Schlusswort von David North auf der internationalen Gedenkveranstaltung für Helen Halyard

Wir veröffentlichen hier die Worte, die David North als Resümee zum Schluss der internationalen Gedenkveranstaltung für Helen Halyard am 3. Dezember sprach. Helen, die mehr als ein halbes Jahrhundert lang ein wichtiges Führungsmitglied der Socialist Equality Party (US) und des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) war, verstarb am 28. November unerwartet im Alter von 73 Jahren.

Wir haben über Genossin Helen in erster Linie als politische Person gesprochen, als politische Mitstreiterin, als jemand, die eine bedeutende Rolle in der Entwicklung unserer Bewegung gespielt hat. Ihr Beitrag zum Aufbau der trotzkistischen Partei auf der ganzen Welt ist von bleibender Bedeutung.

Zwei Sätze kommen mir dazu in den Sinn. Den einen sagte Cannon, und ich glaube, er zitierte jemanden anderes, als er sagte: „Mit der Liebe der Genossen werden wir die Welt verändern.“

Trotzki sagte – etwas zurückhaltender, aber nicht weniger leidenschaftlich – dass unter französischen Revolutionären die Partei als „eine große Freundschaft“ aufgefasst werde. Aber er fügte hinzu: „Damit es eine große Freundschaft geben kann, muss es eine große Auslese geben.“

Bei der Gedenkfeier für Genosse Leo Brust in Minneapolis im April 1994. Von links nach rechts: Larry Porter, Fred Mazelis, David North und Helen Halyard

Helen hatte diese Auslese über den historischen Prozess durchlaufen, der entscheidet, warum die eine oder andere Person eine politische Führungsfigur von großer Bedeutung wird. Die Kombination von persönlichen Fähigkeiten, historischer Erfahrung und subjektiven Kräften – all das hat einen nicht wirklich vorhersehbaren Charakter. Es ist Teil der Widersprüche des historischen Prozesses.

Wir sind nicht bloß Individuen. Wie Marx so treffend sagte, sind wir alle ein Ensemble von gesellschaftlichen Verhältnissen. Wir sind Produkte unserer Zeit. Wir sind Produkte der Erfahrung, durch die wir gehen. Wir drücken nicht nur uns selbst aus, sondern auch die Stärken und Schwächen der Klasse, die wir repräsentieren, der wir dienen und die wir führen wollen.

Ich spreche jetzt aus der Sicht der Generation, die der Partei beigetreten ist, als Helen ihr beitrat, aus der Sicht derjenigen von uns, die die Jugend hinter sich gelassen haben, die sich mit Anfang 20 kennengelernt hatten und heute in ihren 70ern sind. Wir kennen uns gut, wir kennen unsere Stärken und Schwächen. Es gibt nur wenige Geheimnisse, die über einen so langen Zeitraum bewahrt werden können.

Von links: Ann Lore, Nancy Hanover, Helen Halyard, Gary Tyler, Jerry White und Larry Porter vor einem der Kunstwerke Garys, die am 8. Juli 2023 in Detroit ausgestellt wurden

Alle Genossinnen und Genossen, die heute über Helen gesprochen haben, haben über ihre Wirkung auf die Politik, auf die Geschichte und auf sich selbst gesprochen. Sie ist Teil unseres Lebens, sie wird immer Teil unseres Lebens sein, und sie wird Teil des Lebens derjenigen sein, die diese Arbeit noch viele Jahre fortsetzen werden.

Wir befinden uns inmitten revolutionärer Kämpfe, und ich neige zu der Ansicht, dass die Machteroberung vielleicht schneller kommen wird, als viele sich vorstellen können. Das kapitalistische System und seine Führer sind morsch bis auf die Knochen. Die Verbrechen, die sie heute begehen, sind von einem solchen Charakter, dass sie niemals vergessen, geschweige denn vergeben werden können. Wir alle kennen vielleicht die Worte John Browns über einen möglichen Sündenerlass. „Wehe dem, der Übles begeht“ – das war Lincoln. Brown sagte: „Es wird Vergeltung geben“ – und diese wird auch kommen.

