Imperialistische Diplomatie: Irak und US-Außenpolitik

Die Gefangennahme von Saddam Hussein Mitte Dezember 2003 löste eine Flut von Eigenlob der Medien und der Bush-Regierung aus. Gleichzeitig verursacht die Aussicht auf eine bevorstehende Gerichtsverhandlung gegen den ehemaligen irakischen Präsidenten Amerikas Herrschenden erhebliches Bauchgrimmen. Man befürchtet, dass ein Prozess gegen Saddam Hussein eine Diskussion über seine früheren Beziehungen zu den Vereinigten Staaten auslösen könnte. Sie gestalteten sich zu der Zeit besonders eng, als er viele seiner Verbrechen beging, für die er zur Rechenschaft gezogen werden soll - Verbrechen, die von den USA als Rechtfertigung für ihre Invasion im Irak benutzt wurden.

In den Massenmedien findet man an keiner Stelle eine ernsthafte Untersuchung der Geschichte des Irak, und doch ist das Verständnis dieser Geschichte die Grundvoraussetzung für ein Verständnis des Kriegs und der Besatzung des Landes. Wir veröffentlichen hier eine neunteilige Artikelserie, die diese Geschichte untersucht und ihr Augenmerk besonders auf die Zeit des Iran-Irak-Krieges in den frühen achtziger Jahren richtet. Die ersten drei Artikel befassen sich mit dem politischen, sozialen und historischen Kontext, in dem sich der Iran-Irak-Krieg entwickelte.

Wenn nicht anders angemerkt, stammen alle Zitate aus freigegebenen Dokumenten der Nationalen Sicherheit, für die Öffentlichkeit zugänglich in der Irak-Abteilung des National Security Archives unter http://www.gwu.edu/~nsarchiv oder http://nsarchive.chadwyck.com.

Teil eins: Der Irak zur Zeit der Monarchie und das Anwachsen gesellschaftlicher Gegensätze

Vor kurzem freigegebene Geheimdokumente zeichnen ein vernichtendes Bild von den Beziehungen der USA zu dem Regime Saddam Husseins während der achtziger Jahre. Die amerikanische Regierung und ihre Besatzungskräfte im Irak werfen Hussein heute Kriegsverbrechen vor, weil er angeblich chemische, biologische und nukleare Waffen eingesetzt oder deren Besitz angestrebt haben soll. Als der Irak jedoch tatsächlich solche Waffen einsetzte - während des Iran-Irak-Krieges, der von 1980 bis 1988 dauerte - hatte das Regime in Bagdad die Unterstützung der Reagan-Administration, in der viele Leute aktiv waren, die auch heute wieder führende Positionen in der Bush-Administration bekleiden.

Wie kann man die Veränderung in der amerikanischen Haltung zum Irak verstehen, die den früheren Präsidenten Hussein aus einem Verbündeten und Aktivposten in eine Person verwandelte, welche die Bush-Regierung zum gefährlichsten Feind des Weltfriedens ernannte?

Es ist nicht möglich, diese Umwandlung als Ergebnis eines plötzlichen Meinungsumschwungs von Bush, Vizepräsident Cheney oder Verteidigungsminister Rumsfeld zu interpretieren. Vielmehr kann die Wende in Washingtons Haltung zum Irak und zu Saddam Husseins Regierung nur im Rahmen einer grundlegenden Wende in der amerikanischen Außenpolitik verstanden werden, die tiefe historische, gesellschaftliche und ökonomische Wurzeln hat.

Soziale Konflikte und die irakische Monarchie

Die Ursprünge des modernen Irak, wie überhaupt eines großen Teils des heutigen Nahen Ostens, wurzeln in der Auflösung des Osmanischen Reichs nach 1918, nach dem ersten Weltkrieg. Vor diesem Krieg war der Irak drei Jahrhunderte lang die östlichste Provinz des Osmanischen Reiches, das sein Zentrum in Konstantinopel hatte (dem heutigen Istanbul in der heutigen Türkei).

Während des Krieges war das Osmanische Reich mit Deutschland verbündet, und nach dem Krieg teilten die Sieger - vor allem Großbritannien und Frankreich - den einst osmanisch kontrollierten Nahen Osten unter sich auf. Der Irak wurde dem Einflussgebiet des britischen Empire zugeschlagen, das den Aufstieg König Faisals I. unterstützte, eines Mitglieds der haschemitischen Monarchenfamilie. Die Briten hatten seit langem Interesse an der Region. Vor dem Krieg hatten sie versucht, das Osmanenreich nicht nur als Stütze für ihre Handelsbeziehungen zu stärken, sondern daraus auch eine Festung zur Eindämmung des russischen Einflusses und für den Schutz der Verkehrswege nach Indien, Englands wichtigster Kolonie, zu machen.

Vor dem 19. Jahrhundert bestand die Gesellschaftsstruktur der Region - mit Ausnahme einiger großer Städte wie Bagdad - in erster Linie aus relativ isolierten Stammesverbänden. Unter dem Einfluss der Briten im 19. und 20. Jahrhundert erfuhr die Region die schrittweise Herausbildung moderner, kapitalistischer Eigentumsverhältnisse.

In dieser Zeit erlebte die Region "die Ausbreitung der Kommunikation, das Wachstum der Städte, die Verbreitung europäischer Ideen und Technik, die Ausdehnung der territorialen auf Kosten der Sippenverhältnisse auf dem Lande, den Zusammenbruch der auf Selbstversorgung ausgerichteten selbstgenügsamen Stammeswirtschaft und eine größere Wechselbeziehung der verschiedenen Teile der Gesellschaft untereinander", obwohl die traditionellen Beziehungen neben diesen neuen Formen weiter existierten. [1]

Dieser gesellschaftliche Umbruch ist wichtig, wenn man den Lauf der Geschichte im Irak des zwanzigsten Jahrhunderts verstehen will. Wie für viele Länder, die mit unvollständiger kapitalistischer Entwicklung ins zwanzigste Jahrhundert eintraten, war der neue Druck, den der Weltkapitalismus auf die primitiven, halbfeudalen Gesellschaftsbeziehungen im Irak ausübte, eine enorme Belastung. Diese Spannungen erhielten zusätzliche Brisanz, als man zu Beginn des Jahrhunderts auf Bodenschätze stieß, die für die Weltwirtschaft zukünftig eine absolut zentrale Rolle spielen sollten - Öl.

Die irakische Monarchie war während ihrer Herrschaft (die von 1921 bis 1958 dauerte und in den dreißiger und vierziger Jahren mehrfach durch Staatsstreiche unterbrochen wurde) mit der doppelten und widersprüchlichen Aufgabe konfrontiert, aus den verschiedenen Stämmen und Glaubensgruppen einen einheitlichen Staat zu schaffen, und gleichzeitig die gesamte Gesellschaft den Interessen des britischen Empire unterzuordnen. Die Überwindung der Zersplitterung in Stämme und die Entwicklung eines modernen Wirtschaftslebens brachte das Wachstum der Städte und der Klassen mit sich, die sie bevölkerten: eine nationale Bourgeoisie, eine wachsende Intelligenz und - vor allem - eine schnell zunehmende Arbeiterbevölkerung. Die Einwohnerschaft von Groß-Bagdad stieg von etwa 200.000 im Jahr 1922, über 515.459 im Jahr 1947, auf 793.183 im Jahr 1957 an.

Eine begrenzte nationale Wirtschaftsentwicklung - in Form einer wachsenden Ölindustrie, von Werften und Fabriken - schuf Bevölkerungsschichten, die sich dagegen wehrten, dass das gesamte Land dem britischen Imperialismus und einer schmalen Elite im Irak unterworfen wurde, die vom imperialen System profitierte.

Im Interesse der Aufrechterhaltung des Status Quo war die Monarchie deshalb stark von den Stammesfürsten abhängig, die Großgrundbesitzer und schwerreiche Kaufleute waren. Die Historikerin Hanna Batatu stellt fest: "Durch ihre Bindung an eine ländliche Gesellschaftsstruktur, die die Mehrheit der Einwohner des Landes zu einem Leben unter schwierigsten Verhältnissen verurteilte und deshalb ein ernstes Hindernis für den Fortschritt der irakischen Wirtschaft als Ganzes darstellte, wurde die Monarchie selbst in entscheidender Hinsicht zum retardierenden sozialen Faktor." [2] Das heißt, die Monarchie war zu einem ernsten Hindernis für die weitere Wirtschaftsentwicklung geworden.

Die wirtschaftlichen Interessen und die politische Herrschaft dieser reaktionären Elite hingen von der Protektion durch den britischen Imperialismus ab. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg stützte sich die Monarchie - und eine Reihe von Regierungschefs, darunter auch der verhasste Nur al Said - stark auf die Briten, um die Aufstände der städtischen Bevölkerung von 1948, 1952 und 1956 zu unterdrücken.

Die Opposition gegen die Monarchie und den britischen Imperialismus bestand damals aus Bewegungen, die unter der Führung der nationalen Bourgeoisie standen - einer begüterten Bevölkerungsschicht, die nach stärkerer wirtschaftlicher Entwicklung strebte. Während der dreißiger und vierziger Jahre nahm dies die Form von Staatsstreichen an, die von nationalistischen Offizieren aus den Mittelschichten der Bevölkerung angeführt wurden.

Die nationale Bourgeoisie versuchte außerdem, Bedingungen für sich zu schaffen, unter denen sie sich einen größeren Anteil des von der irakischen Arbeiterklasse geschaffenen Mehrwerts aneignen konnte - eines Mehrwerts, der hauptsächlich in die Taschen ausländischer Konzerne floss. Dies drückte sich beispielsweise darin aus, dass ausländischen Ölkonzernen Einschränkungen bei der Ausbeutung des irakischen Erdöls auferlegt wurden.

Ungeachtet dessen war die nationale Bourgeoisie recht schwach. Letztlich hing sie vom Weltkapitalismus ab, was den Export ihrer Güter betraf, und - das wurde besonders in den achtziger Jahren sichtbar - von seiner wirtschaftlichen und militärischen Unterstützung. Außerdem zitterte sie ständig vor der Arbeiterklasse, die im Irak besonders stark und gut organisiert war und an jedem Wendepunkt damit drohte, die antiimperialistische Bewegung über die Grenzen der kapitalistischen Eigentumsverhältnisse hinaus zu entwickeln.

Militärputsche und Verrat der Kommunistischen Partei

Das Wachstum der arbeitenden Bevölkerung im Irak spiegelte sich in der schnellen Ausbreitung der Irakischen Kommunistischen Partei (IKP) wider. Trotz der enormen Verrätereien des Stalinismus seit den zwanziger Jahren wurde die Kommunistische Partei von vielen Arbeitern im Irak und anderswo als Vertreter der russischen Revolution von 1917 und der internationalen sozialistischen Bewegung angesehen. Die IKP begann in den zwanziger und dreißiger Jahren im Irak an Einfluss zu gewinnen. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war sie lange die einflussreichste politische Partei.

Die Geschichte des Irak nach dem Krieg - wie auch des Aufstiegs der Baath-Partei - ist eng mit der Geschichte der IKP verbunden. Bei allen Drehungen und Wendungen der Politik der irakischen Stalinisten gab es einen gemeinsamen Nenner: Immer spannten sie die starke Bewegung der Arbeiterklasse des Landes vor den Karren der "demokratischen nationalen Bourgeoisie", egal wie undemokratisch diese Bourgeoisie in Wirklichkeit sein mochte. Auf diese Weise trug die IKP dazu bei, die Herrschaft der nationalen Kapitalistenklasse zu festigen und die sozialistische Bewegung, die von so vielen irakischen Arbeitern unterstützt wurde, zu kastrieren.

Die IKP unterstützte in der Regel die zahlreichen Staatsstreiche, die das Militär in den dreißiger und vierziger Jahren durchführte, sogar in jenen Fällen, in denen die Offiziere die monarchistische Herrschaft nicht in Frage stellten. Eine solche Unterstützung für einen Putsch wurde immer mit dem Argument gerechtfertigt, dass er seinem Wesen nach anti-britisch und deshalb progressiv sei. Zum Beispiel unterstützte die IKP die Herrschaft von Bakr Sidqi, der sich 1936 in das Amt des Premiers putschte. Sie trat nicht gegen ihn auf, bis er im März 1937 ankündigte, "jede Bewegung - kommunistisch oder nicht - zu zerschmettern, die eine Bedrohung für den Thron darstellt".

Die IKP war die Hauptstütze für die Herrschaft von Rashid Ali Gailani, der 1941 die Macht eroberte, obwohl er Verbindung zu rechtsextremen und antisemitischen Elementen unterhielt. Nach der deutschen Invasion in der Sowjetunion im Juni 1941 schlug sich die IKP auf die Seite der Briten, was konkret bedeutete, die pro-britische Monarchie zu unterstützen. Vielleicht den größten Schaden jedoch richtete sie an, als sie sich - in Übereinstimmung mit der sowjetischen Politik - dazu entschied, 1948 die Teilung Palästinas und die Gründung Israels zu unterstützen.

Trotz ihres Verrats war die IKP in den Zentren der Arbeiterklasse einflussreich: in den Fabriken von Bagdad, den Ölförderanlagen in Kirkuk und den Werften von Basra. Die sozialistischen Ideale übten einen solchen Einfluss auf die Arbeiter im Irak aus, dass sich bürgerliche Nationalisten und sogar einige extrem konservative Parteien den Mantel des Sozialismus umhängten, um öffentliche Unterstützung zu gewinnen. Dies galt in der damaligen Zeit für die ganze arabische Welt. Ägyptens General Gamal Abdel Nasser- in den fünfziger und sechziger Jahren eine der populärsten Persönlichkeiten der Region - präsentierte sich trotz seiner antikommunistischen Politik als Sozialist.

Die Stärke der sozialistischen Ideen erklärt sich einerseits aus der außerordentlichen sozialen Ungleichheit, andererseits aus der Schwäche der nationalen Bourgeoisie. Die soziale Ungleichheit verschärfte sich noch während des Ölbooms der fünfziger Jahre, als eine Inflation die arbeitende Bevölkerung und die Mittelklasse hart traf, während die Profite einer schmalen Oberschicht in die Höhe schossen.

Die irakische Baath-Partei war zu dieser Zeit noch ohne Einfluss, und die panarabischen, anti-britischen Nationalisten, die hinter dem Putsch von 1941 standen, waren durch ihre Verbindung mit dem Faschismus diskreditiert. Keine bürgerlich-nationalistische Partei war in der Lage, eine reale Massengefolgschaft zu gewinnen, da die einheimische kapitalistische Klasse mehr Angst vor der Radikalisierung der Arbeiterbevölkerung als vor der Repression der Monarchie hatte. Wann immer die nationale Bourgeoisie die Macht übernahm, griff sie unweigerlich zu anti-demokratischen Methoden, um Streiks zu unterdrücken und Arbeiterorganisationen aufzulösen.

Teil zwei: Die nationalistischen Bewegungen im Irak, die permanente Revolution und der Kalte Krieg

In diesem Teil geht es um die Geschichte des Irak nach dem Zweiten Weltkrieg vor dem Hintergrund des Kalten Kriegs.

Die permanente Revolution im Nahen Osten

Die gesellschaftlichen Beziehungen, die den Irak in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts kennzeichneten, existierten in ähnlicher Form auch in anderen Ländern. Das Anwachsen einer exportabhängigen modernen Industrie Seite an Seite mit überkommenen gesellschaftlichen Beziehungen; das daraus resultierende Anwachsen der Arbeiterklasse; die Schwäche der Bourgeoisie und ihre Abhängigkeit von den großen imperialistischen Mächten; die Unfähigkeit der Bourgeoisie, eine ernsthafte demokratische Revolution gegen die Monarchie und die alten feudalen Strukturen durchzuführen - diese Merkmale kennzeichneten viele Entwicklungsländer, in denen sich die kapitalistischen Beziehungen unter der Vorherrschaft fremder Mächte entwickelten.

Eine Analyse derartiger gesellschaftlicher Beziehungen bildete die theoretische Grundlage der Russischen Revolution von 1917. Leo Trotzki entwickelte sie in seiner Theorie der permanenten Revolution, die besagt, dass in der Epoche des Imperialismus in Ländern mit einer verspäteten kapitalistischen Entwicklung die historischen Aufgaben, die mit den bürgerlichen demokratischen Revolutionen des späten achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhunderts verbunden werden, nicht von der nationalen kapitalistischen Klasse gelöst werden können. Die Schwäche dieser Klasse hat zur Folge, dass diese Aufgaben - die Beseitigung rückständiger gesellschaftlicher Beziehungen, die Überwindung nationaler Unterdrückung, die Verankerung von demokratischen Rechten - nur durch eine Revolution der Arbeiterklasse gelöst werden können. Eine solche Revolution muss notwendigerweise in einen Kampf für den Sozialismus übergehen - das heißt, das Weiterbestehen des privaten Eigentums an den Produktionsmitteln ist nicht vereinbar mit einem wirklichen Kampf gegen den Imperialismus und die politische Reaktion.

Angesichts der relativen wirtschaftlichen Rückständigkeit dieser Länder hängt der Erfolg der sozialistischen Revolution gleichzeitig von ihrer Ausweitung in die wirtschaftlich entwickelteren Länder ab - das heißt in die Zentren des Imperialismus, vor allem nach Europa und in die Vereinigten Staaten. Eine Bewegung, die die nationale Unabhängigkeit im Rahmen des Weltkapitalismus anstrebt, kann keinen Erfolg haben, unabhängig davon ob sie sich auf die stalinistische Theorie vom "Sozialismus in einem Land" stützt oder ob sie versucht, die innere kapitalistische Entwicklung zu fördern, indem sie wichtige Bodenschätze wie das Öl verstaatlicht. Eine national beschränkte Unabhängigkeitsbewegung muss letzten Endes dem Imperialismus unterliegen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bedeutete das den Vereinigten Staaten, die jeweils militärisch intervenierten, wenn sie ihre Ziele nicht durch wirtschaftlichen Druck erreichen konnten. Derartige Interventionen sind ein politischer Ausdruck der Unterordnung jeglicher nationalen Wirtschaft unter das kapitalistische Weltsystem, das nur im Weltmaßstab verändert werden kann.

Die Geschichte des letzten halben Jahrhunderts bestätigt - wenn auch nur in negativer Weise - die Theorie der permanenten Revolution.

Zu keinem Zeitpunkt der Nachkriegsgeschichte waren die nationalistischen Bewegungen des Nahen Ostens in der Lage, die demokratischen und nationalen Ziele konsequent zu verwirklichen, die sie sich vorgenommen hatten. Bewegungen, wie die von General Gamal Abdel Nasser in Ägypten und die Baath-Parteien in Syrien und im Irak, wurden vor allem deshalb populär, weil sie für die Vereinigung der Völker des Nahen Ostens eintraten. Das nahm oft die Form von arabischem Nationalismus an, obwohl unter breiten Schichten der Bevölkerung des Nahen Ostens - unter Arabern, Persern, Kurden etc. - die Auffassung vorherrschte, die imperialistische Vorherrschaft könne nur abgeschüttelt werden, indem die künstlichen Grenzen beseitigt werden, die ihnen nach dem I. und II. Weltkrieg aufgezwungen worden waren.

Die nationale Bourgeoisie erwies sich als unfähig, diese Vereinigung durchzuführen, weil sie sie stets den engstirnigen Interessen der herrschenden Klasse der jeweiligen Länder unterordnete, an denen sie schließlich scheiterte. Der Versuch von 1958, Syrien und Ägypten in der Vereinigten Arabischen Republik zusammenzuführen, scheiterte nach nur drei Jahren. Nasser betrachtete die VAR als Mittel, die Vorherrschaft der ägyptischen Bourgeoisie in der Region zu festigen. Das konnten wiederum die anderen Regierungen der Region - selbst diejenigen, mit denen Ägypten verbündet war - nicht akzeptieren.

