Ägypten baut Lager für aus dem Gazastreifen vertriebene Palästinenser

Palästinenser, die durch die israelische Luft- und Bodenoffensive auf den Gazastreifen vertrieben wurden, gehen durch ein behelfsmäßiges Zeltlager in Rafah an der Grenze zu Ägypten, Samstag, 27. Januar 2024

Mehrere Berichte, die am Donnerstag veröffentlicht wurden, bestätigen die völkermörderischen Äußerungen der rechtsextremen israelischen Regierung der letzten Monate. Sie zeigen, dass Ägypten im nördlichen Sinai eine riesige Umfassungsmauer errichtet, um die aus dem Gazastreifen vertriebenen Palästinenser aufzunehmen. Die Nachricht kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Israel die letzten Vorbereitungen für eine blutige Bodenoffensive in Rafah trifft, wo etwa 1,5 Millionen Menschen zusammengepfercht sind und ihnen das Lebensnotwendige vorenthalten wird.

Einem Bericht des Wall Street Journal zufolge ist das etwa zwanzig Quadratkilometer große Gelände ein „Notfallplan“ für den Fall, dass es den Palästinensern gelingt, die verstärkte Grenze zu durchbrechen. Ägypten hat in den letzten Wochen eine Betonmauer entlang der Grenze zum Gazastreifen errichtet und zusätzliche Truppen und Panzer stationiert, nachdem Israel mit seinem brutalen Angriff weiter nach Süden vorgedrungen ist.

Die Sinai Foundation for Human Rights, eine in London ansässige Organisation, die die Entwicklungen auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel beobachtet, stellte am Mittwoch fest, dass der Bau des Lagers am Montag begonnen hat und voraussichtlich zehn Tage dauern wird. Ziel des Bauprojekts, das von Beamten des Militärgeheimdienstes überwacht wird, ist der „Bau eines umzäunten Gebiets, das von einer sieben Meter hohen Mauer umgeben ist.“

Die ägyptische Diktatur von General Abdel Fatah al-Sisi lehnt die Aufnahme von palästinensischen Flüchtlingen im Sinai seit langem öffentlich ab. Das Regime in Kairo befürchtet, dass sie im Kampf gegen islamistische Kämpfer in der Region zu einem Sicherheitsrisiko werden könnten und dass die Hamas, deren Ursprünge in der Muslimbruderschaft liegen, die Bruderschaft in Ägypten stärken könnte. Vor allem fürchtet das al-Sisi-Regime die Folgen für die soziale Stabilität, wenn seine Mitschuld an der Vertreibung der Palästinenser in einem Land bekannt wird, in dem die Notlage der Palästinenser auf breite Zustimmung unter den ägyptischen Arbeitern stößt, die der blutigen Diktatur, die die ägyptische Revolution in Blut ertränkt hat, nach wie vor feindselig gegenüberstehen.

Die rechtsextreme israelische Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu erklärt seit Monaten mehr oder weniger offen ihre Absicht, die Palästinenser gewaltsam aus dem Gazastreifen zu vertreiben, was nach dem Völkerrecht ein Kriegsverbrechen darstellt. Im Oktober, nur zwei Wochen nach Beginn der israelischen Bombardierung des Gazastreifens, forderte ein durchgesickertes Dokument des Ministeriums für Nachrichtendienste Israel auf, „die Zivilbevölkerung in den Sinai zu evakuieren.“

In einem am 13. Oktober veröffentlichten Papier mit dem Titel „Optionen für eine Politik gegenüber der Zivilbevölkerung des Gazastreifens“ wird vorgeschlagen, dass die Massenvertreibung der Palästinenser in den Sinai mit der Einrichtung einer „sterilen Zone“ auf der ägyptischen Seite der Grenze einhergehen könnte. „Die Rückkehr der Bevölkerung zu Aktivitäten/Wohnsitzen in der Nähe der Grenze zu Israel sollte nicht erlaubt werden. Darüber hinaus sollte in unserem Hoheitsgebiet nahe der Grenze zu Ägypten eine Sicherheitszone eingerichtet werden“, heißt es in dem Bericht.

Im November rief der rechtsextreme Finanzminister Bezalil Smotrich zur „freiwilligen Auswanderung der Araber aus dem Gazastreifen in die Länder der Welt“ auf und bezeichnete dies als die „richtige humanitäre Lösung.“

Israel hat versucht, sein Ziel, den Gazastreifen zu entvölkern, sowohl durch den Einsatz rücksichtsloser militärischer Gewalt als auch durch die Verweigerung humanitärer Hilfe zu erreichen, was zu Massenhunger und der ungehinderten Ausbreitung von Krankheiten führte. Dies gipfelt in dem sich abzeichnenden Angriff von Bodentruppen auf Rafah, das von israelischen Politikern einst zur „sicheren Zone“ für die palästinensische Bevölkerung erklärt worden war.

Der US-Imperialismus arbeitet hinter den Kulissen, um die Umsiedlung der Palästinenser auf den Sinai zu erleichtern. CIA-Chef William Burns war in Kairo, bevor er diese Woche nach Israel weiterreiste, um angeblich über die Freilassung der restlichen Geiseln zu sprechen. US-Präsident Joe Biden forderte Netanjahu am Sonntag auf, keine Bodeninvasion in Rafah zu starten, bevor nicht ein „glaubwürdiger“ Plan für die Evakuierung der Zivilbevölkerung vorliegt. Die Nachricht, dass Ägypten eine massive Maueranlage baut, macht deutlich, dass Bidens erklärte Besorgnis über zivile Opfer in Rafah viel eher einer Erklärung der US-Unterstützung für die Massenvertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen in den Sinai gleichkommt.

