Mehr als einen Monat nachdem das Obergericht in Kandy angeordnet hat, vier tamilische Gefangene freizulassen, missachtet die Gefängnisverwaltung von Sri Lanka diese Entscheidung und hält zwei dieser Gefangenen unter den fadenscheinigsten Vorwänden weiterhin fest. Die vier gehören zu den sechs jungen Tamilen aus Hatton, dem zentralen Plantagengebiet des Landes, die seit Juni 1998 unter der falschen Beschuldigung, Mitglieder der separatistischen Liberation Tigers von Tamil Eelam (LTTE) zu sein, ohne Prozess festgehalten wurden.
Nach einer Kampagne der Socialist Equality Party (SEP) und des World Socialist Web Site für die sofortige, bedingungslose Freilassung der Sechs von Hatton war das Büro des Generalstaatsanwalts gezwungen, ihre Anhörung vorzuziehen, die erst im Januar nächsten Jahres fällig gewesen wäre. Am 3. Juli bat dann der Staatsanwalt das Gericht um die Erlaubnis, die Anklage gegen vier der sechs fallen zu lassen.
Als Grund für die Einstellung der Anklage wurde angeführt, "dass die Beschuldigten bei ihrer Festnahme und bei der Aufnahme der Geständnisse dem Gefängnisarzt vorgeführt wurden, sowie die Würdigung des Berichts des Gefängnisarztes." Lässt man die verschleiernde Sprache des Staatsanwalts weg, heißt das, dass der Staat keinerlei Beweise vorliegen hat. Das einzige Beweismittel gegen die Sechs waren ihre unter Folter erpressten Geständnisse, die auch noch in singhalesisch geschrieben waren, was keiner der Festgenommenen lesen konnte. Der Gefängnisarzt hatte Spuren von Folter gefunden.
Die sechs jungen Männer waren im Juni 1998 unter der Beschuldigung verhaftet worden, LTTE-Mitglieder zu sein und einen Bombenanschlag auf eine Teefabrik in Hatton verübt zu haben. Sie wurden unter Sri Lankas berüchtigtem Prevention of Terrorism Act [Antiterrorismusgesetz] festgehalten, und erst nach einem Jahr wurde Anklage erhoben. Die ursprüngliche Beschuldigung wurde fallengelassen und eine ganze Reihe weiterer Vorwürfe nachgeschoben. Ihr Prozess wurde unter verschiedenen Vorwänden immer wieder von der Anklage oder den Vorsitzenden Richtern verschoben.
Die Entscheidung, die Anklagen gegen vier der sechs fallen zu lassen, ist eine Bestätigung der Kampagne der SEP und ein wichtiger Schlag gegen das gesamte System willkürlicher Verhaftungen, unter dem Hunderte Tamilen in Sri Lanka festgehalten werden. Es ist daher keine Überraschung, dass der Staatsapparat zurückschlägt und die Freilassung von zweien der vier absichtlich blockiert; - einer von ihnen ist Suppu Udayakumar, der als Sympathisant der SEP bekannt ist und bei lokalen Wahlen für sie kandidiert hat.
Die Gefängnisbehörde weigerte sich, Udayakumar und Solamalai Loganathan frei zu lassen, weil sie angeblich in Verbindung mit einem anderen Fall vor dem Amtsgericht von Nuwara Eliya gesucht würden. Als darauf hingewiesen wurde, dass die beiden in diesem Fall schon vor ihrer Verhaftung im Juni 1998 auf Kaution freigelassen worden waren, verlangte die Gefängnisleitung offizielle Dokumente darüber. Normalerweise ist es die Verantwortung der Polizei, der Gerichte und der Gefängnisse, solche Dokumente zu verwalten, und nicht die der Gefangenen selbst.
Als eine bestätigte Kopie der Gerichtsunterlagen vorgelegt wurde, die die Kaution für die zwei belegte, wies die Gefängnisverwaltung das Dokument zurück und verlangte eine Anweisung des Amtsgerichts von Nuwara Eliya. Das Amtsgericht wiederum behauptete, dass eine neue Anweisung unnötig und das vorliegende Dokument ausreichend sei.
Nachdem sich die Gefängnisverwaltung mehrmals geweigert hatte einzulenken, stellte ein Anwalt der SEP den Antrag, die beiden vor das Gericht von Nuwara Eliya zu bringen. Der Fall sollte am 3. August verhandelt werden, aber die Gefängnisleitung informierte das Gericht, dass die Gefangenen nicht vorgeführt werden könnten, weil keine Fahrzeuge zur Verfügung stünden, um sie aus dem Gefängnis von Kalutara zu überführen. Wegen der bevorstehenden Urlaubszeit wurde der Fall dann auf den 13. August vertagt.
