Die ästhetische Komponente
des Sozialismus

barbrown

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Vorlesung von David Walsh

Die Haltung des klassischen Marxismus zur Kunst

Ich möchte damit beginnen, daß der erste Artikel, den Karl Marx im Alter von 23 Jahren als revolutionärer Journalist schrieb, ein Kommentar zur Zensurinstruktion der preußischen Regierung war. Darin hatte es geheißen, die Zensur solle »keine ernsthafte und bescheidene Untersuchung der Wahrheit hindern«. In seiner höhnischen Antwort stellte Marx die rhetorische Frage: »Ist es nicht erste Pflicht des Wahrheitsforschers, direkt auf die Wahrheit loszugehen, ohne rechts oder links zu sehen? Vergesse ich nicht die Sache zu sagen, wenn ich noch weniger vergessen darf, sie in der vorgeschriebenen Form zu sagen?«

Er fuhr fort: »Ferner: die Wahrheit ist allgemein, sie gehört nicht mir, sie gehört allen, sie hat mich, ich habe sie nicht. Mein Eigentum ist die Form, sie ist meine geistige Individualität. Le style c’est l’homme. [Der Stil ist der Mensch.] Und wie! Das Gesetz gestattet, daß ich schreiben soll, nur soll ich einen anderen als meinen Stil schreiben! Ich darf das Gesicht meines Geistes zeigen, aber ich muß es vorher in vorgeschriebne Falten legen! Welcher Mann von Ehre wird nicht erröten über diese Zumutung...

Ihr bewundert die entzückende Mannigfaltigkeit, den unerschöpflichen Reichtum der Natur. Ihr verlangt nicht, daß die Rose duften soll wie das Veilchen, aber das Allerreichste, der Geist soll nur auf eine Art existieren dürfen? Ich bin humoristisch, aber das Gesetz gebietet, ernsthaft zu schreiben. Ich bin keck, aber das Gesetz befiehlt, daß mein Stil bescheiden sei. Grau in grau ist die einzige, die berechtigte Farbe der Freiheit. Jeder Tautropfen, in den die Sonne scheint, glitzert in unerschöpflichem Farbenspiel, aber die geistige Sonne, in wie vielen Individuen, an welchen Gegenständen sie auch sich breche, soll nur eine, nur die offizielle Farbe erzeugen dürfen!«1

So schrieb Marx Anfang 1842, fünf Jahre vor dem Kommunistischen Manifest. Ich zitiere diese Worte, um zu unterstreichen oder nötigenfalls zu begründen, daß die Weltanschauung der Menschen, die vor anderthalb Jahrhunderten unsere Bewegung gründeten, eine ganz bestimmte Haltung zur Kultur, zum künstlerischen Ausdruck und zur geistigen Freiheit beinhaltete. Diese Haltung bildet nach meiner Überzeugung auch heute einen unersetzlichen Bestandteil der marxistischen Sichtweise und ist von objektiver Bedeutung. Wir werden heute vor allem versuchen, uns einen ersten Zugang zu diesem Aspekt zu erarbeiten, den man vielleicht als ästhetische Komponente des sozialistischen Bewußtseins bezeichnen könnte.

Wenn der Marxismus so viel Wert auf die Verteidigung der künstlerischen und geistigen Freiheit legt, weshalb, könnte man zu Recht fragen, ist eine Diskussion wie unsere heutige so ungewöhnlich, ja bislang einmalig? Die Antwort auf diese Fragen hat viele Seiten, zu viele, um sie auf diesem Forum erschöpfend zu behandeln. Aber wir müssen sie dennoch ansprechen, denn sie dürfte ein Licht auf die Probleme werfen, über die wir heute diskutieren.

Zum einen geht es offenbar um die objektive Bedeutung der Beziehung zwischen Politik und Kunst im Kampf für den Sozialismus. Leo Trotzki begann seinen Klassiker »Literatur und Revolution«, der 1922 und 1923 entstand, mit der Bemerkung, daß man die Stellung der Kunst in der Sowjetunion mit folgender allgemeiner Überlegung einordnen könne: Wenn die russischen Arbeiter nicht in einem erbitterten Bürgerkrieg die konterrevolutionären Armeen besiegt hätten, dann gäbe es den Sowjetstaat nicht mehr, und die Marxisten in Rußland würden sich nicht über wirtschaftliche, geschweige denn über geistig-kulturelle Probleme den Kopf zerbrechen. Um eine Gesellschaft zu schaffen, in der die Kunst aufblühen wird, muß man eindeutig nicht-künstlerische Mittel anwenden.

Das steht im Zusammenhang mit der Klassenunterdrückung im Kapitalismus. Trotzki warnte in »Literatur und Revolution« vor undurchdachten Parallelen zwischen dem historischen Schicksal der Bourgeoisie und jenem des Proletariats. Die Kapitalistenklasse eroberte die politische Macht, nachdem sie bereits Jahrhunderte lang eine eigene Kultur aufgebaut hatte. Sie übernahm die Herrschaft über die Gesellschaft als eine bereits wohlhabende und gebildete gesellschaftliche Gruppierung. Bei der Arbeiterklasse ist das ganz anders.

Einen großen Teil der Kraft, die ihnen »nach Lösung der allerdringlichsten Daseinsbedürfnisse« noch verbleibt, stecken sozialistische Arbeiter notwendigerweise in das Studium von Politik und Wirtschaft und in das Bemühen, die ganze Klasse auf der Grundlage marxistischer Prinzipien zu erziehen und zu organisieren. Die Größe und Dringlichkeit dieser Aufgaben machen das unvermeidlich. Das gilt in hohem Maße selbst für die Mitglieder unserer eigenen Partei.

Mit anderen Worten, während sich der historische Aufstieg der Bourgeoisie relativ ausgeglichen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens vollzog – in der Wirtschaft, der Philosophie, der Kultur – »bekommt der ganze Werdegang«, um mit Trotzki zu sprechen, »bei dem als Klasse wirtschaftlich bettelarmen Proletariat einen angespannt einseitigen, revolutionär-politischen Charakter«, der seinen höchsten Ausdruck in der revolutionären sozialistischen Partei erreicht.2 Wir kämpfen gegen diese Einseitigkeit an, verstehen aber ihre objektiven Wurzeln. Es bestünde keine Notwendigkeit für die soziale Revolution, wenn sich die Menschheit auch unter dem Kapitalismus rundum entwickeln könnte. Die Arbeiterklasse muß gerade deshalb die Macht übernehmen, weil ihr der Zugang zur Kultur im breitesten Sinne verwehrt wird.

Vor diesen allgemeinen Überlegungen sollte niemand die Augen verschließen, aber vielleicht sollte ich direkter auf bestimmte historische Probleme eingehen, um zu erklären, weshalb wir es für notwendig und möglich hielten, kulturellen Problemen einen eigenen Vortrag zu widmen.

Ein solcher Vortrag muß die Ironie berücksichtigen, daß es für alle großen Vertreter des Marxismus in den ersten vielleicht 75 Jahren nach Erscheinen des Kommunistischen Manifests 1847 ganz selbstverständlich war, daß der Kampf für den Sozialismus und die Verteidigung der künstlerischen Freiheit untrennbar zusammenhängen.

Man muß sich nur noch einmal den Charakter des Mannes ansehen, dessen Name für die Gründung des wissenschaftlichen Sozialismus steht, Marx selbst. Dieser Mann verfügte, neben seinen vielfältigen anderen außergewöhnlichen Begabungen, über eine immense kulturelle Bildung. Der französische Sozialist und Schwiegersohn von Marx, Paul Lafargue, schrieb in seinen Erinnerungen:

»Heine und Goethe, die er [Marx] oft im Gesprüche zitierte, wußte er auswendig; er las stets Dichter, die er aus allen europäischen Literaturen wählte; jedes Jahr las er Äschylos im griechischen Urtext; ihn und Shakespeare verehrte er als die beiden größten dramatischen Genies, welche die Menschheit hervorgebracht. Shakespeare, für welchen seine Verehrung unbegrenzt war, hatte er zum Gegenstand eingehendster Studien gemacht; er kannte auch seine geringfügigsten Figuren.... An die Spitze aller Romanciers stellte er Cervantes und Balzac... Marx besaß eine unvergleichlich reiche poetische Fantasie; seine literarischen Erstlingswerke waren Poesien. Frau Marx bewahrte sorgfältig die Jugendverse ihres Mannes auf, zeigte dieselben jedoch niemand. Die Familie Marx’ hatte für ihren Sohn die Laufbahn eines Literaten oder Professors erträumt, ihres Erachtens erniedrigte er sich dadurch, daß er sich der sozialistischen Agitation hingab und sich mit der damals in Deutschland noch geringgeschätzten Nationalökonomie beschäftigte3

Auf die Aufforderung Karl Kautskys hin schrieb Eleanor Marx 1895 ihre Eindrücke über die Freundschaft zwischen Heine und Marx nieder. Sie erinnerte sich gut daran, wie ihre Eltern beide viel von Heine gesprochen hatten, mit dem sie Anfang der vierziger Jahre häufig zusammengekommen waren. Kautsky gab ihre Schilderung des herzlichen Verhältnisses zwischen Heine und Marx folgendermaßen wieder: »Es gab eine Zeit, wo Heine tagaus tagein bei Marxens vorsprach, um ihnen seine Verse vorzulesen und das Urteil der beiden jungen Leute einzuholen. Ein Gedichtchen von acht Zeilen konnten Heine und Marx zusammen unzählige Male durchgehen, beständig das eine oder andere Wort diskutierend und so lange arbeitend und feilend, bis alles glatt und jede Spur von Arbeit und Feile aus dem Gedicht beseitigt war... Marx war ein großer Verehrer Heines. Er liebte den Dichter ebenso sehr wie seine Werke und urteilte auf das Nachsichtigste über seine politischen Schwächen. Dichter, erklärte er, seien sonderbare Käuze, die man ihre Wege wandeln lassen müsse. Man dürfe sie nicht mit dem Maßstabe gewöhnlicher oder selbst ungewöhnlicher Menschen messen.«4

Was Trotzki angeht, so muß man nur das Kapitel seiner Autobiographie lesen, das den Titel »Bücher und erste Konflikte« trägt. Darin schildert er, wie er als Kind die Werke von Puschkin, Nekrasow, Dickens und Tolstoi verschlang, welchen ungeheuren Eindruck sein erster Theaterbesuch bei ihm hinterließ, und welche großen Auswirkungen die Besuche eines Freundes, der in Südrußland als Shakespeare-Kenner galt, bei seiner Gastfamilie hatten.

Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an vertraten die großen Repräsentanten des klassischen Marxismus – Marx, Engels, Lenin, Trotzki, Rosa Luxemburg, Franz Mehring, Georgi Plechanow, Lafargue, Antonio Labriola – und zahllose Geringere nicht einfach nur ein politisches Programm, das wäre viel zu eng gefaßt. Der Marxismus war eine geistige Strömung von enormer Tiefe und Breite. Bewußt nahm er die größten Leistungen der bürgerlichen Philosophie, politischen Ökonomie, Geschichtsschreibung und, möchte ich behaupten, zumindest implizit des künstlerischen Schaffens in sich auf. Der Marxismus bot die einzige rationale und zusammenhängende Erklärung für die Widersprüche und die zunehmende Krise der bürgerlichen Gesellschaft und zeigte den einzigen progressiven Ausweg daraus auf. Die Idee des Sozialismus, der die Vision einer von Ausbeutung und Elend befreiten Welt erstehen ließ, fand einen Widerhall in allen Bereichen des geistigen Lebens, ob sie nun geteilt wurde oder nicht.

Umgekehrt wirkte jede Strömung und jeder Einzelne, der neue Einsichten auf dem Gebiet des Physischen, Sozialen oder Geistigen gewann, in der einen oder anderen Weise auf den Marxismus zurück. Das galt etwa für die Arbeit von Physikern, Anthropologen oder Psychoanalytikern. Man darf die großen Widersprüche in der sozialistischen Bewegung zwischen 1890 und 1914 nicht übertünchen, aber im allgemeinsten Sinne steht außer Frage, daß das revolutionäre Selbstbewußtsein der Massen in jenen Jahren unermeßlich anwuchs, was in der Oktoberrevolution von 1917 seinen höchsten Ausdruck fand.

Wenn man beginnt, sich auch nur oberflächlich mit der Geschichte jener Periode zu befassen, so stößt man auf alles Mögliche. Zum Beispiel auf eine Versammlung im Jahr 1890 zur Eröffnung der Freien Volksbühne, eines großen Theaters in Deutschland. Diese Versammlung vereinte, wie ein Historiker schildert, die Führer der Berliner Avantgarde mit den Führern der Sozialdemokratie in einem gemeinsamen Anliegen, das in eine Reihe von Versammlungen mündete, auf denen Schriftsteller und Industriearbeiter literarische Diskussionen führten.

Ein weiteres Beispiel ist die Kunstabteilung der Arbeiterpartei Belgiens. Ihre Arbeiter-Bildungsprogramme der Jahre 1891-92 beinhalteten die moderne russische Literatur, Ibsen, Wagner, Volksmusik, Shakespeare, flämische Malerei, William Morris und die Dichtung Paul Verlaines.

In Deutschland organisierte die Sozialdemokratische Partei natürlich Tausende Arbeiterverbände zu einer Vielzahl von Themen auch kultureller Art. Ein Buch, das ich durchgesehen habe, führte das Beispiel einer deutschen Kleinstadt mit zehn- bis zwanzigtausend Einwohnern an, in der es hundert Arbeitervereine gab, von den Radsportlern bis hin zu Theater- und Dichtkunstzirkeln. Für die Sozialisten nahmen Kultur und Kunst einen zentralen Stellenwert ein, wenn es darum ging, die Arbeiterklasse auf die Höhe ihrer geschichtlichen Aufgaben zu bringen.

In Frankreich veröffentlichte die anarchistische Zeitschrift »La Révolte« Literaturbeilagen mit den Werken von Tolstoi, Flaubert, De Maupassant, den Brüdern Goncourt, Anatole France und Zola. Als im Jahr 1894 die Abonnentenlisten der Publikation beschlagnahmt wurden, lasen sie sich wie ein Verzeichnis der sensibelsten und »dekadentesten« Ästheten, unter ihnen Stéphane Mallarmé, die Maler Paul Signac und Camille Pissarro sowie Anatole France selbst – ein Querschnitt durch das französische Kulturleben.

Ein nützliches Buch, »Der Künstler und die Sozialreform« [The Artist and Social Reform], eine Studie über die gesellschaftliche und kulturelle Lage in Frankreich und Belgien zum Ende des 19. Jahrhunderts, stellt fest: »Als Gustave Kahn [ein bekannter Literat und künftiger Dreyfusard] 1866 über die Stagnation der zeitgenössischen französischen Gesellschaft schrieb, in der sich die siegreiche Bourgeoisie allem Neuen in der Kunst und in der Welt der Ideen entgegenstellte, wiederholte er eine weitaus ältere Klage, die bei ihm und anderen sowohl von künstlerischen als auch von sozialen Beweggründen herrührte. Der Künstler fühlte sich nicht nur, wie bereits seit geraumer Zeit, als Opfer der Gesellschaft, sondern begann sich auch mit der Arbeiterklasse zu identifizieren, da sie beide Opfer einer gleichartigen Ungerechtigkeit waren.«

Selbst unter den halblegalen Bedingungen des zaristischen Rußlands suchten die Marxisten in dieser Zeit die Verbindung zu den Dekadenten, einer »jungen und verfolgten [literarischen] Richtung« (Trotzki), und verteidigten sie.

Es wäre unklug, so zu tun, als ob die Beziehungen zwischen den Künstlern und den Sozialisten, selbst in den besten Fällen, einfach, harmonisch und konfliktfrei gewesen wären. Wie hätte dies auch sein können? Bohème, Individualismus, Eigensucht – verbunden mit einer ganz bestimmten gesellschaftlichen Existenz – sind in Künstlerkreisen nicht gerade unbekannt. Andererseits ist in der marxistischen Bewegung das Philistertum auch nicht unbekannt. Und neben den unvermeidlichen Reibereien aus Klassen- und politischen Gründen besteht noch der bedeutsame, wenn auch nicht absolute Unterschied zwischen wissenschaftlicher und künstlerischer Erkenntnis.

Vor ein paar Jahren besprach ich dies in Bezug auf die russischen Avantgardisten in der Kunst: »Schon die Art und Weise, wie der Künstler die Welt erkennt, nämlich durch Bilder, die enge Verbindung seines Reiches zur Sinneswahrnehmung, zu unmittelbaren Eindrücken und Gefühlen, sowie die größere Rolle der Intuition und des Unbewußten in der künstlerischen Arbeit – dies ist beinahe eine Garantie dafür, daß der Künstler hinter der Tagespolitik ›zurückbleibt‹.« Ob das künstlerische Bewußtsein hinterherhinkt oder gelegentlich vorauseilt, mit dem politisch-revolutionären Bewußtsein befindet es sich jedenfalls selten im Einklang.

Wenn man all dies berücksichtigt, bleibt meiner Meinung nach ganz allgemein die historisch belegbare Aussage bestehen, daß sich in der Periode vor der russischen Revolution die sozialistische Bewegung als Verbündeter und Verteidiger des künstlerischen Schaffens und als entschiedener Befürworter der geistigen Freiheit im allgemeinen begriff – und von jenen Künstlern und Intellektuellen, die mit ihren allgemeinen Zielen übereinstimmten, auch so gesehen wurde.

Ist das die gängige Art und Weise, wie der Marxismus heute aufgefaßt wird? Man müßte sich etwas vormachen, wollte man es glauben. Wenn der »Marxismus« gegenwärtig nicht direkt mit der Knebelung jedes kritischen Denkens und künstlerischen Arbeitens durch brutale und stumpfsinnige Bürokraten identifiziert wird, die die unabhängigsten Köpfe in den Gulag verbannen, so doch am wahrscheinlichsten mit den Idiotien des Postmodernismus, der »identity politics« und der ganzen Palette kunstfeindlicher Verordnungen der kleinbürgerlichen Linken.

Zur Gleichsetzung des Marxismus mit der totalitären Unterdrückung von Ideen wird sich natürlich gleich der rechtsgerichtete Ideologe zu Wort melden: »Hier sieht man«, wird er sagen, »daß die Ansprüche der Sozialisten, für Freiheit einzustehen, nur Lug und Trug waren. Es handelte sich um machtgierige Individuen, die das Blaue vom Himmel herunter versprachen, wenn sie damit nur ihr Ziel erreichen konnten. Sobald sie oben saßen, zeigten sie ihr wirkliches Gesicht.«

Dieses Argument wäre sehr überzeugend, wenn es nicht in völligem Gegensatz zu den historischen Tatsachen stünde. Die Oktoberrevolution gab dem künstlerischen Schaffen, besonders in den Bereichen Malerei, Dichtung und Film, einen enormen Anstoß. Schon die Namen – Malewitsch, Majakowskij, Tatlin, Eisenstein, Pudowkin, Wertow, Schostakowitsch, Rodtschenko, Popowa, Stepanowa, El Lissitzky, Meyerhold, Babel, Mandelstam und viele mehr – rufen eine ganze Welt der Kunst wach. Selbst die aufrichtigeren politischen Gegner der Revolution gaben murrend zu, daß sie der Kultur einen großen Impuls verliehen hatte. Führende Persönlichkeiten der bolschewistischen Partei – Lenin, Trotzki und insbesondere Lunatscharski – förderten die künstlerische Arbeit und traten allen Versuchen entgegen, den sowjetischen Künstlern angeblich »proletarische« oder künstlich »revolutionäre« Kriterien aufzuzwingen. Als die Arbeiterregierung, schrieb Trotzki, »sich noch auf eine begeisterte Massenbasis stützen konnte und noch die Perspektive der Weltrevolution vor Augen hatte, fürchtete sie weder die Experimente noch das Suchen und die Kämpfe der Schulen, denn sie begriff, daß nur auf diesem Weg die neue Kulturepoche vorbereitet werden kann. Die Volksmassen bebten noch in allen ihren Fasern und begannen, zum erstenmal nach tausend Jahren, laut zu denken. Die besten jungen Kräfte der Kunst waren in ihrer Gesamtheit von Leben erfüllt5

Es ist im Rahmen unserer heutigen Diskussion nicht möglich, den Charakter, das Anwachsen und die Bedeutung des Stalinismus zu untersuchen, aber die Unterdrückung – und schließliche Zerstörung – des sowjetischen Kulturlebens, die er von Mitte der zwanziger Jahre an betrieb, war eines der großen Verbrechen am menschlichen Geist in diesem Jahrhundert. Der Aufstieg der Bürokratie schuf, wie Trotzki sagte, »eine Art Konzentrationslager der künstlerischen Literatur«. Die besten Künstler begingen Selbstmord, verstummten oder wurden vernichtet.

