Weil die Bemühungen der britischen Labour Regierung zu scheitern drohen, ihre Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten zu verheimlichen, rechtfertigte der Chef des Geheimdienstes MI5 letzte Woche öffentlich die Anwendung von Folter, um Beweise gegen angebliche Terroristen zu erhalten.
Während die Richter Thomas und Lloyd Jones noch an einem Urteil arbeiteten, das entscheiden sollte, ob die Labour Regierung einen Bericht der CIA mit Einzelheiten aus der 2002 durchgeführten Vernehmung des in Großbritannien ansässigen Binyam Mohamed, freigeben muss, sprach MI5-Generaldirektor Jonathan Evans am 15. Oktober an der Universität Bristol.
Die Londoner Times bemerkte, Evans Erklärung könnte als Einmischung in ein laufendes Verfahren interpretiert werden. Ein MI5 Offizier, bekannt als Zeuge B, wird derzeit von der Metropolitan Police auf "möglicherweise strafrechtlich relevantes Verhalten" überprüft.
Der in Äthiopien geborene Mohamed wurde in Pakistan verhaftet, nach Marokko verbracht und in Guantanamo Bay, Kuba, festgehalten. Er wurde im Februar ohne Anklage freigelassen und klagt derzeit gegen die britische Regierung mit der Begründung, der MI5 sei an seiner Folterung beteiligt gewesen. Der MI5 ist angeklagt, sowohl die zu stellenden Fragen als auch persönliche Informationen über Mohamed geliefert zu haben. Mohamed behauptet ferner, ein MI5 Offizier, der Zeuge B, habe ihn während seiner Haft in Marokko besucht.
Die britische Regierung ficht eine Freigabe des CIA Berichts an, da dies die nationale Sicherheit bedrohe. Sie führte an, eine Freigabe des Dokuments würde die Vereinigten Staaten dazu veranlassen, die geheimdienstliche Zusammenarbeit aufzukündigen. Das Gericht wies dieses Argument in seiner Sitzung vom 16. Oktober ab und warf Außenminister David Miliband vor, mit seiner Handlungsweise den Rechtsstaat zu verletzen. "Sich für die Rechtsstaatlichkeit einzusetzen, anstatt sie als zweitrangig zu behandeln, ist der Eckpfeiler der Demokratie", urteilten sie.
Evans hat ein persönliches Interesse daran zu verbergen, was Mohamed widerfuhr, da er zum damaligen Zeitpunkt der für Terrorismusbekämpfung verantwortliche MI5 Direktor war.
In seinem Vortrag argumentierte er, dass die Rechtsstaatlichkeit im so genannten "Krieg gegen den Terror" nicht länger gelten könne. Er behauptete, dass - anders als bei den beiden Weltkriegen des letzten Jahrhunderts, als der Feind Deutschland war, und im Gegensatz zum Kampf gegen den "internationalen, durch die Sowjetunion inspirierten Kommunismus" und gegen "den internationalen Terrorismus der 1970iger und 1980iger Jahre" - "Großbritannien und andere westliche Länder" nach dem 11. September "mit der Tatsache konfrontiert waren, dass die terroristische Bedrohung durch Al Qaida rücksichtslos, global und gewaltig" war.
Es sei deshalb nicht möglich gewesen, bei der Wahl der Methoden, die für die Bekämpfung des Terrorismus eingesetzt wurden, wählerisch zu sein. Er erklärte, der MI5 selbst habe "weder Menschen gefoltert, noch haben wir bei Folter mitgewirkt oder andere aufgefordert, um unseretwillen Menschen zu foltern". Aber nach dem 11. September habe die Behörde mit Ländern zusammenarbeiten müssen, "in denen die Normen und Praktiken der lokalen Sicherheitsagenturen sehr weit von unseren entfernt waren".
