Dutzende von Schülerinnen durch Bomben der srilankischen Luftwaffe getötet

In Sri Lanka weiten sich die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) zusehends aus. Am Montag bombardierte die Luftwaffe ein Schulgelände im Bezirk Millaittivu, der von der LTTE kontrolliert wird. 61 Schülerinnen wurden dabei getötet und mehr als hundert verletzt.

Das Friedenssekretariat der LTTE berichtete, es handelte sich bei den Schülerinnen vor allem um Mädchen zwischen 15 und 18 Jahren, die an einem zweitägigen Erste-Hilfe-Kurs im Kinderheim Chencholai in Vallipunam teilgenommen und dort auch übernachtet hatten. Die Flugzeuge griffen die Gebäude ungefähr um sieben Uhr morgens an. Die Verwundeten wurden in die Krankenhäuser von Mullaittivu und Kilinochchi gebracht. Viele von ihnen überlebten jedoch nicht.

Das Militär versuchte, die Verantwortung für dieses Verbrechen durch Lügen und Ausflüchte von sich zu weisen. Die Streitkräfte gaben anfangs gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters zu, dass die Luftwaffe Ziele im von der LTTE kontrollierten Mullaitivu angegriffen hatte, sie weigerten sich jedoch, Einzelheiten über die Angriffsziele zu nennen. Als dann weltweit über die Bombenangriffe berichtet wurde, gab Luftwaffensprecher Captain Ajantha Silva gegenüber Associated Press an, das Militär habe Beweise gehabt, dass es sich um einen Stützpunkt der LTTE gehandelt habe.

Das Verteidigungsministerium leugnete in seiner Stellungnahme, dass die Luftwaffe zivile Ziele angegriffen hätte, und erklärte: "Die Luftwaffe von Sri Lanka griff heute Morgen, dem 14. August, zuvor ausfindig gemachte Geschützpositionen der LTTE, sowie LTTE-Lager im Gebiet von Mullaittivu an.... Die Besatzungen der Flugzeuge haben bestätigt, dass die Bombardierungen präzise und zielgenau ausgeführt wurden."

Ulf Henricsson, Chef der von Norwegen geleiteten Beobachtergruppe für Sri Lanka (SLMM), widersprach im Fernsehsender Sirasa TV dieser Darstellung des Militärs. Er gab an, bei einem Besuch des Schauplatzes am Vortag die Kinderleichen gesehen zu haben. Mindestens zehn Bomben waren abgeworfen worden, eine davon war nicht explodiert. Henricsson sagte auch, er habe keine Militärlager der LTTE in dem betreffenden Gebiet gesehen.

UN-Sprecherin Orla Clinton berichtete den Medien, dass Beobachter den Tod von mindestens neunzehn Schülerinnen bei diesem Angriff bestätigt hätten, und kündigte weitere Untersuchungen an. "Im Augenblick wissen wir nur, dass es sich anscheinend um Oberstufenschülerinnen im Alter von 16 bis 18 Jahren aus den Gebieten von Kilinochchi und Mullaittivu handelte, die einen zweitägigen Kurs in Erster Hilfe besuchten", sagte sie.

Als die Regierung mit den immer deutlicheren Hinweisen auf ein Blutbad konfrontiert wurde, leugnete sie, dass der Angriff vorsätzlich den Kindern gegolten habe, und beschuldigte die LTTE, diese als "menschliche Schutzschilde" benutzt zu haben. Die Regierung unterstellte sogar, die Kinder seien militärisch ausgebildet worden. "Es ist eine Lüge, wenn behauptet wird, dass wir auf Schulkinder gezielt hätten", sagte Chandrapala Liyanage im Auftrag der Regierung zu AP. "Die Luftwaffe hat ein Ausbildungszentrum der LTTE bombardiert. Wir wissen nicht, ob auch Kindersoldaten dort waren."

Es ist unklar, ob der Angriff bewusst geplant war. Die Gebäude waren früher als Waisenhaus genutzt worden, und wenn die Angaben des Militärs zutreffen, dass die Ziele "vorab identifiziert" waren, musste mit der Anwesenheit vieler Kinder gerechnet werden. Weil eine Offensive gegen die LTTE eröffnet wurde, ist die Bombardierung möglicherweise auch Teil des militärischen Versuchs, die tamilische Minderheit im Norden und Osten zu terrorisieren.

