Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) wurde das Massaker von Hula letzten Monat von Widerstandsgruppen verübt, die mit der Freien Syrischen Armee verbündet sind.
Der Bericht lehnt die offizielle Darstellung der Vereinigten Staaten und anderer Großmächte ab, die von den Medien unkritisch wiederholt wird. Die Schuld für das Massaker wurde regierungstreuen Kräften angelastet und ausgenutzt, um die Propagandaoffensive für eine Militärintervention gegen das Regime von Bashar al-Assad zu verstärken. Die USA und ihre Verbündeten behaupteten, ohne einen glaubhaften Beweis dafür zu haben, dass entweder die syrische Armee oder die regierungstreue Shabiha-Miliz den Massenmord an über einhundert Menschen verübt habe.
Am 7. Juni erschien in der FAZ ein Bericht von Rainer Hermann aus Damaskus. Sein Artikel beruhte auf Untersuchungen von Widerstandsaktivisten, die das Gebiet besuchten und Augenzeugenberichte aufnahmen. Diese bestätigen größtenteils die Darstellung der Assad-Regierung über die Ereignisse in Hula.
„Ihr Ergebnis widerspricht den Behauptungen der Rebellen, die die regimenahen Milizen Schabiha der Tat beschuldigt hatten“, schrieb Hermann. Weiter hieß es: „Da zuletzt Oppositionelle, die den Einsatz von Gewalt ablehnen, ermordet oder zumindest bedroht worden sind, wollen die Oppositionellen ihre Namen nicht genannt sehen.“
Das Massaker ereignete sich nach dem Freitagsgebet und begann mit einem Angriff sunnitischer „Rebellen“ auf drei Kontrollpunkte der Armee rund um Hula. „Die Kontrollpunkte haben die Aufgabe, die alawitischen Dörfer um das überwiegend sunnitische Hula vor Anschlägen zu schützen“, hieß es in dem Artikel.
Die syrische Armee schickte Verstärkung und die Kämpfe gingen eineinhalb Stunden lang weiter. Dabei wurden „Dutzende Soldaten und Rebellen getötet.“
Während dieser Zeit waren die drei Dörfer Hulas von der Außenwelt abgeschottet. Die FAZ schrieb: „Nach Angaben der Augenzeugen habe sich das Massaker in dieser Zeit ereignet. Getötet worden seien nahezu ausschließlich Familien der alawitischen und schiitischen Minderheit Hulas, dessen Bevölkerung zu mehr als neunzig Prozent Sunniten sind. So wurden mehrere Dutzend Mitglieder einer Familie abgeschlachtet, die in den vergangenen Jahren vom sunnitischen zum schiitischen Islam übergetreten sei. Getötet wurden ferner Mitglieder der alawitischen Familie Shomaliya und die Familie eines sunnitischen Parlamentsabgeordneten, weil dieser als Kollaborateur galt.“
Weiter hieß es: „Unmittelbar nach dem Massaker hätten die Täter ihre Opfer gefilmt, sie als sunnitische Opfer ausgegeben und die Videos übers Internet verbreitet.“
Diese Schilderung widerlegt auf drastische Weise die Propagandakampagne, die Washington, London und Paris mit Unterstützung des Syrischen Nationalrats, der syrischen Menschenrechtsbeobachter und der gefügigen westlichen Medien führen.
Am Tag der Angriffe verurteilte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon die syrische Regierung ohne Beweise für ihre „inakzeptable Gewalt und Gräueltaten“, unter anderem den Einsatz von schweren Waffen gegen die Zivilbevölkerung.
Das Regime erklärte, das Massaker sei zeitlich auf den Besuch von UN-Botschafter Kofi Annan in Damaskus abgestimmt gewesen, der Massenmord sollte den Waffenstillstand untergraben, den Annan verhandelt hatte. Kurz danach erklärte die FSA, der jetzt die Schuld an dem Massaker gegeben wird, sie hielte sich nicht mehr an Annans Friedensplan. Sofort kamen neue Forderungen nach einer Militärintervention.
Der Artikel der FAZ erhält noch zusätzliche Glaubwürdigkeit durch einen Bericht von Spiegel Online vom 29. März, der sich mit der weit verbreiteten Praxis standrechtlicher Hinrichtungen durch die FSA befasst. Der Spiegel interviewte das Mitglied einer „Begräbnisbrigade“ der Opposition. Der Mann hatte „vier Männer durch Aufschlitzen der Kehle hingerichtet.“
Zu seinen Opfern gehörte ein schiitischer Soldat der syrischen Armee, der „zu einem Geständnis geprügelt wurde und aus Angst vor dem Tod begonnen hatte, Gebete zu stammeln.“
Die Begräbnisbrigade tötet, „die Folter überlässt sie anderen, der sogenannten Verhörbrigade“, schrieb der Spiegel.