Nicht genug, daß die Bürokratie ganze Künstlergenerationen in der UdSSR und im Ausland ermordete, korrumpierte oder demoralisierte, sie borgte oder erfand auch Theorien zur Rechtfertigung ihrer Tyrannei über die Kunst: die »proletarische Kultur« und den »sozialistischen Realismus« der Stalinzeit. Die kulturellen Folgen des Stalinismus endeten nicht mit dem Tod des Tyrannen im Jahr 1953, noch fühlte man ihre zerstörerische Wirkung nur in der UdSSR, Osteuropa und China. Verschiedene Schulen der »Volkskunst« lassen sich auf seinen traurigen Einfluß zurückführen. Natürlich war hier nicht nur der Stalinismus am Werk; auch diverse einheimische populistische und bürgerlich-nationalistische Einflüsse spielten eine Rolle, aber mit Sicherheit diente er als ideologischer und organisatorischer Kitt, ohne den das ganze nicht zusammengehalten hätte.

In den 75 Jahren, seit Trotzki »Literatur und Revolution« schrieb, sind verschiedene Auffassungen, die der Kunst und dem geistigen Schaffen im wesentlichen feindlich waren, als »Marxismus« ausgegeben und im Denken vieler Menschen mit ihm identifiziert worden. Wir vertreten die Auffassung, und darin besteht vielleicht die Bedeutung unserer heutigen Diskussion, daß die Periode, in der dieser Betrug möglich war, jetzt zu Ende ist.

Seit einigen Jahren bemüht sich das Internationale Komitee mittlerweile darum, eine wahrhaft marxistische Herangehensweise an die Kunst wiederzubeleben. Dies bildet einen Bestandteil der meiner Meinung nach zu Recht so bezeichneten Renaissance der marxistischen Theorie, die seit dem entscheidenden Bruch mit dem Opportunismus in Form der britischen Workers Revolutionary Party Mitte der achtziger Jahre erfolgt ist. Man hat sehr stark das Gefühl, daß sich die trotzkistische Bewegung – der Marxismus in seiner modernen Form – von einer Vielzahl feindlicher Einflüsse befreit und sozusagen wieder zu sich gefunden hat.

Das liegt natürlich nicht bloß am Bruch mit einer Gruppe Opportunisten, so wichtig dieser war. Aber hier sind starke historische Prozesse am Werk. Diese Renaissance hängt mit einer veränderten Beziehung zwischen Marxismus und Opportunismus, zwischen der Arbeiterklasse und der Bürokratie zusammen. Eine ganze historische Periode lang war diese Beziehung für die revolutionäre sozialistische Bewegung außerordentlich ungünstig gewesen. Es ist meine Überzeugung, daß die Vorherrschaft der stalinistischen und reformistischen Bürokratien über die Arbeiterklasse direkt mit der Verbreitung jener falschen Vorstellungen zusammenhing, die als marxistisch ausgegeben wurden und von vielen aufrichtigen und ehrlichen Sozialisten ein halbes Jahrhundert lang auch für bare Münze oder zumindest hingenommen wurden.

Meiner Ansicht nach können wir uns jetzt vom Einfluß dieser falschen und schädlichen Vorstellungen befreien, und das ist von großer objektiver Bedeutung. Es unterstreicht unsere eigene Entwicklung als eine Tendenz, die den bürokratischen Apparaten unversöhnlich entgegentritt, und weist darauf hin, daß die Arbeiterklasse erneut als Klasse auftreten wird, die in ihrem eigenen, unabhängigen historischen Interesse handelt. Auf diesen Aspekt werde ich später in meinem Vortrag zurückkommen.

Gewisse Meinungsverschiedenheiten

Wie gesagt, bemühen wir uns seit einigen Jahren gezielt, das Niveau unserer Stellungnahmen zu Fragen der Kunst zu heben und uns im Lichte des marxistischen Erbes, das ich kurz andeutete, mit Problemen der zeitgenössischen Kultur auseinanderzusetzen. Viel Arbeit bleibt noch zu tun, aber ich meine, wir haben den Weg schon von einer gewissen Menge Schutt befreit.

Wir legen großen Wert auf die objektive Bedeutung des künstlerischen Schaffens und nehmen seine Entwicklungsgesetze ernst. Diese Haltung stieß kürzlich, wie die meisten von Ihnen wahrscheinlich wissen, auf Einwände eines Lesers der Workers News hier in Australien. Mr. Brad Evans schrieb Ende August einen Leserbrief gegen einen Artikel vom letzten Sommer, der sich in knapper Form mit der Bedeutung von Oscar Wildes Leben und Werk befaßt hatte.6

Wir haben unsere Antwort in der Zeitung veröffentlicht, und er schrieb nun jüngst einen weiteren Brief, der unsere unterschiedlichen Einstellungen noch sehr viel deutlicher werden läßt. Ich möchte heute auf diese Streitfragen zurückkommen, denn ich halte die von Mr. Evans vorgebrachten Ansichten für typisch für ein bestimmtes soziales Milieu. Natürlich hat er ein Recht auf seine Meinung, aber das gilt auch für uns. Und wir wollen nicht zimperlich sein, wenn es darum geht, unsere Auffassungen zu verteidigen und sie von Ideen abzugrenzen, die in unseren Augen falsch und rückschrittlich sind.

Ich nehme an, daß die meisten von Ihnen den ursprünglichen Artikel zu Wilde und den Briefwechsel, der letzten November veröffentlicht wurde, gelesen haben, aber vielleicht ist es dennoch hilfreich, wenn ich die Fragen, so wie ich sie sehe, noch einmal kurz zusammenfasse.

Der Artikel zu Wilde hatte wiederum eine Vorgeschichte. Er entstand gewissermaßen unter dem Einfluß der Arbeit, die wir zuvor im selben Sommer an André Breton und dem Surrealismus geleistet hatten, um zu diesem Thema zu schreiben. Ich halte Breton weiterhin für eine Schlüsselfigur. Ich bin überzeugt davon, daß sein prinzipienfester Standpunkt zu politischen Fragen – seine Ablehnung des Stalinismus und seine Unterstützung für Trotzki und die Vierte Internationale – damit zusammenhing, daß er der Rolle des Subjektiven, des Bewußtseins, in Kunst und Geschichte große Bedeutung beimaß. Ich kenne wenige Menschen in der Geschichte, die fester und aufrichtiger geglaubt hätten, daß das völlig ungehinderte Wirken der kreativen Phantasie entscheidend zum Erfolg der Revolution beitragen würde.

Als ich mich Wilde näherte, fiel mir auf, daß in seinem Werk ähnliche Themen anklangen. Natürlich muß man ihn cum grano salis nehmen. Wilde kann bisweilen ein fürchterlicher Snob sein; oft geht er einem völlig gegen den Strich; die meisten seiner Gedichte sind unmöglich gestelzt; die meisten seiner Stücke kommen nicht über das Niveau harmloser Salonkomödien hinaus. Und doch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß seine Aussagen dann und wann sehr tief sind. Besonders in »Der Sozialismus und die Seele des Menschen«, »Der Kritiker als Künstler«, »Das Bildnis des Dorian Gray«, in »Salomé«, in »De Profundis« und vielleicht auch in »The Importance of Being Earnest«.

Als Wilde die provokative Äußerung tat, daß nicht die Kunst Natur und Leben widerspiegele, sondern daß in Wirklichkeit die Natur und das Leben die Kunst imitierten, d.h. daß sie den Stempel des menschlichen Handelns trugen, bewies er ein Verständnis der Dialektik, das für seine Epoche außergewöhnlich war. Diese Bemerkung, die man natürlich auch wieder kritisch lesen muß, erinnert mich immer an den Absatz über Feuerbachs Materialismus in der »Deutschen Ideologie«, in dem Marx und Engels feststellen, die »der menschlichen Geschichte vorhergehende Natur« sei »ja nicht die Natur, in der Feuerbach lebt«.7 Anders ausgedrückt, ob in Form der Produkte des Denkens, der Gesellschaft oder auch der Natur, die Menschen sehen sich im allgemeinen den Resultaten ihres eigenen Handelns oder des Handelns früherer Generationen gegenüber.

Was mir bei Wilde wieder auffiel, war seine Betonung des subjektiven menschlichen Handelns und seine kategorische Weigerung, die Kunst einfach als Medium einer passiven Widerspiegelung aufzufassen; diese Stellungnahme erscheint ungewöhnlich in einer Periode, deren Neigung zu passivem Materialismus sich selbst im Sozialismus der Zweiten Internationale niederschlug. Und für mich war es sehr bewegend und anregend, einen Mann zu finden, der der selbstzufriedenen öffentlichen Meinung der britischen Bourgeoisie ins Gesicht sagte: »Die Stimme des einsamen Rufers in der Wildnis bereitet den Göttern den Weg.«

Überdies schien mir, daß diese Art Haltung mit seinem Eintreten für die »Kunst um der Kunst willen« zusammenhängen mußte. Wenn er darauf beharrte, daß der Künstler nicht »Sprachrohr seiner Zeit« und kein »gefügiger Mittler ihrer Werte« war, dann hing das eindeutig damit zusammen, daß er die Unabhängigkeit der Kunst von der bürgerlichen Moral, der unmittelbaren politischen Realität und ähnlichen Rücksichten hochhielt. Wildes Ästhetizismus und seine Aussage, daß die Kunst keinem Zweck diene, war seine Art und Weise, die bestehende Gesellschaftsordnung und deren Anforderungen abzulehnen. Die offenkundigen Schranken dieser Haltung liegen zutage, aber deswegen sollte man die Tiefe und Entschlossenheit dieser Ablehnung nicht unterschätzen.

