„Das Wesentliche an Helen Halyard: Sie war die Partei, sie war Kader“

Wir veröffentlichen hier den Beitrag von Cheryl Crisp, der Vorsitzenden der Socialist Equality Party (Australien), den sie am 3. Dezember auf einer Gedenkveranstaltung der Socialist Equality Party (US) und des Internationalen Komitees der Vierten Internationale für Genossin Helen Halyard hielt. Helen, die mehr als ein halbes Jahrhundert lang ein wichtiges SEP-Führungsmitglied war, verstarb am 28. November unerwartet im Alter von 73 Jahren.

Im Namen der Socialist Equality Party in Australien möchte ich mich meinen Genossinnen und Genossen in der US-amerikanischen SEP und dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale auf der ganzen Welt anschließen und mein tiefstes Beileid zum plötzlichen Tod der Genossin Helen Halyard aussprechen.

Der Prozess des Älterwerdens geht leider mit der häufigeren Teilnahme an Begräbnissen einher, und ich habe mehr als einmal festgestellt, dass man bei einer Beerdigung oft mehr über einen Menschen erfährt, als man vorher wusste, was sehr schade ist. Dies gilt zweifellos auch für Einiges aus Helens Leben, aber das Wesentliche ist schon bekannt.

Helen Halyard im Jahr 1992

Das Wesentliche an Helen Halyard besteht darin, dass sie die Partei war. Sie war Kader. Als sie 1971 den Entschluss fasste, den Young Socialists und später der Workers League beizutreten, war das eine Entscheidung fürs Leben. Sie widmete ihr gesamtes Erwachsenenleben dem Aufbau der revolutionären Partei und der politischen Bildung und Ausbildung von Arbeitern und Jugendlichen, die Mitglied wurden, um eine sozialistische Perspektive zu ermöglichen.

Als Michael Banda, der damalige Generalsekretär der Workers Revolutionary Party (WRP) in Großbritannien, im Jahr 1977, nach dem Mord an Tom Henehan, eines weiteren Kaders der Workers League, über dessen Leben sprach, sagte er folgendes über die Kader: „Revolutionäre werden nicht geboren. Sie werden geschmiedet. Sie werden aus den Erfahrungen der Bewegung geformt, aus der Intervention ihrer Führung, aus dem gesamten Kampf vergangener Generationen.“ Genossin Helen ist ein Beispiel für diesen Prozess.

Ich lernte Helen erstmals in Großbritannien kennen, am WRP College of Marxist Education in Parwich. Das war (glaube ich) 1980, einige Jahre vor der Spaltung der WRP 1985–1986. Es war meine erste internationale Schulung, und wie bei der allgemeinen Begrüßung üblich, ermahnten die verantwortlichen WRP-Führer die anwesenden Genossinnen und Genossen aus den verschiedenen Sektionen (einschließlich der britischen) dass es nicht erlaubt sei, irgendeinen Aspekt der Erfahrungen unserer Sektionen untereinander zu diskutieren. Dies geschah angeblich aus Sicherheitsgründen, hatte aber in Wirklichkeit viel mehr mit der nationalistischen Perspektive und den Trennlinien innerhalb des IK zu tun, die die WRP aufrechterhielt.

Das war eine quälend schwierige Anweisung, und wenn Helen und ich im Schlafraum zusammenkamen, drehten sich unsere Gespräche unweigerlich um die Interventionen, Probleme und Erfahrungen der Partei. Das war schließlich unser Leben. Wann immer sich unsere Wege an späteren Schulungen kreuzten, setzten wir unsere Gespräche fort. Ich schätzte ihre Ratschläge sehr und empfand unsere Gespräche als eine Hilfe, die sich bewährte.

Es bedurfte der Niederlage, die die Internationalisten in der Spaltung im IKVI dem nationalen Opportunismus der WRP beibrachten, damit sich die Beziehungen zwischen den IKVI-Sektionen wandelten und diese zu einer wirklich internationalistischen Organisation wurden. Damit erreichte unsre Zusammenarbeit ein in der sozialistischen Bewegung bisher nie dagewesenes Niveau. Dies wurde sicherlich auch dadurch ermöglicht, dass die Technologie große Sprünge machte. Aber entscheidend war die Wiederherstellung des Grundprinzips der trotzkistischen Bewegung: dass sie in Programm und Organisation internationalistisch ist.

Genossin Helen brachte diesen Wandel sehr deutlich zum Ausdruck. Als Ed Winn und Barry Grey 1988 als Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftskandidaten für die Workers League kandidierten, war dies eine wahrhaft internationale Kampagne, und zahlreiche Genossen aus den IK-Sektionen, auch aus Australien, nahmen daran teil. Wie andere Genossen erklärt haben, war Genossin Helens Engagement, ihre Zuwendung, ihr Rat und ihre Zusammenarbeit ein Höhepunkt dieser Kampagne. Mehr als einer dieser Genossen, die an dieser Kampagne teilnahmen, hat von ihren Ausführungen über die Geschichte der amerikanischen Arbeiterklasse und deren Kämpfe berichtet.

