US-Außenminister John Kerry warf Russland am Dienstag vor, hinter den separatistischen Protesten in der östlichen Ukraine zu stecken. Er erklärte, Moskau müsse sich öffentlich von den Aktivitäten von Separatisten, Saboteuren und Provokateuren distanzieren, wenn es "weitere Kosten" vermeiden wolle.
Kerry erklärte vor Mitgliedern des außenpolitischen Ausschusses des Senats, Russland versuche mit "illegalen und illegitimen" Mitteln einen souveränen Staat zu destabilisieren und mit bezahlten Agenten über eine internationale Grenze hinweg eine Krise zu inszenieren. Russlands Ziel sei es, einen Vorwand für ein weiteres Vordringen auf ukrainisches Staatsgebiet zu schaffen.
Wenn hinter Kerrys heuchlerischer Tirade nicht so eine gefährliche Absicht stecken würde, wäre sie lächerlich, angesichts der Tatsache, dass die Ukraine von einem Regime regiert wird, das Washington durch den Einsatz von mindestens fünf Milliarden Dollar an die Macht gebracht hat. Allerdings versucht Kerry, einen Vorwand für Aggressionen der USA gegen Russland zu konstruieren.
Kerry hat mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow telefoniert, um mit ihm Gespräche hoher Vertreter Russlands, der USA, der Ukraine und der EU zu vereinbaren, angeblich um Spannungen abzubauen. In Wirklichkeit setzt Washington jedoch sein militärisches Vorgehen in der Ukraine und ihren Nachbarstaaten fort.
Derek Chollet, Staatssekretär im US-Verteidigungsministerium für internationale Sicherheitsfragen, sagte dem Senatsausschuss für die Streitkräfte am Dienstag, der Aufenthalt des Zerstörers USS Truxtun im Schwarzen Meer werde verlängert und innerhalb einer Woche würden sich ihm weitere Schiffe anschließen.
Laut der Washington Post erklärte er, die USA würden zwar keine militärische Konfrontation mit Russland anstreben, allerdings könnten die "unrechtmäßige Übernahme" der Krim im letzten Monat und die andauernden "militärischen Drohungen" gegen die Ukraine und andere Nachbarstaaten sie dazu bringen, ihre Truppenstationierungen in Europa zu überdenken.
Am Dienstag warf Moskau den USA vor, Söldner einzufliegen, um die Proteste in den ostukrainischen Städten Charkow, Donezk und Lugansk zu unterdrücken, auf denen ein Referendum über den Beitritt zu Russland gefordert wird.
In einer Erklärung des russischen Außenministeriums hieß es, die Ukraine beabsichtige, die Unruhen durch "eine Verstärkung der Sicherheitskräfte und der Nationalgarde," unterstützt von "Kämpfern der illegalen bewaffneten Gruppe Rechter Sektor," und in Zusammenarbeit mit "150 amerikanischen Experten des privaten Militärunternehmens Greystone," zu unterdrücken, die als normale Soldaten verkleidet sind.
Das Statement forderte „ein sofortiges Ende aller militärischen Vorbereitungen, die zu einem Bürgerkrieg führen könnten."
Am Montag warfen der ukrainische Übergangspräsident Oleksandr Turtschinow und Premierminister Arseni Jazenjuk Russland vor, es habe die Proteste inszeniert, um einen Vorwand für die Besetzung ukrainischen Territoriums zu schaffen. Turtschinow beschuldigte "Separatistengruppen" mit russischen Spezialkräften zusammenzuarbeiten. Dies beweise, dass "die Feinde der Ukraine" versuchen, die Ereignisse auf der Krim zu wiederholen. Jazenjuk erklärte, Russland versuche, die Ukraine aufzuspalten und einen Teil davon in ein "Reich der Sklaverei unter dem Diktat Russlands“ zu verwandeln.
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte in Paris: "Wenn Russland in der Ukraine weiter intervenieren würde, wäre das ein historischer Fehler".
Das pro-westliche Regime in der Ukraine reagiert mit brutaler Gewalt auf die pro-russischen Proteste. Die Polizei verhaftete am Dienstag in Charkow bei einer "Antiterror"-Operation 70 Demonstranten, die das Gebäude der Regionalregierung besetzt hatten. Innenminister Arsen Awakow schrieb auf Facebook: "Eine Antiterror-Operation hat begonnen. Das Stadtzentrum und die U-Bahn-Stationen werden blockiert. Keine Sorge. Sobald wir fertig sind, werden sie wieder geöffnet."
Das Innenministerium erklärte, den Verhafteten drohe eine Anklage wegen "illegaler Aktivitäten in Verbindung mit Separatismus, der Organisierung von Massenunruhen und der Gefährdung von Leib und Leben von Bürgern". Turtschinow drohte den Demonstranten, die Gebäude besetzt hatten - und damit die gleiche Taktik anwandten, wie die "Demonstranten" in Kiew während des Putsches -, sie würden als "Terroristen und Verbrecher" betrachtet und mit der vollen Strenge des Gesetzes behandelt.