Selbst als die Baath-Partei in Syrien und im Irak an die Macht gelangte, waren die beiden Länder nicht in der Lage zusammenzukommen. Tatsächlich waren sie die erbittertsten Feinde. Als in den späten 1970er Jahren Saddam Hussein an die Macht kam, hatte der Irak die panarabische Rhetorik weitgehend zugunsten eines irakischen Nationalismus fallen gelassen.

Die Auflösung und der Verfall der "Arabischen Revolution" war eine Widerspiegelung der Tatsache, dass eine wirkliche Vereinigung sich nur auf eine grundlegende gesellschaftliche Umwandlung gründen konnte, die über die miteinander konkurrierenden Interessen der verschiedenen Fraktionen der kapitalistischen Klasse hinausging, die in vielfältiger Weise an ihre eigenen Großgrundbesitzer sowie den Imperialismus und den Weltmarkt gebunden ist.

Bei der Durchführung demokratischer Reformen erging es den nationalen bürgerlichen Bewegungen nicht besser. Trotz beschränkter sozialer Programme, durchgeführt von nationalistischen Regierungen wie dem Baath-Regime im Irak, wurden die inneren Konflikte - speziell der zwischen der Arbeiter- und der Kapitalistenklasse - nicht schwächer. Die Angst und die Feindseligkeit der Bourgeoisie gegenüber der Arbeiterklasse bedeutete, dass wirkliche demokratische Mechanismen nicht geduldet werden konnten. Es ist kein Zufall, dass die nationalistischen Bewegungen sich immer sehr stark auf das Militär und die Polizei stützten: Jede unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse, die die Interessen der bürgerlichen Herrschaft bedrohte, wurde unterdrückt.

Abwehr einer militärischen Intervention der USA

Um die Geschichte des Irak in diesem Zusammenhang zu verstehen, muss man den besonderen politischen und wirtschaftlichen Charakter des Nachkriegssystems berücksichtigen, das nationalen Unabhängigkeitsbewegungen unter Führung der Bourgeoisie scheinbare Erfolge ermöglichte.

Die geopolitische Gesamtsituation in der Periode des Kalten Kriegs und die Einschränkungen, die der US-amerikanischen Außenpolitik durch die Existenz der Sowjetunion auferlegt waren, erlaubten es nationalistischen Regierungen in kleineren Ländern, ein gewisses Maß an Unabhängigkeit zu erlangen, indem sie die zwei Supermächte gegeneinander ausspielten und die Sowjetunion um wirtschaftliche und militärische Hilfe baten.

Statt direkter Intervention war die amerikanische Außenpolitik oft gezwungen, andere Mittel einzusetzen, um Kontrolle auszuüben: geheime Operationen und Mordanschläge, finanzielle Hilfen, Unterstützung bei der Unterdrückung von Volksaufständen, das Fördern lokaler nationaler Regime.

Im Nahen Osten konkretisierte sich die US-Politik in der Eisenhower-Doktrin und dem Pakt von Bagdad. Die Eisenhower-Doktrin versprach jeder Regierung des Nahen Ostens die militärische Unterstützung der USA gegen eine "offene bewaffnete Aggression von Seiten jeder Nation, die vom internationalen Kommunismus kontrolliert wird". Der Bagdadpakt war ein Bündnis, das 1955 zwischen dem Iran, Pakistan, dem Irak und Großbritannien unter der Schirmherrschaft der Vereinigten Staaten geschlossen wurde. Diese Länder Zentralasiens und des Nahen Ostens sollten als Basis für den amerikanischen Einfluss in der Region und als Bollwerk gegen die Sowjetunion dienen.

Die Politik der Vereinigten Staaten lässt sich jedoch nicht nur auf die Feindschaft gegen die Sowjetunion reduzieren. Die US-Regierung war entschlossen, jede sozialistische oder linke nationalistische Bewegung niederzuschlagen. Es existierte eine tief sitzende Furcht nicht nur vor dem unmittelbaren Schaden, den solche Bewegungen den amerikanischen und britischen Interessen zufügen könnten, sondern auch vor der Gefahr einer breiten sozialistischen Bewegung der Arbeiterklasse im Iran, Irak und anderen Ländern - eine Bewegung, die die imperialistischen Interessen ernsthaft hätte untergraben können.

Deshalb arbeiteten die CIA und der britische Geheimdienst 1953 beim Sturz des nationalistischen Regimes von Mohammed Mossadegh im Iran zusammen, nachdem er in diesem Land die Ölindustrie verstaatlicht hatte. Mit der Wiedereinsetzung des zutiefst unbeliebten Schah wurde der Iran bis zur Revolution vom Februar 1979 zu einer der wichtigsten amerikanischen Marionetten.

Trotzdem waren Länder wie Ägypten und der Irak vorübergehend in der Lage, eine amerikanische Intervention abzuwehren, indem sie sich ihre Beziehungen zur Sowjetunion zunutze machten. Die Unabhängigkeit, die kleineren Ländern durch die Existenz der Sowjetunion gewährt wurde, war immer von beschränkter Natur, abhängig von den Launen der sowjetischen Außenpolitik und ihren Manövern mit den USA.

Doch selbst diese beschränkte Unabhängigkeit löste sich in den 1980er Jahren größtenteils in Luft auf, als die Sowjetunion sich auf eine kapitalistische Restauration zubewegte. Am Ende dieses Jahrzehnts war jeglicher Anspruch auf nationale Unabhängigkeit völlig unglaubwürdig geworden. Mit dem Niedergang der Sowjetunion verschwand die Fähigkeit dieser Länder, die Vereinigten Staaten in Schach zu halten. Der Zusammenbruch der Sowjetunion - das extremste Beispiel für ein Programm wirtschaftlicher Autarkie - war selber ein Produkt des zunehmenden Drucks des Weltkapitalismus.

Der Staatsstreich von 1958

In diesen internationalen und gesellschaftlichen Zusammenhang muss man den Sturz der irakischen Monarchie 1958 einordnen. Sie wurde durch einen militärischen Staatsstreich unter der Führung von General Abdul Karim Kasim beseitigt. Kasim war ein bürgerlicher Nationalist und Mitglied der so genannten Freien Offiziere; er kündigte die irakische Mitgliedschaft im Bagdadpakt und knüpfte diplomatische Beziehungen zur Sowjetunion an. Während des ersten Jahrs seiner Herrschaft unterhielt Kasim enge Beziehungen zur irakischen Kommunistischen Partei.

Der Journalist und Historiker Dilip Hiro stellt fest: "Kasims blockfreie Position kam in Washington schlecht an - genauso wie die Tatsache, dass er im September 1960 ein Treffen der Vertreter der Erdöl besitzenden Länder Iran, Kuwait, Saudi Arabien und Venezuela in Bagdad einberief, um die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) zu gründen." [3] Die OPEC ist ein Instrument der Erdöl-Länder, um den Welt-Ölpreis durch das gemeinsame Bemühen um Förderquoten zu kontrollieren.

Kasim unternahm außerdem Schritte, um den Einfluss ausländischer Konzerne auf die heimische Ölförderung zurückzudrängen. Der wichtigste Konzern, der zu dieser Zeit im Irak operierte, war die Iraqi Petroleum Company (IPC), ein Joint Venture britischer, französischer, holländischer und amerikanischer Firmen. Kasim ging dazu über, den Umfang der Geschäfte von IPC einzuschränken und gründete gleichzeitig 1961 die Iraq National Oil Company. Kasim versuchte damit sicherzustellen, dass ein größerer Teil des Überschusses aus der Ölförderung im Irak blieb, und er benutzte die Existenz der Sowjetunion als Mittel, um den amerikanischen und ausländischen Konzernen Zugeständnisse abzuringen.

Getreu ihrer Politik der bedingungslosen Unterstützung der irakischen nationalen Bourgeoisie, stand die Irakische KP während des ersten Jahrs seiner Herrschaft voll hinter Kasim. Als Kasim nach der Konsolidierung seiner Herrschaft begann, Schritte gegen KP-dominierte Organisationen und Gewerkschaften einzuleiten, reagierte die Partei mit einem Rechtsruck. Sie ließ jeglichen Anschein von sozialistischer Politik fallen und widersetzte sich Kasim selbst dann nicht ernsthaft, als er rechte Gewalt gegen ihre eigenen Organisationen zuließ.

Als Konsequenz verlor die Irakische KP einen Großteil der Unterstützung, die sie sich unter breiten Schichten der irakischen Bevölkerung bewahrt hatte. Dies war die logische Folge der stalinistischen Politik. Statt ein unabhängiges sozialistisches Programm für die Arbeiterklasse vorzulegen, vertraten die stalinistischen Parteien in jedem Land die Position der bedingungslosen Unterstützung für die eine oder andere Fraktion der nationalen kapitalistischen Klasse. Wenn diese Klasse sich dazu entschloss, gegen die KP vorzugehen, war sie absolut wehrlos. Als Resultat dieser Verrätereien wurde die irakische Arbeiterklasse selbst jeder organisatorischen Mittel des Widerstands beraubt, was den Weg für die jahrzehntelange Herrschaft der Baath-Partei ebnete.

Der Staatsstreich von 1963

Die Baath-Partei - die in den 1960er Jahren zu einer wichtigen politischen Kraft im Lande geworden war - stand der Herrschaft von Kasim zutiefst ablehnend gegenüber. Ihre Meinungsverschiedenheiten mit dem Herrscher widerspiegelten Unterschiede innerhalb der irakischen Kapitalistenklasse, speziell in Bezug auf die Beziehungen zur Sowjetunion und zu Ägypten. Die Baathisten bevorzugten engere Beziehungen zu Ägypten, ein distanzierteres Verhältnis zur Sowjetunion und schärfere Angriffe auf die Irakische Kommunistische Partei.

Der Aufstieg der Baath-Partei an die Macht in den 60er Jahren war auch mit internationalen Entwicklungen verbunden, insbesondere den Versuchen der Vereinigten Staaten ihre Kontrolle über die Region zu sichern. Kasims Bemühungen, den Ölexport zu steuern, und seine herzlichen Beziehungen zur Sowjetunion und zur Irakischen Kommunistischen Partei wurden als direkte Bedrohung amerikanischer Interessen gesehen. Von Beginn seiner Herrschaft an arbeitete die CIA daran, ihn ermorden zu lassen. Ein misslungener Anschlag soll mit einem vergifteten Taschentuch versucht worden sein.

Das Ziel der Amerikaner war eine Regierung, die den US-amerikanischen Interessen freundlicher gesonnen war und bei der Unterdrückung von Protesten der Arbeiterklasse eine härtere Haltung einnahm. Wegen ihrer Feindschaft gegenüber der Kommunistischen Partei wurde die Baath-Partei von der amerikanischen Regierung mit relativer Sympathie betrachtet. Insbesondere Saddam Hussein wurde als Persönlichkeit angesehen, mit der man Geschäfte machen konnte. Hussein war 1958 an der Ermordung seines Schwagers, einem Mitglied der KP, beteiligt. Er hatte außerdem 1959 an einem Mordkomplott gegen Kasim teilgenommen.

1963 folgte auf einen erfolgreichen, von der CIA unterstützten Staatsstreich unter Führung der Baath-Partei und Teilen des Militärs die Ermordung von etwa 3000 bis 5000 Mitgliedern der Kommunistischen Partei und anderer Persönlichkeiten aus der Arbeiterbewegung und den Gewerkschaften. Obwohl ihr die Macht infolge interner Meinungsverschiedenheiten wieder entglitt, ermöglichte ein weiterer Staatsstreich 1968 der Baath-Partei ihre Herrschaft zu festigen, die sie bis zur amerikanischen Invasion 2003 innehatte.

Die Gewalttätigkeiten gegen die Irakische KP von 1963 kennzeichneten einen Rechtsruck der nationalen Bourgeoisie im Irak. Trotz ihrer ungeheuren Verrätereien hatte die KP immer noch beträchtlichen Einfluss in den Organisationen der Arbeiterklasse, und im Grunde genommen richtete sich die Gewalt gegen die Arbeiterklasse. Durchgeführt wurden die Unterdrückungsmaßnahmen von rechten Anhängern oder Verbündeten der Baath-Partei, die speziell im Offizierskorps anzutreffen waren und schließlich unter Abdul Salam Arif die volle Kontrolle über den Staat übernahmen.

Arif selbst war nicht Mitglied der Baath-Partei. Allerdings stimmten seine Ansichten im Allgemeinen mit denen der Partei überein, die im ersten Jahr seiner Herrschaft die einflussreichsten Posten einnahm.

Als er die Macht ergriff, erklärte Arif: "Angesichts der verzweifelten Versuche der kommunistischen Agenten - dieser kriminellen Partner des Gottesfeindes Kasim - Verwirrung unter den Menschen zu stiften und angesichts ihrer Missachtung offizieller Befehle und Anweisungen, sind die Befehlshaber der Armeeeinheiten, die Polizei und die National-Garde ermächtigt, jeden zu vernichten, der den Frieden stört. Die treuen Söhne des Volkes sind aufgefordert, mit den staatlichen Stellen zusammenzuarbeiten und diese Kriminellen anzuzeigen und auszurotten." [4]

Die neuen Herrscher durchkämmten die Bezirke, die Widerstand gegen den Staatsstreich geleistet hatten - im allgemeinen ärmere Gebiete und solche mit breiter Unterstützung für die KP - und führten Massenverhaftungen durch. Die Führer der KP wurden gefoltert und gehängt.

König Hussein von Jordanien zufolge genossen diese Aktionen die Unterstützung des amerikanischen Geheimdienstes. "Es gab zahlreiche Treffen zwischen der Baath-Partei und dem amerikanischen Geheimdienst, die wichtigeren in Kuwait ... am 8. Februar [1963] versorgte ein geheimer Funkspruch, der in den Irak gesendet wurde, die Verantwortlichen für den Staatsstreich mit den Namen und Adressen der Kommunisten dort, damit sie verhaftet und hingerichtet werden konnten." [5]

Die Zeit der Herrschaft der Brüder Arif - Generalmajor Abdul Rahman Arif wurde Präsident, nachdem sein Bruder bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war - war vor allem von dem wachsenden Einfluss des Militärs im Staat gekennzeichnet. Aufgrund ihrer Schwäche war die nationale Bourgeoisie nicht in der Lage, eine konsequente und konsistente Politik zu entwickeln, deshalb tendierte die Politik dazu, sich an engstirnigen regionalen Loyalitäten zu orientieren. Proportional zu ihrer fehlenden Unterstützung bei den Massen neigte die Bourgeoisie in wachsendem Maße zur Einparteien-Herrschaft und einer Polizei-und Militärdiktatur.

Teil drei: Die irakische Baath-Partei von ihren Anfängen bis zur Übernahme der politischen Macht

Dieser Artikel untersucht die Geschichte der Baath-Partei und ihre Herrschaft in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts.

Die Ursprünge der Baath-Partei

Die Baath- ("Wiedergeburts-") Partei, die schließlich in den 60er Jahren an die Macht kam, war selbst das Produkt einer langen historischen Entwicklung. Sie wurde in den späten 30er Jahren aus der Vereinigung einiger kleinerer Gruppen unter der ideologischen Führung von Michel Aflaq gebildet. Ursprünglich genoss sie hauptsächlich in Syrien Einfluss, breitete sich dann aber allmählich in andere arabische Länder aus, darunter Ägypten, Jemen und Irak.

Die ideologische Entwicklung Aflaqs ist bezeichnend und spiegelt zweifellos die politische Entwicklung vieler junger Araber während der 30er und 40er Jahre wieder. Aflaq wurde in Frankreich ausgebildet, wo er in den späten 20er Jahren die Ideen von Marx und Lenin kennen lernte. In einem Bericht von 1944, den Aflaq und ein weiterer früher Führer der Partei, Salah al Din Bitar, geschrieben hatten, heißt es: "Wir kamen über den Weg der Ideen und der Wissenschaft zum Sozialismus und sahen uns einer neuen, meisterhaften und faszinierenden Erklärung sämtlicher politischer und sozialer Probleme gegenüber, welche die Welt im Allgemeinen quälen und unter denen wir Araber ganz besonders leiden."[6]

Die Verrätereien des Stalinismus und der Französischen Kommunistischen Partei in den 30er Jahren sorgten jedoch dafür, dass sie sich von der KP abwandten. Das war die Periode der Volksfront in Frankreich, als die französische KP aktiv die bürgerliche Koalitionsregierung des Premierministers Leon Blum von der Sozialistischen Partei unterstützte. Sie bedeutete in der Praxis, dass die KP die Bewegungen der Arbeiterklasse in den von Frankreich beherrschten Regionen - einschließlich Syriens - den außenpolitischen Interessen des französischen Imperialismus unterordnete.

Aflar und Bitar führen die wachsenden Anzeichen der "Verwandlung der Sowjetunion in einen nationalistischen Staat" und seine "Abkehr vom internationalen Kommunismus" als Gründe dafür an, dass sie versuchten, eine neue Bewegung aufzubauen.

Die Bewegung, die sie gründeten und die nach 1952 den Namen Arabische Sozialistische Baath-Partei trug, bot keine wirkliche Alternative zur KP und zu den bürgerlich nationalistischen Parteien der Region. Sie war von Anfang an eine in sich widersprüchliche Organisation, die Appelle an die sozialistischen Bestrebungen breiter Schichten der Bevölkerung mit einer pan-arabischen Ideologie kombinierte, die leugnete, dass es einen grundlegenden Konflikt zwischen den Interessen der arabischen Bourgeoisie und denen der Arbeiterklasse gab.

Diese Widersprüche drückten sich in den drei von der Partei vertretenen Grundsätzen aus: "Einheit, Freiheit, Sozialismus." Die "Einheit" wurde von Aflaq folgendermaßen begründet: "Sämtliche Unterschiede zwischen den Söhnen [der Nation] sind nebensächlich und trügerisch und werden mit dem Erwachen des arabischen Bewusstseins verschwinden." [7] Doch die Ideale des Sozialismus können nur verwirklicht werden, wenn sich die Arbeiterklasse ihre grundlegenden Differenzen mit der Kapitalistenklasse bewusst ist, selbst in Ländern mit einer begrenzten wirtschaftlichen Entwicklung.

Das Ziel der nationalen Bourgeoisie war - ob es nun von Nasser in Ägypten, Kasim im Irak oder der Baath-Partei selbst formuliert wurde -, bessere Bedingungen mit dem Imperialismus auszuhandeln. Die unabhängigen Interessen der Arbeiterklasse erfordern jedoch den Sturz des Imperialismus und des Kapitalismus, auf dem er basiert. Die Ausbeutung der arbeitenden Bevölkerung, die enorme soziale Ungleichheit in der Region und die Unterdrückung der nationalen Bestrebungen der Massen konnten nur durch eine umfassende Veränderung der gesellschaftlichen Beziehungen überwunden werden - eine Veränderung, die die Bourgeoisie nicht durchführen kann und der sie organisch feindlich gegenübersteht.

In der Praxis ließ die Baath-Partei, sobald sie an die Macht kam - so wie in Syrien in den späten 50er Jahren und im Irak in den 60ern - den Sozialismus zugunsten der "Einheit" fallen, d. h. zugunsten der Unterordnung der Arbeiterklasse unter die nationale Bourgeoisie.