Also schrieb ich über diese Dinge. Und Mr. Evans meldete sich zu Wort, um mehreren Aussagen zu widersprechen. Ich verstand ihn so, daß Wilde nicht für »Kunst um der Kunst willen« eingetreten sein könne, weil eine derartige »kleinbürgerliche« Auffassung mit seiner Eigenschaft als Sozialist nicht vereinbar gewesen wäre. Außerdem stellte er fest, daß die Kunst seiner Meinung nach »ethische Bedeutung oder sozialpolitische Funktion« haben müsse.

In meiner Antwort auf Mr. Evans betonte ich, daß der Marxismus meiner Ansicht nach die Kunst als einen Bereich der menschlichen Tätigkeit auffaßt, der eigenen, relativ autonomen Entwicklungsgesetzen unterliegt. Sie ist natürlich ein Produkt des Menschen, eine Form seines gesellschaftlichen Bewußtseins, aber sie kann nicht einfach auf eine andere Form dieses Bewußtseins zurückgeführt werden. »Umfaßt die Kunst«, fragte ich, »unterschiedliche Probleme und Themen, als Wissenschaft, Politik, Philosophie oder Ethik? Bedient sie sich im Gegensatz zu diesen unterschiedlicher Materialien? Wenn nicht, wenn ihre Rolle sich grundsätzlich überschneidet mit anderen Formen des gesellschaftlichen Bewußtseins oder durch diese zu ersetzen ist, warum existiert die Kunst dann überhaupt?«

In einem anderen Absatz schrieb ich: »Kunst, scheint mir, navigiert frei zwischen dem Inneren und der Außenwelt, zwischen der Welt, die von dem Streben nach – mit Trotzkis Worten – einem harmonischen und erfüllten Leben bestimmt ist und der Welt der unmittelbaren Realität. Meiner Ansicht nach ist die Kunst eng mit dem Streben verknüpft, das so alt ist wie das menschliche Bewußtsein selbst: das Streben, die Welt einschließlich der menschlichen Beziehungen mit der Schönheit und dem Bedürfnis nach Freiheit, mit einem lebenswerten Dasein in Einklang zu bringen... Meiner Meinung nach ist es auch so, daß die künstlerische Form eine unabhängige und objektiv bedeutsame Kraft besitzt, eine Fähigkeit, die geistige Erfahrung zu bereichern und Gefühle zu verfeinern...«

In seinem jüngsten Brief wiederholt Mr. Evans, was er bereits in seinem ersten Brief geschrieben hatte. Des weiteren unterstellt er mir die Ansicht, »daß die Kunst keinen anderen Zweck erfüllt, als dem ästhetischen Geschmack der Kulturminister in verschiedenen Gesellschaften zu schmeicheln«. Es folgen eine Reihe weiterer solcher Bemerkungen. Mir ist nicht klar, worin ihr Zweck bestehen soll, denn sie gehen völlig an der
Sache vorbei. Niemals habe ich Interesse an der »reinen Kunst« geäußert oder eine solche Kunst befürwortet, die sich in bloßer Spielerei mit der Form erschöpft. Das ist einfach eine Ablenkung vom Thema, und ich werde meine Zeit nicht darauf verschwenden.

Zwei Absätze möchte ich zitieren, die meiner Meinung nach eine Auseinandersetzung wert sind:

So schreibt Mr. Evans: »Auf Seite fünf Ihrer Antwort an mich schreiben Sie: ›Wir sind der Ansicht, daß Kunst, die sich selbst treu bleibt und ihren ureigensten Zielen folgt, einen Weg einschlägt, der dem der sozialistischen Revolution sehr nahe kommt.‹ Das ist eine interessante Vorstellung. Wenn es nicht um einen Kampf gegen Klasse und Unterdrückung im kollektiven, bevollmächtigten Interesse geht, wie soll das Proletariat dann seine Freiheit gewinnen? Aus welchen Beweggründen heraus reden Sie den individuellen Geschmäckern der ästhetischen Kunst das Wort? Wenn die Kunst keine realistische Perspektive im Hinblick auf den Klassenkampf zeigt, wie soll die Mehrheit der Menschen dann ihr Ziel begreifen? Gegenwärtig vermittelt die staatliche Erziehung der Mehrheit der Leute kein Klassenverständnis. Diese Leute sind viel zu beschäftigt damit, für ihr Überleben zu arbeiten, und haben gar keine Zeit, Klassenbegriffe zu erlernen, und die Kunst hat das Potential, dies als Mittel der Umerziehung durch verschiedene Medien zu leisten.«

Weiter unten in seinem Brief schreibt er: »Sie schrieben, daß die ›künstlerische Form eine unabhängige und objektiv bedeutsame Kraft besitzt, eine Fähigkeit, die geistige Erfahrung zu bereichern und Gefühle zu verfeinern.‹ Wenn Marx die Worte ›geistige Erfahrung‹ vernommen hätte, dann hätte er Ihnen ins Gesicht gelacht!... Welche ›geistige Erfahrung‹ wird denn am materiellen (politischen und ökonomischen) Zustand der Welt etwas ändern? Materielle Kräfte können materielle Zustände ändern, die ›geistigen Erfahrungen‹ sollte man dem neuen Zeitalter überlassen.«

Auf diese beiden Fragen möchte ich eingehen: Besteht der Zweck der Kunst in erster Linie darin, ein realistisches Abbild des modernen Klassenkampfes zu liefern? Und welche Rolle – wenn überhaupt – spielt die »geistige Erfahrung«, die Mr. Evans verlacht wissen will, im Kampf für den Sozialismus?

Ich möchte jedoch in etwas indirekter Weise vorgehen, indem ich Trotzkis Schriften über Kunst und Kultur aus den zwanziger Jahren heranziehe, insbesondere »Literatur und Revolution«.

Die Bedeutung von Trotzkis Schriften der zwanziger Jahre

»Literatur und Revolution« ist in meinen Augen der bislang bedeutendste Beitrag zu einer marxistischen Herangehensweise an die Kunst. In Englisch ist das Buch jedoch sehr schwer erhältlich. Ich hoffe, daß wir es irgend wann einmal selbst veröffentlichen, vielleicht in einer neuen Übersetzung – die gegenwärtige läßt viel zu wünschen übrig.

Es ist ein herausragendes Werk, wurde aber stark vernachlässigt, insbesondere in Kreisen, von denen man es nicht unbedingt erwartet hätte – bei den »linken« Autoren über Marxismus und Kunst. Wenn man die unzähligen Bände durchsieht, die Akademiker und selbsternannte marxistische Kritiker zu Fragen der Ästhetik verfaßt haben, dann findet man kaum Hinweise auf »Literatur und Revolution« oder auf Trotzkis übrige Schriften zur Kultur.

Georg Lukacs konnte im Rahmen seines Pakts mit dem Teufel des Stalinismus natürlich nur gelegentliche abfällige Bemerkungen über Trotzki äußern. Herbert Marcuse, der sich nicht auf eine Gefahr für Leib und Leben herausreden konnte, überging Trotzki in seinem Werk »Die ästhetische Dimension« mit völligem Schweigen, obwohl er Anspruch auf eine kritische Analyse der marxistischen Ansichten zur Kunst erhebt. Bei Adorno oder Horkheimer fand ich keine nennenswerten Versuche, sich mit Trotzkis Werk auseinanderzusetzen. Der amerikanische Akademiker Frederic Jameson brachte es fertig, in seinem Buch mit dem prätentiösen Titel »Marxismus und Form: Dialektische Literaturtheorien des zwanzigsten Jahrhunderts« Trotzkis Namen nur im Vorübergehen zu erwähnen. Ebenso auffallend ist, daß der verstorbene Raymond Williams in sein Werk mit dem Titel »Marxismus und Literatur« einen ausgesprochen irreführenden und abwertenden Hinweis auf »Literatur und Revolution« aufgenommen hat. Dieser Liste könnte man noch Cliff Slaughter hinzufügen. In seinem Buch »Marxismus, Ideologie und Literatur«, das 1980 erschienen ist, widmet er »Literatur und Revolution« ein Kapitel, das äußerst oberflächlich und ritualhaft daherkommt und keine einzige bedeutende Einsicht enthält.

Dieses kollektive Schweigen, diese kollektive Feindseligkeit ist meiner Meinung nach ein ganz allgemeiner Hinweis auf eben jenes Problem, das wir vorhin ansprachen: die Vorherrschaft des Stalinismus und stalinistischer Auffassungen, an die sich diese Intellektuellen entweder anpaßten oder denen sie zumindest keine zusammenhängende, durchdachte Alternative entgegensetzen konnten.

Die Ablehnung, die »Literatur und Revolution« bis auf den heutigen Tag entgegenschlägt, erklärt sich ganz logisch, wenn man berücksichtigt, daß dieses Werk in der Tat einer der Eröffnungsschüsse im Kampf der Marxisten in der Sowjetunion war, Widerstand gegen den Aufstieg der Bürokratie zu wecken. Es bot eine Perspektive zu Fragen der Kunst, des Lebens und der Gesellschaft, die völlig im Widerspruch zur Haltung der betulichen, nationalistischen kleinbürgerlichen Schichten stand, die Stalins Lager bevölkerten – und völlig im Widerspruch, könnte man hinzufügen, zur Haltung unserer heutigen kleinbürgerlichen Linken. Trotzki entwickelte die wahre marxistische Tradition der Kulturkritik weiter, indem er sie auf zeitgenössische kulturelle Probleme anwandte, und schuf damit eine Alternative zu dem zermürbenden gesellschaftlichen Klima, das von der regierenden Gruppe geschürt wurde.

Bedeutsam sind auch die Entstehungsumstände des Buches. Im Sommer 1922 schrieb Trotzki während eines Urlaubs das Vorwort zu einem Sammelband mit vorrevolutionären Aufsätzen über Literatur, die der sowjetische Staatsverlag im Rahmen seiner Gesammelten Werke herausgeben wollte. Dieses Vorwort, eine Abhandlung über die Entwicklung des sowjetischen Literaturlebens seit 1917, wuchs sich zu immer größerer Länge aus und blieb 1922 unvollendet. Im nächsten Sommer nahm er die Arbeit daran wieder auf und schloß sie schließlich unter dem Titel »Literatur und Revolution« ab.

