Die 15-minütige Rede, in der Präsident Bush am 17. März eine 48-stündige Frist für den Krieg gegen den Irak setzte, ging über die üblichen Verdrehungen, Halbwahrheiten und Appelle an Angst und Rückständigkeit hinaus. Sie beinhaltete eine Reihe offensichtlicher und leicht zu widerlegender Lügen.
Das enorme Ausmaß an Verlogenheit legt zwei politische Schlussfolgerungen nahe: Die Bush-Regierung zieht mit größter Verachtung für Demokratie und öffentliche Meinung in einen Krieg gegen den Irak, und ihre Kriegspropaganda verlässt sich voll und ganz auf die Hilfsdienste der amerikanischen Medien, die diese Lügen nicht entlarven, sondern sie endlos wiederkäuen.
Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit sollen hier die wichtigsten Lügen aufgelistet und mit überprüfbaren Tatsachen verglichen werden. Alle angeführten Falschaussagen Bushs stammen aus der wörtlichen Niederschrift seiner Rede, wie sie im Internet veröffentlicht worden ist.
Lüge Nr. 1: "Meine lieben Mitbürger, die Ereignisse im Irak haben nun die letzten Tage der Entscheidung erreicht."
Die Entscheidung für einen Krieg gegen den Irak wurde schon vor langer Zeit getroffen, und in der Zwischenzeit wurde ein politisches Klima geschaffen, in dem die US-Truppen für einen Angriff in Stellung gebracht werden konnten. Presseberichten zufolge - der letzte erschien am 16. März in der Baltimore Sun - erklärte Bush schon auf einem der ersten Treffen des Nationalen Sicherheitsrats nach seiner Wahl, Monate vor den Terroranschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon, seine Entschlossenheit, Saddam Hussein zu stürzen und den Irak mit amerikanischen Bodentruppen anzugreifen. Was fehlte, war der passende Vorwand - der dann mit dem 11. September 2001 geliefert wurde.
Lüge Nr. 2: "Mehr als zehn Jahre lang haben die Vereinigten Staaten und andere Nationen geduldig und aufrichtig versucht, das irakische Regime ohne Krieg zu entwaffnen."
Das von den USA kontrollierte Sanktionsregime der Vereinten Nationen gegen den Irak kommt in Verbindung mit den "Flugverbotszonen" und den provokativen Waffeninspektionen einer brutalen Unterdrückung gleich. Die absichtliche Verweigerung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen grundlegenden Versorgungsgütern ist für den Tod von mehr als einer Million Irakern verantwortlich, die Hälfte davon Kinder. Zwei UN-Beamte, die das Programm Öl-für-Lebensmittel geleitet hatten, traten aus Protest gegen die Bedingungen zurück, zu denen die Sanktionen im Irak geführt hatten. Die CIA benutzte die Inspektionen als Deckmantel und infiltrierte die UNSCOM, das ursprüngliche Inspektionsprogramm, mit ihren Agenten. Die CIA versuchte so, hohe irakische Politiker auszuspionieren und Saddam Hussein zu lokalisieren, um ihn ermorden zu können.
Lüge Nr. 3: "Das irakische Regime hat mit den Mitteln der Diplomatie versucht, Zeit zu gewinnen und sich einen Vorteil zu verschaffen. Es hat ständig Sicherheitsratsresolutionen missachtet, die seine völlige Abrüstung verlangten..."
Irak hat seit dem Ende des Golfkriegs 1991 nie eine Sicherheitsratsresolution "missachtet". Es hat im Allgemeinen mit den Diktaten des UN-Organs kooperiert, wenn auch häufig unter Protest und mit Einschränkungen, weil viele der Resolutionen eine grobe Verletzung der irakischen Souveränität bedeuteten. Von 1991 bis 1998 beaufsichtigten die UN-Inspektoren die Zerstörung des größten Teils der chemischen und biologischen Waffen, wie auch ihrer Trägersysteme, die der Irak (mit Unterstützung der USA) während des iranisch-irakischen Kriegs aufgebaut hatte, und sie zerstörten ebenfalls alle Anlagen zur Produktion neuer Waffen.
Lüge Nr. 4: "Friedliche Bemühungen, das irakische Regime zu entwaffnen, sind immer wieder gescheitert, weil wir es nicht mit friedlichen Leuten zu tun haben."