Gestern wurden die beiden Gefangenen endlich dem Gericht in Nuwara Eliya vorgeführt, wo der Amtsrichter bestätigte, dass für die beiden Kaution gestellt worden war. Die Gefängnisleitung weigert sich jedoch weiterhin dreist, Udayakumar und Loganathan freizulassen. Jetzt behauptet sie, dass das Gericht in Hatton, dass ursprünglich ihre Verhaftung angeordnet hatte, die Entscheidung des Obergerichts in Kandy, die Anklage zurückzuziehen, nicht bestätigt habe. Der Anwalt der SEP bereitet inzwischen weitere rechtliche Schritte vor, wenn die beiden nicht sofort freigelassen werden.
Die Behandlung von Udayakumar und Loganathan zeigt die völlige Missachtung demokratischer Rechte, besonders der tamilischen Minderheit, durch die Staatsorgane und in diesem Fall auch die völlige Missachtung der Gesetze, nach denen sich Polizei, Gerichte und Strafjustiz eigentlich zu richten haben. Die SEP fordert alle Arbeiter, Jugendlichen und Intellektuellen in Sri Lanka und weltweit auf, ihre Anstrengungen in der Kampagne für die sofortige Freilassung aller Sechs von Hatton zu verdoppeln.
Gegen zwei der sechs - Ponniah Saravanakumar und Arunasalam Yogeshwaran - sind immer noch Klagen anhängig; sie sollen am 29. August vor Gericht erscheinen. Die Beweislage gegen diese zwei ist nicht stärker als gegen die anderen vier; der einzige Unterschied besteht darin, dass ihre medizinischen Unterlagen, die die Folter belegen, nicht verfügbar waren und dem Büro des Generalstaatsanwalts nicht vorgelegt werden konnten. Inzwischen hat der Rechtsanwalt der SEP Kopien dieser Berichte in der Hand und hat ihre Freigabe beantragt.
Der Fall der Sechs von Hatton wirft ein grelles Licht darauf, dass systematisch Menschen ohne Prozess inhaftiert werden, während der reaktionäre Krieg fortgesetzt wird, den die Regierung zur Unterdrückung der demokratischen Rechte der tamilischen Minderheit des Landes führt. Mit solchen Methoden werden die tamilischen Arbeiter und Jugendlichen eingeschüchtert, die in der zentralen Bergregion das Rückgrat der Tee- und Gummiplantagenarbeiter bilden, wo die Löhne und Arbeitsbedingungen sich ständig verschlechtern.
Die Polizei kontrolliert tamilische Arbeiter und Jugendliche routinemäßig und schüchtert sie ein. Viele werden festgenommen, verhört und von der Polizei und speziellen Untersuchungsabteilungen gefoltert. Unter den Bestimmungen des Antiterrorgesetzes können Verdächtige bis zu drei Monate lang festgehalten werden, bevor sie einem Richter vorgeführt werden, und bis zu achtzehn Monate lang, bevor Anklage gegen sie erhoben und sie vor Gericht gestellt werden müssen. Nach dem Gesetz können Geständnisse auch als Beweismittel vor Gericht verwandt werden - eine Bestimmung, die den Sicherheitskräften Tür und Tor für groben Missbrauch öffnet. Gegenwärtig sind in Sri Lanka mehr als 2000 Tamilen unter dem Antiterrorgesetz inhaftiert.
Die SEP hat sich verpflichtet, ihre Kampagne zur Befreiung der Sechs von Hatton solange fortzusetzen, bis alle freigesprochen und freigelassen sind. Die Partei hat einen Verteidigungsfond von 100.000 Rupien (ca. 2.500 DM) eingerichtet, der für die juristische Verteidigung der Gefangenen von großer Bedeutung ist. Die SEP ruft zu Spenden und Protestschreiben auf, die für die sofortige Freilassung von Udayakumar und Loganathan und die Niederschlagung der Anklagen gegen Ponniah Saravanakumar und Arunasalam Yogeshwaran eintreten.
Schicken Sie bitte Spenden an:
The Treasurer
Socialist Equality Party
P.O.Box 1270
Colombo, Sri Lanka
Protestbriefe an:
The Attorney General,
Attorney General's Department,
Colombo 12, Sri Lanka.
Fax: 0094-1-436421
Bitte auf folgende Aktenzeichen beziehen:
NJ 1290/99, NJ 1291/99, NJ 1292/99 and NJ 1295/99 in Kandy High Courts.
Kopien bitte an:
Socialist Equality Party,
P.O. Box 1270,
Colombo, Sri Lanka
World Socialist Web Site
e-mail: editor@wsws.org