Letzten Donnerstag gab der amerikanische Präsident Obama persönlich den Befehl zu amerikanischen Luftschlägen gegen den Jemen. Dabei fanden viele Zivilisten, auch Frauen und Kinder, den Tod.
Die Kampfflugzeuge der USA setzten Cruise Missile Raketen gegen vermutete Lager von Al Qaida in dem etwa 480 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Sana’a in der Region Maajala gelegenen Dorf Abyan ein. Außerdem im Kreis Arhab, 60 Kilometer nordöstlich von Sana’a. Augenscheinlich waren die amerikanischen Luftschläge mit der von den USA unterstützten Diktatur des jemenitischen Präsidenten Ali Abdallah Saleh koordiniert worden, dessen Militär neben den beiden Orten noch ein drittes Dorf angriff. Dabei wurden etwa 120 Menschen getötet, wie ein Sprecher der jemenitischen Opposition angab.
Örtliche Beamte und Zeugen aus dem Gebiet Mahsad, wo die schlimmsten Bombardierungen stattfanden, berichteten über mehr als 60 Tote, vorwiegend Zivilisten. Nach ihren Angaben sei das Ziel der Bombardierungen kein Stützpunkt der Al Qaida gewesen.
Brian Ross, Berichterstatter der ABC News, berichtete Freitag Nacht als erster in "ABC World News", über die Beteiligung von US-Flugzeuge an den Angriffen. Er sagte: "Beamte des Weißen Hauses berichteten ABC News, der Befehl zum Angriff auf die vermuteten Al Qaida Lager im Jemen am Donnerstag sei direkt aus dem Oval Office erteilt worden."
Weiter sagte er: "Das amerikanische Militär griff zwei verschiedene Orte im Jemen mit Cruise Missiles an. Bildmaterial aus der Nachtsendung von al-Jazira am 21. Dezember zeigte Dutzende mit Laken abgedeckte Körper. Regierungsvertreter sprachen von 35 getöteten vermutlichen Al Qaida Kämpfern. Nach Angaben von Oppositionsgruppen wurden dabei auch Dutzende Zivilisten umgebracht."
In ABC News wurden Beamte des Weißen Hauses zitiert, die berichteten, dass Obama dem jemenitischen Präsidenten Saleh nach dem Überraschungsschlag zu den Angriffen "gratulierte".
Amerikanische Beamte verweigerten am Freitag jede Stellungnahme zu dem ABC-Bericht, dementierten ihn jedoch auch nicht. "Wir werden uns in dieser Frage nicht auf Details einlassen," so ein Regierungsbeamter, der noch anfügte, dass der Jemen und die USA "in der Antiterrorbekämpfung eng zusammenarbeiten."
Der Pentagon-Sprecher Bryan Whitman sagte gegenüber der New York Times, die am Samstag über die Rolle der USA bei den Angriffen berichtete: "Der Jemen ist zu den Aktionen gegen Al Qaida zu beglückwünschen."
Am Samstag gingen Tausende Jemeniten im Südjemen auf die Straßen, um die barbarischen Militäraktionen zu verurteilen. Nach örtlichen Berichten demonstrierten 3000 Menschen in der Provinz Dahl’e und Hunderte in den Provinzen Lahj und Abyan, riefen regierungsfeindliche Parolen und verlangten die Einleitung einer Untersuchung über die Angriffe.
Eine Koalition aus sechs Oppositionsparteien (Vereinigte Parteien) verurteilte auf einer Kundgebung mit 10.000 Teilnehmern in Taiz, 260 Kilometer südlich von Sana’a, den Angriff auf Zivilisten. Ein führendes Mitglied der Koalition bezeichnete die Angriffe als ein "barbarisches Verbrechen".
Die Bewegung des Südens, die eine Abtrennung des Südens vom Norden anstrebt, verkündete, die Überfälle seien ein Angriff auf die Bevölkerung des Südens und nicht auf Al Qaida. "Es handelt sich hier um einen Völkermord," sagte Abbass al Asal, ein führendes Mitglied der Bewegung des Südens. Nach seinen Angaben wurden bei den Angriffen aus der Luft und vom Boden in Abyan 64 Zivilisten getötet, 23 davon waren Kinder und 17 Frauen.