Vergangenes Wochenende dehnten sich die Kämpfe bis zu der im Norden liegenden Halbinsel Jaffna aus. Es gab einige Angriffe der LTTE auf Militärstützpunkte, wobei der strategisch wichtige Luftwaffenstützpunkt Palaly unter Artilleriebeschuss geriet. Militärische Quellen teilten AFP mit, seit vergangenem Freitag seien sechzig Soldaten bei dem Versuch der Armee getötet worden, Bunker und Gebiete zurückzuerobern, die an die LTTE verloren worden waren. Nach Regierungsangaben wurden 200 LTTE-Kämpfer getötet.

Der Angriff von Mullaittivu war kein isolierter Zwischenfall. Sonntagmorgen wurden durch Raketen- und Artilleriebeschuss vom Stützpunkt Palaly aus fünfzehn Zivilisten getötet und weitere zwanzig verwundet. Sie hatten wie Hunderte andere in der Kirche St. Philip Nari in Allaipiddy, etwa zwanzig Kilometer von Jaffna entfernt, Schutz gesucht. Die Armee versuchte, Gebiete zurück zu erobern, die sie an die LTTE verloren hatte.

Kilinochchi G. Peter, Direktor der christlichen Caritas, sagte der katholischen Nachrichtenagentur: "Eine Artilleriegranate traf die Kirche, in der die Menschen Schutz vor den Kämpfen suchten. Um die Kirche herum stehen viele Häuser, und die Menschen waren in die Kirche gerannt, um dem Feuer zu entkommen, aber eine Granate fiel auf die Kirche. Momentan kann man die Gegend nicht betreten, weil immer noch eine Ausgangssperre besteht und die Kämpfe andauern." Das Rote Kreuz von Sri Lanka berichtete, ihre Helfer hätten mehrere Verletzte ins Krankenhaus von Jaffna gebracht.

Ein Regierungssprecher versuchte die Angriffe der Armee auf zivile Bereiche mit den gleichen Argumenten zu rechtfertigen, als er erklärte, die LTTE "mischt sich unter die Zivilbevölkerung, um Artilleriefeuer der Armee zu provozieren".

Die brutalsten Angriffe auf zivile Ziele während der gegenwärtigen Kämpfe fanden in der Stadt Muttur im Osten statt. Nachdem die LTTE am 2. August Teile der Stadt erobert hatte, entfesselte die Armee ein Sperrfeuer mit Artilleriegranaten. Hunderte von Zivilisten starben in dem Granatfeuer, viele von ihnen wurden verletzt, schätzungsweise 40.000 Menschen flohen aus der Stadt.

Die LTTE versuchte, Muttur zu erobern, um die Versorgungslinien der Militärstützpunkte in Trincomalee abzuschneiden, die auch die Militäroperationen zur Eroberung der Mavilaru Talsperre weiter südlich versorgen. Obwohl die Regierung behauptete, ihre Offensive sei nur begrenzt, war sie sich jedoch vollständig im Klaren, dass ihr Eindringen in das LTTE-Gebiet eine Ausdehnung der Kämpfe nach sich ziehen würde.

Im Laufe des Wochenendes dehnte sich der Konflikt auf den Norden aus und es kam zu verschiedenen Anschlägen in der Hauptstadt Colombo. Am Samstag erschossen Bewaffnete den stellvertretenden Direktor des Friedenssekretariats der Regierung, Ketheshwaran Loganthan, vor seinem Haus im Stadtteil Dehiwela in Colombo. Am Sonntag wurden mindestens sieben Personen durch eine Bombenexplosion getötet, darunter Armeeangehörige, die die Autokolonne des pakistanischen Hochkommissars Bashir Wali Mohamed im Zentrum von Colombo begleitet hatten. Der Hochkommissar sagte, er sei das Ziel des Anschlags geworden, weil Pakistan Sri Lanka militärische Unterstützung gewährt hatte.

Siehe auch:
Eine sozialistische Antwort auf die Kriegsgefahr in Sri Lanka
(22. März 2006)
Srilankische Regierung weist Vorschlag der LTTE für ein Ende der Kämpfe zurück
( 11. August 2006)
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