Der Weg an die Macht

Der Aufstieg der Baath-Partei, erzeugte tiefe Spaltungen in der politisch sehr uneinheitlichen Organisation. Ein Teil der Partei vertrat eine linke Position und gewann auf dem sechsten nationalen Parteikongress in Syrien im Oktober 1963 für kurze Zeit die Oberhand. Diese Kräfte forderten eine "sozialistische Planung" und die " demokratische Arbeiterkontrolle über die Produktion". Sie warfen der Partei vor, ihre sozialistischen Wurzeln und ihre Verpflichtung gegenüber den Interessen der arbeitenden Massen aufzugeben.

In der irakischen Partei vertraten Offiziere aus der Armee den rechten Flügel. Sie begannen damit, die Anhänger der linken Fraktion aus dem Land zu verbannen und ihre Kontrolle zu festigen. Die Spaltung "wurde dadurch vertieft, dass in diesem Augenblick die von der Baath-Partei kontrollierte Gewerkschaft General Union of Workers forderte,,die Köpfe der Bourgeoisie, die die Partei verraten hat, einzuschlagen‘, die Männer des Kapitals, die ihr Geld außer Landes geschafft haben, hinzurichten, sowie sofort die Fabriken zu verstaatlichen und die Landwirtschaft zu kollektivieren." [8]

Die Festigung der Kontrolle des rechten Flügels war noch in anderer Hinsicht bedeutsam: Sie kennzeichnete den Aufstieg Saddam Husseins in der Partei. Hussein war 1963 gerade aus dem Exil zurückgekehrt und nahm in der Partei eine Position ein, die nur noch Ahmed Hassan Bakr untergeordnet war. Husseins Aufstieg war eng verbunden mit dem wachsenden Einfluss des Militärs innerhalb der Partei - insbesondere einer großen Gruppe von Offizieren aus Husseins Heimatstadt Tikrit. Saddam Hussein spielte eine entscheidende Rolle beim Angriff auf die linke Fraktion während des Kongresses von 1963.

Angesichts seiner Rolle in der Baath-Partei ist es nicht verwunderlich, dass Saddam Hussein Interesse beim amerikanischen und britischen Imperialismus weckte. Die britische Botschaft in Bagdad erstellte 1969 eine biographische Skizze des zukünftigen Diktators. Darin wird berichtet, Hussein sei bekannt geworden, weil ihn die Führung der Baath-Partei 1959 dazu ausersehen habe, sich an der Ermordung von Kasim zu beteiligen.

Im weiteren Text wird sein Weg nach oben festgehalten: "Von November 1963 an provisorischer Generalsekretär der regionalen Leitung der Baath-Partei. Etablierte sich danach als führender Partei-Theoretiker im Hintergrund und erschien seit 1969 zunehmend im Rampenlicht... Im November 1969 wird er zum zweiten Vorsitzenden des R.C.C. [Revolutionary Command Council] und zum Stellvertreter des Präsidenten ernannt sowie als stellvertretender Generalsekretär der Baath-Partei bestätigt." [9]

In einem aufschlussreichen Kommentar beschrieben ihn die Briten als "respektablen jungen Mann. Anfänglich als Partei-Extremist eingeschätzt, aber die Verantwortung könnte ihn zur Reife bringen." Das bedeutet, die Briten sahen in Hussein einen Mann, mit dem man Geschäfte machen konnte. Trotz Konflikten und Kontroversen war das auch die grundlegende Einstellung der USA für den größten Teil der 70er und 80er Jahre.

Der letztendliche Erfolg der Partei in den späten 60er Jahren beruhte nicht auf wirklicher Massenunterstützung im Volk, sondern vielmehr auf ihrer Fähigkeit, eine ausreichende Anzahl von Leuten auf wichtigen Armeeposten auf ihre Seite zu gewinnen. Viele von ihnen kamen aus Tikrit.

Die Partei wurde zu dieser Zeit von sunnitischen Moslems aus der Gegend von Tikrit dominiert. Eine große Zahl von schiitischen Anhängern - besonders die aus den ärmeren Gegenden der südlichen Städte - hatten die Partei 1963 verlassen und waren der linken Fraktion, angeführt von ali Salih as Sadi, gefolgt. (Sadi gründete eine neue Partei, die Revolutionary Workers Party, die sich sehr schnell wieder auflöste.)

Während die Führung der Partei formell in den Händen von Bakr verblieb, hatte Hussein großen Einfluss auf den Geheimdienst- und Polizeiapparat. In wachsendem Maße kontrollierte Hussein die wichtigsten Hebel der Macht im neuen Regime. Die Befehlsgewalt über den Sicherheitsapparat war entscheidend, da die Partei auf Unterdrückung und Einschüchterung angewiesen war, um ihre Herrschaft aufrecht zu erhalten. Jeder Andeutung einer unabhängigen Mobilisierung der Arbeiterklasse wurde mit Gewalt begegnet, meistens durch die Spezialeinheiten, die Husseins Nationalem Sicherheitsbüro angeschlossen waren.

Trotz seiner undemokratischen Methoden war das Baath-Regime jedoch keine Regierung der puren Reaktion. Es handelte sich um eine bürgerlich nationalistische Regierung, die sich, ähnlich wie andere Staaten, darum bemühte, zwischen den USA und der Sowjetunion zu manövrieren und die explosiven sozialen Widersprüche in der Region im Zaum zu halten.

Sie verabschiedete Reformmaßnahmen zugunsten der Bauernschaft, verringerte den Umfang an Land, den Großgrundbesitzer erwerben konnten, und schaffte die Entschädigungen für enteignete Ländereien ab. Sie führte eine Gesundheitsversorgung und Bildungseinrichtungen auf dem Land ein und behielt die staatlichen Brot-Subventionen bei, um die Preise niedrig zu halten. Die Regierung dehnte außerdem die Sozialversicherung und Invalidenrenten auf die Arbeiter der Städte aus.

Um diese sozialen Reformmaßnahmen zu bezahlen und eine gewisse Unabhängigkeit von den westlichen Ölgesellschaften zu erringen, weitete das Regime die Rolle der staatlich kontrollierten Ölgesellschaft aus. Im April 1972 startete sie mit Geldern, die sie von der Sowjetunion auslieh, ein Programm staatlicher Ölförderung in den nördlichen Rumailah-Ölfeldern. Als Antwort auf Schikanen und Drohungen der in ausländischem Besitz befindlichen Irak Petroleum Company verstaatlichte die Regierung die Gesellschaft im Juni desselben Jahres. Irak war das erste arabische Land, das einen in westlichem Besitz befindlichen Ölkonzern übernahm.

Die Öleinnahmen wuchsen in diesem Jahrzehnt stark an - von 75 Millionen Dollar 1972 auf 8 Milliarden Dollar 1975 und 26,3 Milliarden 1980. Diese Einnahmen erlaubten der Regierung, ihre staatlichen Sozialleistungen aufrechtzuerhalten und gleichzeitig den Militär- und Sicherheitsapparat in hohem Maße auszubauen.

Teil vier: Der Irak in den 70er Jahren und der Beginn des Iran-Irak-Krieges

Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Hintergründen des Ausbruchs des Iran-Irak-Krieges 1980 und der veränderte Haltung der USA gegenüber den beiden Ländern.

Obwohl der amerikanische Geheimdienst bei den Ereignissen, die zum Aufstieg der Baath-Partei in den späten 60er Jahren führten, die Hände im Spiel hatte, waren die Beziehungen zwischen der US-Regierung und dem Baath-Regime in den 70er Jahren angespannt. Sowohl die Innenpolitik als auch die internationale Politik des Landes standen oft im Gegensatz zu den Interessen des amerikanischen Imperialismus.

Trotz seiner im Großen und Ganzen antikommunistischen Haltung und der gewalttätigen Unterdrückung der Kommunistischen Partei im Jahr 1963, hatte das Regime, an dessen Spitze die Baath-Partei stand, eine nationalistische Perspektive und verfolgte eine Politik, die darauf ausgerichtet war, seine Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten und den westlichen Konzernen zu verringern. Das erforderte freundlichere Beziehungen mit der Sowjetunion, deren Unterstützung es dem Irak erlaubte, ein Gegengewicht gegen die USA zu entwickeln.

Die Verstaatlichung der in ausländischem Besitz befindlichen Iraq Petroleum Company (Irakische Ölgesellschaft) 1972 stand in Zusammenhang mit der Unterstützung aus Moskau, das den Irak bei der eigenen Ölförderung unterstützte. Im selben Jahr unterzeichneten die beiden Länder einen 20-jährigen Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit, in dem sie sich verpflichteten, "eine Zusammenarbeit zur Stärkung ihrer Verteidigungsfähigkeit zu entwickeln". Der Irak kaufte beachtliche Mengen an Militärausrüstung von der Sowjetunion, die sehr schnell zu seinem Hauptwaffenlieferanten wurde. Als Teil seiner engeren Beziehungen zu Moskau legte das Regime vorübergehend seine Differenzen mit der Irakischen Kommunistischen Partei bei, die sich 1972 der Nationalen Patriotischen Front der Baath-Partei anschloss und ins Kabinett eintrat.

Die Verstaatlichung des Öls - und die Maßnahmen der OPEC zur Begrenzung der Öllieferungen für den Weltmarkt - erhöhten in den 70er Jahren die Einnahmen der Regierung dramatisch und erlaubten ihr, heimische Entwicklungsprojekte zu verwirklichen und die staatlichen Sozialleistungen für die geplagte und ansonsten feindselig eingestellte Bevölkerung zu erhöhen.

Der Irak geriet auch durch seine Opposition gegen Israel und seine Unterstützung der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO mit den Vereinigten Staaten in Konflikt. Sein Anti-Zionismus war jedoch eher verbal als praktisch. Bei zwei entscheidenden Ereignissen - der Vertreibung der PLO aus Jordanien durch König Hussein 1970 und dem arabisch-israelischen Krieg 1973 - unternahm der Irak sehr wenig, um die Palästinenser oder die anderen arabischen Staaten zu unterstützen.

Zur Durchsetzung ihrer Interessen verließen sich die USA völlig auf ihre Hauptverbündeten in der Region: Saudi-Arabien, Israel und den Iran. Speziell der Iran, der immer noch von dem verhassten, despotischen Schah beherrscht wurde, diente als Mittel, um den Irak unter Druck zu setzen. US-Präsident Richard Nixon verkündete im Mai 1972, der Schah könne alle nicht-nuklearen Waffen von den Vereinigten Staaten kaufen, die er sich wünsche. Das war ein beispielloses Angebot an jemanden, den die Regierung als zentralen "regionalen Stützpfeiler" erachtete.

Der Iran hatte die volle Unterstützung der USA, als er über jahrhundertealte territoriale Konflikte mit seinem Nachbarn Irak verhandelte. Der Bedeutendste darunter war die Kontrolle über die Schifffahrtsstraße des Schatt el-Arab (des Zusammenflusses von Tigris und Euphrat), der einen Teil der Grenze zwischen den beiden Ländern bildet und in den Persischen Golf mündet. Die Bedeutung der Kontrolle über den Schatt el-Arab wurde noch durch die wachsende Bedeutung des Öls verstärkt, das den Fluss hinunter in den Golf verschifft werden konnte. 1969 setzte der Iran einen Vertrag von 1937 außer Kraft, der dem Irak die Kontrolle über die Schifffahrtsstraße gewährt hatte, und begann, selber die Kontrolle auszuüben. Der Konflikt wurde erst 1975 beigelegt - zum Nachteil des Irak.

1971 nahm der Iran mit britischer Unterstützung drei Inseln im Golf in Beschlag, die entscheidend für die Durchfahrt der Schiffe durch die Straße von Hormus waren, die den persischen Golf mit dem Golf von Oman verbindet. Da der Irak dies als einen Schritt ansah, größere Kontrolle über die Ölverschiffung auszuüben, brach er die diplomatischen Beziehungen zum Iran und zu Großbritannien ab. (Die diplomatischen Beziehungen zu den USA hatte er schon nach dem arabisch-israelischen Krieg von 1967 abgebrochen.)

Der Iran übte auch in anderer Art und Weise Druck auf den Irak aus, speziell durch die Unterstützung - sowohl finanzieller als auch militärischer Art -, die er kurdischen Aufständischen an der nördlichen Grenze zwischen den beiden Ländern gewährte. Die Unzufriedenheit der kurdischen Minderheit mit der arabisch dominierten irakischen Regierung bestand schon seit langem. 1970 hatte die Baath-Regierung ein Abkommen mit der Kurdischen Demokratischen Partei geschlossen, das die Schaffung einer kurdisch beherrschten autonomen Region im Norden vorsah. Das Abkommen scheiterte 1974, als Bagdad sich weigerte, die Region Kirkuk und andere ölreiche Provinzen mit kurdischer Mehrheit einzubeziehen. Etwa drei Fünftel von Iraks Öleinnahmen stammten aus den kurdischen Gebieten.

Das Wiederaufflammen der Feindseligkeiten zwischen den Kurden und der irakischen Regierung wurde von den Vereinigten Staaten geschürt, und die CIA arbeitete mit Israel und dem Iran zusammen, um sicher zu stellen, dass die Aufständischen kontinuierlich mit Waffen versorgt wurden. Die Unruhen kamen erst zum Stillstand, als der Irak das Abkommen von Algiers unterzeichnete, das dem Thalweg -Prinzip folgte (das bedeutet, dass die Grenze zwischen dem Iran und dem Irak durch die Mitte des tiefsten Flussbetts des Schatt el-Arab verläuft).

Die iranische Revolution und der Kurswechsel der amerikanischen Politik

Nach der Unterzeichnung des Abkommens von Algier kam die wichtigste heimische Opposition gegen das irakische Regime von der schiitischen Bevölkerung, die, obwohl sie die Mehrheit im Land darstellt, in der Regierung schon immer schlecht vertreten war. Der Konflikt hatte eine Klassenkomponente, da die ausgebeutetsten Teile der Bevölkerung im allgemeinen Schiiten waren.

Unruhen unter der schiitischen Bevölkerung im Jahr 1977 führten zu einer Spaltung innerhalb der Baath-Partei, die sich in einem Konflikt zwischen Präsident Bakr und Saddam Hussein, der damals Vize-Präsident war, äußerte. Hussein war für eine rigorose Unterdrückung der schiitischen Oppositionsgruppen, besonders der Al Daawa, die die Revolte anführte, während Bakr eine versöhnlichere Haltung befürwortete.

Diese Spaltung wurde noch durch die iranische Revolution vom Februar 1979 vertieft, die eine grundlegende Veränderung in der Dynamik der Region und des Verhaltens der USA kennzeichnete. Für die USA lag die Gefahr nicht nur in der möglichen Ausbreitung der islamischen Revolution. Diese Revolution war selbst das Produkt der explosiven Bedingungen, die durch eine massive soziale Ungleichheit geschaffen worden waren, die bis heute in allen Golfstaaten vorherrscht. Ayatollah Khomeini war in der Lage, diese Spannungen - sowie den Verrat der kommunistischen Tudeh-Partei - auszunutzen, um die Pahlewi-Monarchie zu stürzen und das politische Programm der (schiitischen) islamischen Fundamentalisten zu verwirklichen. Die Ölversorgung der USA war stark von Saudi Arabien abhängig, dessen schiitische Regionen Ende 1979 und 1980 von umfassenden Unruhen erschüttert wurden, die die Herrschaft der Monarchie bedrohten. Bahrain und Kuwait waren mit ähnlichen inneren Konflikten konfrontiert.

Mit der iranischen Revolution näherten sich die Interessen des US-Imperialismus und der Baath-Regierung einander an. Das Regime von Khomeini sah Hussein und die Baath-Regierung als einen ihrer Hauptfeinde und unterstützte die schiitische Opposition im Irak. Die USA wollten die wachsende Bedrohung ihrer Ölversorgung verringern und wenn möglich beseitigen. Nachdem die US-Geheimdienste es nicht schafften, das Khomeini-Regime durch einen Putsch zu stürzen, wurde die Unterstützung für seinen Rivalen Irak zur attraktiven Alternative.

Erneut bedeutet ein Rechtsruck der Baath-Partei ein Machtzuwachs für Saddam Hussein. Nach schiitischen Demonstrationen im Süden im Juli 1979 zwang Hussein Bakr zum Rücktritt und übernahm selbst das Präsidentenamt. Nachdem er zum unangefochtenen Führer des Staats geworden war, begann Hussein eine Säuberungsaktion gegen seine Gegner und ließ eine Reihe von Kommunisten hinrichten, die an der Regierung beteiligt waren.

Der Historiker Dilip Hiro erklärt dazu: "Nachdem er alle Skeptiker auf der höchsten Ebene vernichtend geschlagen hatte, führte Saddam Hussein eine breite Säuberungsaktion regimekritischer Elemente in den Gewerkschaften, der Volksarmee, der Studentengewerkschaften sowie in den lokalen und Provinzregierungen durch." [10] Diese Säuberungsaktion war ein klares Signal an Washington, dass eine Versöhnung möglich sei.

Die Spannungen zwischen dem Iran und dem Irak verschärften sich im Lauf des Jahres 1979 und in der ersten Hälfte des Jahres 1980. Der Iran fuhr mit seiner Politik der Unterstützung des kurdischen Aufstands fort, und der Irak reagierte darauf mit der Verstärkung seiner Hilfe für iranische Kurden und Araber in der iranischen Provinz Khuzustan. Im März 1980 kündigte Hussein einseitig das Abkommen von Algiers auf.

Die Regierung Carter fachte den Konflikt an, der schließlich im September in einen regelrechten Krieg mündete. Hiro stellt fest: "Laut dem iranischen Präsident Bani-Sadr war seine Regierung im August 1980 an geheime Dokumente gelangt, die einen detaillierten Bericht über Gespräche zwischen mehreren entlassenen iranischen Generälen und Politikern, Vertretern Iraks und amerikanischen sowie israelischen Militärexperten enthielten. Wenn das so war, dann wusste Präsident Carter von den irakischen Plänen. Indem Washington geheime Informationen nach Saudi Arabien zur Weiterleitung an Bagdad lieferte, die Irans militärische Schwäche übertrieben, ermutigte es Irak, den Iran anzugreifen." [11]

Auf jeden Fall hatte Hussein die Unterstützung von CIA-gestützten iranischen Offizieren, die Asyl im Irak erhalten hatten. Die Sowjetunion war im Allgemeinen ebenfalls feindlich gegenüber dem Iran eingestellt, da sie die Ausbreitung der islamischen Revolution auf die zentralasiatischen Republiken der UdSSR befürchtete. Da die diplomatische Situation für ihn vorteilhaft war, betrachtete Hussein den Krieg als Gelegenheit, nicht nur Khomeini und den schiitischen Widerstand einzudämmen, sondern auch Teile des Iran zu annektieren und Iraks Position am Golf zu verbessern,

Letztlich war der Iran-Irak-Krieg eine Auseinandersetzung zwischen den nationalen Bourgeoisien der beiden Länder, eine Auseinandersetzung, die sich mit den Interessen der Supermächte überschnitt, speziell denen der USA. Der Iran hoffte, dass ein Sieg im Krieg seine Macht in der Region erheblich steigern werde.

Hiro schreibt dazu: "Ein siegreicher Iran hätte zumindest die Golf-Monarchen unter Druck gesetzt, seine erklärte Politik zu unterstützen, die Ölförderung zu drosseln, um den Preis anzuheben. Das sollte als Mittel dienen, die Region in ein Zentrum der Industrie und der Hochtechnologie zu verwandeln und einen Gemeinsamen Markt der Golfstaaten als Schritt auf dem Weg zu einem größeren islamischen Gemeinsamen Markt zu schaffen. Vor diesen Aussichten hatte der Westen große Angst, und ganz besonders die USA, die durch Saudi Arabien einen entscheidenden Einfluss auf die Fördermengen und den Preis des Öls ausüben." [12]

Der Konflikt sollte verheerende Auswirkungen für die Bevölkerung beider Länder haben, die darunter leiden musste, dass sie zu Schachfiguren in dieser Auseinandersetzung wurden.

