Krieg in Georgien:

Bush verschärft Konfrontation mit Russland

Präsident George W. Bush gab am Montag im Rosengarten des Weißen Hauses eine provokative Erklärung ab, mit der er den Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und Russland über die aktuellen Kämpfe in Georgien verschärfte.

Bush verurteilte die in seinen Worten "dramatische und brutale" militärische Eskalation und verlangte von Moskau, einem sofortigen Waffenstillstand zuzustimmen und die Truppen aus seinem kaukasischen Nachbarland zurückzuziehen. Er beschuldigte Russland, die Bombardierung des Flughafens von Tiflis zu planen und die pro-amerikanische Regierung des georgischen Präsidenten Michael Saakaschwili stürzen zu wollen.

Bush wiederholte amerikanische Stellungnahmen über die Unverletzbarkeit der georgischen Souveränität und territorialen Integrität. Das sind diplomatische Formulierungen, mit denen die Bemühungen der Regierung in Tiflis unterstützt werden, ihre Kontrolle über die abtrünnigen, Russland-freundlichen Republiken Südossetien und Abchasien wiederherzustellen.

Am Sonntag hatte Vizepräsident Dick Cheney erklärt, die russische "Aggression" dürfe nicht unbeantwortet bleiben. Cheneys Eingreifen deutet auf die Existenz einer Fraktion in der Bush-Regierung hin, die eine aggressivere amerikanische Reaktion auf die russische Intervention in Georgien verlangt.

Die Heuchelei der Erklärungen aus dem Weißen Haus ist umwerfend. Die amerikanische Regierung ließ keinen Protest verlauten, als georgische Truppen am Donnerstag Südossetien angriffen und in der Hauptstadt Zchinwali Wohnblocks mit Granaten und Panzerkanonen beschossen. Die georgischen Invasoren sollen 2.000 Zivilisten getötet haben. Das ist der größte Teil der bisherigen zivilen Opfer.

Erst als Russland auf den georgischen Angriff mit einer schnellen und massiven Gegenoffensive reagierte und die viel schwächeren georgischen Truppen in die Flucht schlug, gab sich Washington alarmiert.

Das militärische Vorgehen des Putin-Regimes ist in keiner Weise progressiv. Die herrschende Elite Russlands verfolgt im Kaukasus ihre eigenen räuberischen Ziele. Die Region wurde bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 zwei Jahrhunderte lang von Moskau regiert.

Der Ausbruch von Krieg im Kaukasus unterstreicht erneut die tragischen Konsequenzen der Auflösung der UdSSR. Sie konfrontiert die Massen der ehemaligen Sowjetunion, d.h. Russlands und der anderen Sowjetrepubliken, mit der Gefahr von Krieg und dem räuberischen Appetit der imperialistischen Großmächte. Die Lösung für die Völker der ehemaligen Sowjetunion liegt nicht in der nationalistischen und militaristischen Politik Putins, sondern in dem internationalistischen Programm der sozialistischen Revolution.

Aber unbeschadet der reaktionären Ziele des russischen Regimes kann kein objektiver Beobachter bestreiten, dass Washingtons provokative Politik gegenüber Russland - die darauf abzielt, Russland aus seinen jahrzehntelangen Einflusssphären zu drängen - der Hauptfaktor hinter dem Ausbruch des Kriegs zwischen Russland und Georgien ist.

Die Medien haben kaum ein Wort darüber verlauten lassen, dass US-Außenministerin Condoleezza Rice vor einem Monat Georgien besuchte. Rice führte Gespräche mit Saakaschwili und griff Russland in einer Pressekonferenz scharf an. Sie unterstützte Saakaschwilis Ziel, die Kontrolle Georgiens über Südossetien und Abchasien wieder herzustellen, und bekräftigte die Befürwortung Amerikas für die Aufnahme Georgiens in die NATO.

Russland hat klar gemacht, dass es den Beitritt ehemaliger Sowjetrepubliken wie Georgien oder der Ukraine zur NATO als völlig unakzeptable Bedrohung seiner Sicherheit betrachtet. Wäre Georgien heute schon Mitglied der NATO, dann wären die Mitgliedsstaaten der Allianz juristisch verpflichtet, Georgien militärisch zu unterstützen. Darüber ist sich Moskau völlig im Klaren.

Es ist nicht vorstellbar, dass Saakaschwili seine Pläne für einen militärischen Angriff auf Südossetien nicht detailliert mit Rice besprochen hat. Georgien, das militärisch, diplomatisch und finanziell völlig von den USA abhängig ist, hätte eine solch unheilvolle Aktion nicht ohne vorherige Information Washingtons und ohne dessen Zustimmung unternehmen können.

Die Vorbereitungen für den Angriff müssen zum Zeitpunkt von Rice’s Besuch vor einem Monat schon weit fortgeschritten gewesen sein. Außerdem ist das georgische Militär von oben bis unten von amerikanischen Beratern durchsetzt.

Spätestens seit dem Luftkrieg der USA gegen Serbien 1999 haben die Vereinigten Staaten ständig Militärhilfe nach Georgien gepumpt. Seit der von den USA betriebenen Rosenrevolution von Anfang 2004, die den Harvard-Absolventen Saakaschwili an die Regierung brachte, hat sich die Geschwindigkeit und der Umfang der amerikanischen Militärhilfe noch einmal verstärkt.

