USA: Führendes SEP-Mitglied spricht bei Kundgebung gegen den Völkermord in Gaza

Am Sonntag fand in Hamtramck, einer Stadt in der Großregion Detroit (Michigan), eine lebhafte Kundgebung gegen den israelischen Völkermord in Gaza statt.

Hamtramck ist die älteste mehrheitlich von Muslimen bewohnte Stadt der USA. Große Teile der hier wohnenden Arbeiter stammen ursprünglich aus dem Jemen, Bangladesch und Pakistan, und der Stadtrat besteht ausschließlich aus Muslimen. Die Kleinstadt war einst ein Zentrum der Autoindustrie, wurde aber durch Werksschließungen wirtschaftlich zerstört.

Mit der Kundgebung verschaffte die örtliche Bevölkerung sich Gehör für ihre Wut und Empörung über die Zerstörung des Gazastreifens. Dort liegt die offizielle Zahl der Todesopfer inzwischen bei über 29.000, und es sind zum größten Teil Frauen und Kinder.

Die Redner auf der Kundgebung und dem Protestmarsch verurteilten die US-amerikanisch-israelischen Bombardierungen, die immer mehr auch auf den Libanon und den Jemen ausgeweitet werden. Ein Vertreter der Kommunalverwaltung kündigte an, dass ein kilometerlanges Stück der Holbrook Avenue, einer Hauptstraße durch den Ort, in „Palestine Avenue“ umbenannt wird.

Hunderte beteiligten sich am Sonntag in Hamtramck (Michigan, Großregion Metro Detroit) an einem Protestmarsch gegen den israelischen Völkermord in Gaza

Die wichtigste Forderung des Protestmarsches war die nach einem Waffenstillstand. Mehrere Veranstalter riefen auch dazu auf, bei den Vorwahlen der Demokraten in Michigan am 27. Februar mit „unentschlossen“ zu stimmen, um ihre Opposition gegen Präsident Joe Biden auszudrücken.

Am heutigen Dienstag werden die USA in der UN ihr Veto gegen eine Waffenstillstands-Resolution einlegen. Dies, obwohl die Netanjahu-Regierung entschlossen ist, eine umfassende Bodenoffensive gegen Rafah durchzuführen. In der Stadt sind fast 1,5 Millionen palästinensische Flüchtlinge eingeschlossen.

Mehrere Redner verurteilten die anhaltende Unterstützung der Biden-Regierung für Israel und riefen die Teilnehmer auf, gegen Biden zu stimmen, indem sie „unentschlossen“ auf ihre Wahlzettel schreiben. Die demokratische US-Kongressabgeordnete Rashida Tlaib kündigte am Samstag an, sie unterstütze eine Gruppe namens „Listen to Michigan“ (Hört auf Michigan), die dazu aufruft, mit „unentschlossen“ zu stimmen.

Tlaib veröffentlichte am Samstag ein Video auf Twitter/X, in dem sie erklärte: „Wenn ihr wollt, dass wir lauter werden, dann kommt her und stimmt mit ,unentschlossen‘.“

Die Initiative wird von Tlaibs Schwester Layla Elabed angeführt. Diese appelliert besonders an die arabischen und muslimischen Gemeinden in Dearborn und Hamtramck, ihren Widerstand gegen den Krieg zum Ausdruck zu bringen. Elabed behauptet, mit „unentschlossen“ zu stimmen sei „unser Mittel, die politische Macht zurückzubekommen“.

Der Bürgermeister von Hamtramck unterstützt offiziell die „Unentschlossen“-Kampagne, und sein Sprecher rief bei der Kundgebung dazu auf, es ebenfalls zu tun. Er erklärte, Hamtramck habe als erste Stadt in den USA eine Resolution für einen Waffenstillstand verabschiedet.

Tlaib, deren Familie palästinensischer Herkunft ist, hat sich auf Twitter für die „unentschlossen“-Kampagne ausgesprochen, nachdem sie sich anfangs davon distanziert hatte. Letzten November wurde Tlaib wegen ihrer Opposition gegen den israelischen Völkermord vom Kongress mit voller Unterstützung der Demokraten gerügt. Die „Listen to Michigan“-Kampagne wird von den Bürgermeistern von Dearborn, Dearborn Heights und Hamtramck unterstützt. Es sind allesamt von den Demokraten kontrollierte Städte mit großen arabisch-amerikanischen Bevölkerungsanteilen. Mehrere demokratische Bundesstaats-Abgeordnete, Stadträte und der Detroiter Ortsverein der Democratic Socialists of America (DSA) haben sich ihnen angeschlossen.

Die Gruppe der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) an der Wayne State University erhielt bei der Kundgebung großen Zuspruch von jungen Teilnehmern. Viele von ihnen kauften Literatur und ließen ihre Kontaktdaten da, um sich zu engagieren.