Der größere Zusammenhang

Der Iran-Irak-Krieg und der zukünftige Kurs der Innen- sowie der Außenpolitik des Irak folgte einer tiefgehenden objektiven Logik. In den späten 70er Jahren verschob sich die Haltung der USA in der Weltpolitik abrupt nach rechts. Die wachsenden wirtschaftlichen Belastungen, mit denen die amerikanische herrschende Klasse konfrontiert war, veranlasste sie dazu, im In- und Ausland eine provokativere Politik zu verfolgen.

Der Kurswechsel in der amerikanischen Politik begann in der zweiten Hälfte der Regierungszeit Carters. 1979 verkündete Carter eine neue Doktrin (die Carter-Doktrin), die sich im Falle einer Bedrohung amerikanischer Interessen im Nahen Osten zur militärischen Intervention verpflichtete. Er schuf eine schnelle Einsatztruppe (Rapid Deployment Force, RDF), die sehr schnell für Aktionen in der Region mobilisiert werden konnte.

Der amerikanische Imperialismus sah die sowjetische Intervention in Afghanistan 1979 als Gelegenheit, seinen Großmacht-Rivalen in einen langen Krieg zu verstricken, der dessen Ressourcen erschöpfen und seine Macht untergraben sollte. Die Reagan-Regierung, die 1981 an die Macht kam, eskalierte den Rüstungswettlauf des Kalten Kriegs.

Dennoch war eine direkte militärische Intervention durch die Truppen der USA immer noch äußerst problematisch, da das Debakel in Vietnam erst wenige Jahre zurück lag und ein Krieg mit der Sowjetunion immer noch möglich war. Die Reagan-Regierung erwarb sich, wie die Historiker Lawrence Freedman und Efraim Karsh feststellen "den Ruf eines Falken, indem sie bestimmte antikommunistische Gruppen unterstützte, wie die Mudschaheddin in Afghanistan, die UNITA in Angola und die Contras in Nicaragua, aber wenn es um direktes militärisches Eingreifen ging, war sie vorsichtig. Direkt eingegriffen wurde entweder in Gebieten, wo der erwartete Widerstand gering war, wie auf der karibischen Insel Grenada 1983 nach einem Staatsstreich, oder beschränkte sich auf Luftangriffe, wie den Bombenangriff auf die libysche Hauptstadt Tripoli 1986." [13] (Die Hervorhebung wurde hinzugefügt.)

Die Unterstützung für den Schah war zuvor ein Hauptbestandteil der amerikanischen Politik in der Golf-Region gewesen. Jetzt hatte man den Spieß umgedreht: Die Unterstützung für Hussein war ein Mittel, mit dem die USA den Iran unterminieren konnten.

Der wachsende Druck von Seiten der USA kam zusammen mit einem allmählichen Niedergang der Sowjetmacht und verringerte die Fähigkeit der nationalistischen Regierungen im Nahen Osten und anderswo, eine zum Teil unabhängige Politik zu verfolgen. Der Separatfrieden zwischen Israel und Ägypten 1978 (vermittelt von der Carter-Regierung in Camp David) war schon ein bedeutender Schritt in diese Richtung. Der Iran-Irak-Krieg war ein weiterer Schritt.

Engere Beziehungen mit den USA bedeuteten unweigerlich drastische Kürzungen bei den heimischen Programmen, die die nationale Bourgeoisie in Ländern wie dem Irak eingeführt hatte, um eine gewisse Unterstützung unter den arbeitenden Massen zu gewinnen. Im Irak wurde diese Tendenz durch die immensen Kosten des militärischen Konflikts mit dem Iran noch verschärft.

Teil fünf: Donald Rumsfeld und Washingtons Verbindungen zu Saddam Hussein

Dieser Teil beginnt mit der Untersuchung der amerikanischen Diplomatie gegenüber dem Irak während des Iran-Irak-Krieges in den 1980er Jahren. Während dieser Zeit unterstützte Washington den Irak immer offener, trotz dessen wiederholtem Einsatz von chemischen Waffen.

Obwohl die US-Regierung den Irak ermutigt hatte, 1980 in den Iran einzumarschieren, nahm sie offiziell anfänglich eine neutrale Position ein. So lange der Irak die Oberhand hatte oder die beiden Länder in gegenseitigem Blutvergießen verstrickt waren, war Washington gewillt, den Konflikt so weiterlaufen zu lassen. Waffenverkäufe über Dritte an beide Länder wurden erleichtert, obwohl die Großmächte einen offiziellen Waffenboykott gegen die Krieg führenden Länder verhängten.

1982 begann sich das Blatt im Iran-Irak-Krieg jedoch zu Gunsten von Teheran zu wenden. Die iranischen Truppen hatten die ersten irakischen Invasionstruppen aus dem Iran vertrieben und Anfang Juli eine Reihe von Gegenoffensiven auf irakischem Boden in der Nähe von Basra gestartet. Da der Irak nicht mehr in der Lage war, sein Öl über den persischen Golf zu exportieren - der Golf war zum größten Teil von der iranischen Luftwaffe und der Marine abgeriegelt -, war das Land von einem finanziellen Kollaps bedroht. Dadurch wurden außerdem Iraks militärische Chancen unterminiert, die von umfangreichen Waffenkäufen im Ausland abhingen. Irak erhielt westliche Waffen aus Europa und sowjetische Waffen von Ägypten, beides mit dem stillschweigenden Einverständnis der USA.

Wie in den vorherigen Artikeln erörtert, hätten die USA einen Sieg des Iran als schwerwiegende Bedrohung der Stabilität der Region und der Ölversorgung der USA erachtet. Eine Zeugenaussage, die das ehemalige Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats der Reagan-Regierung Howard Teichert 1995 machte, zeigt, dass verdeckte Hilfen für den Irak nach einer Anordnung aus dem Weißen Haus von 1982 zur offiziellen Politik der US-Regierung wurden. Teicher erklärte: "Präsident Reagan bekräftigte diese Politik formell, indem er zu diesem Zweck im Juni 1982 eine Direktive des Nationalen Sicherheitsrats (NSDD) herausgab... CIA-Direktor Casey leitete persönlich die Anstrengungen, die sicherstellen sollten, dass der Irak über genügend Waffen, Munition und Fahrzeuge verfügte, um den Iran-Irak-Krieg nicht zu verlieren. In Übereinstimmung mit dem geheimen NSDD unterstützten die USA aktiv die irakischen Kriegsanstrengungen, indem sie die Iraker mit Milliarden-Dollar-Krediten versorgten, ihnen amerikanische militärische Geheimdienst-Informationen sowie -Ratschläge zur Verfügung stellten, und indem sie sehr genau die Waffenverkäufe von Drittländern an den Irak überwachten, um sicherzustellen, dass der Irak über die Militärausrüstung verfügte, die er brauchte."

Um die amerikanische Unterstützung für den Irak zu erleichtern, entschied die Reagan-Regierung, den Irak von ihrer Liste der Staaten zu streichen, die den Terror unterstützen. Die Liste war von Carter als Rechtfertigung von wirtschaftlichen Sanktionen gegen Staaten aufgestellt worden, die in der einen oder anderen Weise den amerikanischen Interessen im Wege standen. Nachdem der Irak von der Liste gestrichen war, kam er für Anleihen von Institutionen der amerikanischen Regierung wie der Export-Import-Bank in Frage.

In einem Dokument vom 7. Oktober 1983, erstellt für Lawrence Eagleburger (damals der dritthöchste Beamte im Außenministerium, mit der Position eines stellvertretenden Unterstaatssekretärs für politische Angelegenheiten), umreißen die Beamten des Außenministeriums Nicholas Veliotes und Jonathan Howe, warum die USA ihre offizielle neutrale Haltung fallen ließen.

Das Dokument erklärt die vorherige neutrale amerikanische Position wie folgt: "Bis jetzt war diese Politik unseren Zielen und Interessen sehr dienlich. Sie hat 1) eine direkte Großmachteinmischung vermieden, 2) verhindert, dass der Krieg sich über das Territorium der kriegsführenden Länder hinaus ausdehnt und die Ölversorgung bedroht, 3) zur gegenwärtigen militärischen Pattsituation beigetragen, 4) die Möglichkeit offen gehalten, in Zukunft eine Beziehung zum Iran zu entwickeln und gleichzeitig die Möglichkeiten einer Ausweitung des sowjetischen Einflusses verringert."

Obwohl der Krieg den USA zuvor nützlich war, indem er, laut dem Dokument, den sowjetischen Einfluss begrenzte und die Region schwach hielt, gab es dennoch die Gefahr, dass er eskalieren und den Status quo in der Region gefährden konnte. Veliotes und Howe stellten fest: "Die iranische Strategie, den Zusammenbruch des irakischen Regimes durch militärische Zermürbung, verbunden mit finanzieller Strangulation zu bewerkstelligen, scheint langsam Wirkung zu zeigen."

Der Bericht erachtete internationale finanzielle Hilfe angesichts der Schuldenbelastung des Irak für unmöglich, riet aber dazu, neue Öl-Pipelines zu verlegen, um die Öleinkünfte des Landes zu erhöhen. Amerikanische Finanzhilfen würde Iraks finanzielles Ansehen bei privaten Verleihern erhöhen. Der Bericht schließt mit der Empfehlung einer "beschränkten Hinwendung zum Irak", während "insgesamt eine neutrale Haltung beibehalten wird", um die Opposition innerhalb der USA klein und sich die Möglichkeit offen zu halten, die Beziehungen zum Iran zu verbessern.

Der Einsatz chemischer Waffen

Die US-Regierung war mit einem zusätzlichen politischen Problem in Form iranischer Anschuldigungen konfrontiert, dass der Irak seit dem 22. Oktober 1983 Giftgas einsetzte - ein Verstoß gegen das Genfer Abkommen, das sowohl die USA als auch der Irak und der Iran unterschrieben hatten. In der Öffentlichkeit vertrat die US-Regierung die Position, sie habe nicht genügend Informationen, um festzustellen, ob der Irak chemische Waffen eingesetzt habe.

Privat hatten die Vertreter der Reagan-Regierung jedoch keine Zweifel, dass der Irak chemische Waffen benutzt hatte. Die Hauptfrage für sie war, wie man die irakischen Kriegsanstrengungen vorantreiben konnte, während man gleichzeitig den Anschein erweckte, dem Genfer Abkommen verpflichtet zu sein.

Eine Notiz aus dem Büro für politisch-militärische Angelegenheiten im Außenministerium an Außenminister Georg Shultz vom 1. November 1983 spricht von dem "fast täglichen" Einsatz chemischer Waffen durch den Irak. Dort heißt es: "Wir wissen außerdem, dass der Irak die Fähigkeit zur Herstellung von CW [chemical weapons = chemischen Waffen] erworben hat, in erster Linie von westlichen Firmen, möglicherweise unter Einschluss einer amerikanischen Tochterfirma im Ausland." (Hervorhebung hinzugefügt)

Der Autor der Notiz äußerte sich besorgt darüber, dass der fortgesetzte Einsatz chemischer Waffen durch den Irak, "die Glaubwürdigkeit der amerikanischen Politik in Bezug auf CW" untergraben könnte. Washington war besorgt, andere Länder - einschließlich der Sowjetunion in ihrem Krieg gegen die von den USA unterstützten islamischen Fundamentalisten in Afghanistan - könnten ihre eigenen chemischen Waffen benutzen, falls es dem Irak offen erlauben würde, chemische Waffen einzusetzen.

Am 10. November 1983 machte ein Hintergrundbericht des Außenministeriums klar, wie genau die Amerikaner vom Einsatz chemischer Waffen durch den Irak wussten: "Schon seit Juli 1982 benutzt der Irak Tränengas und Reizgas sehr effektiv gegen die einmarschierenden iranischen Truppen. Im Oktober 1982 feuerten unbekannte ausländische Offiziere auf Befehl von Saddam während der Kämpfe im Gebiet um Mandali tödliche chemische Waffen ab ... [Absatz geschwärzt]. Im Juli und August 1983 benutzten die Iraker Berichten zufolge einen chemischen Wirkstoff mit tödlicher Wirkung gegen iranische Streitkräfte, die bei Haj Umran in den Irak einmarschiert waren, und vor kurzem auch gegen kurdische Aufständische."

Iraks Einsatz chemischer Waffen gegen irakische Kurden (Husseins "eigenes Volk") sollte später von der jetzigen Bush-Regierung als das abscheulichste Verbrechen Husseins angeführt werden.

In einer gesonderten Botschaft vom selben Tage an die US-Vertreter in Bagdad schrieb das Außenministerium: "Wir denken darüber nach, wie wir auf die Entwicklung der Frage bei der UNO reagieren werden. Wir wollen Iran nicht in die Hände spielen, indem wir seiner Propaganda gegen den Irak Vorschub leisten." Das Außenministerium wies die amerikanischen Beamten an, dem irakischen Außenminister Tariq Aziz mitzuteilen: "Wir erörtern die Frage jetzt nicht, weil wir in eine Konfrontation mit Ihnen gehen oder die Ansichten anderer unterstützen wollen, sondern nur, weil es die seit langem bestehende Politik der USA ist, gegen den Einsatz von tödlichen CW einzutreten."

Die ganze Zeit über erachteten die Vertreter der Reagan-Regierung den irakischen Einsatz von Giftgas vor allem deshalb als problematisch, weil er sie dazu hätte zwingen können, in der Öffentlichkeit eine Position zu beziehen, die nicht mit der Politik übereinstimmte, die sie tatsächlich verfolgten. Eine Protokollnotiz vom 21. November, gerichtet an Eagleburger, erklärt: "Wir haben vor kurzem zusätzliche Informationen erhalten, die bestätigen, dass der Irak chemische Waffen (CW) einsetzt... Es ist wichtig, dass wir so früh wie möglich an die Iraker herantreten, um sie davon abzuhalten, weiterhin CW einzusetzen, und um zu vermeiden, dass die Iraker durch Positionen, die wir in dieser Frage in der Öffentlichkeit einnehmen müssen, unangenehm überrascht werden."

Rumsfelds erster Besuch in Bagdad

Während sie versuchte, die Schwierigkeiten zu überwinden, die sich durch den Einsatz chemischer Waffen durch den Irak ergaben, drang die US-Regierung weiterhin auf engere Beziehungen zu dem Regime in Bagdad. Im Dezember 1983 wurde Donald Rumsfeld, damals Geschäftsführer des pharmazeutischen Unternehmens Searle, als Präsident Reagans Sondergesandter für den Nahen Osten nach Bagdad geschickt.

Rumsfeld traf sich am 19. Dezember mit dem irakischen Außenminister Tariq Aziz und am 20. Dezember mit Saddam Hussein. In einer Mitteilung der US-Vertretung in Bagdad an die US-Botschaft in Jordanien vom 14. Dezember 1983 hieß es: "Ein Hauptziel des Treffens mit Saddam besteht darin, einen Dialog in Gang zu setzen und eine persönliche Beziehung herzustellen. Bei diesem Treffen wird Botschafter Rumsfeld seine enge persönliche Beziehung zu Präsident Reagan betonen." Rumsfeld sollte unter anderem zur Sprache bringen, dass "die US-Regierung Iraks gegenwärtige Nachteile in dem Zermürbungskrieg versteht, da der Iran Zugang zum Golf hat, während Irak keinen Zugang hat, und dass sie jeden größeren Rückschlag für Irak als strategische Niederlage für den Westen ansehen werde ". [Hervorhebung hinzugefügt]

In seinem Telegramm an das Außenministerium, in dem er seinen Besuch bei Aziz beschreibt, schreibt Rumsfeld: "Ich erklärte ihm, dass ich nicht hier sei, um diplomatische Beziehungen aufzunehmen... wir seien aber bereit, falls sie meinten, eine höhere Ebene der Beziehung wäre nützlich, um der Welt zu zeigen, dass die Beziehungen zwischen unseren Ländern wichtig sind und dass es mehr Übereinstimmungen als Differenzen gibt... Ich fügte hinzu, dass die USA kein Interesse an einem Sieg des Iran hätten; dass wir ganz im Gegenteil nicht wollten, dass sich der Einfluss des Iran auf Kosten des Irak ausweitet."

Rumsfeld und Aziz erörterten auch die irakischen Ölexporte. Rumsfeld schlug eine Öl-Pipeline durch Jordanien zum Golf von Akaba vor, die von Bechtel gebaut werden sollte, dessen früherer Vorstandsvorsitzender George Shultz damals Außenminister war. Sie diskutierten über die Situation im Nahen Osten und den Iran-Irak-Krieg im Besonderen. Im Zusammenhang mit den Bemühungen, Waffenverkäufe an den Iran zu verhindern und die UNO davon abzuhalten, Resolutionen zu verabschieden, die den Irak verurteilen, schrieb Rumsfeld: "Ich bot unsere Bereitschaft an, mehr zu tun. [umfangreicher Absatz geschwärzt] Ich machte deutlich, dass unserer Bemühungen zu helfen, durch bestimmte Dinge gehemmt würden, die es für uns schwierig machten, und nannte den Einsatz chemischer Waffen."

Hussein sagte zu Beginn des Treffens mit Rumsfeld, er habe alle juristischen Hindernisse für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit den USA beseitigt, dass er jedoch warten wolle, die Beziehungen formell wieder auf zunehmen, bis sich Iraks militärische Situation verbessert habe, damit dieser Schritt nicht als Zeichen der Verzweiflung angesehen werde. Hussein war "zufrieden, dass die USA dies verstünden und es dem Irak überließen, den richtigen Zeitpunkt und die Umstände zu bestimmen".

Seine Motive zur Herstellung einer amerikanisch-irakischen Partnerschaft erläuterte Hussein mit den Worten, er strebe eine solche Beziehung an, um die Opposition der Arbeiterklasse und der unterdrückten Massen zu dämpfen und den sowjetischen Einfluss einzudämmen: "Die USA, Großbritannien, Frankreich und Japan sollten ihre finanzielle Hilfe erhöhen ... damit der Klassenkonflikt sich nicht in einer Art und Weise entwickelt, die Möglichkeiten für eine ausländische Einmischung erlaubt."

Das Treffen behandelte eine Vielfalt von Themen - die Pläne der USA für eine Pipeline zwischen Irak und Jordanien und die Notwendigkeit, sie vor Angriffen Israels zu schützen, das gemeinsame Interesse der amerikanischen und der irakischen Regierung, Syriens Einfluss einzudämmen, und speziell dessen Rolle im libanesischen Bürgerkrieg, sowie die Notwendigkeit, eine Grundlage für israelisch-palästinensische Verhandlungen zu finden. Weder Rumsfeld noch Hussein erwähnten die Frage des irakischen Einsatzes von chemischen Waffen.

Washingtons Unterstützung für den Irak bewirkte, dass Bagdads Abhängigkeit von der US-Regierung sich vergrößerte. Da die Ausgaben für den Krieg in die Höhe schnellten, war der Irak gezwungen, die USA und ihre Verbündeten in Europa und dem Nahen Osten - die Golf-Monarchien und Ägypten - um Geld und Waffen zu bitten. Das machte Aziz bei seinem Treffen mit Rumsfeld deutlich.