Helen Halyard, zweite von links (neben Linda Tenenbaum) auf einer Versammlung der Socialist Labour League in Melbourne (Australien), während ihrer Kandidatur von 1992 für das Amt des US-Präsidenten

Als Helen 1992 als Präsidentschaftskandidatin der Workers League eine einmonatige internationale Tournee unternahm, die auch Großbritannien, Deutschland und Sri Lanka umfasste, besuchte sie auf der letzten Etappe auch Australien. Diese Tour war ein weiterer Ausdruck der engen Integration und Zusammenarbeit der IK-Sektionen.

Die Genossinnen und Genossen in den USA hatten zu Recht erklärt, dass jeder Mensch auf der Welt bei den amerikanischen Wahlen eine Stimme haben müsste, da das Ergebnis alle Menschen auf der Welt ebenso betrifft wie die amerikanische Arbeiterklasse.

Bericht in der Zeitung Workers News über Helens Aufenthalt in Australien während ihres Wahlkampfs 1992

Zusätzlich zu den Tausenden von Arbeitern und Jugendlichen, mit denen Helen in diesen Ländern diskutierte, traf sie in Australien auch mit Hunderte von Postangestellten, Eisenbahnern, Metallarbeitern, Lehrkräften, Studierenden und Jugendlichen zusammen. In Melbourne, Sydney und Brisbane sprach sie vor vollbesetzten öffentlichen Versammlungen. Sie ließ es sich auch nicht nehmen, ausführlich mit Parteigenossinnen und -Genossen zu sprechen. Sie interessierte sich für die Kader, die das Versprechen für die Zukunft sind.

Helens Tournee fand im Anschluss an die Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991 statt, die von bürgerlichen Wortführern und Akademikern mit einer Welle des Triumphalismus‘ als „Ende der Geschichte“, als Ende des Sozialismus und Triumph des Kapitalismus begrüßt worden war.

US-Präsidentschaftskandidatin Helen Halyard von der Workers League bei einem Interview im australischen Radio, 1992

Das Internationale Komitee hat solchen hohlen Prognosen diejenige des Marxismus entgegengesetzt. In Wirklichkeit war das Ende der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie Ausdruck des Bankrotts nicht nur des Stalinismus, sondern aller politischen Programme, Organisationen und Volkswirtschaften, die sich auf eine nationale Grundlage stützen. Mit der Auflösung der Sowjetunion durch die käufliche Bürokratie wurde Leo Trotzkis Warnung bestätigt, dass die Bürokratie unweigerlich die Errungenschaften der Oktoberrevolution von 1917 liquideren werde, wenn nicht die Arbeiterklasse die bürokratischen Auswüchse durch eine politische Revolution beseitige.

Dass die Krise des Kapitalismus sich verschärfte, war offensichtlich, wie Genossin Helens Reise deutlich machte. Dies zeigte sich klar im Golfkrieg von 1991 gegen den Irak, dem ersten einer Reihe nicht enden wollender militärischer Konflikte, mit denen der US-Imperialismus versuchte, seine Krise mit dem Schwert zu lösen.

Wie Helen erklärte: „Der imperialistische Krieg im Irak markiert eine neue Periode der Barbarei gegen die Massen weltweit ... Die Haltung der herrschenden Klasse in den USA gegenüber den Massen und der Jugend im Irak unterscheidet sich nicht von ihrer Haltung gegenüber der Arbeiterklasse und der Jugend in den Vereinigten Staaten.“

Helen Halyard (mit Linda Tenenbaum) an der Niddrie Technical School in Melbourne (Australien) 1992

Sie fuhr fort: „Tausende junger Menschen in den USA werden vor die Wahl gestellt, entweder dauerhaft arbeitslos zu bleiben, einen Job in einem Fast-Food-Restaurant zu ergattern oder zum Militär zu gehen, um als Kanonenfutter einer kleinen Handvoll von Milliardären zu dienen.“

Bezüglich der Aufstände gegen den Polizeimord an Rodney King in L.A. sagte sie: „Die Lösung für die Arbeiterklasse ist keine spontane Rebellion, sondern ein politischer Kampf gegen den kapitalistischen Staat als Ganzes, und genau das will unsere Wahlkampagne in Gang setzen und aufbauen.“

Diese Analyse ist richtig. Die Krise des Kapitalismus hat sich vertieft, und die Kriege werden immer häufiger und schrecklicher. Das zeigt jüngst der Völkermord in Gaza durch die israelische Regierung und die Tatsache, dass jede einzelne imperialistische Regierung der Welt ihn unterstützt. In den sozialen Medien kann die Welt das wahre Gesicht des Kapitalismus in Echtzeit sehen. Was für die Palästinenser gilt, gilt auch für die australische, amerikanische oder europäische Arbeiterklasse.

Die Perspektive, der Helen Halyard ihr ganzes Erwachsenenleben gewidmet hat – der Kampf für den Aufbau des Internationalen Komitees der Vierten Internationale, der Weltpartei der sozialistischen Revolution, mit dem Ziel, das verachtete und bankrotte kapitalistische System zu stürzen und eine sozialistische Gesellschaft zu errichten – ist das Beispiel und die Richtschnur, an der sich Millionen von Arbeitern und Jugendlichen in der nächsten Zeit orientieren werden.

Sie werden die Helen Halyards dieser Welt in Ehren halten.

Vielen Dank, liebe Genossinnen und Genossen.

Loading