Recherchen zum Massaker vom 25. Mai im syrischen Hula haben die Lügen Washingtons und seiner Alliierten zunichte gemacht, mit denen sie ihre immer stärkere militärische Intervention in Syrien rechtfertigen.
Gemäß der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, einer der führenden Tageszeitungen Deutschlands, liegt die Verantwortung für den Tod von 180 Menschen, die in Hula massakriert worden sind, nicht bei der syrischen Armee, sondern bei den syrischen „Rebellen“, die von den Vereinigten Staaten gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad bewaffnet werden. Die Zeitung berichtet, die syrischen Guerillagruppen fungierten als sunnitische Todesschwadronen, die einen Großteil der schiitischen muslimischen Minderheit von Hula ausgelöscht hätten. Die Quellen, auf die sich das Blatt bezieht, stammen nicht vom Assad-Regime, sondern von der syrischen Opposition selbst sowie von französischen religiösen Gruppen in Syrien.
Die Auswirkungen dieser Enthüllungen gehen weit über die Gräueltaten in Hula hinaus. Sie untergraben die niederträchtigen Fundamente der von den USA angeführten Kriegskampagne gegen Syrien. Die Medien bringen unkritisch Mordberichte, die auf Oppositionsdarstellungen und auf Denunziationen des Westens beruhen, die sich gegen Assad wenden, um in zynischer Weise die Bewaffnung der Opposition – oder eine mögliche amerikanische Invasion in Syrien – als Gewissensentscheidung darzustellen, die eine humanitäre Katastrophe verhindern soll.
Die Medienkanäle, die solche Berichte verbreiten, betätigen sich lediglich als Propagandaagenturen für eine amerikanische Intervention. Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten beabsichtigen, Russland und China soweit einzuschüchtern, dass sie ihren Widerstand gegen einen Einmarsch unter Führung der USA aufgeben, damit Assad gestürzt und gegen ein amerikanisches Marionettenregime ausgetauscht werden kann.
Das Massaker von Hula war ein integraler Bestandteil dieser Kampagne. Weniger als zehn Tage zuvor wurde verkündet, dass die USA einen Anstieg der Waffenlieferungen an die syrischen Oppositionseinheiten koordinieren, die von den saudischen und katarischen Königshäusern bezahlt werden. Nach den ersten Berichten über das Massaker haben die westlichen Mächte ihre Beziehungen zu Syrien abgebrochen. Die Vereinigten Staaten, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Italien, Spanien, Australien und Kanada riefen ihre Botschafter aus Syrien zurück, um gegen ein Massaker zu protestieren, das in Wirklichkeit ihre eigenen Marionetten verübt haben.
Diese Ereignisse unterstreichen die Heuchelei, mit der US-Diplomaten Kritik an Russland üben, weil es Assads Regime Kampfgeräte liefert, während Washingtons wohlhabende arabische Bundesgenossen die „Rebellen“-Guerilla mit Waffen versorgen.
Keines dieser Geschehnisse kann ohne die politische Krise verstanden werden, welche die letztjährigen revolutionären Erhebungen im Nahen Osten ausgelöst haben. Massenproteste von Arbeitern und Jugendlichen haben pro-amerikanische Diktaturen in Ägypten und Tunesien fortgespült. Weil aber eine unabhängige politische Bewegung der Arbeiterklasse fehlte, die die Macht übernehmen und den Kampf für den Sozialismus aufnehmen konnte, hatten die USA und ihre Verbündeten Zeit zur Umgruppierung und zur Ausarbeitung einer konterrevolutionären Strategie.