Über die Inspektionen von 1991 bis 1998 schrieb die Washington Post am 16. März: "Unter UN-Aufsicht zerstörte der Irak 817 von 819 verbotenen Mittelstreckenraketen, 14 Startrampen, 9 bewegliche und 56 feste Raketenwerfer. Er zerstörte außerdem 73 von 75 chemischen oder biologischen Sprengköpfen und 163 Gefechtsköpfe mit konventionellem Sprengstoff. UN-Inspektoren überwachten die Zerstörung von 88.000 gefüllten und ungefüllten Chemiegranaten, von mehr als 600 Tonnen waffentauglich gemachter und im Rohzustand befindlicher chemischer Wirkstoffe, von 4.000 Tonnen Chemikalien, die als Ausgangsstoffe für Chemiewaffen gelten, und von 980 Anlagen, die für die Produktion solcher Waffen wichtig waren."
Lüge Nr. 5. "Das irakische Regime besitzt und verbirgt weiterhin einige der tödlichsten Waffen, die jemals ausgedacht wurden."
Der schon zitierte Artikel der Washington Post berichtete über die Sorge einiger CIA-Leute, "dass Regierungspolitiker Geheimdiensterkenntnisse möglicherweise übertreiben, weil sie die amerikanische Öffentlichkeit und ausländische Regierungen davon überzeugen wollen, dass der Irak das UN-Verbot von chemischen, biologischen oder nuklearen Waffen und weitreichender Raketensysteme verletze". Der Artikel zitierte "einen hochgestellten Geheimdienstanalysten", der sagte, die Waffeninspektoren fänden deswegen keine Waffenlager, "weil es vielleicht so gut wie keine Waffenvorräte gibt."
Der frühere britische Außenminister Robin Cook, der am Montag aus der Blair-Regierung austrat, um gegen die Kriegsbeteiligung ohne UN-Mandat zu protestieren, erklärte: "Der Irak besitzt vermutlich keine Massenvernichtungswaffen im eigentlichen Sinne des Wortes." Selbst wenn der Irak noch einige Reste seiner Bestände aus den achtziger Jahren verstecken sollte, dann würden sie wohl kaum Bushs völlig übertriebene Beschreibung rechtfertigen, weil sie primitiv und ziemlich ineffektiv sind.
"Einige der tödlichsten Waffen, die jemals ausgedacht wurden", setzen dagegen die Vereinigten Staaten gegen den Irak ein: Cruise Missiles, Smart Bombs, die 5000 Kilo schwere "daisy-cutter" Bombe und die 10.000 Kilo schwere MOAB, die gerade in Florida getestet wurde. Außerdem haben es die USA ausdrücklich abgelehnt, den Einsatz von Atombomben auszuschließen.
Lüge Nr. 6: "[Der Irak] hat Terroristen, darunter Al Qaida Mitgliedern, geholfen, sie ausgebildet und beherbergt."
Niemand, nicht einmal die US-Regierung, glaubt ernsthaft, dass es eine erwähnenswerte Verbindung zwischen den islamischen Fundamentalisten und dem weltlichen nationalistischen Baath-Regime im Irak gibt, die seit Jahrzehnten Todfeinde sind. Die ständige Beteuerung, dass es eine Allianz zwischen Al Qaida und dem Irak gebe, ist nur ein verzweifelter Versuch, Saddam Hussein mit den Terroranschlägen vom 11. September in Verbindung zu bringen.
Sie dient auch dem Zweck, die Verantwortung des amerikanischen Imperialismus für die Förderung des islamisch-fundamentalistischen Terrorismus zu verschleiern. Die Kräfte, aus denen Al Qaida heute besteht, wurden weitgehend von der CIA selbst rekrutiert, ausgebildet, bewaffnet und aktiviert. Das war Teil einer langfristigen Politik, islamische Fundamentalisten gegen linke Bewegungen in moslemischen Ländern einzusetzen. Diese Politik begann in den 1950-er Jahren und wurde vor und zur Zeit der sowjetischen Intervention in Afghanistan, die 1989 endete, ausgeweitet. Osama bin Laden gehörte selbst zu den von der CIA unterstützen Mujaheddin in Afghanistan, bevor er sich in den 90-er Jahren gegen Washington wandte.
Lüge Nr. 7: "Amerika hat versucht, diese Bedrohung mithilfe der Vereinten Nationen zu beseitigen, weil wir dieses Problem friedlich lösen wollten."