Trotzki schrieb dieses Buch also im Verlaufe jenes Jahres, das der Bildung der Linken Opposition im Oktober 1923 und dem Beginn des offenen politischen Kampfes gegen die bürokratische Kaste in der Sowjetunion unmittelbar vorausging. Diese Periode zeichnete sich durch unheilvolle und zunehmend tragische Ereignisse aus: die letzten Tage im politischen Leben Lenins, die vom Triumvirat Stalin, Sinowjew und Kamenjew betriebene Verleumdungskampagne gegen Trotzki; die Festigung des faschistischen Mussolini-Regimes in Italien; die durch die Passivität der Kommunistischen Partei Deutschlands begünstigte Konterrevolution in Bulgarien; die durch die französische Ruhrbesetzung hervorgerufene revolutionäre Krise in Deutschland und das politische Versagen Stalins, Sinowjews und der Kommunistischen Partei Deutschlands im Herbst 1923.

Einige Leute halten es für einen politischen Fehler, daß Trotzki sich in Zeiten derart umwälzender Ereignisse einer Schrift über die Kunst widmete. Ich halte diese Einschätzung für ziemlich kurzsichtig. Eine persönliche Befangenheit gestehe ich ein. Für mich ist »Literatur und Revolution« ein unersetzliches Werk, ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, auf diesen Leitfaden und diese Wissensquelle verzichten zu müssen. Doch darüber hinaus gibt es noch bessere Gründe zu Trotzkis Rechtfertigung.

Als die Welle von Aufständen, die dem Ersten Weltkrieg folgte, zurückging, stand die bolschewistische Regierung vor einer mehr oder weniger langen Periode der Isolation des Arbeiterstaats. Lenin hatte, bevor ihn seine Krankheit zur Untätigkeit verurteilte, unmißverständlich vor den Gefahren gewarnt, die das Vermächtnis der ökonomischen und kulturellen Rückständigkeit Rußlands, das sich auch in der bolschewistischen Partei niederschlug, für die revolutionäre Regierung in sich barg. Trotzki, der schon an Lenins ersten Kämpfen gegen konservative, bürokratische Elemente beteiligt gewesen war, stellte sich der Herausforderung, eine marxistische Antwort auf die neuen Probleme zu finden, denen sich Partei und Regierung gegenübersahen.

Daß zu dieser Antwort auch die Arbeit an kulturellen Problemen gehörte, widerspiegelte mit Sicherheit seine Auffassung, daß das Schicksal der Sowjetunion nicht nur von der Ausarbeitung des richtigen politischen Programms, geschweige denn bloß von gewissen Parolen oder einer schlauen Taktik abhing. Im ersten, 1923 erschienenen Aufsatz des späteren Bandes »Probleme des Alltagslebens« äußerte Trotzki seine Ablehnung eines solchen Ansatzes ganz unumwunden. Das war natürlich noch vor dem Zusammenschluß der Linken Opposition, und er spricht nicht direkt von Widerstand gegen die regierende Fraktion, aber diese Einstellung dürfte dennoch sein damaliges Denken wiedergeben.

Der Artikel trägt den Titel »Nicht von Politik allein«, und Trotzki erläutert eingangs die Bedeutung dieser Worte: »Diesen einfachen Gedanken sollten alle, die zu Propagandazwecken reden oder schreiben, gründlich aneignen und im Kopf behalten. Geänderte Zeiten bringen geänderte Melodien. Die vorrevolutionäre Geschichte unserer Partei war eine Geschichte der revolutionären Politik. Die Parteiliteratur, die Parteiorganisationen – alles wurde im direkten, engen Sinne des Wortes von der Politik bestimmt... Gegenwärtig ist sich die Arbeiterklasse über die fundamentalen Ergebnisse der Revolution vollauf bewußt. Es ist ganz unnötig, die Geschichte dieser Ergebnisse dauernd zu wiederholen. Das bewegt die Arbeiter nicht mehr und dürfte eher dazu führen, die Lehren aus der Vergangenheit aus ihrem Denken zu löschen... Unsere wichtigsten Probleme haben sich jetzt auf die Bedürfnisse der Kultur und des wirtschaftlichen Wiederaufbaus verlagert.« (Betonung hinzugefügt)

Die russischen Arbeiter, erklärte Trotzki, hatten relativ leicht mit der russischen Bourgeoisie gebrochen, die ihnen niemals Wohltaten erwiesen hatte, aber: »Die Geschichte gibt nichts ohne Kosten. Nachdem sie uns auf der einen Seite – in der Politik – einen Nachlaß gewährt hatte, fordert sie nun um so mehr auf einer anderen – der Kultur.«

In allen Schriften aus jener Periode spricht Trotzki von der »monströsen« (dieses Adjektiv gebraucht er immer wieder) geistigen und kulturellen Rückständigkeit, die das Haupthindernis für die Schaffung eines sozialistischen Fundaments der Sowjetunion und eine der wichtigsten gesellschaftlichen Realitäten sei, die zur Entstehung der plumpen, egoistischen und unwissenden Bürokratenkaste beigetragen habe.

Seine wichtigsten Schriften und Stellungnahmen zur Kultur und zum gesellschaftlichen Leben von Mitte der zwanziger Jahre an – »Literatur und Revolution«, »Probleme des Alltagslebens«, »Kultur und Sozialismus«, die unter dem Titel »Klasse und Kunst« bekannte Parteidiskussion, »Radio, Wissenschaft, Technologie und Gesellschaft«, »Junge Leute, studiert die Politik!« und zahlreiche weitere Arbeiten – bilden einen bedeutenden Schatz objektiven Wissens und insgesamt eines der zwingendsten Argumente zugunsten einer sozialistischen Umgestaltung der Beziehungen zwischen den Menschen.

Es wäre falsch, Trotzkis Haltung zur Lage in der UdSSR irgend einen fatalistischen Unterton zu geben oder so zu tun, als habe er sich mit dem Sieg der stalinistischen Fraktion abgefunden. Aber er war sich darüber im klaren, daß die einzig mögliche Grundlage für einen Erfolg der marxistischen Tendenz in einem grundlegend geänderten Kulturniveau der sowjetischen Massen bestand, und er begann für diesen Wandel zu arbeiten. Wir wissen, daß es den Marxisten nicht gelang, das Wachstum des bürokratischen Geschwürs zu verhindern, aber das spricht nicht gegen Trotzkis Bemühungen. Sein Werk erweist sich heute als eine der schärfsten Waffen im Kampf für ein Klima, in dem sozialistische Ideen gedeihen können.

Marxismus versus »proletarische Kultur«

»Literatur und Revolution«, »Kultur und Sozialismus« sowie »Klasse und Kunst« bilden ein umfassendes, mit Argumenten gespicktes Gesamtwerk. Selbst wenn ich dies leisten könnte, wäre es nicht angebracht, hier alle Fragen aufzugreifen, die darin behandelt werden. Für unsere heutigen Zwecke, sprich die Erkundung dieser Geschichte im Hinblick auf unsere eigene Arbeit und die Beantwortung der mit Mr. Evans’ Brief aufgeworfenen Fragen, sollten wir uns vielleicht auf folgende Probleme konzentrieren: Was ist Kultur, einschließlich geistiger Kultur, vom historischen und wissenschaftlichen Standpunkt? Worin bestehen der Wert und die Schranken von Klassenkriterien für Kultur und Kunst? Wodurch tragen Kunst und ästhetische Erfahrung zur Befreiung der Menschheit bei?

Diesen Teil meiner Ausführungen möchte ich wie folgt umreißen. Wenn wir zustimmend vom »Beitrag« der Kunst sprechen, so sollte man dies nicht im engen, utilitaristischen Sinne auffassen und auch nicht so verstehen, als bräuchten die Künstler unser Einverständnis, bevor sie mit ihrer Arbeit fortfahren. Werke der Kunst beeinflussen die Menschen schon seit langer Zeit und würden diese Wirkung auch dann weiterhin zeigen, wenn wir ihnen unser Gütesigel versagen wollten. Die Vorstellung, wonach es unsere Aufgabe sei, diesem oder jenem Werk, Künstler oder Stil einen marxistischen Segen zu erteilen, ist mir schon immer schrecklich auf die Nerven gegangen, und man findet immer noch Spuren davon in unserer Presse.

Wenn wir über marxistische Ästhetik nachdenken, stellen wir uns also nicht die Frage, ob wir beispielsweise den Arbeitern die Theaterstücke aus der Zeit von Königin Elisabeth oder die italienische Malerei des 14. und 15. Jahrhunderts empfehlen sollten oder nicht. Zumindest dieser Vortrag geht davon aus, daß wir für das künstlerische Schaffen und für den ungehinderten Zugang zu seinen Werken ebenso leidenschaftlich eintreten, wie für das Recht – und die Verantwortung – von Wissenschaftlern, das physikalische Universum zu erforschen und ihre Entdeckungen der breitest möglichen Öffentlichkeit bekanntzumachen. Wir sprechen von objektiven Fortschritten des menschlichen Denkens, und diese stehen für uns nicht zur Debatte. Das hat Folgen für die Art und Weise, wie wir an diese kulturellen und historischen Fragen herantreten. Wir tun dies mit ganz bestimmten Vorstellungen und Zielen.

In allem, was Trotzki in den Jahren 1922-26 über Kunst und Kultur schrieb und sagte, antwortete er zumindest teilweise auf die theoretische und politische Herausforderung der Stalins Führung zuneigenden, der Mittelklasse entstammenden Schichten innerhalb der Kommunistischen Partei, die den Marxismus in einen vulgären, schematischen Ersatz für eine ernsthafte Analyse verwandelten. Eine der Formen dieses Schematismus war, wie bereits erwähnt, die unkritische Gleichsetzung von bürgerlicher und proletarischer Revolution. Damit einher gingen oft Theorien, wonach die Aufgabe der sowjetischen Arbeiterklasse darin bestehe, alle kulturellen Leistungen der Vergangenheit abzuschütteln und eine eigene, »proletarische« Kultur zu erschaffen.