Der MI5 habe vielleicht "bei der Aufdeckung der sich herausbildenden Muster der US-Praktiken in der Zeit nach dem 11. September gezögert". Nichtsdestotrotz "sollten wir uns daran erinnern, dass ungeachtet dieser ernsten Thematik das Vereinigte Königreich in den letzten Jahren großen geheimdienstlichen Nutzen aus unserer Zusammenarbeit mit den amerikanischen Behörden gezogen hat, und dass die Vereinigten Staaten uns gegenüber sehr großzügig waren, was den Austausch von Nachrichten betraf."
Das ist doppelzüngig. Der MI5 wird nicht bloß beschuldigt, auf einem Auge blind oder ignorant gegenüber Missständen bei anderen zu sein. Zusammen mit der britischen Regierung ist er angeklagt, schlüssige Beweise dafür unterdrückt zu haben, dass er bei dem Programm außergewöhnlicher Überstellungen, das auf die Verlagerung von Folter in andere Länder hinauslief, aktiv mit den Vereinigten Staaten und ihren Marionettenstaaten zusammenarbeitete.
Obwohl er direkte Absprachen pro forma abstritt, ist Evans Rede eine unverhüllte Rechtfertigung von Folter auf der Grundlage purer Zweckmäßigkeit, d.h. der Behauptung, dass Folter funktioniert. "Das Führen eines Geheimdiensts innerhalb einer freiheitlichen Demokratie verursacht natürlich Probleme und gelegentlich das ein oder andere Dilemma", sagte er. Seine Antwort auf solche "Zwangslagen" ist die Behauptung, dass demokratische Regierungsformen ungeeignet seien, wenn es darum gehe, Terrorismus zu bekämpfen.
Evans Rede ist ein viel sagendes Anzeichen dafür, wie weit die Aushöhlung demokratischer Rechte fortgeschritten ist. Er führte eine Reihe von Beschränkungen für den Geheimdienst bei illegalen Handlungsweisen an, einschließlich der Befehlsgewalt des Innenministers und der Rechenschaftspflicht gegenüber dem "Geheimdienst- und Sicherheitsausschusses des Parlaments". In Wirklichkeit sind diejenigen, die mit der Überwachung des MI5 betraut sind, ebenfalls der Meinung, dass rechtsstaatliche Grundsätze nicht angewandt werden sollten.
Ein wesentlicher Teil seiner Rede stützte sich auf ein Zitat aus einem Artikel von Miliband und Innenminister Alan Johnson vom August 2009, der darauf beharrte, dass "ausländische Geheimdienstinformationen ausschlaggebend für unseren Erfolg bei der Unterbindung des Terrorismus" seien. Der Artikel stellte weiter fest, dass "wir zwar hart arbeiten müssen um sicherzustellen, dass wir nicht zu Mittätern bei Folter oder Misshandlungen werden, ... es aber nicht möglich ist, alle Risiken auszumerzen".
Die Innen- und Außenminister hätten erkannt, "dass wir in einer komplexen Umgebung operieren müssen, in der es keine einfachen Antworten für uns gibt", erklärte Evans.
Miliband stellt das Urteil der Richter Thomas und Jones weiterhin in Frage. In seiner Einstellung wird er von der Obama Administration unterstützt.
Die Rechtfertigung krimineller Aktionen im Namen der Terrorismusabwehr ist eine unmittelbare Bedrohung der demokratischen Rechte eines jeden Einwohners von Großbritannien. Der MI5 ist in den letzten Jahren massiv erweitert worden. Zum Ende des Jahres 2010 wird er doppelt so groß sein wie 2001, mit einem Stab von 4.100 Angestellten.
Der britische Staat stellt für die Arbeit des MI5, MI6 und das Spionagezentrum Government Communications Headquarters (GCHQ) 1.86 Milliarden zur Verfügung, wobei der MI5 den Löwenanteil davon erhält. Die Organisation gibt zu, 2.000 Personen zu überwachen, die sie der Gefährdung der nationalen Sicherheit verdächtigt, aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Der Sicherheitsdienst verfügt über Daten von unzähligen politischen Aktivisten und Gewerkschaftern, die nicht anders behandelt werden als diejenigen, die des Terrorismus beschuldigt werden, falls sich die Notwendigkeit dazu ergibt.