Die Bush-Regierung wandte sich an die Vereinten Nationen, weil sie sich die Zustimmung der UN für militärische Maßnahmen erhoffte, und weil sie die UN-Mitgliedstaaten dazu bringen wollte, Mittel für die Wiederaufbauprogramme nach dem Krieg bereit zu stellen, ähnlich wie bei der finanziellen Sammelaktion nach dem Golfkrieg von 1991. Bushs aggressivste Berater, wie Kriegsminister Donald Rumsfeld und Vizepräsident Cheney, waren ursprünglich dagegen, überhaupt die UNO einzuschalten, weil sie die Kriegsvorbereitungen nicht durch die Diplomatie aufhalten lassen wollten. Sie stimmten erst zu, als Außenminister Powell argumentierte, dass das Fortschreiten der militärischen Vorbereitungen am persischen Golf genügend Zeit lasse, um sich einen Freibrief für den Krieg von der UNO zu holen.
Lüge Nr. 8: "Diese Regierungen [die Mehrheit des Sicherheitsrats] teilen unsere Einschätzung der Gefahr, aber nicht unsere Entschlossenheit, sie zu beseitigen."
Diese Aussage wird so ungefähr von jeder Äußerung Lügen gestraft, die von den Regierungen Frankreichs, Russlands, Chinas, Deutschlands und der anderen Länder gemacht wurden, die gegen einen Krieg waren. Sie hatten wiederholt erklärt, dass sie keine unmittelbare Gefahr vom Irak ausgehen sähen. Bush brandmarkt seine Gegner im Sicherheitsrat als Feiglinge, als ob sie Angst hätten, gegen Saddam Hussein vorzugehen. Tatsächlich aber fühlen sich diese Länder zunehmend von den Vereinigten Staaten bedroht, und nicht vom Irak. Sehr zur Überraschung der Bush-Regierung zeigten sie sich vor allem entschlossen, dem von den USA beschlossnen Krieg die Unterstützung der UNO zu verweigern.
Lüge Nr. 9: "Aber viele Nationen bringen die Entschlossenheit und die Kraft auf, gegen diese Bedrohung des Friedens zu handeln, und eine breite Koalition schließt sich heute zusammen, um die gerechten Forderungen der Weltgemeinschaft durchzusetzen."
Nur drei Staaten beteiligen sich mit Soldaten am Krieg: 250.000 kommen aus den USA, 40.000 aus Großbritannien, 2.000 aus Australien. Die anderen Mitglieder dieser "breiten Koalition" wurden bestochen oder eingeschüchtert, damit sie den USA erlauben, ihren Luftraum zu nutzen, um den Irak zu bombardieren, Truppen, Flugzeuge oder Schiffe auf ihrem Boden zu stationieren oder technischen Beistand oder andere materielle Unterstützung für den Krieg zu leisten. Keines von ihnen wird sich am Kampf beteiligen. Alle handeln zudem gegen den ausdrücklichen Willen ihrer eigenen Bevölkerung.
Lüge Nr. 10: "Der UN Sicherheitsrat ist seiner Verantwortung nicht gerecht geworden, also müssen wir unserer gerecht werden."
Für Bush besteht die Verantwortung dieses UN-Organs darin, der Regierung der Vereinigten Staaten einen Freibrief für alles zu erteilen, was sie verlangt. In Wirklichkeit haben die Vereinigten Staaten gegenüber der UNO bestimmte Verpflichtungen, unter anderen keinen Krieg ohne Billigung des Sicherheitsrats zu führen, außer in unmittelbarer Selbstverteidigung. Laut Artikel 42 der UNO-Charta ist es Sache des Sicherheitsrats zu entscheiden, wie Resolutionen des Sicherheitsrats durchgesetzt werden - wie z.B. die Resolution 1441. Die Entscheidung der USA, ihre Interpretation von 1441 auch gegen den Willen des Sicherheitsrats "durchzusetzen", ist eine Verletzung internationalen Rechts.
Lüge Nr. 11: "Wenn wir gezwungen sind, einen Krieg zu beginnen, dann wird er sich gegen die gesetzlosen Menschen richten, die euer Land beherrschen, und nicht gegen euch."
