Der Verlauf des jüngsten Gipfels im Weißen Haus unterstreicht die zynische und reaktionäre Rolle, die die Demokratische Partei und ihr Präsidentschaftskandidat Barack Obama spielen. Präsident Bush hatte zu dem Treffen für Donnerstag eingeladen, um eine überparteiliche Unterstützung für seinen Rettungsplan für die Wall Street zu erreichen.
Bush hatte Obama, den Republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain und die führenden Kongresspolitiker beider Parteien eingeladen, um ein Signal für die schnelle Verabschiedung des Gesetzes zu geben. Das Gesetz ermächtigt Finanzminister Henry Paulson, mit 700 Mrd. Steuerdollars den Banken und anderen Finanzinstituten praktisch wertlose Finanzpapiere abzukaufen, und ihnen dadurch zu ermöglichen, ihre faulen Kredite und Verluste auf Kosten der amerikanischen Bevölkerung loszuwerden.
Das Treffen wurde auf Donnerstagnachmittag angesetzt, weil man erwartete, dass die Demokraten und Republikaner im Senat ihre Unterschrift bis dahin schon unter die Vereinbarung gesetzt hätten. Im Repräsentantenhaus hatte der Fraktionsführer der Republikaner, John Boehner, inzwischen schon eine gemeinsame Erklärung mit der Demokratischen Sprecherin des Hauses herausgegeben und ihre gemeinsame Unterstützung für ein parteiübergreifendes neues Gesetz erklärt. Dieses Gesetz entsprach in den Grundzügen dem Entwurf, den Paulson schon am Freitag vorgestellt hatte.
Am frühen Donnerstagnachmittag, noch vor dem Gipfel im Weißen Haus, berichteten die Vorsitzenden der Banken- und der Finanzausschüsse von Senat und Repräsentantenhaus, dass sie in ihren Verhandlungen den Rahmen für einen Rettungsplan abgesteckt hätten, der, mit geringfügigen Änderungen, das Prinzip von Paulsons Plan akzeptiere.
Christopher Dodd, der Demokratische Vorsitzende des Bankenausschusses im Senat, erklärte für die Gruppe: "Wir geben ihm [Paulson] die Vollmacht, die er zum Handeln braucht, und die Mittel, die er benötigt." Er gehe davon aus, dass beide Häuser des Kongresses in wenigen Tagen einen endgültigen Entwurf verabschieden würden.
Aber bei dem Treffen im Weißen Haus brach Streit aus, und es endete im Chaos. Boehner äußerte plötzlich mit vorsichtiger Unterstützung von McCain Bedenken, die von vielen rechten Republikanern im Repräsentantenhaus geteilt werden, und machte einen Gegenvorschlag. Seine Initiative brüskierte die Demokraten, die Boehner und McCain nach dem Treffen verurteilten und versicherten, sich weiter für eine schnelle Verabschiedung des Paulson-Plans einzusetzen.
Seitdem Paulson seinen Rettungsplan vergangene Woche vorgelegt hat, sind die Demokraten die verlässlichsten Partner, die eine Verabschiedung des notwendigen Gesetzes befürworten. Sie haben Paulson und den Vorsitzenden der Notenbank, Ben Bernanke, mit Lob überschüttet, als diese beiden den Plan am Dienstag und Mittwoch in den Bankenausschüssen von Repräsentantenhaus und Senat erläuterten.
Nach Bushs Rede am Mittwochabend ließen die Demokratischen Vorsitzenden der Bankenausschüsse keine Gelegenheit aus, ihn zu loben. Die Führer der "Opposition" boten schon ein seltsames Schauspiel, als sie den am meisten verhassten Präsidenten der neueren amerikanischen Geschichte für Maßnahmen lobten, die an Demokratiefeindlichkeit und reaktionärem Charakter in der Geschichte der Vereinigten Staaten einmalig sind.
Christopher Dodd, Vorsitzender des Bankenkomitees im Senat, begrüßte Bushs Rede als einen "Quantensprung vorwärts" für die Verabschiedung des Rettungsplans.
Obama sieht zurzeit seine Hauptaufgabe darin, der Wall Street seine Unterstützung für den Plan zu versichern und sich insgesamt als verlässlichen Verteidiger der Interessen der Finanzelite zu präsentieren.
Das gibt McCain und rechten Republikanern im Repräsentantenhaus die Möglichkeit, sich als Gegner der Wall Street aufzuspielen und so zu tun, als sprächen sie für die breite Opposition in der Bevölkerung gegen den Rettungsplan. Jene Republikaner, die die Maßnahme kritisieren, tun dies von einem rechten, marktliberalen Standpunkt aus. Sie erklären, jede Art von Staatsausgaben und jedes staatliche Eingreifen in den kapitalistischen "freien Markt" sei das ultimative Übel schlechthin, nämlich Sozialismus. Sie stützen sich in erster Linie auf Mittelschichten, und ihre Ideologie ist von propagandistischer Feindschaft gegen alle Steuern und von nationalistischer Demagogie geprägt.