Das Beharren darauf, dass Folter legitim sei, bestätigt erneut, dass die Hinwendung zu Militarismus und Kolonialkriegen unvereinbar ist mit der Aufrechterhaltung demokratischer Normen. Die Kriege und Besetzungen, die von Großbritannien an der Seite der Vereinigten Staaten in Afghanistan und dem Irak durchgeführt wurden, sind räuberisch und rechtswidrig, und sollen dabei helfen, die Kontrolle über lebenswichtige Reserven an Öl und Gas sicherzustellen. Sie wurden nach dem 11. September mit der unwahren Behauptung gerechtfertigt, sie seien notwendig, um die Bedrohung durch Al-Qaida und "Schurkenstaaten" zurückzuschlagen. Beide Kriege wurden auf der Grundlage von Lügen begonnen und gegen überwältigenden Widerstand in der Bevölkerung durchgesetzt.
Während die Tragödie, die diese Kriege im Irak und Afghanistan verursacht haben, wächst, wurden immer drakonischere Maßnahmen gegen terroristische Gefahren - sowohl gegen tatsächliche als auch gegen vorgebliche - ergriffen. Routinemäßig wurden falsche Geständnisse mittels Folter erpresst, um die Kriegstreiberei von Washington und London zu rechtfertigen und die Verabschiedung repressiver Gesetze, die der Einschüchterung der Kriegsgegner dienen, zu rechtfertigen. So gingen z.B. die von der Bush-Regierung fabrizierten Beweise einer Verbindung zwischen Al-Qaida und dem Regime von Saddam Hussein im Irak auf die Folterung des gefangenen Al-Qaida-Agenten Abu Zubaydah zurück.
Zu den Methoden, mit denen von Binyam Mohmed "Beweise" erpresst wurden, gehörte die Androhung von Folter mit Rasierklingen. Sein Geständnis diente als Grundlage für die Behauptung, dass der US-Bürger José Padilla einen Anschlag auf US-Städte mit einer "schmutzigen Bombe" plane. Nachdem Padilla über Jahre hinweg in einem Militärgefängnis festgehalten, ihm jeder Kontakt zu Anwälten oder Verwandten verweigert und er gefoltert worden war, wurde die Anklage wegen einer "schmutzigen Bombe" fallengelassen und Padilla vor ein Zivilgericht gestellt. Er wurde dann aus einem völlig anderen Grund verurteilt: wegen Verschwörung zum heiligen Krieg im Ausland und der Gründung einer terroristischen Vereinigung außerhalb der Vereinigten Staaten.
Die Wende hin zu Militarismus und Krieg wird von der Finanzelite an der Spitze der Gesellschaft diktiert, mit dem Ziel, sich die Ressourcen des ganzen Planeten anzueignen. Sie ist verbunden mit der historisch beispiellosen Anhäufung von persönlichem Reichtum durch eine Oligarchie, die auf der Grundlage der Verelendung der internationalen Arbeiterklasse beruht.
Die imperialistische herrschende Elite greift auf die Abschaffung konstitutioneller und rechtlicher Normen zurück, weil es unmöglich ist, das Mandat der Bevölkerung für eine Politik zu erhalten, die schädlich für die Interessen der übergroßen Mehrheit ist. Die daraus resultierenden Klassenspannungen sind zunehmend unvereinbar mit demokratischen Regierungsformen.
Der Angriff auf demokratische Rechte kann nur bekämpft werden durch den Aufbau einer unabhängigen politischen Bewegung der internationalen Arbeiterklasse gegen das Profit-System, das die Ursache von Armut, Unterdrückung und Krieg ist.