Sri Lanka entführt LTTE-Führer

In der letzten Woche entführten Agenten des srilankischen Militärgeheimdienstes den neuen Führer der separatistischen Befreiungstiger von Tamil Eelam (Liberation Tigers of Tamil Eelam,LTTE), Selvarasa Pahtmanathan, in Südostasien und brachten ihn nach Colombo. Details sind zwar weiterhin unklar, aber diese Geheimoperation verletzte offensichtlich grundlegende demokratische Rechte und missachtete internationales wie lokales Recht.

Pathmanathan, auch bekannt als KP, war lange Jahre der angeblich wichtigste Eintreiber von Spenden und Waffenhändler für die LTTE. Nach der militärischen Niederlage der LTTE Mitte Mai und der Ermordung ihrer Führer, darunter V. Prabhakaran, beanspruchte Pathmanathan die Führung für sich und gab die Bildung einer sogenannten transnationalen Exilregierung bekannt.

Die Regierung Sri Lankas appellierte an Regierungen weltweit, die "terroristische" LTTE zu unterdrücken. Sie hatte dabei speziell Pathmanathan und andere Anführer im Exil im Auge. Die Entführungsoperation der letzten Woche demonstriert, dass das Regime in Sri Lanka zu allem bereit ist, um die Überreste der LTTE zu zerstören.

Der Sprecher des Militärs, Brigadier Udaya Nanayakkara, sagte den Medien, dass Pathmanathan in Thailand aufgegriffen worden sei, was vom thailändischen Premierminister Abhisit Vejjajiva bestritten wurde. Nachfolgende Medienberichte legen nahe, dass der LTTE-Chef im Tune Hotel in Kuala Lumpur, der Hauptstadt Malaysias, verhaftet wurde, und dann den Angehörigen des srilankischen Militärgeheimdienstes übergeben wurde. Anscheinend entkam Pathmanathan seiner Verhaftung in Thailand 2007, und zog dann nach Malaysia um.

Der malaysische Premierminister Najib Razak wollte die Berichte weder bestätigen noch dementieren. Er wies darauf hin, dass er "keine Informationen in dieser Angelegenheit habe", und verlangte eine formelle Untersuchung. Das Management des Tune Hotels gab später bekannt, dass seine Sicherheitskameras die Verhaftung Pathmanathans nicht aufgezeichnet hätten.

Es überrascht kaum, dass die malaysische Regierung jede Kenntnis oder Beteiligung in dieser Angelegenheit abstreitet. Najib wünscht weder Störungen in den wirtschaftlichen und politischen Beziehungen mit Sri Lanka, noch den Ausbruch von Unruhen in der großen indischen Minderheit. Im Mai zerschlug die Polizei Proteste von Tamilen gegen die Kriegsverbrechen des srilankischen Militärs.

Colombo selbst hat Berichte über die Verhaftung Pathamanthans in Malaysia nicht dementiert. Verteidigungssprecher Kehaliya Rambukwella sagte am 7. August zu den Medien, dass die Operation mit der Hilfe von Amtspersonen eines asiatischen Landes ausgeführt wurde. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die malaysische Regierung oder Teile ihres Sicherheitsapparates mit ihren srilankischen Kollegen zusammenarbeiteten um Pathamanthan in Gewahrsam zu nehmen.

Visuvanathan Rudrakumaran, von Pathamanathan eingesetzt, um die "Übergangsregierung" der LTTE vorzubereiten, behauptete ebenfalls, dass der srilankische Militärgeheimdienst möglicherweise die Unterstützung von bestimmten Teilen des malaysischen Militärs oder Geheimdienstes hatte.

Infolge des militärischen Zusammenbruchs der LTTE haben sich in der Exilführung scharfe Differenzen aufgetan. Pathamanthan wurde für seine Bekanntgabe des Todes von LTTE Führer Prabhakaran angegriffen, ebenso für seine gemäßigtere Haltung. D.B.S. Jeyaraj, Kolumnist für den Daily Mirror, vermutet: "Die giftigen Angriffe auf KP von Teilen der Tiger-(LTTE) Medien im Ausland deuten auf einen hohen Grad an Feindseligkeit gegenüber KP hin... Es gibt den starken Verdacht das wichtige ´Insider´-Informationen über KP´s Aufenthaltsort gesteckt wurden."

Die srilankische Operation folgt dem Muster der USA nach dem 11. September. Amerikanische Geheimdienstleute sind für endlose Verhaftungen von "Terrorverdächtigen" in der ganzen Welt verantwortlich, mit oder ohne Kollaboration der jeweiligen Behörden vor Ort. Die Gefangenen wurden entweder in Gefängnislager wie Guantánamo Bay verbracht oder an Drittländer zu Verhör und Folter "überstellt".