Diese antimarxistische Auffassung, die nicht nur der eigentlichen Proletkult-Bewegung zu eigen, sondern in Parteikreisen recht weit verbreitet war, hielt alle vergangenen kulturellen Leistungen der Menschheit für unheilbar mit feindlichen Klasseneinflüssen infiziert. Was konnten die alten geistigen Vertreter des russischen Kapitalismus und der Gutsbesitzer zum Beispiel den Bürgern des neuen Arbeiterstaates schon zu sagen haben?

Dieses Argument widerspiegelte weit mehr den Populismus des 19. Jahrhunderts, als den klassischen Marxismus. Wenn man Tolstois Schrift »Was ist Kunst?« liest, die er 1896 nach seiner »geistigen Wiedergeburt« verfaßte, so findet man ähnliche Formulierungen. Er verurteilt die Kultur der oberen Klassen, die bei einem Mann der Arbeit nur Verwirrung und Verachtung oder Empörung wecken könnten, in den heftigsten Ausdrücken. Er läßt nur Raum für zwei Arten von Kunst, für die christliche Kunst und für Kunst als Träger der einfachsten Gefühle des einfachen Lebens... die Kunst eines Volkes... die universelle Kunst. Die übrige Kunst sollte vertrieben, verleugnet und verachtet werden. Es geht uns natürlich nicht darum, den Schriftsteller Tolstoi mit der stalinistischen Bürokratie in einen Topf zu werfen, sondern uns über bestimmte klassenbedingte und ideologische Strömung klar zu werden.

Trotzki bezog einen ganz anderen Standpunkt.

Und natürlich auch Lenin. Man könnte zum Beispiel auf den »Resolutionsentwurf« hinweisen, den Lenin als Antwort auf seiner Meinung nach wohlwollende Äußerungen Lunatscharskis über die »proletarische Kultur« im Oktober 1920 verfaßte. In diesem Entwurf liest man: »Der Marxismus hat seine weltgeschichtliche Bedeutung als Ideologie des revolutionären Proletariats dadurch erlangt, daß er die wertvollsten Errungenschaften des bürgerlichen Zeitalters keineswegs ablehnte, sondern sich umgekehrt alles, was in der mehr als zweitausendjährigen Entwicklung des menschlichen Denkens und der menschlichen Kultur wertvoll war, aneignete und es verarbeitete8

In »Kultur und Sozialismus« definierte Trotzki die Kultur als »alles, was vom Menschen im Laufe seiner gesamten Geschichte geschaffen, gebaut, gelernt und erobert wurde; ihr stehen die Gaben der Natur, einschließlich der Naturgeschichte des Menschen selbst als einer Tierart, gegenüber9

Er zeigte dann den Widerspruch auf, der im Herzen der kulturellen Leistung der Menschheit liegt. Er schrieb: »Wir wollen daher davon ausgehen, da sich Kultur aus dem Kampf des Menschen um seine Existenz, um die Verbesserung seiner Lebensbedingungen, um die Steigerung seiner Macht entwickelt hat. Aber auf derselben Grundlage sind auch die sozialen Klassen entstanden... Die Ausbeutergesellschaft hat eine Ausbeuterkultur hervorgebracht... Aber heißt das, daß wir gegen die Kultur der Vergangenheit sind?

Hier liegt tatsächlich ein tiefer Widerspruch vor. Alles, was durch die Anstrengungen des Menschen erobert, geschaffen, gebaut wurde und der Machterweiterung des Menschen diente, ist Kultur. Aber da es nicht um den individuellen, sondern den gesellschaftlichen Menschen geht,... erweist sich Kultur als das fundamentalste Instrument der Klassenunterdrückung10

Dennoch, fährt Trotzki fort, fordern wir die Arbeiter auf, sich diese Kultur anzueignen und sie zu meistern. Wie ist das möglich? Viele, sagt er, sind über diesen Widerspruch gestolpert, weil sie vergaßen, daß die Klassengesellschaft im Grunde auf die Organisation der Produktion zurückgeht.

»Was ist«, fragt Trotzki weiter, »die Grundlage der Grundlagen – die Klassenorganisation der Gesellschaft oder ihre Produktivkräfte? Zweifellos die Produktivkräfte... In den Produktivkräften kommt die materialisierte ökonomische Fertigkeit der Menschheit, ihre historische Fähigkeit zur Sicherung ihrer Existenz zum Ausdruck.«11

Dies ist für unsere heutige Diskussion sehr wichtig. Trotzki betont, scheint mir, die Vorrangigkeit der Kultur als objektive Leistung der Menschheit, als materielle Form gewordene historisch errungene Fähigkeit, als ein Absolutes, gegenüber ihrem Klassencharakter, ihrem vorübergehenden und relativen Gefäß. Darauf werde ich später zurückkommen.

Die Kunst als eine Form geistiger Kultur hatte in Trotzkis Augen objektiven Charakter. »Die Kunst ist einer der Wege, auf denen man sich in der Welt orientiert; in diesem Sinn unterscheidet sich das Erbe der Kunst nicht vom Erbe der Wissenschaft und Technik, und es ist auch nicht weniger widersprüchlich. Anders als in der Wissenschaft erkennen wir die Welt in der Kunst aber nicht als ein System von Gesetzen, sondern als Konstellation von Bildern.«12

Diesen Aspekt verfolgte und vervollständigte Alexander Woronski in seiner Schrift »Die Kunst als Erkenntnis des Lebens«. Woronski war eine einflußreiche Persönlichkeit im sowjetischen Literaturleben. Er wurde später Mitglied der Linken Opposition und fiel 1937 Stalins Völkermord an den Sozialisten zum Opfer. Wie viele von Ihnen wissen, werden wir in Kürze eine Auswahl seiner wichtigsten Artikel und Aufsätze veröffentlichen. Woronski schrieb: »Wie die Wissenschaft erkennt auch die Kunst das Leben. Kunst und Wissenschaft haben dasselbe Thema: das Leben, die Wirklichkeit. Aber die Wissenschaft analysiert, die Kunst synthetisiert; die Wissenschaft ist abstrakt, die Kunst ist konkret; die Wissenschaft wendet sich an den Kopf des Menschen, die Kunst an seine Sinne. Die Wissenschaft erkennt das Leben mittels Begriffen, die Kunst mittels Bildern in Form lebendigen, sinnlichen Begreifens... Wirklicher Dichter, wirklicher Künstler ist, wer Ideen sieht.«

Man erkennt ohne Schwierigkeit, daß dieser Ansatz zu weitaus reicheren und lohnenderen Ergebnissen führt, als die verflachende Formel der »proletarischen Kultur«. Trotzkis Anwendung marxistischer Auffassungen auf das sowjetische Literaturleben und auf die allgemeineren Probleme des künstlerischen Schaffens in »Literatur und Revolution« führte zu bemerkenswerten Ergebnissen.

Im Unterschied zu unseren heutigen »kritischen Theoretikern«, die endlose, einer passiven Geisteshaltung entspringende abstrakte Thesen verfassen, die keine Einsicht in die tatsächliche Entwicklung der Kunst oder eine Orientierung für deren Schöpfer bieten, widmete sich Trotzki einer ganz konkreten Auseinandersetzung mit den verschiedenen Strömungen, Werken und einzelnen Vertretern der zeitgenössischen russischen und sowjetischen Literatur. Seine Analysen der Laufbahnen und Schriften von Alexander Blok, Boris Pilnjak und Wladimir Majakowskij zum Beispiel sind, ob man ihre Schriften nun kennt oder nicht, Musterbeispiele marxistischer Kritik.

Trotzkis Ton ist in dem gesamten Buch niemals arrogant, selbstherrlich oder herablassend. Er sagt das, was seiner Ansicht nach ist, ohne eine Spur von Gezeter oder Besserwisserei. Er unternimmt mehrere Aufgaben auf einmal: Er versucht, das Kulturniveau der sowjetischen Arbeiter und der Parteimitgliedschaft zu heben, er polemisiert gegen eine seiner Auffassung nach falsche und zu enge Auffassung der Kultur, und er fordert die Künstler – in dem Maße, wie sie dazu bereit sein mögen – zu einem Dialog über künstlerische und gesellschaftliche Perspektiven auf.

Er spricht deutlich aus, worin er seine Rolle und die Rolle der marxistischen Partei sieht: »Es gibt Gebiete, auf denen die Partei unmittelbar und gebieterisch führt. Es gibt Gebiete, auf denen sie kontrolliert und fördert. Und es gibt Gebiete, auf denen sie nur fördert. Es gibt schließlich Gebiete, auf denen sie sich nur orientiert. Auf dem Gebiet der Kunst ist die Partei nicht berufen zu kommandieren. Sie kann und soll schützen, fördern und lediglich indirekt lenken.«13 Was die marxistische Methode leisten kann, meint er, besteht darin, »den progressivsten Strömungen durch eine kritische Beleuchtung des Weges zu helfen«. »Literatur und Revolution« verkörpert in meinen Augen diesen Prozeß der »kritischen Beleuchtung«.

Nun möchte ich auf den Gegensatz zwischen marxistischer Ästhetik und den diversen Theorien über »proletarische Kultur« zurückkommen, was uns zum Kern unseres heutigen Themas und zum Kern unserer Differenzen mit Mr. Evans bringt.

Worum geht es hier eigentlich? Dazu möchte ich mich nun vielleicht etwas weniger förmlich äußern.

Was schätzen wir an der Kunst? Mr. Evans und andere möchten die Rolle der Kunst darauf beschränken, eine realistische Perspektive des Klassenkampfs darzustellen. Aber das ist in erster Linie die Aufgabe der revolutionären marxistischen Partei, nicht die des Künstlers. Er verlangt von der Kunst, so denke ich, sowohl zu viel als auch zu wenig. Weiter, wenn der Zweck der Kunst nur darin besteht, die Realität des modernen Klassenkampfs zu beleuchten, was soll dann aus der Kunst der Vergangenheit werden? Man wagt es kaum zu fragen. Alles, was vor 1848 oder 1871 oder 1917, welches Stichdatum man auch wählen mag, entstanden ist, soll wohl auf den Schrottplatz wandern. Und was wird aus der Malerei, abstrakter oder anderer, aus der Instrumentalmusik, aus der Architektur oder gar aus dutzenden anderer Kunstformen, die keinen praktischen Wert für die proletarische Sache haben? Auf den Schrottplatz damit. Wir wissen sehr gut, wohin diese Denkweise führt, und wir lehnen sie ab.

