Biden auf Maui: Zahl der Brandopfer steigt auf 114, 850 Personen noch vermisst

US-Präsident Joe Biden und seine Frau Jill besuchten am Montagabend die hawaiianische Insel Maui, auf der sich der tödlichste Flächenbrand in der Geschichte der USA seit mehr als einem Jahrhundert ereignet hat.

Präsident Joe Biden und First Lady Jill Biden während eines Gebets im Bürgerzentrum in Lahaina, Hawaii [AP Photo/Evan Vucci]

Biden machte den obligatorischen Spaziergang vor den Kameras auf der Front Street in der Stadt Lahaina, die am 8. August bis auf die Grundmauern niedergebrannt war. Die offizielle Zahl der Toten liegt nun bei 114 Menschen, 850 weitere gelten noch als vermisst. Danach sprach der Präsident mit den anwesenden Medienvertretern.

Der Präsident unternahm die verspätete Reise, nachdem seine bisherige Ignoranz für einen Aufschrei gesorgt hatte. Insbesondere auf Hawaii, aber auch in den ganzen Vereinigten Staaten herrscht große Empörung über seine zur Schau gestellte Gleichgültigkeit angesichts der Tragödie auf der Insel Maui. In der vergangenen Woche hatte er auf Fragen zu der Katastrophe mit „Kein Kommentar“ geantwortet.

Biden wurde von verschiedenen Vertretern der Demokratischen Partei begleitet, darunter der Gouverneur von Hawaii Josh Green, die US-Senatoren Brian Schatz und Mazie Hirono sowie die US-Abgeordnete Jill Tokuda.

Biden sprach etwa acht Minuten lang. Es hatte zwar fast eine Woche gedauert, bis er aus seinem Strandurlaub in Delaware anreiste, um sich zu der Katastrophe zu äußern, doch der Präsident erklärte nun, dass die US-Regierung den Überlebenden des Feuers „so lange wie nötig“ beistehen werde,

Wie jedes Mal, wenn er mit einer tödlichen Katastrophe konfrontiert ist, versuchte Biden auch hier, den Tod seiner ersten Frau und seiner kleinen Tochter bei einem Autounfall im Jahr 1972 zu nutzen, um sein Mitgefühl auszudrücken. 'Ich weiß, wie das ist“, sagte er.

Biden äußerte sich nur wenig detailliert, was die Vorhaben der US-Regierung betrifft, um den Tausenden Obdachlosen zu helfen. Stattdessen versucht er vielmehr, seine erbärmliche und verspätete Reaktion auf die Krise zu verteidigen.

Er prahlte damit, dass er „schnell 55.000 Mahlzeiten, 75.000 Liter Wasser, Betten und 10.000 Decken“ für eine Stadt bereitstellen konnte, in der die Menschen alles verloren haben. Er sagte an die Adresse der Hausbesitzer, Mieter und gemeinnützigen Organisationen: „Wenn Sie Hilfe brauchen, können Sie das FEMA-Katastrophenhilfezentrum am Maui College besuchen oder auf disasterassistance.gov gehen.“

Biden bot seinem Publikum keine Erklärung oder vorläufige Analyse zu den Ursachen der Katastrophe, auch wenn es in den vergangenen zwei Wochen hierzu bereits zahlreiche gesicherte Erkenntnisse gab. Die Brandursachen sind ebenso natürlichen Urspungs wie von Menschen gemacht. Stellvertretend für das gesamte politische Establishments stellt der US-Präsident den Flächenbrand als eine hinzunehmende Tatsache und die Reaktion der Regierung darauf als vollkommen akzeptabel dar.