Aus den Aufzeichnungen über das Treffen geht hervor, dass Aziz sich folgendermaßen einließ: "Obwohl [der Irak] seine eigene Ideologie und Überzeugungen hat, erkennt er an, dass er den Rest der Welt so nehmen muss, wie er ist, und ihn verstehen muss. Überdies müsse selbst ein sozialistisch-revolutionäres [sic] Regime wie die augenblickliche Baath-Regierung im Rahmen einer fünftausendjährigen mesopotamischen Kultur handeln. Er unterstrich Iraks wachsende Reife und Fähigkeit, aus vergangenen Fehlern und den Erfahrungen der letzten 15 Jahre zu lernen... Aziz bemerkte, das Öl mache [Iraks wirtschaftlichen Fortschritt] möglich und als Ölexporteur brauche der Irak langfristige, stabile und gute Beziehungen zu seinen Kunden. Der Westen profitiere ebenfalls von Iraks Entwicklung. Mehr als 500 der 800 ausländischen Unternehmen im Irak seien aus dem Westen. Ihre Beteiligung an der Wirtschaft diene Iraks Bedürfnissen und verlange vom Irak eine weit vorausplanende Sicht seiner Beziehungen zu solchen Ländern. Regionale und internationale Instabilität liefen den Interessen des Irak zuwider... Aziz bat dann um die Hilfe der USA und des Westens, um den Iran-Irak-Krieg zu beenden."

Trotz Aziz's Geprahle vom "sozialistisch-revolutionären" Charakter der Baath-Regierung, waren seine Worte ein klares Versprechen, sich in innenpolitischen Fragen zu mäßigen, und zeigten den Eifer, ausländische Investitionen anzulocken. Indem er sich zu guten Beziehungen zu großen westlichen Unternehmen und Ölfirmen bekannte, verzichtete Aziz auf Maßnahmen - Verstaatlichung der Öl- und Schwerindustrie, Drohung mit einem Ölembargo -, die es dem Baath-Regime in der Vergangenheit erlaubt hatten, Zugeständnisse an die irakischen Massen zu machen, und die der arabischen Bourgeoisie ein gewisses Maß an Unabhängigkeit vom amerikanischen und europäischen Imperialismus ermöglicht hatten.

Teil sechs: Die Reagan-Regierung vertieft die Beziehungen zu Hussein

Im folgenden Artikel setzen wir die Untersuchung der amerikanischen Diplomatie gegenüber dem Irak während des Iran-Irak-Krieges in den 1980er Jahren fort.

Donald Rumsfelds besuchte im Dezember 1983 Bagdad, um die Beziehungen zu Saddam Hussein zu festigen, während der Iran den Irak beschuldigte, Giftgas einzusetzen. Der Besuch war im Großen und Ganzen erfolgreich. Hussein war einverstanden, die Wiederaufnahme voller diplomatischer Beziehungen mit den Vereinigten Staaten anzustreben.

Amerikanische Regierungsbeamte beeilten sich, Iraks Kriegsanstrengungen gegen den Iran zu unterstützen. Laut einem Telegramm vom 14. Januar 1984 an US-Vertreter in Israel, sollte ein Beamter des Außenministeriums mit dem Status eines Botschafters "die diplomatische Initiative beaufsichtigen, die im letzten Monat eingeleitet wurde, um die Lieferung von westlichen und PRC- [chinesischen] Waffen in den Iran zu unterbinden". Das sollte mit der Behauptung gerechtfertigt werden, Außenminister George Shultz habe "beschlossen, zur Terrorismus-Bekämpfung Export-Kontrollen über den Iran zu verhängen".

Der Iran wurde in die amerikanische Liste von Staaten aufgenommen, die den Terrorismus unterstützen, kurz nachdem der Irak von der Liste gestrichen worden war. Allerdings stellte sich die US-Regierung nicht 100-prozentig hinter den Irak: amerikanische Importe von iranischem Öl, eine Hauptquelle iranischer Einkünfte, waren nicht beeinträchtigt.

Zur gleichen Zeit sollten US-Beamte "so gut wie jeden Verkauf von nicht unmittelbar militärischen Produkten an den Irak erlauben, die auf der dual-use Liste standen". Zusätzlich zogen US-Politiker in Erwägung, amerikanische M-60-Panzer an Ägypten zu verkaufen, damit die ägyptische Armee einige sowjetische T-62 erübrigen konnte, um sie in den Irak zu schicken.

Allerdings erschwerten Entwicklungen im Iran-Irak-Krieg die Manöver der Reagan-Regierung zur Annäherung an Hussein. Die iranische Offensive vom Februar 1984 gegen irakische Stellungen in der Gegend von Basra kostete die irakische Armee 9.000 Soldaten und Hussein entschied sich, erneut Giftgas gegen die Iraner einzusetzen, weil ihm die weit größere Bevölkerungszahl des Iran sehr wohl bewusst war. Eine Verlautbarung des Außenministeriums vom 24. Februar 1984 deutet darauf hin, dass man einen Giftgaseinsatz des Irak schon erwartet hatte; das Briefing zitiert eine Erklärung des irakischen Militärs: "Die [iranischen] Angreifer sollten wissen, dass es für jedes schädliche Insekt ein Insektizid gibt, das in der Lage ist, es auszurotten, egal wie zahlreich es auftritt, und der Irak besitzt dieses vernichtende Insektizid." Ein Großteil von Iraks Giftgas wurde aus Chemikalien gewonnen, die er unter dem Vorwand der Produktion von Insektiziden von westlichen Firmen erhalten hatte.

Diesmal war der irakische Einsatz von Giftgas zu offensichtlich, um ignoriert zu werden, und die Reagan-Regierung fühlte sich verpflichtet, am 5. März eine offizielle Erklärung abzugeben, die USA seien "zu dem Schluss gekommen, dass die verfügbaren Beweise die Vorwürfe des Iran bestätigen, dass der Irak chemische Waffen eingesetzt hat". Die Erklärung fährt jedoch fort: "Die Vereinigten Staaten sind jedoch der Meinung, dass die unnachgiebige Weigerung des gegenwärtigen iranischen Regimes, von seinem erklärten Ziel abzuweichen, die legitime Regierung des Nachbarn Irak zu beseitigen, im Widerspruch zu den akzeptierten Normen des Verhaltens zwischen Nationen steht ..."

Verärgert über die Entscheidung der USA, nach mehreren Monaten die Vorwürfe des Iran anzuerkennen, gab das Hussein-Regime eine Erklärung heraus, die an die amerikanischen Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki erinnert und bissig feststellt, dass die USA "das letzte Land sind, welches das Recht hat von der Ethik des Kriegs zu sprechen".

Trotz ihrer offiziellen Haltung waren die amerikanischen Regierungsvertreter eifrig darauf bedacht, der irakischen Regierung privat zu erklären, dass diese Verurteilung nur für die Öffentlichkeit gedacht war. US-Außenminister Shultz nahm persönlich an einem Treffen zwischen seinem Stellvertreter, Lawrence Eagleburger, und dem Vertreter des Irak, Ismet Kattani, teil. In den Notizen des Außenministeriums, die Shultz an die US-Vertretungen im Nahen Osten sandte, heißt es: "Eagleburger begann die Diskussion, indem er Kattani beiseite nahm, um die wichtigste Botschaft zu unterstreichen, die dieser mit nach Hause nehmen sollte: Unsere Politik der entschiedenen Gegnerschaft gegen den verbotenen Einsatz von CW [chemischen Waffen], wo auch immer, machte unsere Erklärung vom 5. März gegen den irakischen Einsatz von CW notwendig. Die Erklärung hatte nicht die Absicht, Material für Khomeinis Propaganda-Krieg zu liefern, und auch nicht, damit eine Änderung der US-Politik gegenüber dem Iran und dem Irak anzudeuten. Die USA werden ihre Bemühungen fortsetzen, einen iranischen Sieg verhindern zu helfen, und wünschen ernsthaft weitere Fortschritte in ihren Beziehungen zum Irak. Der Außenminister [Shultz] trat dann wieder hinzu und wiederholte diese Punkte."

Da ihm die Zusicherungen an die irakische Regierung, die US-Regierung sehe deren Einsatz von Giftgas nicht als großes Problem an, noch nicht ausreichten, sandte Shultz Rumsfeld Ende März 1984 zurück nach Bagdad. Über Rumsfelds zweiten Besuch in Bagdad wurden weniger Dokumente freigegeben - was nicht überrascht, wenn man bedenkt, was sie wahrscheinlich aufdecken würden.

Die verfügbaren Dokumente machen jedoch klar, dass Rumsfelds die Aufgabe hatte, weitere Zusicherungen zu machen, dass der Einsatz von Giftgas durch den Irak kein Hindernis für gute Beziehungen zu den USA darstellten. Sein von Shultz erteilter Auftrag umfasste folgendes: "Der Außenminister [Shultz] und Larry Eagleburger ... unterstrichen, dass unser Interesse daran 1) einen iranischen Sieg zu verhindern und 2) die bilateralen Beziehungen zum Irak - in einem Tempo, das der Irak bestimmt - zu verbessern, unvermindert fortbesteht ... Diese Botschaft muss unterstrichen werden." Rumsfeld wurde auch beauftragt, dem Irak zu versichern, dass die USA immer noch am Bau einer Ölpipeline durch Jordanien mit amerikanischer Unterstützung interessiert seien.

Kurz nachdem Rumsfeld von seinem Besuch in Bagdad zurückgekehrt war, unterschrieb Reagan am 5. April 1984 die National Security Decision Directive 139 mit dem Titel: "Maßnahmen zur Verbesserung der amerikanische Haltung und Bereitschaft zur Reaktion auf Entwicklungen im Iran-Irak-Krieg". Obwohl sie in stark geschwärzter Form veröffentlicht wurde, wird dennoch klar, dass Reagan die US-Regierungsbehörden anwies, mit Vorbereitungen zu einer militärischen Intervention im Persischen Golf zu beginnen und dem Irak zu helfen.

Mit Bezug auf "den kürzlich erfolgten Besuch in der Region durch unseren Sonderbeauftragten für den Nahen Osten [Rumsfeld]", setzte die Anweisung folgende Maßnahmen in Gang:

1) Entsendung einer politischen Delegation in die Golfstaaten (Saudi-Arabien, Oman, Bahrain), um Basen und logistische Unterstützung für umfangreiche militärische Operationen der USA in der Region sicherzustellen, speziell um den Öltransport durch den Persischen Golf zu sichern.

2) Verstärkung der US-Spionageaktivitäten in der Region durch die CIA in Abstimmung mit dem Pentagon und dem Außenministerium, mit dem Ziel, Militäreinrichtungen der USA zu schützen.

3) Vorbereitung der Zusammenarbeit mit den Golf-Staaten und wichtigen europäischen Verbündeten bei militärischen und Spionage-Operationen.

4) Vorbereitung "eines Aktionsplan mit dem Ziel, einen irakischen Zusammenbruch zu verhindern" durch das Außenministerium in Zusammenarbeit mit dem Pentagon und der CIA. Die Passagen der Anweisung, die genauer auf den Inhalt dieses Plans eingehen, wurden geschwärzt.

Abschließend erläutert das Dokument, die USA sollten ihre Politik der Veröffentlichung von wirkungslosen und zu nichts verpflichtenden Verurteilungen irakischer Giftgas-Einsätze fortsetzen. Obwohl der Iran bis zu diesem Zeitpunkt im Krieg kein Giftgas eingesetzt hatte, heißt es in der Anweisung: "Unsere Verurteilung des Einsatzes von CW-Munition durch die Kriegführenden sollte mit ebensoviel Nachdruck betonen, dass der Iran unbedingt von den erbarmungslosen und unmenschlichen Taktiken ablassen muss, durch die sich seine jüngsten Offensiven auszeichnen."

Bezeichnenderweise folgte die amerikanische Politik im Iran-Irak-Krieg - ihre Intervention zur Sicherung der Ölverschiffung 1987, ihr kurzer aber effektiver inoffizieller Eintritt in den Krieg auf Seite des Irak 1988 und ihre Haltung gegenüber dem irakischen Giftgaseinsatz - im Großen und Ganzen den Linien dieses Dokuments.

Trotz Reagans offizieller Entscheidung leugnete die US-Regierung auch weiterhin ihre Unterstützung für den Irak und erklärte ihre "Neutralität" in diesem Krieg, um die politischen Folgen ihrer Unterstützung für Husseins Diktatur zu minimieren. Während eines Besuchs von Tariq Aziz in Washington im November 1984 wurde angekündigt, dass die USA und der Irak ihre offiziellen diplomatischen Beziehungen wieder aufnehmen. Das US-Außenministerium wies die Botschaften im Ausland an, zu erklären, dass dies "kein Zeichen für eine Änderung unserer grundlegend neutralen Haltung im Iran-Irak-Krieg sei".

Was genau die USA durch ihr Bündnis mit dem Hussein-Regime zu verteidigen versuchten, wurde in einem streng geheimen internen Papier des Außenministeriums dargelegt, das am 20. März 1984 erstellt wurde. Das Papier zieht die Möglichkeit eines kompletten irakischen Zusammenbruchs unter dem Druck der iranischen Armee in Erwägung und diskutiert die Konsequenzen für die US-Interessen in der Region.

"[Eine] mögliche irakische Niederlage [...] wird wahrscheinlich zu einem islamisch-fundamentalistischen, pro-iranischen Regime in Bagdad führen. Dieses Resultat würde die Region am meisten destabilisieren und unsere Interessen im unteren Golf bedrohen." Bezeichnenderweise deutet das Papier an, dass Saddam Husseins Verbleib an der Macht das bestmögliche Resultat für die US-Interessen wäre: "Das alternative Szenario einer Kompromisslösung, bei der das Regime von Saddam Hussein abgesetzt und durch ein andere säkulare Regierung ersetzt wird, die mit dem Iran Frieden schließt, aber ihre Unabhängigkeit von Teheran bewahrt, wäre weniger bedrohlich, würde aber das Ansehen Irans erhöhen und ihn ermutigen, seinen Einfluss in der übrigen Region geltend zu machen."

Die US-Regierung befürchtete, dass ein rasches Anwachsen des iranischen Einflusses am Persischen Golf zum Auslöser für pro-iranische schiitische Aufstände gegen die von den USA gestützten Monarchien auf der arabischen Halbinsel (Saudi-Arabien, Kuwait, den Vereinigten Arabischen Emirate etc) werden könnte. Angesichts der iranischen Feindschaft gegen die USA zu dieser Zeit hätte dies die amerikanische Ölversorgung ernsthaft gefährdet. Das Papier zählt anschließend die zentralen US-amerikanischen Interessen auf, die im Falle eines iranischen Sieges verteidigt werden müssten:

"Erhaltung von stabilen, befreundeten Regierungen in den [Golf-]Ländern, um den ungehinderten Zugang zu ihrem Öl und den ungehinderten Zugang zum Persischen Golf zu schützen.

Verhinderung einer Ausbreitung des feindlichen iranischen Einflusses im übrigen Nahen Osten auf Kosten von gemäßigten Regierungen, die mit den USA befreundet sind.

Bewahrung der Glaubwürdigkeit von Garantien der USA für befreundete Golf-Staaten und andere, dass wir ihre Sicherheitsinteressen unterstützen und bereit sind, mit ihnen gegen die iranische und andere Bedrohungen zusammenzuarbeiten."

Das Papier sah die größte Bedrohung für das Hussein-Regime nicht in den militärischen Ereignissen, sondern vielmehr in seiner Unbeliebtheit, und speziell der Ablehnung des Iran-Irak-Kriegs durch das irakische Volk. Es erklärt: "Iran siegt eher aufgrund des Schwindens oder des Zusammenbruchs von Iraks innerer politischer Kohäsion und Stärke sowie seines Willens, Widerstand zu leisten, als aufgrund von Iraks militärischer Schwäche, seines Mangels an Waffen oder der iranischen Stärke. Wenn das so ist, dann könnte auch externe militärische Unterstützung für den Irak einen iranischen Sieg möglicherweise nicht verhindern."

Die US-Regierung basierte ihr Unterstützung für Hussein auf die Überlegung, dass dieser, indem er dem irakischen Volk ein diktatorisches Regime und einen unpopulären Krieg aufzwang, die Feindschaft des Volkes gegen die Feudalherrscher in der unteren Golf-Region unter Kontrolle hielt und so die Stabilität der amerikanischen Ölversorgung garantierte.

Ein weiteres Dokument ist es wert, zitiert zu werden. Eine Einschätzung des militärischen Geheimdienstes über den Irak vom September 1984 stellt fest, dass Hussein seine Kontrolle über die Baath-Partei gefestigt habe. "Der Irak ist ein potenziell reicher und regional mächtiger Staat, der von der gut organisierten Baath-Partei und ihrem rücksichtslosen, aber pragmatischen Führer, Präsident Saddam Husayn, zusammengehalten wird." Der Bericht erklärt: "Husayn hat auf die schiitische, von Iran unterstützte oppositionelle Dawa-Partei reagiert, indem er vermutete Mitglieder hingerichtet sowie ins Gefängnis geworfen und deportiert hat."

Der Bericht erklärt weiter, dass selbst nach einer Beendigung des Kriegs der Irak seine Militärmaschinerie nicht zurückfahren werde. "Der Irak wird weiter ein starkes, erfahrenes Militär haben, das wahrscheinlich auch weiterhin seine hervorragenden konventionellen Waffen und sein chemisches Potential entwickeln, und möglicherweise auch Atomwaffen anstreben wird."

Auf dem Hintergrund dessen, dass die US-Regierung später Husseins Unterdrückung der eigenen Bevölkerung und Iraks angebliches Streben nach Atomwaffen als Rechtfertigung zur Invasion und Besetzung des Landes benutzte, ist diese Erklärung einer Behörde, die eng ans Pentagon angebunden ist, sehr bedeutsam. Der Bericht sah diese Entwicklungen keineswegs als eine große Bedrohung an, im Gegenteil, er sah sie im Wesentlichen in einem positiven Licht, da Hussein als potentieller regionaler Aktivposten eingeschätzt wurde. "Als Begleiterscheinung seiner Unfähigkeit, den Krieg zu beenden", bemerkt der militärische Geheimdienst "findet sich der Irak jetzt in einer Reihe mit den gemäßigten arabischen Ländern wieder, in Opposition zu den arabischen Radikalen."

Der Bericht schließt mit einer Erörterung der Aussichten für die Wiederaufnahme voller diplomatischer Beziehungen zwischen den USA und dem Irak, was schließlich im November 1984 geschah.

Teil sieben: Die amerikanische Finanzhilfe für Hussein in den 1980er Jahren

Dieser Artikel untersucht die Art und Weise, wie die USA halfen, die Waffenkäufe des Irak zu finanzieren.

Nachdem die formelle Entscheidung für die verdeckte Unterstützung des Hussein-Regimes im Iran-Irak-Krieg gefallen war, benötigte die Reagan-Regierung Pläne, wie dies am besten getan werden konnte. Die bestehenden Waffenbeschaffungsprogramme der Regierung Hussein - von der Sowjetunion, europäischen Verbündeten der USA wie Großbritannien, Frankreich und Italien, sowie von US-Klienten im Nahen Osten wie Ägypten - garantierten ihr eine technisch-militärische Überlegenheit über den Iran.

Die massiven Ausgaben für Waffen untergruben die Staatsfinanzen des Irak jedoch vollständig. Ein zentrales Element des US-Programms zur Stützung von Hussein war deshalb die Suche nach Mitteln und Wegen, ihn mit finanziellen Mitteln auszustatten. Die Reagan-Regierung erkundete zwei Möglichkeiten: Erstens den Bau einer alternativen Öl-Pipeline vom Irak ans Mittelmeer, und zweitens die Vergabe von Krediten durch die Kreditgesellschaft des US-Ministeriums für Landwirtschaft (CCC), die angeblich dem Kauf amerikanischer Erzeugnisse dienen sollten. Die letzte Art der Unterstützung wurde von der ersten Bush-Regierung bis zur irakischen Invasion in Kuwait 1990 beibehalten.