Kommen wir auf die Kultur der Vergangenheit zurück. Weshalb lesen die Leute weiterhin Homer, Dante oder Shakespeare? Als 1990 eine neue Übersetzung der »Ilias« erschien, galt dies als großes Ereignis. Wissenschaftlichen Schätzungen zufolge verfaßte Homer dieses Werk vor etwa zweitausendsiebenhundert Jahren. Es enthält Episoden, die der Autor auf das zehnte und letzte Jahr des Trojanischen Kriegs legt, es geht dabei um das Wüten des Achilles mit seinen beinahe tödlichen Folgen für die griechischen Heere. Götter mischen sich in das Kampfgeschehen, verschwören sich gegeneinander, begünstigen die Helden der einen oder der anderen Armee; es kommt zu höchst unwahrscheinlichen Begebenheiten. Tausende und Abertausende Exemplare der neuen Übersetzung wurden verkauft. Liegt das etwa nur an der Affektiertheit der Buchhandelskundschaft? Oder an einem unerklärlichen Interesse an einem Fragment der griechischen Antike oder Mythologie? Ich denke nicht. Ich führe dieses Beispiel an, um zu illustrieren, daß wir bei einem pragmatischen, nur vom Nutzeffekt geleiteten Herantreten an die Ästhetik nichts, aber auch gar nichts über die Kraft oder den bleibenden Wert der Kunst lernen können.

Um eben diese Frage drehte sich im Mai 1924 die Parteidiskussion, in die Trotzki so brillant eingriff, was wir heute unter »Klasse und Kunst« kennen. Vor Trotzki hatte an jenem Tag der bolschewistische Führer Fjodor Raskolnikow gesprochen. Unter anderem hatte er gesagt, daß Dantes »Göttliche Komödie« für den modernen Leser deshalb wertvoll sei, weil es ihm ermögliche, die Psychologie einer bestimmten Klasse in einer bestimmten Epoche zu verstehen.

Trotzki antwortete, daß diese Art des Herantretens an Kunstwerke genau das übersehe, was sie erst zu Kunstwerken werden ließ. Raskolnikow machte die »Göttliche Komödie« zu einem bloßen historischen Dokument. Ein Kunstwerk, so Trotzki, muß den Leser oder Betrachter irgendwie direkt ansprechen, muß ihn bewegen, inspirieren oder traurig stimmen. Eine historische Einordnung könne nützlich sein, dürfe aber nicht mit einer ästhetischen verwechselt werden. Wie ist es zu erklären, fragte Trotzki, daß offenkundig eine direkte ästhetische Beziehung zwischen einem modernen Leser und einem Buch besteht, das im frühen vierzehnten Jahrhundert entstand? Er antwortete: Weil es in den jeweiligen Gesellschaften ungeachtet der großen Unterschiede gewisse Gemeinsamkeiten gibt. Das künstlerische Genie erfaßt diese Gemeinsamkeiten mit den Gefühlen und Gedanken, die sie hervorrufen, und verwandelt sie in so unauslöschliche Bilder, daß diese uns immer noch ansprechen, auch wenn wir hunderte oder sogar tausende Jahre von der Erschaffung des Werks entfernt sind.

Als Beispiel führt Trotzki die Angst vor dem Tod an. Die Äußerung dieser Angst ändert sich mit dem Wandel der Epochen und Milieus. Dennoch bewegt und erschüttert uns immer noch, was Shakespeare, Byron, Goethe oder auch die Psalmen des Alten Testaments zu diesem Thema zu sagen hatten.

Weshalb empfehlen wir den Arbeitern Puschkin, fragt er. Weil wir ihnen vor Augen führen wollen, wie ein Adeliger und Besitzer von Leibeigenen den Wechsel der Jahreszeiten erlebte? Natürlich nicht. Zwar gibt es dieses gesellschaftliche Element. »Aber der Ausdruck, den Puschkin seinen Gefühlen verlieh, ist so gesättigt mit der künstlerischen und ganz allgemein psychologischen Erfahrung der Jahrhunderte, so kristallisiert, daß er bis in unsere Zeiten überdauert hat... Und wenn mir Leute sagen, die künstlerische Bedeutung Dantes für uns liege darin, daß er die Lebensweise einer bestimmten Epoche zum Ausdruck gebracht hat, dann kann ich nur hilflos mit den Achseln zucken.«

Hier stimmt alles. Wir genießen Dante, nicht weil er ein Florentiner Kleinbürger des dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderts war, »sondern in erheblichem Maße trotz dieses Umstandes«.

Zusätzlich zu dem historischen, klassenbedingten Element in der Kunst enthalten ihre größten Werke etwas die Geschichtsepochen Übergreifendes, objektiv Wahrhaftiges, relativ Universelles. Und dieser Bestandteil – der absoluten Wahrheit zugehörig – ist vorrangig; er ist für uns von größter Bedeutung und höchstem Interesse. Man könnte sogar sagen, daß gerade darin ein Erkennungsmerkmal eines großen Kunstwerkes besteht: es berührt uns nicht in erster Linie mit seiner klassenbedingten Voreingenommenheit, mit seiner Unmittelbarkeit, obwohl es das Unmittelbare und Vorübergehende einfängt, sondern hebt die Erfahrung einer Epoche auf eine großartige künstlerische Höhe. Der Charakter des Achilles bei Homer, ob wir nun seine Mutter für eine Meeresgöttin halten wollen oder nicht, rührt uns immer noch an: die künstlerische Darstellung seiner Raserei, seines Stolzes, seiner Eifersucht empfinden wir weiterhin als Wahrheiten über Menschen.

Heißt dies nun, daß eine Klassenanalyse oder Klassenkriterien wertlos sind? Durchaus nicht. Sie bilden einen wesentlichen Bestandteil jeder Kritik eines Kunstwerks, weil sie die Realität des gesellschaftlichen Lebens aufdecken, aus der das Werk hervorgegangen ist. Nur der Marxismus kann erklären, wie und weshalb eine gegebene Kunstrichtung zu einer bestimmten Zeit entstanden ist – welche gesellschaftliche Kraft oder Wirklichkeit dem Künstler den psychologischen Anstoß zu seinem Werk gegeben hat. »Das künstlerische Schaffen ist immer eine komplizierte Umkehrung alter Formen«, erklärt Trotzki, »unter dem Einfluß neuer Stimuli, die ihren Ursprung außerhalb der Kunst haben.« Die Kunst ist nicht »ein losgelöstes Element, das sich von sich selbst nährt, sondern eine Funktion des gesellschaftlichen Menschen«, wie auch Wissenschaft, Philosophie oder jede andere Form des gesellschaftlichen Bewußtseins.

Aber die Aufdeckung der historischen und gesellschaftlichen Entstehungsumstände eines Werkes sollte nicht mit seiner Bewertung unter ästhetischen Gesichtspunkten verwechselt werden, was uns immer noch oft passiert. Wenn wir die Klasseneinstellung eines Filmemachers oder Romanschriftstellers aufgezeigt haben, ist unsere Arbeit noch nicht vollendet, ja, um ehrlich zu sein, noch nicht einmal halb getan. Ich weiß, daß es nicht einfach ist, diese Herangehensweise zu überwinden, und daß sie meistens nicht auf böse Absicht, sondern auf Unerfahrenheit zurückgeht, aber wir müssen die Wahrheit sagen: marxistische Ästhetik ist dies noch nicht.

Man muß versuchen, sich mit den neuen Gedanken und Gefühlen auseinanderzusetzen, die das Werk hervorgerufen hat, mit dem tatsächlichen Inhalt der ästhetischen Erfahrung. Hier stimme ich völlig mit Breton überein, der sagte, daß »jede Spekulation über ein Kunstwerk mehr oder weniger müßig ist, wenn sie nichts über den Kern der Sache aufdeckt: über das Geheimnis der Anziehungskraft, die von diesem Werk ausgeht.« Welche psychischen Vorgänge hat das Werk in uns ausgelöst oder nicht ausgelöst?

Um auf die UdSSR von 1923 zurückzukommen, die Parole der »proletarischen Kultur« schien vielen ganz im Einklang mit dem Marxismus zu stehen, als eine militante, prinzipielle Parole. Aber welche gesellschaftlichen Prozesse lagen ihrer plötzlichen Beliebtheit zugrunde? Wessen Interessen diente diese Parole? Ähnliche Theorien gibt es ja auch heute wieder.

Trotzki argumentierte auf folgender Grundlage gegen das Programm der proletarischen Kultur. Ihre Befürworter zogen, wie ich bereits aufzeigte, vulgäre Analogien zwischen der bürgerlichen und der proletarischen Revolution. Die Bourgeoisie eroberte die Macht und brachte die bürgerliche Kultur hervor, deshalb wird die proletarische Revolution die proletarische Kultur hervorbringen – so einfach war das. Dieses Argument warf nur ein Problem auf. Die Marxisten, auch die Bolschewisten, hatten die Machteroberung der Arbeiterklasse niemals als Auftakt zu einer ganzen historischen Epoche der proletarischen Herrschaft, geschweige denn Kultur aufgefaßt, sondern als den Übergang zu einer sozialistischen, also klassenlosen Gesellschaft und Kultur. Eine proletarische Kultur, erklärte Trotzki kategorisch, »wird es niemals geben, weil die proletarische Herrschaft zeitweilig und vorübergehend ist.«

Hierin lag der Schlüssel zu den Meinungsverschiedenheiten – es handelte sich um zwei diametral entgegengesetzte Perspektiven. Trotzki, der Verteidiger der bolschewistischen Prognose von 1917, ging vom Programm der sozialistischen Weltrevolution aus. Von daher beurteilte er die politische und kulturelle Lage in der Sowjetunion wie folgt: »Wir sind nach wie vor Soldaten auf dem Vormarsch. Wir haben nur einen Rasttag. Da muß man sich sein Hemd waschen, die Haare schneiden und kämmen und vor allen Dingen sein Gewehr reinigen und einfetten. Unsere gesamte gegenwärtige wirtschaftlich-kulturelle Arbeit ist nichts anderes als eine Gelegenheit, uns zwischen zwei Feldzügen ein wenig in Ordnung zu bringen... Unsere Epoche ist noch nicht die Epoche einer neuen Kultur, sondern nur der Vorhof zu ihr14

Man kann sich vorstellen, welche wütende Reaktion dieses Argument bei dem selbstzufriedenen Nepmann oder Staatsbeamten hervorrief, der sich vor allem von den Forderungen der Weltrevolution absetzen und seine wohlverdiente Stellung in der gerade stabilisierten Sowjetordnung genießen wollte. Die Auffassung der entstehenden Bürokratie und ihrer kleinbürgerlichen Anhängsel, wonach dem Sowjetstaat eine lange Periode der isolierten Entwicklung bevorstehe, in der die »proletarische Kultur« aufblühen würde, ging stillschweigend von der Fortdauer des Kapitalismus außerhalb der UdSSR und von der Notwendigkeit einer Einigung mit ihm aus.