Die amerikanische Militärstrategie, über die umfassend berichtet wurde, besteht in einer Bombenkampagne von solch zerstörerischem Ausmaß, dass das irakische Volk in "Angst und Schrecken" verfällt und die irakische Armee en masse kapituliert. Laut einer Vorhersage planen die amerikanischen und britischen Militärs "die tödlichsten Luftangriffen in der ersten Nacht, die in der Geschichte des Luftkriegs jemals gegen ein einzelnes Land durchgeführt wurden. Hunderte Ziele in allen Regionen des Landes werden gleichzeitig angegriffen werden." Schätzungen über Opfer unter der irakischen Zivilbevölkerung bewegen sich zwischen Tausenden und Hunderttausenden, die als unmittelbare Folge der Bomben- und Raketenangriffe sterben werden. Berücksichtigt man die langfristigen Folgen, liegen die Zahlen noch wesentlich höher.
Lüge Nr. 12: "Wenn unsere Koalition die Macht übernimmt, werden wir die Lebensmittel und Medikamente liefern, die ihr braucht."
Dies ist besonders zynisch, weil die unmittelbare Folge von Bushs 48-Stunden-Ultimatum der Rückzug aller humanitären UN-Organisationen aus dem Irak und die Einstellung des Programms Öl-für-Nahrungsmittel war, das die Ernährung von 60 Prozent der irakischen Bevölkerung ermöglichte. Was die medizinische Versorgung angeht, so haben die USA in den letzten zwölf Jahren dem irakischen Volk systematisch die notwendigen Medikamente verweigert, indem sie auch die grundlegendsten pharmakologischen Substanzen, wie Antibiotika oder Spritzen, als "dual-use" Produkte verboten, die angeblich für Biowaffenprogramme genutzt werden könnten.
Lüge Nr. 13: "Wir werden den Terrorapparat niederreißen und wir werden euch helfen, einen neuen blühenden und freien Irak aufzubauen."
Das Ziel der Bush-Regierung ist die Einsetzung eines Marionettenregimes der USA in Bagdad, das zuerst einmal die Form einer amerikanischen Militärdiktatur annehmen wird. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass die USA der führende Förderer von Diktaturen auf der ganzen Welt sind, von Pinochet in Chile über Suharto in Indonesien bis zu Saddam Hussein selbst. Saddam begann seine politische Karriere einem jüngeren Bericht zufolge als antikommunistischer Handlanger des amerikanischen Geheimdiensts bei einem CIA-gestützten Putsch, in dessen Verlauf 1959 der linksnationalistische irakische Präsident Qasem ermordet wurde.
Ein geheimes Dokument des Außenministeriums, auf das die Los Angeles Times am 14. März einging, gelangte zum Schluss, dass ein demokratischer Irak nach dem Krieg recht unwahrscheinlich und vom Standpunkt amerikanischer Interessen nicht einmal wünschenswert sei. "Anti-amerikanische Gefühle sind so weit verbreitet, dass Wahlen kurzfristig zu islamistisch bestimmten Regierungen führen könnten, die den USA feindlich gesinnt wären."
Lüge Nr. 14: "Sollte Saddam Hussein die Konfrontation wählen, dann soll das amerikanische Volk wissen, dass alles unternommen wurde, um einen Krieg zu verhindern, und alles unternommen wird, um ihn zu gewinnen."
Dieser Satz kombiniert eine Lüge mit einer brutalen Wahrheit. Die Bush-Regierung hat jede nur erdenkliche Maßnahme ergriffen, um sicherzustellen, dass ein Krieg stattfindet. Auf die Wiederaufnahme der Waffeninspektionen reagierte sie mit kaum verhüllter Feindschaft. Sie überschüttete Länder mit Häme, die eine diplomatische Lösung des Konflikts mit dem Irak suchten. Im Krieg selbst ist die Bush-Regierung dagegen tatsächlich bereit, "alle Mittel", Atomwaffen eingeschlossen, einzusetzen, um zu gewinnen.
Lüge Nr. 15: "Im Krieg ist nichts gewiss, außer dass er Opfer verlangt."
Das irakische Volk wird gewaltige Opfer bringen müssen und auch das amerikanische Volk wird Opfer an Blut und wirtschaftlichem Wohlergehen bringen müssen. Aber diejenigen, die Bush wirklich vertritt, die reichste Schicht an der Spitze der amerikanischen Gesellschaft, werden überhaupt nichts opfern müssen. Stattdessen will die Regierung Steuersenkungen von über 700 Mrd. Dollar durchsetzen, darunter die Abschaffung der Besteuerung von Kapitalerträgen.