Die imperialistischen Mächte beabsichtigen, die koloniale Unterwerfung des gesamten Nahen Ostens aufrechtzuerhalten. Proteste gegen proamerikanische Regierungen mussten niedergeworfen werden. Proteste in Ländern, die keine engen Bindungen zu Washington haben, wie Libyen oder Syrien, werden unter die Kontrolle weit rechts stehender Kräfte gebracht, damit diese die Proteste entlang ethnischer oder religiöser Grenzen spalten. Diese Kräfte dienen dann als Marionetten in amerikanisch geführten Bürgerkriegen. Washington stellte sich als Freund des „arabischen Frühlings“ dar, weil es Regime des Nahen Ostens absetzen wollte.
Nachdem die saudische Monarchie Proteste in Bahrain blutig unterdrückt hatte, unterstützten die USA islamistische und Stammeselemente gegen Libyens Machthaber Muammar Gaddafi. Dieser wurde in einem blutigen Krieg, der etwa 50.000 Menschenleben forderte, von der Nato und islamistischen Rebellen gestürzt. In Syrien verlassen sich die USA überwiegend auf sunnitische Elemente wie die islamistische Muslimbruderschaft, die von der antischiitischen saudischen Monarchie finanziert wird. Das Massaker von Hula ist ein vorhersagbares Ergebnis der Unterstützung, die Washington den reaktionären Kräften zuteil werden lässt.
Die imperialistische Strategie stützt sich auf den Bankrott der nationalistischen bürgerlichen Regimes im Nahen Osten und deren Entwicklung nach rechts infolge des Zusammenbruchs der Sowjetunion. Ihres großmächtigen Beschützers beraubt und aufgrund ihrer marktliberalen Reformen zutiefst unpopulär, wurden sie von heftigen ethnischen und religiösen Zerwürfnissen heimgesucht und für amerikanische Interventionen anfällig. Das Assad-Regime, das wiederholt „Liberalisierungs“-Maßnahmen betrieb und sein Führungspersonal aus der alawitischen religiösen Minderheit rekrutiert, war besonders gefährdet.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die Vereinigten Staaten arbeiten das Drehbuch ab, das in den postsowjetischen Kriegen in Jugoslawien und im Irak entwickelt wurde und heizen religiöse sowie ethnische Rivalitäten an, um die ausbrechenden Kämpfe als Vorwand für Interventionen nutzen zu können. Sie übertreiben in maßloser Weise oder fabrizieren gar selbst Gräueltaten, die sie den ins Fadenkreuz geratenen Regimes unterschieben.
Vor allen Dingen stützt Washington sich auf die Servilität der amerikanischen und europäischen Medien sowie die verlogenen Parteien der bürgerlichen „Linken“. Die Medien, die sofort zynisch die Linie der syrischen „Rebellen“ nachplapperten, die das Massaker von Hula verübt haben, ignorieren jetzt den Bericht der FAZ.
Kurz nach dem Hula-Massaker veröffentlichte die New York Times einen Leitartikel unter dem Titel „Assad, der Schlächter“, in dem Assad angeklagt wurde. In zynischer Weise beschuldigte das Blatt Moskau und Peking, sie hätten sich die Hände mit Blut beschmiert, indem sie eine Militärintervention unter Führung der USA ablehnten.
Ex-linke kleinbürgerliche Parteien, wie die französische Neue Antikapitalistische Partei (NPA) oder die amerikanische International Socialist Organization (ISO), die die syrischen “Rebellen” unterstützen, stehen jetzt als nackte Befürworter imperialistischer Morde da, die in humanitärem Mummenschanz daher kommen.
Der einzige gangbare Weg für den Nahen Osten ist der erneuerte Kampf der Arbeiterklasse gegen die kapitalistischen Regimes und für den Sozialismus. Als Ausgangspunkt muss eine kompromisslose Opposition gegen den Imperialismus und seine Agenten im Nahen Osten dienen. Der Hauptverbündete der Arbeiterklasse im Nahen Osten in diesem Kampf ist die Arbeiterklasse in den imperialistischen Ländern, die von der Wirtschaftskrise erschüttert wird und dem erneuten Kriegsdrang der USA und Europas feindlich gegenüber steht.