Außerdem sind sie deswegen gegen den Rettungsplans, weil ihre Wählerbasis die Steuergeschenke an die Wall Street vehement ablehnt. Die Medien und Politiker beider Parteien geben zu, dass der größte Teil der Bevölkerung die Rettungsaktion entschieden ablehnt.
Die Los Angeles Times nannte den Vorschlag am Donnerstag "ausgesprochen unpopulär". Die New York Times berichtete, die "schwierigen" Verhandlungen Paulsons mit Kongressführern würden durch den Druck noch erschwert, unter dem viele Abgeordnete stünden. Die Abgeordneten seien "einer Flut von Beschwerden ihrer Wählern aus den Wahlkreisen ausgesetzt, denn diese sind empört, weil ihr Geld ausgegeben werden soll, um die Scherben zu kitten, die hoch bezahlte Vorstände von Finanzunternehmen zu verantworten haben".
Die Zeitung führte mehrere Abgeordnete als Beispiel an, die letzte Woche von feindseligen Emails und Telefonanrufen überschwemmt wurden. "Senatorin Barbara Boxer, Demokratin aus Kalifornien, hat fast 17.000 Emails erhalten, die sich fast alle gegen den Rettungsplan aussprachen, wie ihr Büro mitteilt. Mehr als 2.000 Wahlbürger riefen allein am Dienstag in Boxers kalifornischem Büro an, von denen nur 40 für den Plan waren. In ihrem Büro in Washington riefen 918 Leute an. Nur einer unterstützte den Plan.
Senator Sherrod Brown, Demokrat aus Ohio, teilte mit, er habe jeden Tag ca. 2.000 Emails und Anrufe erhalten, von denen etwa 85 Prozent gegen den Plan gewesen seien."
Weder die Medien, noch die Politiker sprechen über die dreiste Verletzung demokratischer Grundsätze bei diesem Vorgang, selbst wenn man den schon stark ausgehöhlten Standard des amerikanischen Zwei-Parteien-Systems zugrunde legt. Hier soll von einem schon fast handlungsunfähigen Präsidenten und einem Kongress kurz vor Ende seiner Legislaturperiode eine Maßnahme von historischer Bedeutung durchgedrückt werden, die der amerikanischen Bevölkerung für Jahrzehnte ungeheure Lasten aufbürdet.
Die Hektik der Demokraten, die das Gesetz rasch durchboxen wollen, ist von ganz zynischen Überlegungen bestimmt. Sie wollen, dass die Entscheidung noch vor der Wahl im November fällt, damit sie im Fall ihres Sieges sagen können, ihnen seien die Hände gebunden, und sie hätten keine andere Wahl, als eine rechte Stabilitätspolitik mit brutalen Kürzungen der Sozialausgaben durchzusetzen.
Die Socialist Equality Party weist die Rettungsaktion für die Wall Street und die gesamten Rahmenbedingungen zurück, von denen die Bush-Regierung und die Demokratische Partei im Umgang mit der Finanzkrise ausgehen. Unsere Opposition hat nicht das Geringste mit der Opposition jener rechtesten Schichten der Republikanischen Partei zu tun.
Die Verantwortung für die Wirtschaftskrise liegt bei dem kapitalistischen System. Der Beinahe-Zusammenbruch des amerikanischen Bankensystems hat nicht nur den wirtschaftlichen Bankrott des Profitsystems, sondern auch den völlig undemokratischen Charakter des politischen Systems bewiesen.
Diese Krise ist das Ergebnis der ungehemmten Gier und Kriminalität der Finanzelite. Vor allem aber ist sie Ausdruck des historischen Niedergangs und Verfalls des amerikanischen Kapitalismus.
Innerhalb von diesem System kann es keine progressive oder demokratische Lösung geben. Wenn der Reichtum dieses Landes mobilisiert werden muss, um die Wirtschaftskrise zu lösen und eine Katastrophe zu verhindern, dann muss er den Händen der Finanzparasiten entrissen und unter die demokratische Kontrolle der arbeitenden Menschen gestellt werden.
Die Arbeiterklasse muss als unabhängige politische Kraft gegen beide Parteien der Wall Street mobilisiert werden, um eine Arbeiterregierung zu bilden. Diese muss eine sozialistische entschädigungslose Enteignung der Banken und der Finanzindustrie durchführen, sodass die Reichtümer des Landes für die Befriedigung der gesellschaftlichen Bedürfnisse der Menschen eingesetzt werden können, und nicht für die geldgeilen Bestrebungen der Finanzaristokratie.
Nur so können anständig bezahlte Arbeitsplätze, sichere Renten, Bildung, Krankenversorgung und gute Wohnungen für alle garantiert werden.
Das ist das Programm der SEP und unserer Kandidaten für das Amt des Präsidenten und des Vizepräsidenten, Jerry White und Bill Van Auken. Wer der Notwendigkeit einer sozialistischen Alternative zustimmt, sollte unseren Wahlkampf unterstützen und Mitglied in der SEP werden.