In dem jüngsten Skandal, in dem es um kriminelle Praktiken einer Großbank geht, kam es am Dienstag zu einer außergerichtlichen Einigung. Dies gab das amerikanische Justizministerium bekannt. Der britischen HSBC wurde massive Geldwäsche für mexikanische und kolumbianische Drogenkartelle vorgeworfen. Sie hat Strafzahlungen in Höhe von 1,9 Milliarden Dollar zugestimmt.
Bei der Vereinbarung ging es ausdrücklich darum, eine Strafverfolgung der Bank selber oder ihrer Spitzenmanager zu vermeiden. HSBC ist die größte europäische Bank und drittgrößte weltweit. Obwohl die Bank zugab, Milliarden Dollar für Drogenbarone gewaschen und amerikanische Sanktionen gegen den Iran, Libyen, Burma und Kuba verletzt zu haben, vermied die Obama-Regierung eine Anklage mittels eines „Bewährungsabkommens“.
Das Abkommen passt zur politischen Linie der US-Regierung. Sie entbindet die obersten Bankenchefs von jeglicher Verantwortlichkeit für die illegalen Praktiken, die 2008 zum Finanzkollaps führten und direkt in die globale Rezession mündeten. Kein einziger führender Vorstand einer Großbank wurde wegen betrügerischer Praktiken angeklagt, geschweige denn verurteilt, obwohl diese Aktivitäten dazu geführt haben, dass Millionen Arbeitsplätze zerstört und der Lebensstandard der Arbeiterklasse in den USA und weltweit abgesenkt wurde.
Unter dem Schutz des Staates gehen die wahnsinnige Spekulation und die Betrügereien unvermindert weiter. Das ist die Grundlage für die Rekordprofite der Banken und die größten jemals gezahlten Gehälter für Topbanker.
In einem Artikel auf der ersten Seite beschrieb die New York Times am Dienstag die Diskussionen in der Obama-Regierung, die schließlich zu der Entscheidung führten, HSBC nicht anzuklagen. Wie die Times berichtet, haben Staatsanwälte im Justizministerium und die Distriktsstaatsanwaltschaft von New York sich für einen Kompromiss stark gemacht: Demnach sollte die Bank nicht wegen Geldwäsche, sondern wegen eines weniger schwerwiegenden Tatbestands, des Verstoßes gegen das Bank-Secrecy-Gesetz (der Verletzung von Sanktionen), angeklagt werden.
Aber selbst dazu war die Obama-Regierung nicht bereit. Das Finanzministerium und die Bundesaufsichtsbehörde für Großbanken legten ihr Veto gegen jedwede Strafverfolgung mit der Begründung ein, dass ein schwerer juristischer Schlag gegen HSBC das Finanzsystem in Gefahr bringen könne. An der Spitze des Finanzministeriums steht Timothy Geithner, der Ex- Präsident der Federal Reserve von New York.
Was bedeutet das? HSBC hat auf ihrer Jagd nach Profit den Drogenkartellen geholfen, gegen die das mexikanische Militär auf Betreiben und in Zusammenarbeit mit Washington den so genannten Drogenkrieg führt, und in dem schon 60.000 Menschen ihr Leben verloren haben. Dazu kommt noch das menschliche Leid, das von dem Drogenhandel in den USA und weltweit verursacht wird.
Die Bank kommt mit einer symbolischen Geldstrafe davon, die noch nicht einmal zehn Prozent ihrer Profite von 2011 abschöpft und vermutlich nicht einmal einen Bruchteil dessen, was sie an der Geldwäsche des Blutgeldes der Drogenbarone verdient hat. Demgegenüber werden kleine Fische unter den Drogendealern und Konsumenten, die oft zu den ärmsten Bevölkerungsschichten gehören, regelmäßig verhaftet und für lange Jahre in dem amerikanischen Gefängnis-Gulag eingesperrt.
Die Finanzparasiten, die den globalen Drogenhandel am Laufen halten und den Löwenanteil des Profits aus dem sozialen Elend einstreichen, stehen über dem Gesetz. Die Times schreibt. „Bestimmte Finanzinstitute sind zu groß und verwoben, um angeklagt werden zu können.“
Wie unter einem Brennglas wird hier das neu-aristokratische Prinzip sichtbar, das hinter einem durchsichtigen, „demokratischen“ Vorhang die Szene beherrscht. Die Räuberbarone der Finanzindustrie stehen heute über dem Gesetz. Sie können nach Belieben stehlen, plündern, ja morden, ohne fürchten zu müssen, zur Verantwortung gezogen zu werden. Sie reservieren einen Teil ihres fabelhaften Reichtums, um Politiker, Aufsichtsbeamte, Richter und Polizisten zu bestechen, von den Spitzen der Macht in Washington bis hin zu kleinen Revierbeamten, um sicherzustellen, dass ihr Reichtum sicher ist und sie von strafrechtlicher Verantwortung freigestellt bleiben.