Nach einem Bericht von Associated Press vom Samstag berichteten Einwohner von Abyan, dass es in dem Gebiet kein Lager von Al Qaida gebe und dass bei den schweren Angriffen Unterkünfte- eine Anzahl heruntergekommener Backsteinhäuser, Hütten und Zelte - in einem ländlichen Stammesgebiet zerstört worden seien. Ein Einheimischer, Ali Mohammed Mansour, berichtete, er habe bei der Bestattung der Toten geholfen. Er widersprach der Behauptung, es habe sich um ein Trainingslager gehandelt, und erklärte, die Gemeinde liege nur 100 Meter von einer Schnellstraße und zwei Kilometer von einer Militärbasis entfernt.
Mansour sagte, einer der Getöteten sei Mohammed Saleh al Kazemi gewesen, ein Saudi, der in den Jemen kam, nachdem er als Kämpfer in Afghanistan gewesen sei. Er sei vor seiner Entlassung 2005 zwei Jahre lang inhaftiert gewesen und habe seit seiner Entlassung mit seiner Familie im Dorf gelebt und habe nichts zu verbergen gehabt.
Die Angriffe vom Donnerstag sind Etappen der militärischen Eskalation der USA im Jemen. Sie werden in Zusammenarbeit mit dem Verbündeten der USA, des Regimes Präsident Salehs, mit der saudischen Monarchie, die ihrerseits von Ägypten unterstützt wird, koordiniert. Bis zum Donnerstag waren amerikanische Militärschläge vor allem auf den nördlichen Jemen konzentriert und gegen aufständische Kämpfer aus dem Stamm der Houthi gerichtet. Sie praktizieren eine Spielart des schiitischen Islam, die sich von der iranischen unterscheidet.
Vergangene Woche behaupteten Kämpfer der Houti, dass amerikanische Kampfjets 28 Angriffe auf die nahe der Grenze zu Saudi Arabien gelegene nordwestliche Provinz Sa’ada geflogen hätten. Seit dem letzten August, als Präsident Saleh zur Niederschlagung des Widerstands der Houti den Beginn der "Operation Verbrannte Erde" ankündigte, haben saudische Truppen und Flugzeuge die an den Süden Saudi Arabiens angrenzenden Regionen des Jemen angegriffen. Saleh, Riad und Kairo behaupten, die Houti würden vom Iran unterstützt und mit Nachschub versorgt, was dieser jedoch abstreitet.
Die Regierung Obama macht keinen Unterschied zwischen den verschiedenen oppositionellen Bewegungen im Jemen und Al Qaida, obwohl Al Qaida eine sunnitische Bewegung ist, die Schiiten, wie den Houthi zutiefst feindlich gesinnt ist. Der britische Daily Telegraph bezog sich auf namentlich nicht genannte amerikanische Regierungsbeamte, als er am 13. Dezember berichtete, dass die USA Sondereinsatzkräfte für die Ausbildung der jemenitischen Armee in das Landes geschickt hätten. Die Zeitung zitierte einen amerikanischen Militärbeamten folgendermaßen: "Jemen wird zum Rückzugsgebiet für die Aktivitäten Al Qaidas in Pakistan und Afghanistan."
Das ist ein deutliches Zeichen, dass Washington derzeit den Krieg in Afghanistan und Pakistan auf den Jemen ausdehnt.
Es wird berichtet, dass saudische Kampfjets Phosphorbomben gegen Houti-Soldaten einsetzen. Am 13. Dezember berichteten den Houti nahe stehende Quellen, saudische Streitkräfte hätten einen ausgedehnten grenzüberschreitenden Angriff durchgeführt, der im nördlichen Kreis Razeh 60 Tote und mehr als 100 Verletzte gekostet habe.
Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) und das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) gaben Warnungen heraus und berichteten über die entsetzlichen Lebensbedingungen von Hunderttausenden von Jemeniten, die bei gemeinsamen Angriffen von Saudis und ihrer eigenen Regierung im Norden vertrieben wurden. Das UNCHR schätzt, dass in Sa’ada bis zu 175.000 Menschen zur Flucht gezwungen wurden und sich in überfüllten Lagern befinden, wo es an Nahrung und Wasser mangelt. Auf Grund der Zustände in den Lagern sterben Kinder.