Aber diese große Vergeltung wird nicht von persönlicher Natur sein. Die Arbeiterklasse wird sie vollziehen, durch den Kampf der Arbeiter auf der ganzen Welt. Sie werden immer klarer erkennen, dass es notwendig ist, dem Kapitalismus und seiner Barbarei ein Ende zu setzen.

Fred Mazelis und Helen Halyard (2021) besuchen den Ort in Detroit, an dem sich 1859 die Sklavenbefreier Frederick Douglass und John Brown trafen

Und in diesem Kontext, im Kontext der gegenwärtigen Entwicklung, ist es nicht abwegig, dass wir den Kampf gegen den Nationalismus und für den Internationalismus so stark betonen. Denn das, was wir heute erleben, die schrecklichen Verbrechen Israels, sind umso schrecklicher, als sie mit der Berufung auf Verbrechen gerechtfertigt werden, die die Nazis am jüdischen Volk begangen hatten. Was der Zionismus tut, zeigt die zutiefst reaktionäre, barbarische Rolle des Nationalismus – dieser diskreditierten und in der heutigen Epoche überholten politischen Ideologie.

Der Zionismus ist nur der vollkommenste Ausdruck dieser entarteten Weltanschauung. Er ist die Anschauung einer herrschenden Klasse, deren historische Funktion völlig erschöpft ist.

Ja, der Aufbau der Partei ist eine schwierige Herausforderung. Er ist nicht einfach. Es ist nicht einfach, Massen von Arbeitern zu erziehen; aber diese Erziehungsarbeit werden wir nicht allein leisten müssen. Der Kapitalismus selbst ist ein großer Erzieher. Die Massen der Welt werden sich daran erinnern, warum es eine Russische Revolution gab, warum der Marxismus zu einer politischen Kraft wurde, die auf der ganzen Welt Millionen inspirierte. Und alles, was der Marxismus beinhaltet, alles, was er lehrt, kommt heute in der trotzkistischen Bewegung zum Tragen.

Helen Halyard (1950 - 2023)

Wenn man sich die Beiträge von Genossinnen und Genossen aus der ganzen Welt anhört, die vielen verschiedenen Altersgruppen angehören – von 96 und 82 Jahren bis hin zu den „relativ jungen“ Leuten in ihren frühen 70ern und 60ern und all denen, die gerade erst Anfang 30 und Anfang 20 sind –, dann ist man von der Kraft und der Klarheit all dieser Beiträge beeindruckt. Ihre wirkliche Bedeutung liegt darin, dass etwas Tiefgreifendes in der Masse der Menschen am Werk ist. Wenn wir ein Ensemble gesellschaftlicher Verhältnisse sind, dann zeigt das, was wir sagen und wie wir es sagen, die Fähigkeit, uns auszudrücken, etwas, das sich unter den Massen abspielt.

Wenn Helen unter uns wäre und sich diese Beiträge angehört hätte, würde sie das verstehen. Sie wäre über die vielen guten Dinge erfreut, die über sie gesagt wurden, vielleicht auch etwas verärgert über das, was sie als übertriebene Schmeichelei bezeichnen würde. Aber sie würde zwangsläufig die Kraft dessen erkennen, was die Genossen gesagt haben, die Art und Weise, wie sie den Wandteppich, die Kette und den Schuss der objektiven und subjektiven Bedingungen zusammengewebt haben. Sie würde verstehen, dass dies bedeutet, dass etwas Tiefgreifendes im Gange ist.

Die politische Situation entwickelt sich jetzt rasant weiter. Unsere Aufgabe ist es also, diese Arbeit fortzusetzen. Was wir heute gesagt haben, haben wir auch so gemeint. Wir sind stolz darauf, Helens Genossinnen und Genossen gewesen zu sein, mit ihr gearbeitet zu haben, sie unterstützt zu haben und von ihr unterstützt worden zu sein. Nun müssen wir diese Arbeit in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt fortsetzen.

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