Weitere Werkschliessungen bei Heidelberger Druck

In den letzten zehn Jahren wurde die Belegschaft der Heidelberger Druckmaschinen AG (HDM) weltweit bereits von 25.000 Beschäftigten auf derzeit etwa 12.500 reduziert. Nun kündigte die Unternehmensleitung weitere Massenentlassungen und Werksschließungen an, um eine hohe Profitmarge für die Aktionäre zu erreichen.

“Wir haben noch immer Bereiche, die erzeugen keinen Cash, sondern verbrauchen nur Geld“, erklärte der Vorstandsvorsitzende von HDM Gerold Linzbach, am 24. Juli 2014 im Interview mit dem Mannheimer Morgen. Am gleichen Tag betonte er auf der Jahreshauptversammlung vor 1750 Aktionären das “Renditeziel einer EBITDA-Marge von mindestens acht Prozent” müsse unter allen Umständen erreicht werden. Mit anderen Worten, er versprach einen Gewinn vor Zinsen, Steuern, und Abschreibungen von acht Prozent.

Erreicht werden soll das durch die Entlassungen von weiteren 650 Arbeitern im Bereich von Druckverarbeitungsmaschinen (Post-Press), deren Wegrationalisierung Einsparungen in Höhe von jährlich 30 Millionen Euro bringen werde. Außerdem kündigte er weitere Kurzarbeit für alle Beschäftigten an.

Dafür feierten die Aktionäre ihn als “Retter” und sprachen ihm “höchste Anerkennung” aus. Analysten des Aktienmarktes wie die Investmentbank Equinet, Commerzbank oder Warburg Research priesen das künftige Gewinnpotential des Unternehmens und hoben dass Kursziel der Aktie an.

In krassem Gegensatz zum Jubel der Aktionäre stand der Schock und die Bestürzung der von den Entlassungen betroffenen Arbeiter. Das Produktionswerk für Sammelhefter und Klebebinder in Leipzig wird komplett geschlossen, wovon etwa 220 Arbeiter betroffen sind, in Ludwigsburg sollen 100 und in Wiesloch bei Heidelberg 130 weitere Arbeiter entlassen werden, 200 weitere Arbeitsplätze werden weltweit im Vertriebs- und Servicenetz vernichtet.

HDM gibt damit die Fertigung von Post-Press-Maschinen auf und wird in diesem Bereich zukünftig mit einem chinesischen Partner, “Masterwork Machinery Co. Ltd., in Tianjin/China zusammenarbeiten. Die bereits im Markt installierten Maschinen aus Leipzig sollen in Zukunft von dem bisherigen Wettbewerber in diesem Bereich, der Schweizer Firma Müller Martini, betreut werden, die bis Ende 2014 das weltweite Service- und Ersatzteilgeschäft sowie das gesamte Know-how der bis dahin in Leipzig produzierten Maschinen übernimmt. Auch die Produktion von Druckmaschinen in Standard-Konfiguration soll künftig verstärkt im Heidelberger Werk in Schanghai erfolgen und nur die komplizierteren Modelle in Wiesloch gefertigt werden.

Nachdem bereits in den vergangenen Jahren in enger Zusammenarbeit von Unternehmensleitung, IG Metall und Kommunalpolitikern Tausende Arbeitsplätze abgebaut wurden, besteht bei HDM ein eingespieltes Ritual. Es beginnt mit Krokodilstränen und Betroffenheitserklärungen und endet mit der Zustimmung zur Vernichtung der Arbeitsplätze.

So ist es auch jetzt wieder. Der Leipziger Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht (CDU) beklagte den “schmerzlichen Rückschlag”, der frühere Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD) und seine Parteigenossin und Bundestagskollegin Daniela Kolbe deklarierten die Schließung des Werkes als “schlechte Lösung” und “unternehmerisch unklug”. Der Vorsitzende des Betriebsrats in Leipzig, Marco Kranz tönte: ”Wir lassen uns nicht den Arbeitsplatz unter dem Hintern weg an die Konkurrenz verscherbeln!” und der Leipziger IG-Metall-Vorsitzende Bernd Kruppa behauptete, das sei “alles noch nicht ausgemachte Sache”.

Betriebsratschef Kranz tönte: “Wir können kostengünstig Maschinen bauen, zur Not auch ohne den Konzern!”, wohl wissend, dass Müller Martini nicht nur den Kundendienst und das Ersatzteilgeschäft übernimmt, sondern sich auch alles Know-how und damit alle Patente aus Leipzig angeeignet hat.

Wen wollen die IG-Metall-Funktionäre und Betriebsräte für dumm verkaufen? Sie sitzen mit sechs Funktionären im Aufsichtsrat: an der Spitze Gesamtbetriebsratschef Rainer Wagner, gefolgt von Mirko Geiger, dem 1. Bevollmächtigten der IG Metall in Heidelberg, Roman Zitzelsberger
Bezirksleiter der IG Metall, Bezirk Baden-Württemberg in Stuttgart, den Betriebsräten Beate Schmitt und Ralph Arns und dem Sprecher des Angestelltenausschusses Christoph Woesler.

Sie alle kassieren zusätzlich zu ihren fürstlichen Gehältern Aufsichtsratstantiemen zwischen 25 und 35.000 Euro im Jahr und haben längst mit der Unternehmensleitung das weitere Vorgehen abgesprochen.

Sie unterstützen das kapitalistische Profitsystem, verdienen gut daran und sind Teil davon. Die extreme Ausbeutung der Arbeiter in Osteuropa und China beantworten sie nicht für einen gemeinsamen internationalen Kampf, sondern nutzen sie zur Spaltung und Erpressung der Arbeiter. Ihr Hauptargument lautet immer: Unter den Bedingungen der Globalisierung der Produktion und weltweitem Wettbewerb sei eine Verteidigung der Arbeitsplätze unmöglich.

In Wirklichkeit führt die rapide Entwicklung der internationalen Wirtschaftskrise, die gegenwärtig durch Krieg und Sanktionen verschärft wird, dazu, dass sehr viele Arbeiter in der Druckindustrie wie bei Koenig & Bauer und Manroland, aber auch in vielen anderen Industriezweigen bei Siemens, ganz aktuell Osram, in der Automobilindustrie bei Opel, Ford, bei Nokia mit Entlassungen und Sozialabbau konfrontiert sind.

Überall auf der Welt stehen Arbeiter vor denselben Problemen. Der Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze erfordert einen internationalen Kampf gegen den Kapitalismus auf der Grundlage eines sozialistischen Programms und den Aufbau einer revolutionären Partei.

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