialist Web Site mit dem Titel der „Der Weg vorwärts im Kampf gegen Trump“: „Nach Jahrzehnten Krieg, Sparpolitik und sozialer Reaktion sind demokratische Regierungsformen unwiederbringlich unterhöhlt. Finanzparasitismus und politische Korruption beherrschen die Gesellschaft. Aus diesem Sumpf ist Donald Trump hervorgekrochen, eine Figur, die den Zusammenbruch der amerikanischen Demokratie in faschistischer Gestalt verkörpert.“

Die Lehre sei, dass „der Kampf gegen Trump als Kampf gegen den Kapitalismus geführt werden“ müsse. Es „gehe darum, die arbeitende Bevölkerung und die Jugend aller Hautfarben und Geschlechter in den Vereinigten Staaten und international auf der Grundlage eines sozialistischen Programms zu vereinen“. Der Widerstand müsse sich „nicht nur gegen eine einzelne Person richten, sondern gegen ein ganzes Gesellschafts- und Wirtschaftssystem, das auf dem Privateigentum an den Produktionsmitteln beruht und in dem die Wirtschafts- und Finanzaristokratie immer mehr Reichtum anhäuft.“

Gerade auch hier in Europa und in Deutschland sei der Aufbau einer revolutionären, sozialistischen Bewegung von großer Dringlichkeit. „Die Eliten hier reagieren auf das Aufbrechen der Nachkriegsordnung und die wachsenden transatlantischen Spannungen ebenfalls mit einer Rückkehr zu Militarismus und Nationalismus. In Deutschland wird bereits eine Verdoppelung des Militärhaushalts gefordert und über die Notwendigkeit deutscher Nuklearwaffen diskutiert.“

Stern beendete seinen Vortrag mit einem Zitat aus David Norths Vortrag „Philosophie und Politik in Zeiten von Krieg und Revolution“, den dieser vor wenigen Wochen vor 250 Studierenden an der Goethe-Universität in Frankfurt gehalten hatte:

„Wir leben in revolutionären Zeiten. Die Widersprüche, die den Krieg hervorbringen, bereiten auch den Boden für die soziale Revolution. Im Gegensatz zu den Behauptungen der Subjektivisten und Irrationalisten, wonach das von Marx aufgezeigte Subjekt der sozialistischen Revolution verschwunden sei, hat die globale Entwicklung des Kapitalismus die Reihen der Arbeiterklasse enorm verstärkt. Das ist die grundlegende gesellschaftliche Kraft, an die sich Marxisten wenden. Die große Herausforderung, vor der die Marxisten stehen, besteht darin, eine Vorhut aus fortgeschrittenen Arbeitern politisch so auszubilden, dass sie in der Lage ist, die kommende Massenbewegung der Arbeiterklasse zur Eroberung der politischen Macht zu führen.“

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