Das Projekt der Öl-Pipeline nach Akaba

Obwohl es wegen Geldmangels nie verwirklicht wurde, war das Pipeline-Projekt ein Steckenpferd hochrangiger Beamter der Reagan-Regierung. Es hatte eine intensive Lobby-Arbeit von US-Unternehmen zur Folge und war mit kaltblütigen Kalkulationen über den US-Einfluss im Nahen Osten verbunden. Die Pipeline wäre zum größten Teil durch Jordanien, ein Bündnispartner der USA, verlaufen und hätte im jordanischen Hafen Akaba geendet.

Sie hätte den Vorteil gehabt, nicht nur die irakischen Export-Einkünfte sicherzustellen und seine Position im Krieg zu stärken, sondern auch andere wichtige Länder im Nahen Osten zu unterminieren. Sie hätte Syrien ausgeschaltet, ein Haupt-Exporteur von irakischem Öl, der nicht mit den USA verbündet war. Sie hätte obendrein die Verhandlungsposition von Saudi-Arabien geschwächt, indem sie den USA eine weitere Quelle billigen Öls aus dem Nahen Osten geboten hätte.

Der geplante Verlauf der Pipeline bedeutete, dass sie für israelische Luftangriffe leicht zu erreichen war, was die irakische Regierung veranlasste, auf der Beteiligung amerikanischer Firmen zu bestehen, um israelische Angriffe zu verhindern. Das deckte sich mit den Zielen amerikanischer Regierungsbeamter, die das Bau-Unternehmen Bechtel vorschlagen wollten, dessen ehemaliger Geschäftsführer George Shultz zu dieser Zeit Außenminister war. Das Unternehmen sollte die Pipeline bauen.

Bechtel ist mittlerweile am "Wiederaufbau" des Irak beteiligt, und die Pläne für eine derartige Pipeline sind seit der Besetzung des Irak durch amerikanische Truppen wieder aufgetaucht.

Die Finanzierung der Pipeline hatte einen schlechten Start, da die Export-Import-Bank (Eximbank) der US-Regierung den Irak als zu unsicher einschätzte, um ihm einen langfristigen Kredit zu gewähren. Eine Einschätzung des Irak durch die Bank vom 21. Februar 1984 erklärte: "Nach Meinung des Stabs gibt es aufgrund der nicht zufrieden stellenden wirtschaftlichen Bedingungen des Landes und weil neue Projekte aufgrund des andauernden Krieges physische Schäden erleiden könnten, keine vernünftige Sicherheit für eine Rückzahlung mittel- und langfristiger Transaktionen, die nur auf Sicherheiten des Irak basieren. Obwohl der Irak über beträchtliche Ölreserven verfügt, garantieren diese alleine keine vernünftige Sicherheit für eine Rückzahlung."

Nachdem sie noch ihre Befürchtungen unterstrichen hatte, dass antiamerikanische Kräfte im Irak an die Macht kommen könnten, falls das Hussein-Regime zusammenbräche, fährt die Eximbank fort: "Bis der Krieg beendet ist und zufrieden stellende Lösungen gefunden sind, wer die irakische Regierung kontrolliert und wie Reparationen und Schulden bezahlt werden, sehen wir keine verlässliche Sicherheit für die Rückzahlung mittel- und langfristiger Transaktionen, wenn es keine ausreichenden externen Sicherheitsgarantien gibt."

Am 5. April 1984 lehnte die Eximbank die Finanzierung eines Heizkraftwerks im Irak wegen der schwachen Finanzen des Irak ab und dämpfte damit die Hoffnungen der Regierungsmitglieder, Gelder der Exim für die geplante Pipeline zu bekommen. Als Reaktion darauf forderte und erhielt der damalige Vizepräsident George Herbert Walker Bush (der Vater des gegenwärtigen Präsidenten) am 12. Juni 1984 ein Memo mit Diskussionspunkten für ein Treffen mit dem Vorstandsvorsitzenden der Eximbank, William Draper. Bush wollte Draper davon überzeugen, die Akaba-Pipeline zu finanzieren, die von Bechtel gebaut werden sollte, sowie eine Pipeline durch Saudi-Arabien, die Brown und Root bauen sollten, inzwischen eine Tochtergesellschaft von Halliburton.

Am 25. Juni 1984 gab die Eximbank eine öffentliche Erklärung ab: "Der Aufsichtsrat der Export-Import-Bank der Vereinigten Staaten stellt finanzielle Unterstützung für amerikanische Exporte bereit, die beim Bau einer Öl-Pipeline von Al Haditha im Nordwesten des Irak zum Hafen Akaba in Jordanien gebraucht werden. Exim bietet eine Finanzierung für potentielle US-Exporte in Höhe von mehr als 500 Millionen Dollar für das Projekt an."

Allerdings waren die 500 Millionen Dollar nicht ausreichend, um das Projekt zu finanzieren, und so sahen sich die Vertreter der Reagan-Regierung im folgenden Jahr nach weiteren Kreditquellen um - bei der Citibank, Lloyds of London, der OPIC (Overseas Private Investment Corporation, einer Einrichtung der US-Regierung) und der AIG (dem Versicherungsgiganten American International Group). Das geht aus einem Memo des Bechtel-Rechtsanwalts E. Robert Wallach II vom 25. September 1985 an den damaligen Justizminister Edwin Meese, einen engen Vertrauten von Präsident Reagan, hervor.

Ein weiteres Memo, das Wallach am selben Tag an Meese schickte, spricht davon, dass sie zusammen mit einem Partner von Bechtel, dem Schweizer Geschäftsmann Bruce Rappoport, ein Geschäft planten, bei dem Israel sich verpflichtete, die Pipeline als Gegenleistung für einen Teil der zu erwartenden Einnahmen nicht anzugreifen. Laut Wallach wollte der israelische Labour-Premierminister Shimon Peres die Gelder benutzen, um die Immigration sowjetischer Juden zu fördern (die eher für Labour stimmten) und den Zustrom orientalischer Juden auszugleichen, die dazu tendierten, die konservative Likud-Partei zu wählen. In einem Brief an Meese erklärt Rappoport, dass, "ein Teil dieser Gelder direkt an Labor gehen wird", obwohl "es überall bestritten wird".

An den Verhandlungen, die Gelder für die Akaba-Pipeline aufzutreiben, waren auch James Schlesinger und William Clark beteiligt. Schlesinger war in der Nixon- und der Ford-Regierung Verteidigungsminister, und Clark war bis zu seiner Beteiligung an den Verhandlungen nationaler Sicherheitsberater und dann Innenminister in der Reagan-Regierung.

Letzten Endes wurde keine angemessene Finanzierungsquelle gefunden, besonders als Bechtel seinen Kostenvoranschlag auf 1,1 Milliarden Dollar erhöhte. Am 1. Oktober 1985 schrieb David Newton, US-Botschafter in Bagdad: "[Name unkenntlich gemacht] war sichtlich pessimistisch wegen des Bechtel-Angebots für die Akaba-Pipeline. [...] Er kritisierte insbesondere die Tatsache, dass Bechtel den Kostenvoranschlag erhöht hatte, [und bemerkte, dass andere Projekte] für beträchtlich weniger als die ursprünglichen Schätzungen vergeben worden seien."

Newton erklärte abschließend: "[Er] ist vielleicht der entscheidende technische Fachmann zur Einschätzung des Bechtel-Angebots. Seine Ansichten [...] machten deutlich, dass die Angebote für den Bau der Pipeline immer noch dürftig sind." Dies ist die letzte Erwähnung des Akaba-Öl-Pipeline-Projekts in dieser Serie von freigegebenen Dokumenten.

Eine Untersuchung der Insidergeschäfte bei dem Akaba-Projekt durch den Unabhängigen Ermittler James McKay erzwang schließlich den Rücktritt von Meese, aber kein anderer Beamter wurde zur Rechenschaft gezogen.

"Landwirtschaftskredite" und der Skandal um die Banco Nazionale del Lavoro

Zur gleichen Zeit wie die Akaba-Verhandlungen organisierte die Reagan-Regierung Kredite an den Irak über das CCC-Programm des US-Ministeriums für Landwirtschaft. Die Kredite im Rahmen dieses Programms werden im Allgemeinen durch private Unternehmen vergeben, aber mit Garantien der Regierung und unter der Voraussetzung, dass die Gelder für den Kauf von landwirtschaftlichen Produkten amerikanischer Firmen benutzt werden.

Laut einer Information vom 7. Februar 1991, erstellt für das Landwirtschaftsministerium unter Richard Crowder, vergab die CCC Kredite in Höhe von 5 Milliarden Dollar für die Einkäufe des Irak von 1983 bis 1990. Der Anstieg der Kredite entspricht der wachsenden Unterstützung der US-Regierung für das Hussein-Regime. Nachdem die USA dem Irak 1991 den Krieg erklärt hatten, stoppte der Irak die Rückzahlung seiner CCC-Anleihen und zahlte 2 Milliarden Dollar Schulden nicht an die CCC zurück.

Bei der Verwirklichung des CCC-Programms war auf allen Seiten Betrug im Spiel. Es entwickelte sich zu einer Goldgrube für US-Firmen, die billigere ausländische Produkte unter amerikanische Warenlieferungen mischten und so die Vorschriften verletzten, die besagten, dass CCC-Programme nur US-Erzeugnisse subventionieren dürfen. In den späten 80er Jahren fanden Ermittlungsbeamte des Landwirtschaftsministeriums heraus, dass die ungewöhnlich hohen Profite, die durch CCC-finanzierte Verkäufe erzielt wurden, für "Kunden"-Dienste an den Irak (die Lieferung von Panzerwagen, Telekommunikations-Ausrüstungen und andere militärische Produkte) und Geldgeschenke an irakische Funktionäre verwendet wurden.

Das CCC-Programm für den Irak wurde trotz Einwänden von Beamten des US-Finanzministeriums und der Zentralbank durchgeführt, die von 1987 bis 1990 immer wieder eine Einstellung oder Einschränkung des Programms forderten, weil der Irak wahrscheinlich nicht in der Lage sein werde, die Kredite zurückzuzahlen. Das Außenministerium intervenierte jedoch wiederholt, um die Kredite unter Berufung auf "US-Interessen" durchzudrücken.

Diese Interventionen gingen selbst dann weiter, als der Skandal um die Banco Nazionale del Lavoro (BNL) platzte, der die Finanzierung der irakischen Kriegsmaschinerie durch die CCC direkt mit einbezog.

Im Verlauf der 1980er Jahre war die BNL auf Initiative des Managers ihrer Atlanta-Zweigstelle, Christopher Drogoul, zu einem von Iraks wichtigsten Geldgebern geworden. Zum größten Teil im Besitz der italienischen Regierung, verfügte die BNL über eine ausgezeichnete Kreditwürdigkeit, was ihr erlaubte, der irakischen Regierung beträchtliche Darlehen einzuräumen. Laut einer Untersuchung des US-Abgeordneten Henry Gonzalez aus dem Jahr 1992 lieh die BNL dem Irak im Verlauf der 1980er Jahre etwa 4 Milliarden Dollar.

Laut einem Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums vom 21. Mai 1990 waren von diesen 4 Milliarden Dollar über 2 Milliarden "schwarze" Darlehen, d. h. illegale Kredite, die heimlich vergeben wurden und nicht in den offiziellen Unterlagen der BNL enthalten waren. Diese Kredite wurden sowohl der US-Banken-Aufsicht als auch den BNL-Verantwortlichen in Rom verheimlicht. Drogoul und andere Funktionäre in Atlanta zweigten auch einiges von dem Geld für sich selbst ab.

Ein zentraler politischer Aspekt bestand darin, dass schätzungsweise 750 Millionen Dollar von den "inoffiziell" an den Irak verliehenen 2 Milliarden Dollar aus Kreditgarantien des CCC-Programms des Landwirtschaftsministeriums stammten. Besonders brisant war die Tatsache, dass etwa 2 Milliarden Dollar von den gesamten BNL-Krediten an das irakische Ministerium für Industrie und militärische Industrialisierung (MIMI) gegangen waren, an dessen Spitze Husseins Schwiegersohn Hussein Kamel stand. Das MIMI beaufsichtigte eine Vielzahl von Programmen ziviler und militärischer Natur, darunter auch das nukleare und chemische Waffenprogramm des Irak.

Die BNL half der irakischen Regierung, den Kauf und den Ausbau der Matrix Churchill Limited (MCL) zu finanzieren, einem britischen Hersteller militärischer Werkzeuge, sowie dessen US-Tochter, der Matrix Churchill Corp. (MCC). Laut einem Bericht der Vereinigung Amerikanischer Wissenschaftler versuchte die irakische Regierung den Kauf der MCL/MCC zu benutzen, um Erfahrungen im Einsatz von Glasfasern und Kohlenstoff bei der Konstruktion von Atomraketen zu sammeln.

Die Finanzierung von Iraks Waffenprogrammen durch die BNL wurde im September 1989 zum öffentlichen Skandal, als Beamte der italienischen Aufsichtsbehörde begannen, die zwielichtigen Finanzen der Tochtergesellschaft in Atlanta zu untersuchen. Die US-Regierung reagierte darauf, indem sie ihre Botschaften anwies, auf Presse-Anfragen mit "Kein Kommentar" zu antworten. Das CCC-Programm ließ man weiterlaufen. Drei Monate nach einer Razzia des FBI bei der BNL im August 1989 wurde eine weitere Milliarde Dollar an Kreditgarantien der US-Regierung für den Irak genehmigt.

Es gibt eine enorme Menge an Beweisen, die zeigen, dass die Aktivitäten der BNL mit vollem Wissen hochrangiger Beamter der amerikanischen Regierung stattfanden und eine Vertuschungsaktion vorbereitet wurde, als der Skandal ans Licht kam. Laut einem Artikel des Kolumnisten der Washington Post, Jim Hoagland, aus dem Jahr 1992 wurde Anfang der 90er Jahre, als die Geschichte an den Tag kam, deutlich, dass Präsident George Bush "eine Vertuschungsaktion gegenüber dem Irak toleriert, die von anderen in seinem Auftrag durchgeführt wurde... Dass Bush über seine Kenntnis amerikanischer Waffentransporte an den Irak gelogen hat, kann nicht länger ernsthaft bezweifelt werden."

Die eine Milliarde Dollar von 1989 wurden aufgrund einer von Bush unterschriebenen, streng geheimen Entscheidung des Nationalen Sicherheitsrats genehmigt, die engere Beziehungen zum Irak anordnete. Im Oktober desselben Jahres intervenierte Außenminister James Baker persönlich, um die Fortführung der CCC-Kreditgarantien sicherzustellen. Laut BNL-Bankiers wurden Firmen, die Geschäfte mit dem Irak machen wollten, durch den damaligen Vizepräsidenten Dan Quayle an die BNL verwiesen. Er unterhielt laut Berichten, die Anfang der 80er Jahre veröffentlicht wurden, enge persönliche Beziehungen zu einer der Firmen, die in den Skandal verwickelt waren.

Überdies wurde die BNL bei ihren Geschäften von Kissinger Associates beraten, dem Beratungsunternehmen des Außenministers der Nixon-Regierung, Henry Kissinger. Die Beratungsfirma hatte zuvor eine Reihe von Mitarbeitern beschäftigt, die später, zur Zeit des Kreditprogramms für den Irak, hochrangige Regierungsposten einnahmen, darunter Außenminister Lawrence Eagleburger und der Nationale Sicherheitsberater Brent Scowcroft.

Trotz dieser Verbindungen in die höchsten Ebenen wurden nur Drogoul und einige andere Beamte wegen ihrer Verwicklung in den Skandal angeklagt und verurteilt. Der Richter, der bei diesem Fall den Vorsitz führte, Marvin Shoob, erklärte: "Ich habe sämtliche geheimen Dokumente gelesen, und ich kann nicht glauben, dass [Drogoul] der einzige oder wichtigste Handelnde bei diesem Unternehmen war." Das Strafmaß für Drogoul und die anderen wurde herabgesetzt, weil der Richter der Ansicht war, die "amerikanische und italienische Politik" zugunsten des Irak mindere ihre Verantwortung.

Der Erwerb von amerikanischem Kriegsmaterial durch den Irak wurde im Rahmen der allgemeinen Unterstützung der amerikanischen Regierung für Saddam Hussein ermutigt. Außerdem spielten wirtschaftliche Interessen eine Rolle. Ein Artikel im Wall Street Journal vom 12. Oktober 1992 bemerkte: "In dem sich ausweitenden Drama über die Finanzierung und Ausrüstung von Saddam Husseins Irak durch die USA spielt die amerikanische Wirtschaft nicht nur eine Statistenrolle." Viele Unternehmen "betrachteten den Irak als sprudelnde Geschäftsquelle - solange Regierungsstellen (wie der USDA und der Eximbank) Kredite abgerungen werden konnten", schrieb das Journal.

Kein höherer Firmen- oder Regierungsvertreter wurde in dem BNL-Fall angeklagt, der rasch wieder aus der amerikanischen Presse verschwand. Viele, die zur Zeit seiner Aufdeckung über den Skandal schrieben, darunter Hoagland und der Kolumnist der New York Times, William Saffire, unterstützten im vergangenen Jahr enthusiastisch den Sturz des Hussein-Regimes und die Besetzung des Irak. Sie begründeten dies mit den angeblichen Massenvernichtungswaffen des Irak und verheimlichten gegenüber der amerikanischen Öffentlichkeit ihr Wissen über die Rolle der USA bei der Bewaffnung des Hussein-Regimes in den 80er Jahre.

Teil acht: Das Ende des Iran-Irak-Krieges

Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Ende des Iran-Irak-Krieges und den Folgen des Krieges für die irakische Gesellschaft.

Die militärische Intervention Amerikas im Iran-Irak-Krieg

Wie wir in den vorherigen Artikeln ausführlich geschildert haben, bewegten sich die Vereinigten Staaten während des Iran-Irak-Krieges in den 1980er Jahren immer weiter auf den Irak zu. Washington nahm wieder volle diplomatische Beziehungen auf, die amerikanischen Geheimdienste unterstützten die Kriegsanstrengungen des Irak aktiv, und durch die Bereitstellung von Kreditgarantien und Finanzhilfen stellten die USA sicher, dass der Irak die Möglichkeit hatte, den Krieg trotz der immensen Kosten fortzuführen. Diese engen Beziehungen entwickelten sich, obwohl die Diktatur Saddam Husseins immer brutaler wurde und der Irak wiederholt chemische Waffen einsetzte.

Während der letzten Kriegsjahre, 1987 und 1988, nahm das Engagement der USA auf Seiten des Irak direkte militärische Formen an. Nach einer kurzfristigen Gedankenspielerei, die Beziehungen zum Iran durch illegale Waffenverkäufe an das Land zu verbessern (Details darüber tauchten im Iran-Contra-Skandal auf, der Ende 1986 ans Licht kam), stellte sich die Reagan-Regierung entschieden hinter den Irak.

Diese Wende kam kurz nach einem Vorfall, der unter anderen Umständen einen exakt gegenteiligen Effekt gehabt hätte: dem irakischen Angriff auf das amerikanische Schiff USS Stark, das im Persischen Golf stationiert war. Im Mai 1987 feuerte ein irakisches Flugzeug zwei Raketen auf die Stark ab und tötete 37 amerikanische Matrosen. Saddam Hussein entschuldigte sich und nannte es ein Versehen. Die Reagan-Regierung akzeptierte die Entschuldigung und Iraks Erklärung. Abgesehen von einigen langwierigen Auseinandersetzungen darüber, wie viel die irakische Regierung als Entschädigung an die Familien der amerikanischen Soldaten zahlen sollte, schadete der Vorfall den Beziehungen zwischen den USA und Irak nicht.

