Anfang dieser Woche stellte die Bundesmarine ihr neues U-Boot „U 35“ in Dienst. Damit ging für knapp 500 Millionen Euro eines der modernsten, nicht-nuklearen U-Boote in den Besitz der deutschen Marine über. Es ist das fünfte von insgesamt sechs U-Booten der Klasse 212 A, das die deutsche Bundeswehr in Auftrag gab.
Das von ThyssenKrupp Marine Systems hergestellte U-Boot war bereits im November 2011 in der Kieler Howaldtswerke-Deutschen Werft (HDW) getauft worden. Damals hieß es in einem Bericht auf der Website der Marine, dass „dies einen weiteren Schritt in Richtung Modernisierung und Einsatzorientierung“ bedeute. Vier Jahre später sind die deutschen Militärs noch direkter.
In seiner Rede zur feierlichen Indienststellung am Montag in Kiel bezeichnete Konteradmiral Hans-Christian Luther, Abteilungsleiter Einsatz des Marinekommandos, den neuen „Schützling“ der Einsatzflottille 1 als „Fähigkeitsgewinn“, der die Potentiale der Deutschen Marine weiter erhöhe. Dann sang er ein Loblied auf die kleinste der drei Teilstreitkräfte der Bundeswehr und stellte ihre Aufrüstung in direkten Zusammenhang mit der Rückkehr des deutschen Militarismus.
Die Marine sei als moderne, zukunftsfähige Teilstreitkraft angemessen vorbereitet, um auf die „Herausforderungen des 21. Jahrhunderts“ reagieren zu können, so Luther. „Gerade die Entwicklungen im letzten Jahr haben uns allen wieder einmal deutlich vor Augen geführt, dass es vielfältiger und vielseitig einsetzbarer Mittel der Streitkräfte bedarf. U-Boote erfüllen geradezu ideal diese Anforderungen.“
Deutschland sei „führend im konventionellen U-Bootbau“, erklärte Luther. Die Boote der Klasse 212 A gehörten „weltweit zu den leistungsfähigsten konventionellen U-Booten. Die Fähigkeiten der Einheiten nötigen unseren Partnern und Verbündeten bei gemeinsamen Manövern und Einsätzen immer wieder Anerkennung und Respekt ab.“
In den vergangenen Jahren hatte die deutsche Marine wiederholte damit geprahlt, dass ihre U-Boote der Klasse 212 A neue Tauchrekorde aufgestellt und bei gemeinsamen Manövern mehrfach unbemerkt die Verteidigung von Kriegsschiffen der US-Navy durchbrochen hätten. In einem Artikel der Welt unter dem Titel „Die Rekorde der deutschen U-Boot-Flotte“ heißt es: „Im Ersten Weltkrieg sorgten sie für eine Katastrophe, im Zweiten Weltkrieg hatten sie höchste Verlustzahlen, heute lehren sie US-Träger das Fürchten: Deutschlands U-Boote sind ambivalente Waffen.“
Waffen, auf welche die deutschen Eliten zur Verteidigung ihrer globalen wirtschaftlichen und strategischen Interessen erneut setzen wollen. Der Parlamentarische Staatssekretär Markus Grübel, der ein Grußwort der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) überbrachte, betonte laut einem offiziellen Bericht der Marine, „wie wichtig es in dieser Zeit sei, dass moderne Waffen und Systeme Einzug in die Truppe finden“.
Laut einem Bericht des NDR soll „U 35“ „mehr können“ als seine vier Vorgängerboote und ist „für weltweite Einsätze konstruiert“. Es sei „tropentauglich“, verfüge über einen größeren Treibstoffvorrat für lange Fahrten und könne über eine Taucherschleuse Kampfschwimmer und Spezialkräfte einfacher und mit mehr Equipment als bisher aussetzen. Eine neuartige Funkboje ermögliche es dem Boot sogar, unter Wasser weltweit zu kommunizieren.