Die verheerenden Auswirkungen des Waldbrandes, der durch die Folgen des Klimawandels wie Trockenheit und die starken Winde des Hurrikans Dora im Pazifik im Süden der Insel ausgelöst wurde, wüteten am 8. und 9. August in West-Maui. Obwohl Umweltschützer vor den Gefahren eines solchen Feuers gewarnt hatten, gaben die Notfallbehörden der Regierung keine Warnung heraus. Die Einwohner hatten keine Zeit, sich zu evakuieren, bevor das sich schnell ausbreitende Feuer und die extreme Hitze ihnen den Weg abschnitten und alles zerstörten.

Die FEMA-Katastrophenschutzbehörde erklärt zwar, dass die Überlebenden aus den Notunterkünften in Hotels und Wohnungen umgesiedelt wurden, doch die Washington Post berichtete am vergangenen Freitag, dass viele Menschen ohne Unterkunft nachts in Zelten an den Stränden campieren oder in ihren Autos leben. „Andere“, so der Bericht weiter, „leben in Kirchen und Golfclubs, während sie sich Gedanken darüber machen, was als nächstes kommen wird.“

In der Zwischenzeit wird die Versorgung mit Lebensmitteln von kirchlichen und karitativen Gruppen übernommen. Die Post berichtet: „Die Citizen Church Maui in Kahana ist zu einem zentralen Anlaufpunkt geworden, um die vom Feuer Vertriebenen zu versorgen, aber auch die vielen anderen, die an der Küste leben, aber weit von den Flammen entfernt waren und nirgendwo zu essen haben.“ Die Kirche gibt 3.000 Mahlzeiten pro Tag aus.

Tatsächlich wurde die Unfähigkeit und Weigerung der US-Regierung, für die Grundbedürfnisse der Überlebenden der Katastrophe auf Maui zu sorgen, unbeabsichtigt von Gouverneur Green hervorgehoben. Green sprach nach Biden und forderte alle, die die Bewohner von Maui unterstützen wollen, auf, an das Rote Kreuz zu spenden.

Mit jedem weiteren Tag wird den verzweifelten Angehörigen der vielen Vermissten, darunter viele Kinder, klar, dass diese mutmaßlich zu den Toten gezählt werden müssen. Gouverneur Green sagte am Sonntagmorgen in der CBS-Sendung „Face the Nation“, dass erst 27 der 114 bestätigten Opfer identifiziert worden seien. Der Sender berichtete am Montag, dass „Geschichten von Kindern bekannt geworden sind, die den Flammen zum Opfer fielen“.

In einem Fall genoss der Teenager Kenyero Fuentes gerade seinen letzten Tag der Sommerferien, als das Feuer sein Haus erreichte. Seine Adoptivmutter Luz Vargas arbeiteten etwa 8 Kilometer vom Hause entfernt, doch sie und ihr Mann kamen nicht durch, um ihren Sohn zu retten.

CBS News berichtet: „Als sie zwei Tage später endlich in ihr Haus gehen durften, fanden sie die Leiche ihres 14-jährigen Sohnes, der den toten Hund der Familie umarmte. Er starb nur wenige Tage vor seinem 15. Geburtstag.“

Bidens Reise nach Maui war im Wesentlichen eine Übung in Schadensbegrenzung. Dies geht aus einem Interview der Washington Post mit dem demokratischen Senator Brian Schatz hervor, der sich bemühte, die Untätigkeit und Trägheit des Weißen Hauses zu rechtfertigen.

„Es gibt Zeiten, in denen ein Präsident Unterstützung verspricht, aber das Kabinett die Botschaft nicht wirklich verinnerlicht“, sagte Schatz. Und weiter: „ Das ist hier nicht der Fall.“

In dem Bemühen, Bidens Ungeschicklichkeit und sein fehlendes Mitgefühl zu decken, sagte Schatz: „[Der Präsident ist] nicht der FEMA-Chef, also trifft er keine [Entscheidungen] darüber, wann die Straße in West Maui geöffnet werden soll. Seine Aufgabe ist es, die US-Regierung aufzufordern, aktiv zu werden und da auch wirklich hinterzustehen.“

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