Interpol erließ vor etlichen Jahren einen Haftbefehl für Pathmanathan wegen Waffenschmuggels. Er wird auch in Indien in Verbindung mit der Ermordung des ehemaligen Premierminister Rajiv Gandhi durch einen Selbstmordattentäter im Jahre 1991 gesucht. Dennoch entspricht die Verhaftung Pathmanthans nicht den legalen Vorgehensweisen für Verhaftung und Auslieferung. Ob mit oder ohne Zusammenarbeit der malaysischen Behörden, er wurde aufgegriffen und zusammen mit seinem Gehilfen "Appu" insgeheim aus dem Land geschafft. Beide werden ohne Verhandlung von der Abteilung für Terrorermittlung (Terrorist Investigation Department, TID) festgehalten, die für ihre Foltermethoden berüchtigt ist.

Die Medien in Colombo berichteten, dass Polizei und Militär Pathamanathan nach Informationen über das internationale Netzwerk der LTTE befragen, um weitere Verhaftungen vornehmen zu können. Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapkse, der Bruder von Präsident Mahinda Rajapakse, verhörte Pathmanathan letzte Woche selbst eine Stunde lang.

Die Entführung selbst wurde von den höchsten Stellen der srilankischen Regierung und des Staatsapparats geplant. Nation Kolumnistin Tissa Ravindra Perera schrieb: "Die gesamte Operation wurde im Geheimen von Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapakse und dem Chef des Nationalen Geheimdienstes Major General Kapila Hendawitharana geplant." Kolumnist Jeyarai schrieb, dass die Regierung kürzlich Brigadier Udaya Perera als Stellvertretenden Hochkommissar nach Kuala Lumpur entsandte, um die "Operation KP" zu koordinieren.

Regierung und Medien baden sich unverblümt in dem Erfolg der Operation. Ein Editorial im Daily Mirror unter der Überschrift, "Sri Lanka: Asiens neues Israel?" verglich den srilankischen Militärgeheimdienst mit den gesetzlosen Aktionen von Israels berüchtigtem Mossad bei der Jagd auf, und in einigen Fällen der Ermordung von, Repräsentanten verschiedener palästinensischer Gruppen.

"Wenn die meisterliche Präzision bei der Vernichtung der gesamten Führungsschicht der weltweit hintertriebensten Terroristengruppe nicht die verdiente Anerkennung für Sri Lanka im Ausland brachte, dann wird dies jetzt aber wenigstens dafür sorgen, dass die Weltmächte sehen, dass sie mit einer neuen Macht rechnen müssen. Man sollte nicht überrascht sein, wenn eine Nation die Unterstützung unserer srilankischen Spürhunde sucht, um mit ihren eigenen Feinden fertigzuwerden," prahlte das Editorial des Daily Mirror.

Diese Operation ist nur eine weitere Demonstration der Verachtung der Regierung gegenüber demokratischen Rechten und, in diesem Fall, internationalem Recht. Das Regime des Landes hält gegenwärtig 300.000 tamilische Zivilisten unter Verletzung ihrer Menschen- und Bürgerrechte in Lagern fest. Tausende Jugendliche wurden aus diesen Lagern verschleppt, werden nun in geheimen Gefängnissen verhört und ohne jede Anklage, ohne jeden öffentlichen Prozess für unbestimmte Zeit festgehalten. In den letzten drei Jahren wurden hunderte Menschen von Todesschwadronen, die mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeiteten, ermordet oder "Verschwanden".

Weit davon entfernt den Sicherheitsapparat, der in fast drei Jahrzehnten Bürgerkrieg enorm angeschwollen ist, abzubauen, verstärkt die Rajapakse Regierung Armee und Polizei. Eher früher als später werden die Instrumente und Methoden eines Polizeistaates gegen die Arbeiterklasse und die ländliche Armut gerichtet, wenn sie ihren Lebensstandard verteidigen und gegen Massenentlassungen, Lohnkürzungen und den Abbau öffentlicher Dienstleistungen kämpfen. Rajapakse erklärte bereits einen "Wirtschaftskrieg", um die Lasten der Wirtschaftskrise auf die Schultern der Arbeiterklasse zu laden.

Siehe auch:
Srilankischer Präsident schiebt "politische Lösung" mit tamilischer Elite auf
(4. August 2009)
Die Niederlage der LTTE und die Sackgasse des Nationalismus
( 22. Mai 2009)
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