Am Abend zuvor hatte die Polizei Feuerwehrschläuche, Blendgranaten und Tränengas eingesetzt, um die Demonstranten aus dem Gebäude zu verjagen. Diese warfen daraufhin Molotowcocktails, wodurch der erste Stock des Gebäudes in Brand geriet.
Die stellvertretende Chefin für nationale Sicherheit, Viktoria Siumar, erklärte am Montag, Spezialkräfte hätten das Gebäude des staatlichen Sicherheitsdienstes SBU in Donezk wieder unter ihre Kontrolle gebracht. Sie erklärte, die Besetzer seien in Haftzentren der Polizei in Poltawa und Saporija gebracht worden. Ihnen drohe eine Anklage wegen Separatismus, Gewalt und der Teilnahme an Massenprotesten.
Donezk ist die Heimatstadt des ehemaligen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch, der im Februar durch einen von den USA und Deutschland unterstützten Putsch gestürzt wurde. Die Demonstranten, die in Donezk das Gebäude der Regionalregierung besetzt hatten, forderten ein Referendum über die Abspaltung von der Ukraine für den 11. Mai. Diese Forderung wurde auch in Lugansk erhoben.
Es gab Berichte über Gespräche zwischen den Demonstranten in Donezk und dem lokalen Oligarchen Rinat Achmetow. Er ist der reichste Mann der Ukraine und kontrolliert fast die Hälfte der ukrainischen Stahl-, Bergbau- und Thermoelektrikbranche. Achmetow drohte den Demonstranten ebenfalls mit gewaltsamer Unterdrückung, forderte jedoch auch mehr Autonomie und mehr Macht für die Regionen der Ukraine.
Die Regierung behauptete, "Radikale" würden in einem Hauptquartier des Sicherheitsdienstes in Lugansk 60 Geiseln gefangen halten.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Derweil verabschiedeten die Regierungsparteien im Parlament Gesetze, die jede Unterstützung für Abspaltungen von der Ukraine verbieten. Ein Gesetz, das Gruppen und Einzelpersonen verbietet, zum Separatismus aufzurufen, wurde mit 230 von 450 Stimmen angenommen. Alle Mitglieder der Kommunistischen Partei, die Janukowitschs Partei der Regionen unterstützt hatte, enthielten sich der Stimme.
Im Vorfeld der Abstimmung erklärte Vitali Klitschko, der Führer der Ukrainischen Demokratischen Allianz für Reformen (UDAR), der Ukraine drohe aufgrund der Ereignisse in Charkow und Donezk nun ein "echter Krieg."
Der Führer der Kommunistischen Partei, Petro Symonenko, wurde von Mitgliedern der rechtsextremen Swoboda tätlich angegriffen, als er Klitschko antworten wollte. Symonenko meinte, dass die pro-russischen Demonstranten im Osten der Ukraine dem Beispiel der Nationalisten gefolgt seien, die bei ihren Protesten gegen Janukowitsch als erste Gebäude besetzt hatten. Er erklärte: "Sie tun heute alles, um die Menschen einzuschüchtern. Sie verhaften sie und greifen Leute an, die eine andere Meinung haben."
Wie als Beweis für seine Aussage, versuchten ihn zwei Swoboda-Abgeordneten vom Podium zu zerren. Daraufhin kam es zu Kämpfen zwischen Abgeordneten der KP und anderer Parteien.
Am Dienstag erklärte Lawrow: "Wir sind bereit, über ein multilaterales Format nachzudenken, in dem die Europäer, die USA, Russland und die Ukraine vertreten wären." Er fügte jedoch hinzu, es müsste erst der Entwurf einer neuen ukrainischen Verfassung vorgelegt werden, damit die ukrainischen Regionen auf dem Treffen vertreten sein könnten. Er erklärte vor der Presse: "Ich denke nicht, dass die Oligarchen, die zu Gouverneuren der Regionen ernannt wurden, den Süden und Osten der Ukraine ausreichend vertreten können."
Am Montag drängte Lawrow in einem Kommentar im Guardian zum Dialog über die Ukraine und kritisierte die USA und die EU dafür, die Zusammenarbeit zugunsten von Konfrontation abgelehnt zu haben. Russland habe "Kiews Wunsch nach dringenden Verhandlungen zwischen der Ukraine, Russland und der EU" unterstützt, bei denen es um die Harmonisierung des Integrationsprozesses gehen sollte. Allerdings sei dies aufgrund der "unproduktiven und gefährlichen Haltung, die die EU und die USA seit langem einnehmen," abgelehnt worden.
Er fügte hinzu, dass „die politischen Bewegungen, die mehr Einfluss des Westens forderten, so massive Unterstützung erhalten hätten“, dass sie „die Macht in Kiew mit der direkten Unterstützung von Ministern und anderen Vertretern der USA und der EU übernehmen konnten.“
Lawrow betonte, Russland bevorzuge ein System "gleicher und unteilbarer Sicherheit im europäisch-atlantischen Raum“. Die westlichen Staaten hätten jedoch stattdessen die Nato immer weiter vergrößert, die militärische Infrastruktur des Bündnisses nach Osten verlagert und "begonnen, Pläne für einen Raketenabwehrschild umzusetzen."