Außerdem kann es zukünftig mit einem Raketensystem ausgestattet werden, das es in die Lage versetzt, nahe Luft- und Küstenziele zu vernichten. Daneben sind schwer zu ortenden Torpedos als Bewaffnung vorgesehen. Das gleichartige Schwesterboot „U 36“ wollen die Inspektoren in den kommenden Monaten für diensttauglich erklären. Damit wäre die U-Boot-Flotte, eine heimtückische und strategisch wichtige Waffe, der Bundeswehr vorerst komplett.
Dabei ist davon auszugehen, dass auch die Marine im Zuge der allgemeinen Pläne zur Aufrüstung der Bundeswehr weiter vergrößert werden wird. In der letzten Woche beschloss das Bundeskabinett die Verteidigungsausgaben in den nächsten vier Jahren um mindestens acht Milliarden Euro zu erhöhen. Mehrausgaben sind laut einem offiziellen Eckpunktepapier unter anderem für „ein erhöhtes Nato-Engagement“ und „globale Mehrausgaben“ veranschlagt. In beiden Bereichen spielt die Marine eine Rolle, und ihre führenden Militärs träumen bereits von neuer Bedeutung und alter Größe.
Gegenwärtig findet im Rathaus in Kiel, dem historischen Standort der deutschen Marine, eine internationale Tagung mit dem Titel „Kiel und die Marine 1865-2015: 150 Jahre gemeinsame Geschichte“ statt. In seiner Grußrede sprach der stellvertretende Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Rainer Brinkmann, „die gestiegenen Anforderungen an die Marine in der Welt und die damit zusammenhängende maritime Abhängigkeit Deutschlands“ an, heißt es auf der offiziellen Website der Bundeswehr. „Die einst große – jetzt kleine Marine steht immer noch mitten im politischen Geschehen und wird ebenfalls als Mittel dafür genutzt“, habe der Admiral erklärt.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Ein Blick auf die offizielle Website der Marine bestätigt, dass sie sich wie im vergangenen Jahrhundert sehr bewusst über ihre Rolle als Verteidigerin der strategischen und wirtschaftlichen Interessen des deutschen Imperialismus ist. Dort heißt es unverblümt:
„Die See ist eine der wichtigsten wirtschaftlichen Grundlagen Deutschlands. Für alle handeltreibenden Nationen der Welt ist die See der wichtigste Transportweg zum Warenaustausch. Über 90 Prozent des gesamten Welthandels, fast 95 Prozent des Außenhandels der Europäischen Union und nahezu 70 Prozent des deutschen Im- und Exports werden über den Seeweg abgewickelt. Deutschland ist als Exportnation hoch industrialisiert, jedoch rohstoffarm. Um wirtschaftlich und politisch handlungsfähig zu sein, ist die Bundesrepublik auf den gesicherten Zulauf der erforderlichen Importe besonders angewiesen.“
Aus dem aktuellen Grundsatzpapier der Marine mit dem Titel „Zielvorstellung Marine 2025+“ aus der Feder des damaligen Marineinspekteurs Wolfgang Nolting geht hervor, dass sich die Marine darauf vorbereitet „den freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage des deutschen und europäischen Wohlstands“ zunehmend kriegerisch zu verteidigen.
Da Deutschland „Bedrohungen und Risiken bereits dort begegnen können [muss], wo sie entstehen“, müsse die Marine „in der Lage sein, dauerhaft, auch in großer Entfernung, im multinationalen Rahmen und unter Bedrohung vor fremden Küsten operieren zu können“. Sie habe sich „deshalb noch stärker auf streitkräftegemeinsame Operationen auszurichten und ihre Fähigkeiten auszubauen, Kräfte an Land von See aus zu unterstützen. Die Weiterentwicklung der Marine zu einer Expeditionary Navy steht dabei im Vordergrund.“
„Expeditionary Navy“ ist ein Synonym für eine weltweit einsetzbare Kriegsmarine. Die Aufrüstung der U-Boot Flotte dient genauso dazu, wie die Einsätze der deutschen Flotte am Horn von Afrika und vor der Küste des Libanon und die Beteiligung der Bundesmarine an den gegen Russland gerichteten Nato-Manövern im Schwarzen Meer.