Die so genannten “Kontrolleure” wie die Federal Reserve, die Börsenaufsicht SEC und der Rechnungshof spielen die Rolle, den Bankern den Rücken freizuhalten. Sie wissen genau, dass tagtäglich Verbrechen geschehen, aber sie schauen weg, weil Kriminalität ein untrennbarer Bestandteil der Art und Weise ist, wie die Wall Street und das Profite Machen funktionieren.
Es gibt Hinweise, dass die HSBC und andere Großbanken ihre Geldwäscheaktivitäten für Drogenkartelle und andere kriminelle Kunden noch einmal steigerten, als die Finanzkrise ausbrach. Die Krise begann 2007 und breitete sich im September 2008 mit dem Bankrott von Lehman Brothers explosionsartig aus.
Nach einer ähnlichen Vereinbarung mit der Wachovia Bank 2010, ebenfalls wegen Geldwäsche, sagte Antonio Maria Costa, der damals an der Spitze des Drogen- und Verbrechensbüros der Vereinten Nationen stand, das Geld der Verbrechersyndikate sei das einzig verfügbare „flüssige Investitionskapital“ gewesen, das den Banken auf dem Höhepunkt der Krise zur Verfügung stand. „Interbankenkredite beruhten auf Geld aus dem Drogenhandel“, sagte er.
Es gibt wenig Zweifel, dass amerikanische Regulierer und politische Führer diese Praktiken stillschweigend duldeten, weil sie ihre Nothilfeprogramme für die Wall Street stützten, mit denen diese vor den Konsequenzen ihrer eigenen geldgeilen Spekulationsorgien bewahrt werden sollte.
Die inzestuösen Beziehungen zwischen der Bankenaufsicht und den Banken zeigen sich auch in einem anderen aktuellen Bankenskandal. Vergangene Woche wurde die Deutsche Bank von drei ehemaligen Beschäftigten in einer Beschwerde an die SEC beschuldigt, in den Jahren 2007 bis 2009 betrügerisch Verluste in Höhe von zwölf Milliarden Dollar verschleiert zu haben.
Die Financial Times bemerkte nebenbei, dass Robert Khuzami, ein führender Vertreter der SEC, sich aus dem Fall wegen Befangenheit zurückgezogen habe, weil er vor seiner Beschäftigung bei der SEC von 2004 bis 2009 als oberster Rechtsvertreter für ganz Amerika bei der Deutschen Bank gearbeitet hatte. Mit anderen Worten: Er vertrat die Bank gerade in der Zeit rechtlich, in der sie nach Angaben von Informanten Bilanzbetrug beging.
Das war auch die Periode, in der die Deutsche Bank und andere Großbanken Milliarden damit verdienten, das Weltfinanzsystem mit toxischen, hypthekengestützten Wertpapieren zu vergiften. Vergangenes Jahr füllte ein Untersuchungsausschuss des Senats 45 Seiten eines umfangreichen Berichts über den Finanzkrach mit den betrügerischen Aktivitäten der Deutschen Bank.
Wie es in dem Bericht heißt, hatte der Spitzenhändler der Bank für verbürgte Schuldverschreibungen die Wertpapiere, welche die Bank verkaufte, als „Abfall“ und „Mist“, und den CDO-Handel der Bankindustrie als „Schneeballsystem“ bezeichnet.
Dass eine solche Person die Verantwortung, die Banken zu beaufsichtigen, übernehmen kann, passt nur ins Bild. Der Mann, welcher der Obama-Regierung Khuzami für den Posten empfohlen hatte, Richard Walker, ist der aktuelle oberste Rechtsvertreter der Deutschen Bank und war früher selbst Bankenaufseher bei der SEC.
Als im Juni CEO Jamie Dimon von JPMorgan Chase vor dem Senat über verschwiegene Verluste von mindestens fünf Milliarden Dollar aussagte, saß hinter ihm der Chefanwalt der Bank, Stephen Cutler, der diesen Posten erklommen hatte, nachdem auch er die Bankenaufsicht bei der SEC geführt hatte.
Dieser Augiasstall aus Verbrechen und Korruption kann nicht reformiert werden. Jede offizielle Institution des amerikanischen Kapitalismus ist darin verwickelt. Nur die Massenmobilisierung der Arbeiterklasse kann den Würgegriff der Finanzaristokratie über das Wirtschaftsleben aufbrechen. Das Ziel muss sein, die Banker zu enteignen, die großen Banken und Finanzhäuser in öffentliches Eigentum zu überführen und unter demokratische Kontrolle zu stellen.