In dem Bericht hieß es, dass offiziell 150 Gefangene syrische Soldaten hingerichtet wurden, „aber die Scharfrichter in Homs waren hauptsächlich mit Verrätern aus den eigenen Reihen beschäftigt.“
„Wenn wir einen Sunniten beim Spionieren erwischen, oder wenn ein Bürger die Revolution verrät, machen wir kurzen Prozess,“ erklärte ein Widerstandskämpfer. „Laut Abu Rami hat Husseins Begräbnisbrigade seit Beginn des Aufstandes 200 bis 250 Verräter hingerichtet.“
Ebenfalls unmittelbar relevant sind Berichte von der Web Site des Klosters des Heiligen Jakob des Verstümmelten in Qara in Syrien. Am 1. April schrieb Mutter Agnes Mariam de la Croix über einen Zwischenfall im Homser Stadtteil Khalidiya, bei dem die FSA Christen und Alawiten als Geiseln nahm, in ein Gebäude brachte und es in die Luft sprengte. Dann gaben sie der syrischen Armee die Schuld daran.
Sie berichtete weiter: „Die Familie Al Amoura aus dem Dorf Al Durdak im Raum Homs wurde von wahabitischen Terroristen ausgelöscht. 41 Mitgliedern dieser Familie wurde an einem einzigen Tag die Kehle durchgeschnitten.“
Agnes-Mariam behauptet, zwei Drittel der eine Million Bewohner von Homs seien „wegen der Aktivität von Heckenschützen und anderen kriminellen Aggressionen gegen die alawitische und christliche Minderheit, gegen Schiiten und gemäßigte Muslime, die sich nicht am Widerstand beteiligen wollten,“ geflohen, darunter mehr als 90 Prozent der Christen.
Sie berichtete von zahlreichen religiös motivierten Angriffen: „.... Menschen wurden verstümmelt, ihnen wurden die Kehlen durchgeschnitten, sie wurden ausgeweidet, zerstückelt, an Straßenecken oder in Mülltonnen geworfen. Sie hatten keine Hemmungen, Kinder aus nächster Nähe zu erschießen, um Unruhe und Verzweiflung zu schüren. So geschah es dem jungen Sari, dem Neffen unseres Steinmetzes. Solche schrecklichen Taten werden dann in den Medien ausgeschlachtet, indem die Schuld den Regierungstruppen gegeben wird.“
Selbst ohne solche bekräftigende Darstellungen ist das Schweigen der Medienwelt über den Bericht der FAZ beachtenswert. Die FAZ ist eine angesehene, wenn auch konservative Zeitung mit einer Auflage von mehreren hunderttausend Exemplaren und wird täglich in 148 Ländern gelesen. Dennoch hat keine andere Zeitung über ihren Bericht geschrieben, weil sie alle mit der Verbreitung nackter Propaganda beschäftigt sind. Nichts in den Berichten der maßgeblichen westlichen Medien kann für bare Münze genommen werden.
Die wichtigste Frage, die in dem Bericht der FAZ aufgeworfen wird, ist jedoch, welche Rolle die Vereinigten Staaten selbst bei dem Massaker gespielt haben. Die Obama-Regierung wird angesichts ihrer eigenen intensiven Kontakte zur Freien Syrischen Armee und den regionalen Verbündeten, die die FSA politisch, finanziell und militärisch unterstützen – Saudi-Arabien, Katar und die Türkei – wohl gewusst haben, dass das Massaker das Werk der „Rebellen“ und nicht der syrischen Armee war. Dennoch forderten Außenministerin Hillary Clinton und andere weiteres Handeln, um Assad zu entmachten.
Es ist durchaus möglich, dass die USA für das Massaker von Hula verantwortlich sind.
Die amerikanische Politik in Syrien beruhte von Anfang an darauf, eine sunnitisch geführte sektiererische Aufstandsbewegung zu schaffen, um Assads alawitisches Regime zu destabilisieren und zu stürzen. Dies ist wiederum verbunden mit Vorbereitungen für einen amerikanischen Angriff auf den Iran, der ohne seinen wichtigsten Verbündeten im Nahen Osten, Assad, noch weiter isoliert wäre.
Angesichts der Erfahrungen von Bosnien und dem Kosovo geschah dies nicht nur im sicheren Wissen, dass es dabei zu blutigen inneren Kämpfen kommen werde, sondern auch mit der Absicht, Bürgerkrieg zu schüren, um einen Vorwand für eine Militärintervention im humanitären Gewand zu haben.
Am Montag äußerte sich die Sprecherin des Außenministeriums, Victoria Nuland, „besorgt“ über Berichte, das Regime „organisiere möglicherweise ein weiteres Massaker“ in der Provinz Latakia. Sie warnte: „Jemand wird dafür zur Rechenschaft gezogen.“
US-Außenministerin Hillary Clinton brachte die Krise am Dienstag zur Eskalation, als sie Russland vorwarf, dem Assad-Regime Kampfhubschrauber zu liefern und über seine Waffenlieferungen zu lügen.
Derweil nannte der Leiter der UN-Friedenstruppen als erster UN-Vertreter den Konflikt in Syrien einen Bürgerkrieg; der britische Außenminister William Hague verurteilte die syrische Regierung und nannte die Massaker in Hula und al-Qubair „groteske Verbrechen.“