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Auch Larry Porter, der stellvertretende nationale Sekretär der Socialist Equality Party (SEP), ergriff das Wort und sprach zu der Kundgebung. In seiner Rede kritisierte Porter die falsche Orientierung der Veranstalter und erklärte der Menge, die SEP lehne die Ansicht ab, dass Druck auf die Regierung oder Aufrufe an den Kongress eine Lösung darstellten.

Er erklärte: „Die palästinensischen Gewerkschaften haben zu einer internationalen Abreiterbewegung gegen diesen Krieg aufgerufen. Das ist das Programm, das wir unterstützen. Deshalb unterscheidet sich unser Programm völlig von dem, was hier vorgeschlagen wird: Druck auszuüben oder an seinen Kongressabgeordneten zu appellieren. Wir sind der Meinung, dass es darum geht, die Arbeiterklasse auf der ganzen Welt zu mobilisieren. Sie ist die einzige Klasse, die diesen Krieg wirklich beenden kann.“

Porter verurteilte nicht nur Biden, sondern beide Parteien, die beide den Krieg unterstützen. Er sagte: „Frankreich, Deutschland Großbritannien - sie alle unterstützen diese Kriegspolitik. Wir haben in keine von ihnen Vertrauen. Deshalb sagen wir über die Biden-Regierung, dass sie wirklich die Regierung von ,Genocide-Joe‘ [Völkermord-Joe] ist. Und so auch die ganze Demokratische Partei. Demokraten wie Republikaner unterstützen den neuen Holocaust.“

Die IYSSE-Mitglieder diskutierten mit den Teilnehmern der Kundgebung, und Cassie Mason sagte der WSWS, sie sei zu der Demonstration gekommen, um ihren Widerstand gegen das Massaker an unschuldigen Palästinensern zu zeigen: „In den letzten Monaten fällt es mir schwer, darüber zu reden oder auch nur zu erklären, wie ich mich fühle. Ich hätte mir nie vorstellen können, in einer Welt zu leben, in der ich jeden Tag aufwachen und sehen würde, wie unschuldige Menschen, auch Kinder, ihr Leben verlieren. Kinder sterben. Dabei könnten wir etwas dagegen tun, aber das wird einfach nicht getan. Ich weiß nicht, wie Menschen momentan ihr normales Leben weiterführen können.“

Wie für viele junge Arbeiter sei auch für sie das Sterben und die Zerstörung ein Schock: „In der Schule hat man uns beigebracht, wie schön die Welt jetzt ist im Vergleich zu dem, was wir über die Vergangenheit wissen, zum Beispiel über den Holocaust und die Völkermorde der Vergangenheit. Man hat uns erzählt, dass in Zukunft alles besser wird. Aber ich denke, jeden Tag, wenn wir aufwachen, ist es noch ein bisschen schlimmer geworden.“

Cassie erklärte, sie habe in Österreich ein Konzentrationslager besucht, aber nie damit gerechnet, dass sich ein solches Grauen je wiederholen würde: „Ich war sogar in einem Konzentrationslager. Ich war in Mauthausen, und ich stand vor einer Gaskammer. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das alles wieder passiert.“

Die WSWS sprach auch mit Gema und Gaston. Gema erklärte: „Ich bin hier, um Palästina und den Jemen zu unterstützen. Ich meine, was können wir über den Jemen sagen? Sie führen ihren eigenen Krieg, kämpfen gegen ihren eigenen Hungertod, und doch sind sie die einzigen, die sich nicht nur zurücklehnen und diesen Krieg finanzieren.“ Gema und Gaston sagten, dass die Jemeniten sich wenigstens gegen den Völkermord erheben.

Gaston fügte hinzu, dass die Medien den Jemen verurteilen, aber: „Sie sagen nie, dass sie [die Jemeniten] das, was sie tun, wegen Palästina und dem Völkermord in Gaza tun. Sie sagen nur: ‚Die stören den Handel‘, aber sie erwähnen nie warum. Wer sich der herrschenden Meinung widersetzt, wird auch mit finanziellen Mitteln bekämpft. So war es schon immer.“

Ein WSWS-Reporter wies auf die reaktionäre Politik der ägyptischen und der jordanischen Regierung hin, die beide die USA unterstützen. Gaston stellte die Verbindung her zwischen dem Sturz von Regierungen, die nicht die Interessen der amerikanischen herrschenden Klasse verfolgen, und Trumps Putschversuch in den USA. Er erklärte: „Ja, die USA machen solche Sachen. Wie hieß der Kerl, der für die CIA gearbeitet hat? Ich glaube, es war John Bolton, der über Trump gesagt hat: ,So hätte ich den Putsch nicht gemacht‘.“

Gaston fuhr fort: „Sie haben das schon früher getan, denn so arbeiten die USA. Es ist nicht nur eine Sache, die den Nahen Osten betrifft.“ Gema stimmte zu und verwies auf Lateinamerika und Afrika.

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