Der Iran behauptete, das Ereignis sei durchaus kein Versehen gewesen, sondern ein gezielter Versuch des Irak, die Spannungen im Golf anzuheizen. Die Absicht sei, behauptete der Iran, Washington zu zwingen, eine aktivere Rolle zu übernehmen, den Öltransport Kuwaits und Saudi-Arabiens zu gewährleisten. Und tatsächlich hatte der Angriff diese Wirkung. Präsident Reagan gab eine Verlautbarung heraus, in der sich die USA verpflichteten, Druck auf den Iran in Richtung eines Waffenstillstands auszuüben, und in der Amerikas Absicht wiederholt wurde, ein Waffenembargo gegen den Iran durchzusetzen. Nur zwei Wochen nach dem Zwischenfall erklärte der Stellvertretende Verteidigungsminister Richard Armitage: "Wir dürfen nicht Gefahr laufen, dass der Irak geschlagen wird." [14]

Ein wichtiger Aspekt des Engagements der USA war ihre Mitte 1987 getroffene Entscheidung, Kuwait zu erlauben, amerikanische Öltanker zu leasen (eine Praxis, die man als neu beflaggen kennt), die dann einen Begleitschutz der amerikanischen Marine erhielten. In Wirklichkeit garantierte das US-Militär die Sicherheit kuwaitischer Öltransporte, die vom Iran angegriffen wurden. Der Historiker Dilip Hiro bemerkt dazu: "Nach dreijährigen Bemühungen hatte der Irak es durch seinen Verbündeten Kuwait endlich geschafft, den Konflikt zu internationalisieren, wobei eine Supermacht eindeutig Stellung gegen den Iran bezog." [15]

Im Verlauf der Jahre 1987 und 1988 steigerte sich das Engagement der USA ständig. Im September 1987 griff die US-Marine ein iranisches Schiff an, das angeblich Minen legte, und tötete drei Matrosen. Im Oktober griffen die USA als Vergeltungsschlag für einen iranischen Angriff auf ein kuwaitisches Tankschiff zwei vor der Küste gelegene iranische Ölbohrinseln an. Da dieser Tanker nicht neu beflaggt worden war, signalisierte das ein neues Stadium der amerikanischen Anstrengungen, den Öltransport sicherzustellen.

Diese Aktionen gingen trotz der Tatsache weiter, dass zu dieser Zeit die schwersten Einsätze von chemischen Waffen durch den Irak stattfanden. Am 16. März 1988 setzte der Irak Zyanid und Nervengas gegen die mehrheitlich von Kurden bewohnte Stadt Halabja im Norden ein. Mehr als 4000 Menschen wurden getötet, die meisten davon Zivilisten.

Interne Dokumente des Außenministeriums wiederholten die Position der USA zum Einsatz chemischer Waffen: im Allgemeinen sollte man dagegen auftreten, aber der Einsatz dieser Waffen durch den Irak sollte kein Grund sein, die Beziehungen zwischen dem Irak und den USA zu beschädigen. Gegen Ende 1988 wandte sich die Reagan-Regierung gegen Versuche von Kongressmitgliedern, eine Resolution zu verabschieden, die wirtschaftliche Sanktionen gegen den Irak wegen dessen Einsatz von chemischen Waffen vorsah.

Mitte 1988 eroberte der Irak einen großen Teil des Territoriums zurück, das er in den Jahren zuvor an den Iran verloren hatte. Der Irak errang auf der Halbinsel Fao zur gleichen Zeit einen Sieg, als die USA eine Reihe von Angriffen auf iranische Schiffe im Südlichen Golf führten.

Ein Memorandum vom 18. April 1988 der amerikanischen Botschaft in Bagdad an das US-Außenministerium äußert sich dazu, wie empfindlich das Regime von Saddam Hussein gegenüber dem Vorwurf sei, mit den USA zusammenzuarbeiten. "Nur eine der fünf wichtigsten [irakischen] Tageszeitungen griff die Auseinandersetzungen zwischen den USA und dem Iran auf [im südlichen Golf]; das Thema wurde auf die hinteren Seiten verbannt... Der Irak ist offensichtlich sehr empfindlich gegenüber Behauptungen, er stecke mit den USA unter einer Decke und spielt deshalb die Berichterstattung herunter; es gibt jedoch keinen Zweifel, dass die irakischen Regierungsmitglieder hoch erfreut sind über die blutige Nase, die wir den Iranern verpasst haben."

An dem Vorfall, der zum Ende des Krieges führte, war der Irak überhaupt nicht beteiligt. Am 3. Juli 1988 schoss die USS Vincennes ein iranisches Verkehrsflugzeug ab und tötete 290 Menschen. Während die USA die fragwürdige Behauptung aufstellten, das Flugzeug sei irrtümlicherweise für ein Armeeflugzeug gehalten worden, interpretierte der Iran den Vorfall als Zeichen eines neuen Stadiums der amerikanischen Unterstützung für den Irak. Das führte schließlich dazu, dass der Iran eine Resolution des UN Sicherheitsrates zur Beendigung des Konflikts akzeptierte.

Die Folgen des Kriegs für die irakische Gesellschaft und Politik

Der Krieg forderte einen hohen Preis sowohl von der Wirtschaft als auch von der Gesellschaft beider Kriegsteilnehmer. Schätzungsweise 250 000 Iraker waren im Verlauf von acht Jahren getötet und noch viel mehr verwundet worden. Die Opfer unter den Iranern waren noch höher.

Der Irak, der mit über 30 Milliarden Dollar Devisenreserven in den Krieg gegangen war, hatte am Ende des Krieges eine Schuldenlast von 80 Milliarden Dollar, die er vor allem den Golfmonarchien und den westlichen Mächten schuldete. Die Ölindustrie war durch iranische Angriffe gelähmt und die Öleinkünfte trotz des Baus neuer Ölpipelines durch die Türkei und Saudi-Arabien erheblich zurückgegangen.

Die Schuldenlast und eine wachsende Abhängigkeit vom Westen bei Kapital- und Warenimporten begünstigten eine Rechtswende der irakischen herrschenden Elite sowohl in Fragen der Innen- als auch der Außenpolitik.

Ein Memorandum des Außenministeriums vom März 1988 gibt eine Einschätzung dieser Tendenzen, insofern sie mit den Interessen der USA zusammenhingen. Das Memorandum hatte den Titel "Iraks Außenpolitik: tiefer in den Mainstream"; verfasst hatte es Morton Abramowitz, Stellvertretender Minister für Spionage und Analyse.

Abramowitz stellt billigend eine "Mäßigung" der irakischen Politik im Verlauf des vorangegangenen Jahrzehnts fest, worunter er die wachsende Übereinstimmung mit den US-Interessen versteht. Er verfolgt die Wende zurück in die 70er Jahre und führt das Abkommen von Algiers im Jahr 1975 an sowie die Unterdrückung der Kommunistischen Partei in den späten 70er Jahren.

"Iraks Orientierung in der Palästinenserfrage hin zu den,gemäßigten' arabischen Staaten", schreibt er, "steht im Gegensatz zu Bagdads früherer führender Rolle gegen Israel... Iraks friedliche Beziehungen zu den meisten Staaten in dieser Region unterscheiden sich deutlich von seiner Unterstützung linker und subversiver Elemente innerhalb dieser Länder in den frühen 70er Jahren."

Der Krieg zwang den Irak, sich den USA und ihren Verbündeten im Nahen Osten anzunähern. "Irak wandte sich in wachsendem Maße dem Westen zu (zunächst Frankreich); eine Kehrtwende gegenüber Ägypten folgte. Der Irak wurde auch abhängiger von der Türkei [ein NATO-Mitglied], über die für eine gewisse Zeit sein einziger Transportweg für den Öl-Export lief. Der weitere Ausbau von Öl-Pipelines durch Saudi-Arabien und die Türkei geben Iraks lebenswichtigen wirtschaftlichen Verbindungen zu seinen pro-westlichen Nachbarn eine neue Beständigkeit. Bagdads Beziehungen zur Sowjetunion haben die alte Herzlichkeit nicht wieder erreicht."[16]

In der Innenpolitik hatte die Baath-Partei zunehmend jeden Anspruch fallengelassen, eine sozialistische Politik zu verfolgen. Im Verlauf des Kriegs war sie gezwungen, Entwicklungsprogramme zurückzuschrauben. Einige wurden fortgeführt, größtenteils deshalb, weil es viele Elemente innerhalb der Baath-Partei gab, die ein persönliches Interesse an diesen Ausgaben hatten. Da sie nicht länger an die sozialen Missstände der irakischen Massen appellieren konnte, legte die Regierung Nachdruck auf die Religion als verbindende Kraft. Sie ließ ihr früheres Eintreten für die pan-arabische Idee zugunsten eines irakischen Nationalismus fallen, der um die Interessen der sunnitischen Elite im Norden kreiste.

Der lange Krieg bedeutete, dass die militärische Hierarchie eine noch wichtigere Rolle bekam und der inländische Polizeiapparat als wesentlicher Bestandteil der Diktatur gestärkt wurde. Während der 80er Jahre wurde politische Kritik an der Baath-Partei, die die Absicht verfolgte, Unruhen auszulösen, unter Todesstrafe gestellt. Der Personenkult um Hussein wurde gefördert, da die begrenzte soziale Basis der Baath-Partei dahinschwand. Husseins Macht beruhte auf der Tatsache, dass er an der Spitze des Staatsapparats stand und die Interessen einer immer habgierigeren und isolierteren Bürokratie vertrat.

Um den Bedürfnissen der irakischen Kriegsmaschinerie gerecht zu werden und die Staatsschulden abzuzahlen, verschärfte die Baath-Partei die Angriffe auf die Arbeiterklasse. Der immense Anteil an irakischen Männern, der in der Armee diente, führte zu einer Kampagne, die Produktivität derjenigen zu erhöhen, die im Arbeitsleben verblieben.

Eine Verordnung vom Februar 1987 schaffte Schutzbestimmungen ab, die früher Staatsbeschäftigten gewährt wurden und verbot ihnen, einer Gewerkschaft beizutreten. Alle Arbeiter wurden gezwungen länger zu arbeiten.

Hussein selber bemerkte: "Der Zweck [dieser Maßnahmen] ist klar: sie sollen die Produktion steigern. Zum Beispiel wollen wir jeden Tag 12 Stunden Arbeit. Wir sagen, jeder arbeitet 12 Stunden am Tag und es wird niemanden geben, der acht Stunden arbeitet." Er wies die Staatsfunktionäre an "den wirtschaftlichen Angelegenheiten genauso viel Aufmerksamkeit zu schenken wie der politischen Ideologie". Das bedeutete, sie sollten keinerlei Anschein von sozialistischen Prinzipien zulassen, die der Ausbeutung der Arbeiterklasse im Weg stehen. [17]

"Die unmittelbare Auswirkung der offiziellen Maßnahmen", schreibt Hiro, "bestand darin, die zahlreichen ausländischen Kreditgeber zu beruhigen, die angenehm überrascht waren zu hören, dass der Finanzminister erklärte, der Irak habe seine laufende Handelsbilanz für die erste Hälfte des Jahres 1987 ausgeglichen." [18]

Diese Maßnahmen wurden nach dem Krieg fortgesetzt. Der irakische Staat begann damit, staatlich geführte Betriebe zu privatisieren, und einige Preisobergrenzen für Konsumgüter wurden abgeschafft. Ein Memorandum der CIA vom April 1990 bemerkte, die Schuldenlast sei "die größte Behinderung für die wirtschaftlichen Erholung des Nachkriegs-Irak... Iraks beträchtliche Inanspruchnahme ausländischer Kredite seit 1982 hat es von einem der reichsten Länder der Dritten Welt und einer Gläubigernation zu einer ihrer Problemschuldner gemacht." Das Memorandum fährt fort: "Irak wird sich wahrscheinlich auch weiterhin Schuldenentlastung - einschließlich begrenzter neuer Anleihen - von den meisten seiner Kreditgeber verschaffen, die kaum eine andere Wahl haben, wenn sie überhaupt noch Rückzahlungen erwarten oder auf dem potentiell lukrativen irakischen Nachkriegsmarkt konkurrieren wollen."

Das bedeutete, der Irak wäre in der Lage, seine Schulden in den Griff zu bekommen, wenn er Zugeständnisse an ausländische Unternehmen machte, die darum kämpften, Öl- und Wiederaufbau-Verträge an Land zu ziehen.

Im Juni 1989 traf sich Saddam Hussein mit einer Delegation mächtiger US-Unternehmen - darunter den Präsidenten von Kellogg, Brown and Root, der Baufirma, die später von Halliburton aufgekauft wurde, und Westinghouse - um ihnen zu versichern, dass der Irak auch weiterhin stabile Beziehungen zu den USA beibehalten werde. "Der Weg zu uns ist offen", erklärte Hussein, "und wir wollen kooperieren."

Ein Protokoll des Außenministeriums über das Treffen erklärt: "Saddam fügte hinzu, egal was passieren werde ... er persönlich habe die Entscheidung getroffen,,mit Ihnen zusammenzuarbeiten', und diese Entscheidung,werde nicht erschüttert werden.'" Im Gegenzug bat er die Unternehmen und die amerikanische Regierung, weiterhin Druck auf den Iran auszuüben.

Letzten Endes gerieten diese Bemühungen, dem amerikanischen und europäischen Imperialismus entgegenzukommen, in eine Krise, weil die amerikanische herrschende Klasse entschlossen war, ihre Interessen mit mehr Nachdruck durchzusetzen, als Hussein zu akzeptieren bereit war; diese Entschlossenheit erhielt durch den Niedergang der Sowjetunion einen enormen Auftrieb. Die Wende in der amerikanischen Politik nach dem Ende des Iran-Irak-Kriegs wird im nächsten und letzten Artikel dieser Serie untersucht.

Teil neun: Das Ende des Iran-Irak-Krieges

Dieser Artikel beschäftigt sich mit den unterschiedlichen Positionen amerikanischer Politiker nach dem Iran-Irak-Krieg und mit der Entscheidung, den Irak nach dessen Einmarsch in Kuwait anzugreifen.

Die amerikanische Politik nach dem Ende des Iran-Irak-Krieges

Am Ende des Iran-Irak-Kriegs gingen die Meinungen über die einzuschlagende Politik gegenüber dem Irak in der herrschenden Elite der USA und der Reagan-Regierung auseinander. Ein Flügel, an dessen Spitze das Außenministerium stand, befürwortete eine Fortsetzung des Versuchs, die Beziehungen zum Irak und zu Saddam Hussein zu verbessern, während ein anderer Flügel, der sich auf Kongressabgeordnete und Teile des Pentagon mit engen Beziehungen zu Israel konzentrierte, eine Konfrontation mit dem Land suchte.

Einige Dokumente, die das Außenministerium 1988 und 1989 verfasste, sind besonders aufschlussreich. Sie enthüllen die rücksichtslose imperialistische Realpolitik, die alle außenpolitischen Debatten und Entscheidungen der amerikanischen herrschenden Elite lenkt und die völlig im Gegensatz zu den moralistischen Standardphrasen über "Demokratie", "Frieden" und "Menschenrechte" steht, die Regierungsvertreter und Medien in der Öffentlichkeit verbreiten.

Ein vom 19. September 1988 datiertes Memorandum von Richard Murphy, dem Staatssekretär für den Nahen Osten und Südasien, lehnt Sanktionen gegen den Irak wegen dessen Einsatz von chemischen Waffen ab. Es stellt fest: "Die amerikanisch-irakische Beziehung ist... wichtig für unsere langfristigen politischen und wirtschaftlichen Ziele am Golf und darüber hinaus. Irak geht aus dem Krieg als bedeutende wirtschaftliche und militärische Macht hervor. Seine Ölreserven sind die zweitgrößten nach Saudi-Arabien. Es ist ein diszipliniertes, entschlossenes und rücksichtsloses Regime, an dessen Spitze ein Diktator steht, der von seinem eigenen Volk und anderen Völkern gefürchtet und respektiert wird."

Murphy ist der Ansicht, Husseins Rücksichtslosigkeit spreche dafür, die amerikanisch-irakischen Beziehungen zu pflegen. Er bemerkt auch, die irakische Außenpolitik sei im Verlauf des vorangegangenen Jahrzehnts den US-Interessen gegenüber zugänglicher geworden sei. Er führt Iraks wachsendes Entgegenkommen gegenüber Israel als wichtiges Beispiel für ein "besseres Verhalten" an und fügt hinzu, die Stellungnahmen der USA zum Einsatz chemischer Waffen sollten nicht auf "den Irak einprügeln".

Ein weiteres Dokument, das im Januar 1989 für die neue Regierung von George H. W. Bush erstellt wurde und den Titel trägt "Richtlinien für die amerikanisch-irakische Politik", führt die voraussichtlichen Vorteile von Husseins Rechtsruck für Washington näher aus. Es erklärt: "Der Irak ist aus seinem Krieg mit dem Iran als starke militärische und politische Macht hervorgegangen und will noch höher hinaus. Präsident Saddam Hussein besitzt die erforderlichen Mittel, um in regionalen Angelegenheiten als bedeutendes Mitglied einer losen Gruppierung konservativer arabischer Staaten - zu der Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien und Kuwait gehören - entscheidend mitzubestimmen. Iraks Ansehen unter diesen Nationen, seine umfangreichen Ölreserven, die einen lukrativen Markt für US-Waren versprechen, und sein Status als schwankender sowjetischer Quasi-Klient verleiht unserer bilateralen politischen Beziehung Bedeutung und Raum für neue Möglichkeiten."

Wichtige Wirtschaftsführer sahen den Irak als bedeutenden Markt für US-Waren. Wie ein Dokument des Außenministeriums vom 8. November 1988 feststellt, würde ein härteres Vorgehen gegen Saddam Hussein bedeuten, dass "US-Firmen zugunsten von Konkurrenten aus Europa und anderen Ländern von Geschäften im Irak ausgeschlossen würden, von denen erwartet wird, dass sie mit dem beginnenden Wiederaufbau einen Aufschwung nehmen werden". Insbesondere der Landwirtschaftssektor war besorgt über die Auswirkungen von Sanktionen, da der Irak zu einem der wichtigsten Importeure von amerikanischem Getreide geworden war, sich aber wegen Agrarimporten an Europa und Asien gewandt hatte, nachdem die USA das landwirtschaftliche Förderprogramm der Commodity Credit Corporation (CCC) [Kreditanstalt] des Landwirtschaftsministeriums für den Irak gestrichen hatten.

Folglich sahen die USA den Irak trotz eines fast zehn Jahre währenden Krieges als potentielle regionale Wirtschafts- und Militärmacht an. Er hatte mit riesigen Krediten der US-Verbündeten und der Vereinigten Staaten selbst seine Militärausgaben finanziert und während des Krieges eine Wirtschaftskrise vermieden. Teile der Reagan- und der neuen Bush-Regierung interpretierten die immer deutlicher werdende Rechtswende der Hussein-Regierung als Signal, dass der Irak den US-Interessen in der Region dienlich sein könne.

Zur gleichen Zeit zählten die "Richtlinien" vom Januar 1989 mehrere Faktoren einer Verschlechterung der amerikanisch-irakischen Beziehungen auf - und schlugen damit andere Töne an -, darunter Iraks Einsatz chemischer Waffen, der "für heftige Aufregung in den USA gesorgt hat". Die "Richtlinien" ergänzen: "Iraks neue militärische Fähigkeiten und Bestrebungen, verbunden mit seinem Ruf als radikal ablehnender, terroristischer ‚gesetzloser' Staat aus den 1970er Jahren, machen ihn für Israel - und für viele in den USA - zu einem Besorgnis erregenden Kandidaten."