Die großen US-Konzerne stehen jetzt schon Schlange, um Hunderte Millionen Dollar an Profiten einzusacken, die der Wiederaufbau der vom US-Angriff zerstörten Infrastruktur des Irak einbringen wird. Darunter ist auch der Lieferant von Ölförderanlagen Halliburton, in dessen Vorstand Vizepräsident Cheney vor seiner Amtszeit bei der Bush-Regierung gesessen hatte, und der ihn immer noch auf seiner Gehaltsliste führt.
Lüge Nr. 16: "Der einzige Weg, die Dauer und die Schäden des Krieges zu verringern, ist der Einsatz aller Macht und Gewalt unseres Militärs, und dazu sind wir bereit."
Jeder Aggressor behauptet, das durch den Krieg verursachte Leid zu bedauern, und beschuldigt das Opfer, durch seinen Widerstand die Leiden in die Länge zu ziehen. Bush macht da keine Ausnahme. Seine heuchlerischen Erklärungen, wie sehr er sich um das irakische Volk "sorge", können nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass es sich hier um einen, wie viele Unterstützer der Regierung bereitwillig zugeben, "Krieg der Wahl" handelt - einen bewusst von der US-Regierung angestrebten Krieg, mit dem sie ihre strategischen Interessen im Nahen und Mittleren Osten verfolgt.
Lüge Nr. 17: "Die terroristische Bedrohung Amerikas und der Welt wird sich vermindern, wenn Saddam Hussein entwaffnet ist."
Nicht einmal bei den amerikanischen Militärs und Geheimdiensten glaubt das irgend jemand ernsthaft. Die Antiterrorexperten der USA haben immer wieder gesagt, dass eine Eroberung und Besetzung des Irak, die mit dem Tod vieler tausend Araber und Moslems einhergehen und die öffentliche Meinung in der arabischen Welt und anderswo radikalisieren wird, zu mehr und nicht weniger Terrorismus führen wird.
Lüge Nr. 18: "Wir handeln jetzt, weil die Risiken der Untätigkeit weitaus größer wären. Die Möglichkeiten des Irak, allen freien Nationen Schaden zuzufügen, würde sich in einem Jahr oder in fünf Jahren um ein Vielfaches vergrößern."
Die Entwicklung der letzten zwölf Jahre widerlegt das. In dieser Zeit hat sich das militärische Potential des Irak stetig verringert. Saddam Hussein war niemals eine Bedrohung für eine "freie Nation", wenn diese Bezeichnung irgend eine Bedeutung hat, sondern nur für die reaktionären Ölscheichtümer am Persischen Golf und den benachbarten Iran, alles Regime, die nicht weniger repressiv sind als sein eigenes.
Lüge Nr. 19: "Indem wir die gerechten Forderungen der Welt durchsetzen, kommen wir auch den grundlegendesten Verpflichtungen unseres Landes nach."
Den Forderungen der Welt wurde von den Millionen Menschen Ausdruck verliehen, die am 15. Februar und am 15. März weltweit auf die Straße gingen, um gegen einen unilateralen Angriff der USA auf den Irak zu protestieren. Bush will beides haben - einerseits behauptet er, frühere Resolutionen des Sicherheitsrates gegen den Irak durchzusetzen (die "gerechten Forderungen der Welt"), und andererseits setzt er sich offen über den Willen der Mehrheit des Sicherheitsrates, der meisten internationalen Regierungen und der großen Mehrheit der Weltbevölkerung hinweg.
Lüge Nr. 20: "Im Gegensatz zu Saddam Hussein glauben wir, dass das irakische Volk zu menschlicher Freiheit willens und fähig ist.... Die Vereinigten Staaten werden gemeinsam mit anderen Ländern Frieden und Freiheit in der Region fördern."
Man ersetze "das irakische Volk" durch "das ägyptische Volk", "das Volk der arabischen Halbinsel", "das pakistanische Volk" oder ein anderes Volk, das unter einer Diktatur von Amerikas Gnaden lebt - ganz zu schweigen von den Palästinensern, die unter brutaler israelischer Besatzung leben, die von Washington unterstützt wird. Ist die US-Regierung der Meinung, dass diese Völker "zu menschlicher Freiheit willens und fähig" sind? Als das türkische Parlament unter dem Druck der öffentlichen Meinung den Wunsch der USA ablehnte, das Territorium der Türkei für die Invasion des Irak zu benutzen, appellierte die Bush-Regierung an das türkische Militär, die Regierung unter Druck zu setzen und diese demokratische Entscheidung rückgängig zu machen.