Die uneingeschränkte Unterstützung des amerikanischen Imperialismus für den israelischen Völkermord, zu dem auch die Lieferung von 2.000-Pfund-Bomben gehört, die den Gazastreifen verwüstet haben, steht in Zusammenhang mit seinen geopolitischen Ambitionen. Die Zerstörung des Gazastreifens hat Washington einen nützlichen Vorwand geliefert, um seine Militäroperationen im gesamten Nahen Osten erheblich auszuweiten und einen direkten militärischen Zusammenstoß mit dem Iran vorzubereiten.

Im vergangenen Monat haben Washington und seine Verbündeten Raketen gegen die vom Iran unterstützten Huthis im Jemen und gegen mit Teheran verbündete Milizen im Irak und in Syrien eingesetzt. Die herrschende Klasse der USA will mit dem Rückgriff auf imperialistische Barbarei ihre Vorherrschaft über die energiereiche und strategisch wichtige Region gegen ihre Rivalen China und Russland festigen. Die europäischen imperialistischen Mächte, angeführt von Deutschland und Frankreich, haben ihrerseits ihre eigenen militärischen Ressourcen in die Region entsandt, um sich ihren Anteil an der Beute zu sichern.

Washington hat Israel freie Hand gegeben, die gesamte für das menschliche Leben im Gazastreifen notwendige Infrastruktur anzugreifen und zu zerstören, darunter Wasseraufbereitungsanlagen, Schulen und Universitäten sowie Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen.

Israelische Soldaten stürmten am Donnerstag das Nasser-Krankenhaus in Khan Younis und setzten damit die größte medizinische Einrichtung im südlichen Gazastreifen außer Betrieb. Die brutalen Szenen von Panzern, die auf Patienten schießen, und von Soldaten, die das medizinische Personal und die Verletzten in einen Teil des Krankenhauses zwingen, sind ein weiterer Beweis für die Grausamkeit und Kriminalität des israelischen Regimes, das im Laufe seines viermonatigen Völkermords an den Palästinensern bereits wiederholt Krankenhäuser angegriffen hat.

Der Sturm auf das Krankenhaus folgt ähnlichen barbarischen Aktionen in den Krankenhäusern Al-Nassr und Al-Shifa in Gaza-Stadt im November und im Amal-Krankenhaus in Khan Younis in der vergangenen Woche. Jedes Mal hat Israel die mörderischen Angriffe, die nach internationalem Recht Verbrechen sind, mit falschen Behauptungen über die Anwesenheit von „Terroristen“ oder „terroristischer Infrastruktur“ in der medizinischen Einrichtung gerechtfertigt.

Nachdem die israelischen Streitkräfte die Einrichtung tagelang umstellt und bombardiert hatten, sperrten sie Hunderte von Menschen, darunter über 90 Mediziner und 190 Patienten, in ein altes Gebäude des medizinischen Komplexes ein. Hunderte von Patienten und Vertriebenen wurden von den israelischen Streitkräften (IDF) vom Gelände vertrieben, die auf sie schossen und Teile des Krankenhausgebäudes zerstörten. Nach Angaben des Sprechers des palästinensischen Gesundheitsministeriums, Ashraf al-Qudra, befindet sich „der Nasser Medical Complex in einer katastrophalen und besorgniserregenden Situation. Die medizinischen Kapazitäten schwinden und der Treibstoff wird bis zu diesem Samstag zur Neige gehen, was das Leben der Patienten unmittelbar bedroht, darunter sechs Patienten mit Beatmungsgeräten auf der Intensivstation und drei Kinder in Inkubatoren.“

Während Israel seinen Völkermord im Gazastreifen fortsetzt, eskaliert es auch rücksichtslos den Krieg an seiner Nordgrenze zum Libanon. Der Donnerstag war der tödlichste Tag in dem Konflikt zwischen den beiden Ländern, in dem es seit dem 7. Oktober täglich zu Schusswechseln zwischen den IDF und der Hisbollah kommt. Bei einem Dutzend israelischer Luftangriffe auf verschiedene Ziele südlich des Litani-Flusses wurden insgesamt zehn Zivilisten und drei Hisbollah-Mitglieder getötet.

Bei der provokantesten Aktion feuerten die israelischen Truppen in einer „Säuberungsaktion“ anhaltendes Maschinengewehrfeuer auf das Dorf Kfar Kila ab. Die drastische Verschärfung des Feuers über die Grenze hinweg erhöht die Gefahr eines totalen Krieges zwischen den beiden Ländern, was eine weitere Eskalation des regionalen Flächenbrandes zwischen dem US-Imperialismus und seinen Verbündeten auf der einen Seite und dem Iran und seinen regional verbündeten Kräften auf der anderen Seite bedeuten würde.

Wenn Israel und seine imperialistischen Hintermänner mit der Massenvertreibung der Palästinenser nach Ägypten durchkommen, wird dies als eines der größten Verbrechen des 21. Jahrhunderts in die Geschichte eingehen und einen wichtigen Schritt in Richtung eines Blutbads im gesamten Nahen Osten darstellen. Die vergangenen vier Monate haben jedoch nicht nur die Grausamkeit der Imperialisten und des israelischen Regimes gezeigt, sondern auch die weit verbreitete Ablehnung von Krieg und Völkermord unter den Millionen von Arbeitern und jungen Menschen in aller Welt, die sich an den Demonstrationen beteiligt haben. Die dringende Aufgabe besteht darin, diese Bewegung mit dem sozialistischen und internationalistischen Programm auszustatten, das notwendig ist, um die Arbeiterklasse in den großen imperialistischen Zentren und im gesamten Nahen Osten für den politischen Kampf gegen Krieg und kapitalistische Barbarei zu mobilisieren.

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