Das Außenministerium war besorgt, dass Iraks Einsatz von Giftgas und sein schlechter Ruf in Menschenrechtsfragen "als Aufhänger für Bestrebungen dienen könnten, die amerikanisch-irakischen Beziehungen zu stören". Das Dokument nimmmt dann wieder eine pragmatische Haltung zu den Menschenrechten im Irak ein und bemerkt, dass die Menschenrechte "zum Schlachtfeld derjenigen geworden sind, die einen Abbruch oder starke Einschränkung der Beziehungen zum Irak rechtfertigen wollen".

Schließlich kommt das Außenministerium zu dem Schluss, dass weder der autoritäre Charakter des irakischen Staates noch die Besorgnis der US-Verbündeten in der Region ein Grund sein sollten, die Festigung der amerikanisch-irakischen Beziehungen zu behindern. "Saddam Hussein wird auch weiterhin diejenigen beseitigen, die er als Bedrohung ansieht, diejenigen foltern, von denen er glaubt, dass sie Geheimnisse verbergen, und ohne irgendwelche Konzessionen an die Demokratie herrschen.... Wir sollten deshalb realistisch sein und vom Irak dasselbe verlangen wie von seinen Nachbarn - in Übereinstimmung mit unserem Ziel, Irak in eine konservative und verantwortliche Orientierung in der Außenpolitik mit einzubeziehen."

Die Wende gegen Hussein

Zur gleichen Zeit, als mit dem Ende des Iran-Irak-Krieges der Hauptgrund für die US-Unterstützung Husseins wegfiel, beraubte die Krise der stalinistischen Herrschaft in der UdSSR - die letztendlich zur Liquidierung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie im Dezember 1991 führte - die arabisch-nationalistischen Regimes ihres wichtigsten militärischen und finanziellen Förderers. Dies hatte in vielerlei Hinsicht einen großen Einfluss auf die Beziehungen der USA zum Irak.

Im Nahen Osten balgten sich die arabischen bürgerlich-nationalistischen Regime, die sich zuvor auf die UdSSR gestützt hatten, um ihre Abhängigkeit vom US-Imperialismus zu verringern, um engere Beziehungen zu Washington. 1989 machte die Arabische Liga den USA ein wichtiges Zugeständnis, indem sie Ägypten wieder als Mitglied aufnahm, das sie 1978 ausgeschlossen hatte, weil es einen Separatfrieden mit Israel geschlossen hatte.

Im April 1990 erklärte Michael Gorbatschow dem zu Besuch weilenden syrischen Präsidenten Hafiz el-Assad, dass die UdSSR nicht länger bereit sei, die syrische Militärmacht auf den gleichen Stand mit Israel zu bringen. Dies war der Auftakt zu der noch folgenschwereren sowjetischen Entscheidung, den Irak nicht zu unterstützen, sondern sich statt dessen mit den USA gegen den Irak zu verbünden, als Hussein im August 1990 in Kuwait einmarschierte. Syrien, das bestrebt war, sich bei den USA einzuschmeicheln und begierig auf den Ruin eines langjährigen regionalen Rivalen schielte, schloss sich schließlich der anti-irakischen Allianz an.

Die USA sahen die zunehmende Schwäche und Instabilität der UdSSR als Chance, ihre Interessen im Weltmaßstab voranzutreiben. Sie nutzten den Angriff des Irak auf Kuwait, um, in den Worten des ersten Präsidenten Bush, eine "neue Weltordnung" zu verkünden, die Washington in der Lage versetzen sollte, die Welt im Interesse des amerikanischen Imperialismus neu zu gestalten. Der rechte Kolumnist Charles Krauthammer erklärte das zum "unipolaren Moment".

Die US-Außenpolitik war im Begriff, eine scharfe Wende in Richtung Unilateralismus und Militarismus zu nehmen.

Die Herausforderung, die die Rivalen aus Europa und Japan für amerikanische Unternehmen darstellten, und die seit den 1970er Jahren gewachsen war, konnte jetzt durch den relativ ungehinderten Einsatz der amerikanischen Streitkräfte beantwortet werden. Im Persischen Golf konnte das amerikanische Militär dafür eingesetzt werden, die unangefochtene amerikanische Vormachtstellung in der wichtigsten Öl produzierenden Region der Welt sicherzustellen, was Washington in die Lage versetzen sollte, seine vom Ölimport abhängigen imperialistischen Rivalen in Europa und Asien zu erpressen.

Präsident George H.W. Bush erklärte später in der Vorbereitung auf den Golfkrieg von 1991, wenn sich die USA an die Spitze eines Angriffs auf den Irak stellten, gäbe ihnen das "eine Überzeugungskraft, die zu harmonischeren Handelsbeziehungen führen wird".

Unter diesen Bedingungen war die amerikanische herrschende Klasse davon überzeugt, härter mit Ländern wie dem Irak umspringen zu können, speziell wenn diese Länder regionale Vormachtstellungen anstrebten, wie es das Hussein-Regime sicherlich tat. Entsprechend der Denkweise eines immer einflussreicheren Teils des amerikanischen Establishments, gab es keine Notwendigkeit, ein Regime wie das der irakischen Baath-Partei zu verhätscheln. Es sei möglich, die amerikanische Vorherrschaft über den Irak und seinen Ölreichtum zu etablieren, was den USA eine noch nie da gewesene Macht im internationalen Maßstab verleihen werde.

1989 und 1990 begannen wichtige Teile der amerikanischen herrschenden Elite, die notwendigen Vorbereitungen für einen Krieg mit dem Irak zu treffen. Mit Ermutigung des CIA begannen Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate ihre OPEC-Quoten für die Ölproduktion zu überschreiten, was den Ölpreis genau zu dem Zeitpunkt nach unten trieb, als das Hussein-Regime, mit massiven Kriegsschulden belastet, gezwungen war, den Wiederaufbau mit den Öleinkünften zu finanzieren. In den ersten Monaten des Jahres 1990 erschienen in den US-Medien regelmäßig bedrohliche Berichte über das irakische Potential an nuklearen und chemischen Waffen.

Ein Dokument der Planungsabteilung des Außenministeriums vom 12. Januar 1990 mit dem Titel "Nachdenken über eine Politik für den Irak" spiegelt diese folgenschweren Veränderungen in der amerikanischen Außenpolitik wieder. Das Dokument beginnt: "In der Vergangenheit ergab sich die Einstellung der USA zum Irak - fast ausschließlich - aus dem Ost-West-Zusammenhang (Pakt von Bagdad/Eisenhower-Doktrin)... Unsere geänderte Beziehung zur Sowjetunion verändert den Ost/West-Rahmen."

Nachdem das Dokument festgestellt hatte, dass in der Golf-Region "der Ausgangspunkt für die USA das Öl ist", führte es wichtige Gründe an, warum die USA sich letzten Endes nicht in der gleichen Weise auf das Hussein-Regime stützen könnten, wie sie das mit der brutalen Monarchie des iranischen Schah während der 1970er Jahre getan hatte. Es erklärt: "Die USA waren zufrieden damit, aktiv den Aufstieg des Iran in den 1970er Jahren zu unterstützen, weil wir (1) dem Iran vertrauten und (2) der Iran gewillt und in der Lage war, die Rolle des Verteidigers unserer Ölinteressen zu übernehmen. Das amerikanische Vertrauen in den Iran basierte auf der von beiden Seiten geteilten Einschätzung des Charakters der sowjetischen Bedrohung, der Notwendigkeit den politischen Status quo im Golf aufrechtzuerhalten und der Wichtigkeit von Israels Sicherheit.

Die USA sind zwar bereit, im Alleingang zu handeln, um ihre Interessen in der Golf-Region zu verteidigen, in einer idealen Welt wäre es jedoch vorzuziehen, das in Zusammenarbeit mit einer befreundeten, regional vorherrschenden Macht zu tun. Keine der Golfmächte hat jedoch (a) das Potential, diese Rolle zu spielen und hat (b) eine Vorstellung von einer Ordnung am Golf, mit der wir zufrieden wären. Irak zum Beispiel könnte die Anforderung (a) erfüllen - speziell im nördlichen Golf - aber nicht (b). Saudi-Arabien erfüllt Anforderung (b), aber nicht (a)."

Zum Schluss fordert das Dokument eine Konfrontationshaltung in den amerikanisch-irakischen Beziehungen, und bemerkt, ein "wesentliches Ziel" bestehe darin, "Saddam zu zwingen, einige harte Entscheidungen zu treffen".

Diese Ansichten verhärteten sich noch, als das Hussein-Regime, getrieben von der Last der Kriegsschulden und inneren sozialen Spannungen, Schritte unternahm, seinen Einfluss im Nahen Osten auf Kosten von Israel und Washingtons feudalistischen Golf-Verbündeten zu vergrößern. 1990 begann Hussein die Golf-Staaten regelmäßig anzuprangern, weil sie den Ölpreis nach unten trieben, und seine Armee in der Nähe der kuwaitischen Grenze zu stationieren. Mit diesen Maßnahmen hoffte er zweierlei zu erreichen: seine Schuldenprobleme zu lösen und Unterstützung in breiten Schichten der arabischen Welt zu gewinnen, in der der Hass im Volk auf die reaktionären Monarchien Saudi-Arabiens, Kuwaits und der Vereinigten Arabischen Emirate weit verbreitet ist.

Zur gleichen Zeit entwickelte Hussein weitere Waffenprogramme und postierte Raketen im westlichen Irak in unmittelbarer Nähe zu Israel. Die Absicht war, Israel von einem Angriff wie 1981 abzuhalten, als israelische Jets Iraks Atomreaktor Osirak zerstört hatten.

Schließlich marschierte das Hussein-Regime aufgrund einer der bemerkenswertesten Fehleinschätzungen des späten 20. Jahrhunderts am 2. August in Kuwait ein und besetzte es. Es tat dies, weil es davon ausging, die Vereinigten Staaten würden sich diesem Schritt nicht ernsthaft widersetzen. Es gab Gründe dafür, sich diesem Irrglauben hinzugeben.

Nur eine Woche vor der Invasion hatte sich Saddam Hussein mit der amerikanischen Botschafterin im Irak, April Glaspie, getroffen, die erklärte: "Ich bewundere Ihre herausragenden Anstrengungen, Ihr Land wiederaufzubauen. Ich weiß, sie brauchen finanzielle Mittel. Wir verstehen das und unsere Meinung ist, dass Sie die Möglichkeit haben sollten, Ihr Land wiederaufzubauen. Aber wir mischen uns nicht in arabisch-arabische Konflikte ein, wie z. B. Ihre Grenzkonflikte mit Kuwait. [Außenminister] James Baker hat unseren offiziellen Sprecher angewiesen, diese Anweisung zu betonen."

Als es dann passierte, war die amerikanische Reaktion völlig anders: Die USA zogen in den Krieg gegen den Irak und verwüsteten das Land mit einer vernichtenden Bombenoffensive. Dies ist nicht der Ort für einen detaillierten Bericht über diesen Krieg oder die nachfolgenden Entwicklungen. Es genügt hier, darauf hinzuweisen, dass der erste Golfkrieg ein deutlicher Sieg für die aggressive Fraktion innerhalb des amerikanischen Establishments war.

Die erste Bush-Regierung fühlte sich jedoch immer noch an gewisse Zwänge gebunden. Das Schicksal der UdSSR war immer noch ungewiss, und die Wende in der amerikanischen Politik hatte gerade erst begonnen. Der Vater des jetzigen Präsidenten fühlte sich noch nicht in der Lage, eine umfassende Invasion und Besetzung des Irak durchzuführen, mit all den daraus resultierenden politischen und militärischen Verpflichtungen. Zudem hätten sich Europa und die arabischen Staaten dieser Invasion mit Sicherheit widersetzt und die USA waren noch nicht gewillt, auf die Vereinten Nationen und die Unterstützung der anderen großen imperialistischen Mächte zu verzichten.

Dass es 1991 unterlassen wurde, US-Truppen in den Irak zu schicken, um das Baath-Regime zu stürzen, wurde vom rechten Flügel der Republikanischen Partei als verpasste Gelegenheit interpretiert. Die habgierigsten Teile der amerikanischen herrschenden Klasse bemühten sich im Laufe das nächste Jahrzehnt, sicherzustellen, dass die USA niemals wieder ihre Interessen beschneiden lassen musste. Diese Kräfte kamen mit der gegenwärtigen Bush-Regierung an die Macht.

Auf diese Weise wurde Saddam Hussein vom Freund der USA zum Feind. Nachdem er seine Aufgabe erfüllt hatte, das irakische Volk in den unpopulären Iran-Irak-Krieg zu treiben, um zu verhindern, dass der Gärstoff des iranisch gefärbten schiitischen Fundamentalismus die Golf-Staaten erreicht, wurde sein Regime mit seinen Hoffnungen, der irakischen Bourgeoisie eine größere Rolle im Nahen Osten zu verschaffen, ein Hindernis für die US-Interessen.

Husseins gigantische Fehleinschätzung, er könne ungestraft in Kuwait einmarschieren, wurde zum Grabstein der Perspektive einer nationalen kapitalistischen Entwicklung in der Dritten Welt. Sämtliche Faktoren, auf die Hussein sich verließ und die verhindern sollten, dass die USA ihn angriffen - die Unterstützung der sowjetischen Stalinisten, die mutmaßliche Weigerung der anderen arabischen Regime, eine US-Invasions-Armee aufzunehmen oder zu unterstützen, seine Geschichte der Zusammenarbeit mit Washington - wurden zunichte gemacht. Nachdem er mit amerikanischer Unterstützung diktatorisch geherrscht hatte, nachdem er mit amerikanischer Hilfe und amerikanischem Geld Waffen erhalten hatte, musste Hussein dennoch miterleben, wie die Vereinigten Staaten erklärten, eben diese Taten erforderten seine Beseitigung.

Das irakische Volk musste feststellen, dass die Diktatur Saddam Husseins als Vorwand für ständige amerikanische Bombardierungen des Landes, für brutale Sanktionsmaßnahmen, die die Bevölkerung dezimierten und schließlich für die Invasion und Besetzung des Iraks durch amerikanische und britische Truppen im März 2003 diente.

***

Die Geschichte der amerikanisch-irakischen Beziehungen, die in dieser Serie untersucht wurde, entlarvt den betrügerischen Charakter sämtlicher Behauptungen der Bush-Regierung, mit denen sie ihren Krieg und ihre Besetzung des Irak rechtfertigt. Zu den zynischsten Lügen gehört die Behauptung, der Krieg sei eine Antwort auf Saddam Husseins Einsatz und weiteren Besitz von u.a. chemischen und biologischen Massenvernichtungswaffen.

Nicht nur wurden keine solchen Waffen gefunden, sondern das irakische Regime genoss zu der Zeit, als es tatsächlich chemische Waffen besaß und einsetzte, die Unterstützung der amerikanischen Regierung, wie diese Serie belegt hat. Husseins Einsatz dieser Waffen gegen die Iraner und gegen kurdische Aufständische in den 1980er Jahren wurde von der Reagan-Regierung wie eine diplomatische Unannehmlichkeit behandelt und nicht als etwas, was den Beziehungen mit dem Regime schaden könnte; noch viel weniger wurde er als Grund gesehen, Hussein abzusetzen.

Und was die Menschenrechtsverletzungen und die antidemokratische Politik der Baath-Partei angeht, so hatten sie keine große Bedeutung für die amerikanische Regierung. Tatsächlich war der Aufstieg der Baath-Partei an die Macht und Husseins persönliche Herrschaft zum Teil ein Resultat verdeckter amerikanischer Unterstützung. Die Unterdrückung der irakischen Bevölkerung - und speziell der sozialistischen Bewegung - wurde vom amerikanischen Staat begrüßt.

Der Geschichte der amerikanischen Beziehungen zum Irak und zum Nahen Osten insgesamt liegt ein Faktor zugrunde, der auch eine äußerst zentrale Rolle bei den unausgesprochenen Zielen des gegenwärtigen Krieges spielt und der von den Medien weitgehend ignoriert sowie vom amerikanischen politischen Establishment unterdrückt wurde: die Kontrolle über das Öl der Region. Weit entfernt davon, ein zu vernachlässigender Faktor zu sein, ist diese Frage bei allen Wendungen der amerikanischen Politik gegenüber dem Irak gleich geblieben.

Die Frage des Öls ist nicht nur eine Angelegenheit von vitalem wirtschaftlichem Interesse für die amerikanischen Energiekonzerne und die Wirtschaftselite insgesamt, sie hat auch gewaltige Auswirkungen für die allgemeine geopolitische und strategische Position des amerikanischen Imperialismus. Die Großmacht, die die Ölreserven der Welt beherrscht, kann massiven Druck auf alle imperialistischen Rivalen ausüben.

In den 1980er Jahren sah die amerikanische herrschende Klasse in der Unterstützung für den Irak eine Möglichkeit, sich der iranischen Revolution zu widersetzen und die Position der pro-amerikanischen Monarchien in der Golf-Region abzusichern. Nach dem Fall der Sowjetunion sahen die Vereinigten Staaten eine Invasion des Irak als Gelegenheit, die direkte Kontrolle über die Ölreserven des Landes zu übernehmen.

Die Geschichte der amerikanisch-irakischen Beziehungen ist eine Geschichte imperialistischer Diplomatie. Es ist die Geschichte der Unterwerfung eines kleinen Landes und seiner Unterordnung unter die Interessen der mächtigsten und skrupellosesten herrschenden Klasse der Welt, ein Prozess, der durch eine schwache und abhängige bürgerliche Elite unterstützt wurde. Die Unterdrückung dieser Geschichte durch die amerikanischen Medien und das politische Establishment - sowohl durch die demokratische wie auch die republikanische Partei - unterstreicht die Tatsache, dass die Politik der USA gegenüber dem Irak nicht im Interesse des amerikanischen Volks, sondern im Interesse einer Finanzoligarchie geführt wird, die Lügen, militärische Gewalt und Unterdrückung als Instrument zur Ausbeutung der arbeitenden Massen im In- und Ausland einsetzt.

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Anmerkungen

1) Hanna Batatu: The Old Social Classes and the Revolutionary Movements of Iraq, Princeton University Press, Princeton, New Jersey 1978, Seite 11, aus dem Englischen

2) A.a.O., S. 32

3) Hiro, Dilip, Iraq: In the Eye of the Storm, Thunder's Mouth Press/Nation Books, New York, 2002

4) Batatu, Hanna, The Old Social Classes and the Revolutionary Movements of Iraq, Princeton University Press, Princeton, New Jersey, 1978, S. 982

5) Ibid., S. 985-86

6) Batatu, Hanna, The Old Social Classes and the Revolutionary Movements of Iraq, Princeton University Press, Princeton, New Jersey, 1978, S. 726

7) Ibid., S. 731

8) Ibid., S. 1,025

9) Confidential memo from the British Embassy, 15 November, 1969. Declassified and published by the National Security Archive, http://www.gwu.edu/~nsarchiv.

10) Dilip Hiro, The Longest War, Routledge, New York, 1991. S. 30

11) Ibid., S. 71

12) Ibid., S. 262-3

13) Lawrence Freedman and Efraim Karsh, The Gulf Conflict: 1990-1991, Princeton University Press, Princeton, 1993, S. 5-6

14) Zitat aus Dilip Hiro, The Longest War, Routledge, New York, 1991, S. 186

15) Ibid., S. 187

16) Ibid., S. 240

17) Ibid., S. 196

18) Ibid., S. 196

Siehe auch:
USA: Medien und Regierung vertuschen ihre kriminellen Geschäfte mit Saddam Hussein (3. Januar 2004)

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