Ein Artikel in der New York Times vom Montag beschreibt, "wie das Pentagon die georgische Armee von oben bis unten auf Vordermann gebracht hat". In dem Artikel heißt es: "Auf der Ebene der Armeeführung waren die Vereinigten Staaten behilflich, die militärische Zielsetzung Georgiens neu zu definieren und seine Kommandeure und den Generalstab auszubilden. Auf der Ebene der Kampfverbände bildeten amerikanische Marines und Soldaten die georgischen Soldaten in grundlegenden Kampftechniken aus.

Georgien rüstete seine Armee derweil mit israelischen und amerikanischen Waffen, Aufklärungsdrohnen, Kommunikationssystemen und Managementprogrammen für das Schlachtfeld, sowie neuen Transportfahrzeugen und Vorräten an Munition aus."

Das Prinzip der nationalen Souveränität und territorialen Integrität wenden die USA ausgesprochen selektiv an. Niemand - weder ein Vertreter einer der beiden großen Parteien, noch ein Journalist oder Redakteur der etablierten Medien - hat zu erklären versucht, warum es ein Kriegsverbrechen war, als Serbien militärisch gegen kosovarische Separatisten vorging, während Georgiens Angriff auf Südossetien legitim sein soll.

Die Bush-Regierung war die entscheidende Kraft hinter der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo von Serbien im Februar. Die Begründung dafür unterscheidet sich in nichts von der, die die anti-georgischen Separatisten in Südossetien und Achasien für sich in Anspruch nehmen.

Außerdem haben die USA die Kräfte ermutigt und finanziert, die in den 1990er Jahren versuchten, Tschetschenien von Russland abzutrennen.

Weil die USA offensichtlich in den Angriff Georgiens auf Südossetien verwickelt waren, muss man sich fragen, was sie damit bezweckten. Es fällt schwer zu glauben, dass die amerikanischen Strategen ernsthaft der Meinung waren, Russland werde auf eine solche ungeheure Provokation nicht reagieren. Aber warum haben sie dann einen Schritt unterstützt, der Russland in direkten Konflikt mit einem der Hauptverbündeten Washingtons im Kaukasus bringen musste? Schließlich handelt es sich um eine Region, die eine Brückenfunktion zwischen dem ölreichen Kaspischen Becken und Westeuropa einnimmt und durch die wichtige Öl- und Gaspipelines führen.

Die einzige plausible Antwort ist, dass die Vereinigten Staaten mit voller Absicht die Spannungen zwischen Russland und dem Westen verschärfen wollen. Selbst wenn der aktuelle Konflikt nicht unmittelbar zu einer breiteren Konfrontation führt, wird das Schicksal des "kleinen Georgien" den USA als Begründung für eine aggressivere und konfrontative Haltung gegenüber Russland dienen.

Die von der Bush-Regierung, der Europäischen Union, den Vereinten Nationen und anderen erhobenen Forderungen nach Rückkehr zum "Status Quo Ante" in Georgien trieft vor Heuchelei. Jeder weiß, dass die USA niemals bereit sind, eine für sie wichtige Position aufzugeben, und besonders im Kaukasus, wo sie die langfristige Perspektive verfolgen, Russland auf den Status einer Halbkolonie zurückzudrängen.

Das Wiederaufleben einer Situation, die man nur mit dem Kalten Krieg vergleichen kann, unterstreicht die wirklichen Motive, die der jahrzehntelangen Konfrontation zwischen den USA und der Sowjetunion zugrunde lagen. Der amerikanische Imperialismus sah die Sowjetunion, und sieht heute Russland, als Hindernis für sein geostrategisches Ziel, seine Vorherrschaft über Eurasien zu errichten.

Zweifellos weist die Provokation gegen Russland auch eine innenpolitische Komponente auf. Die Bush-Regierung und der Republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain würden es vorziehen, wenn die Wahlen im November unter Bedingungen einer scharfen internationalen Krise stattfänden. Sie kalkulieren, dass ein Klima der Angst und Unsicherheit McCains Chancen vergrößern würde, denn ein wichtiges Element seines Wahlkampfs ist seine angebliche außen- und sicherheitspolitische Erfahrung.

Obama reagiert wie vorhersehbar. Er versucht, seine eigene Bereitschaft zum Militarismus zu demonstrieren. Nur Minuten nach Bushs drohender Stellungnahme gegen Russland am Montag meldete sich Obama ebenfalls zu Wort, um Russland in fast gleichlautenden Worten wie Bush und McCain zu verurteilen.

Die enorm gefährlichen Folgen des Kriegsausbruchs im Kaukasus lassen keinen Zweifel daran, wohin die Aufteilung der Welt durch den Imperialismus führt. Der US-Imperialismus ist entschlossen, jeden Widerstand gegen sein Ziel der globalen Hegemonie aus dem Weg zu räumen. Er zieht die amerikanische Arbeiterklasse und die Welt in eine Katastrophe.

Nur die revolutionäre Mobilisierung der amerikanischen und internationalen Arbeiterklasse kann das aufhalten.

Siehe auch:
Russland und Georgien am Rande eines bewaffneten Konflikts um Abchasien
(16. Mai 2008)
Bewaffneter Konflikt zwischen Russland und Georgien eskaliert
( 12. August 2008)
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