Die amerikanischen Luftschläge im Jemen am Donnerstag geschahen am selben Tag wie Washingtons massiver Drohnenangriff auf die nördliche pakistanische Provinz Waziristan, bei dem ein Dorf zerstört, und mindestens 17 Menschen getötet wurden.
Diese Entwicklungen, die mit dem Eintreffen der ersten der 30.000 von Obama zusätzliche nach Afghanistan entsandten Truppenangehörigen zusammenfallen, zeigen, dass die Regierung Obama eine Politik militärischer Aggressionen und kolonialer Eroberungen betreibt, die selbst noch die der Regierung Bush übertreffen. Hier werden uns die Verbreitung von Tod und Zerstörung vor Augen geführt, was in der Ansprache Obamas vom 1. Dezember in West Point nur anklang. In dieser Rede hatte er die Ausweitung des Krieges in Afghanistan angekündigt, die er in seiner Rede bei der Nobelpreisverleihung am 10. Dezember noch einmal bekräftigte.
In seiner Rede in West Point, erklärte Obama: " Der Kampf gegen den gewaltsamen Extremismus wird nicht schnell zu Ende sein," und er fügte hinzu, dass dieser "sich weit über Afghanistan und Pakistan hinaus ausweiten wird." Dann sprach er noch über "aus den Fugen geratenen Regionen und von diffusen Feinden" und nannte in diesem Zusammenhang Somalia und den Jemen.
Seine Rede bei der Verleihung des Nobelpreises bestand aus militaristischen Instruktionen für imperialistischen Krieg und Neokolonialismus. Obama pries die Vorzüge des Präventivkriegs und stellte eine Reihe potentieller Zielscheiben militärischer Aggression der USA vor, darunter den Iran, den Sudan, den Kongo, Simbabwe und Myanmar.
Wie auch bei den imperialistischen Interventionen im Irak, in Afghanistan und Pakistan hat die eskalierende Aggression des US-Imperialismus im Jemen ganz und gar nichts mit der Niederschlagung von Al Qaida oder dem Schutz des amerikanischen Volkes vor Terrorismus zu tun. Dahinter steht der Drang der herrschenden amerikanischen Elite, ihre Vorherrschaft über die ölreichen Gebiete des Nahen Ostens und Zentralasiens abzusichern und Kontrolle über strategisch entscheidende Pipeline- und Schifffahrtsrouten zu gewinnen.
Die geographische Lage des Jemen ist ausschlaggebend, sie ließ ihn während des Kalten Krieges zum Kampffeld von USA und Sowjetunion werden. Wie Associated Press in einem Bericht über die Luftschläge vom vergangenen Donnerstag anmerkte, "liegt der Jemen an einem für die Schifffahrt strategisch bedeutenden Punkt am Roten Meer und am Golf von Aden, von wo aus es einen Zugang zum Suezkanal gibt - und an der anderen Seite des Golfs liegt Somalia, eine sogar noch turbulentere Nation..."
Die USA haben bereits militärische Angriffe auf Somalia durchgeführt, lassen Äthiopien einen Stellvertreterkrieg führen und das Land besetzt halten.
In ihrem Drang, ihre militärische und politische Kontrolle über den Jemen zu herzustellen, heizen die USA die Spannungen in der ganzen Region an - insbesondere zwischen Saudi Arabien und Ägypten auf der einen Seite und dem Iran auf der anderen.
Verdeckte, wie offene Militärinterventionen der USA in den Gebieten um den Golf von Aden müssen sowohl von den angegriffenen Völkern, als auch von der amerikanischen Bevölkerung als ernste Warnung vor den katastrophalen Folgen der globalen Vorhaben des US-Imperialismus begriffen werden. Es ist die Aufgabe der amerikanischen und der internationalen Arbeiterklasse, Washingtons neokolonialer Strategie ein Ende zu setzen.
Dies erfordert einen direkt gegen die Regierung Obama gerichteten Kampf. Kaum mehr als ein Jahr nach seiner Wahl als Kandidat, der für "Wandel" und "Hoffnung" eintrat, steht Obama als Kriegsverbrecher und Handlanger der Wall Street und des militärischen Geheimdienstapparates da. Für den Kampf gegen den Militarismus muss die Arbeiterklasse eine unabhängige sozialistische Bewegung aufbauen, gegen Obama, die Demokratische Partei und das Zweiparteiensystem und gegen den Kapitalismus, die Wurzel von Unterdrückung und Krieg.