Die Unterstützung der »proletarischen Kunst« widerspiegelte im Bereich der Kultur dieselbe tiefsitzende Skepsis hinsichtlich der revolutionären Fähigkeiten der Arbeiterklasse und der Möglichkeiten zum weltweiten Sturz des Kapitalismus, die sich auf politischem Gebiet im Programm des »Sozialismus in einem Land« niederschlug. Obwohl sie äußerst »links« auftritt, geht die proletarische Kultur in der Politik immer mit Nationalismus, Opportunismus und Reformismus einher.

Die Befürworter der proletarischen Kultur wollten von ästhetischen Werten und deren Verfeinerung in der Kunst allgemein nichts wissen. Trotzki antwortete: »›Gebt uns‹, so heißt es, ›und sei es auch etwas Ungefüges, aber etwas Eigenes, Gemäßes.‹ Das ist Heuchelei, Lüge. Ungefüge Kunst ist keine Kunst und darum für die Werktätigen unnötig. Die ›ungefüge‹ Methode schließt im Grunde genommen ein gut Teil Verachtung der Masse gegenüber ein...«15

Es ist nicht Sache der Revolutionäre, das Leben der Arbeiterklasse, das Leben der Unterdrückten zu verherrlichen oder zu idealisieren, sei es unmittelbar nach einer sozialen Revolution, wie in Trotzkis Fall, oder vorher, wie in unserem. Wir schätzen diese Dinge ganz nüchtern ein. Es gibt jedoch eine gesellschaftliche Gruppierung, die ein Interesse daran hat, die »Arbeiterkultur« der Gegenwart zu lobpreisen, jeden Versuch zur Hebung des geistigen Niveaus der Volksmassen zu torpedieren, das Augenmerk der Arbeiter auf die unmittelbarsten und banalsten Dinge zu lenken, eine Gruppierung, die sich selbst das Recht anmaßt zu entscheiden, was Arbeiter sehen dürfen und was nicht, und alles, was sie nicht verstehen kann, als »esoterisch« und »dekadent« verdammt. Bei welcher sozialen Gruppierung findet man diese Einstellungen im Überfluß? Bei jener Mittelschicht, die als Parasit von der Unterdrückung des Proletariats lebt: bei der Bürokratie, stalinistisch, sozialdemokratisch, oder in Form des »reinen«, patriotischen amerikanischen Gewerkschafters.

Des weiteren vertrete ich die Auffassung, daß die Vorherrschaft antimarxistischer Auffassungen, die den ästhetischen Wert der Kunst bestritten, darunter auch die »formlosen Gespräche«, wie Trotzki es nannte, über die Möglichkeit einer eigenständigen proletarischen Kultur, über eine ganze historische Periode hinweg zusammenhingen mit der Vormachtstellung der Bürokratie über die Arbeiterklasse auf Kosten der sozialistischen Bewegung. Die Befürworter der proletarischen Kultur und des gesellschaftlichen Nutzwertes als einzigen Kriterien der Kunst sind im wesentlichen die Sprachrohre dieser Bürokratie innerhalb der kleinbürgerlichen Intelligenz.

Darüber hinaus bin ich der Ansicht, wie bereits eingangs erwähnt, daß wir diese Diskussion heute – wenn man ihre objektive Grundlage erwägt – deshalb führen können, weil diese Bürokratien auseinanderbrechen, weil sie sich als wertlos und innerlich verfault erwiesen haben, und wir deshalb heute weit günstigere Voraussetzungen dafür haben, uns von diesen falschen Theorien über Ästhetik zu befreien, genau wie wir uns in einer weitaus günstigeren Ausgangslage befinden, um den Arbeitern zu helfen, den politischen Würgegriff dieser Apparate abzuschütteln.

Persönlich habe ich niemals einen denkenden Arbeiter, einen sozialistisch eingestellten Arbeiter getroffen, der nur Filme oder Schauspiele sehen oder nur Bücher lesen wollte, die sich mit dem Arbeiterleben und dem modernen Klassenkampf befassen. Wirklich revolutionäre Arbeiter wollen sich in jedem Aspekt des Lebens, der Geschichte und Kultur weiterbilden. Und ich habe auch noch nie einen denkenden Arbeiter getroffen, den Experimente und Schwierigkeiten in der Kunst in Angst und Schrecken versetzt hätten, selbst wenn er sie nicht verstand, solange sie ehrlich gemeint und nicht nur auf Effekthascherei ausgerichtet waren. Weil wir Vertrauen in die Arbeiterklasse setzen, halten wir es nicht für notwendig, ihr Vorschriften zu machen, was diskutiert werden sollte und was nicht. Das ist der Geist von »Was Tun?« und auch von »Literatur und Revolution«.

Wo wir gerade beim Thema Tabus sind, möchte ich auch gleich die Reste der Prüderie zur Sprache bringen, an denen wir manchmal noch leiden. Ich kann nicht widerstehen, einen Artikel zu zitieren, den Engels im Jahr 1883 für den »Sozialdemokrat« schrieb. Man müßte dafür eigentlich nicht Engels zitieren, aber der Artikel ist einfach herrlich. Er ist ein Tribut an den deutschen Dichter und Revolutionär Georg Weerth, den Feuilletonredakteur der von Marx und Engels 1848-89 redigierten »Neuen Rheinischen Zeitung«.

Engels schrieb: »Worin Weerth Meister war, worin er Heine übertraf (weil er gesünder und unverfälschter war) und in deutscher Sprache nur von Goethe übertroffen wird, das ist der Ausdruck natürlicher, robuster Sinnlichkeit und Fleischeslust. Manche der Leser des ›Sozialdemokrat‹ würden sich entsetzen, wollte ich die einzelnen Feuilletons der ›Neuen Rhein. Zeitung‹ hier abdrucken lassen. Es fällt mir jedoch nicht ein, dies zu tun. Indes kann ich doch die Bemerkung nicht unterdrücken, daß auch für die deutschen Sozialisten einmal der Augenblick kommen muß, wo sie dies letzte deutsche Philistervorurteil, die verlogene spießbürgerliche Moralprüderie offen abwerfen, die ohnehin nur als Deckmantel für verstohlene Zotenreißerei dient... Es wird nachgerade Zeit, daß wenigstens die deutschen Arbeiter sich gewöhnen, von Dingen, die sie täglich oder nächtlich selbst treiben, von natürlichen, unentbehrlichen und äußerst vergnüglichen Dingen ebenso unbefangen zu sprechen wie die romanischen Völker, wie Homer und Plato, wie Horaz und Juvenal, wie das Alte Testament und die ›Neue Rheinische Zeitung‹.«16

Kunst und soziale Revolution

Sie erinnern sich vielleicht, daß Trotzki in »Klasse und Kunst« die Frage stellte, weshalb Marxisten den Arbeitern Puschkin – einen Dichter der Gutsherrenklasse – empfehlen. Auf diese Frage möchte ich noch einmal zurückkommen, da sie uns konkreteren Aufschluß über die Beziehung zwischen Kunst und sozialer Revolution geben kann.

Mr. Evans erhebt Einwände gegen den Ausdruck »geistige Erfahrung«. Ungeachtet dessen bildet die geistige Verarmung breiter Schichten der Bevölkerung heute ein sehr reales und materielles Hindernis für die Entwicklung der sozialistischen Bewegung. Die Marxisten stehen vor der großen Herausforderung, ein Publikum zu schaffen, das ihr politisches Programm und ihre Perspektiven versteht und darauf reagiert. Unter den heutigen Bedingungen die Notwendigkeit einer Bereicherung des Bewußtseins der Volksmassen herabzumindern – das erscheint mir äußerst verantwortungslos.

Wie kommt es zu einer Revolution? Ist sie lediglich das Ergebnis sozialistischer Agitation und Propaganda, die unter günstigen objektiven Umständen zum Tragen kommt? Kam es so zur Oktoberrevolution? Über diesem Problem hat unsere Partei in den letzten Jahren viel Zeit verbracht. Eine unserer Schlußfolgerungen lautete, daß die Revolution von 1917 nicht einfach das Ergebnis eines nationalen oder auch internationalen politischen und gesellschaftlichen Prozesses war, sondern auch das Ergebnis jahrzehntelanger Bemühungen um die Schaffung einer internationalen sozialistischen Kultur, die die wichtigsten Leistungen des bürgerlichen politischen und gesellschaftlichen Denkens, der bürgerlichen Kunst und Wissenschaft in sich aufnahm und verarbeitete. Die wesentlichen geistigen Grundlagen für die Revolution von 1917 wurden natürlich von jenen politischen Theoretikern und Revolutionären gelegt, die sich bewußt die Abschaffung der kapitalistischen Herrschaft zum Ziel gesetzt hatten. Aber die zahllosen Strömungen und Nebenflüsse, die in die revolutionäre Sturmflut eingingen und sie ermöglichten, bilden ein komplexes Geflecht wechselseitiger Einflüsse, die sich gegenseitig verändern, einander entgegenwirken oder verstärken.

Die Schaffung eines Umfelds, in dem es plötzlich möglich wird, daß eine große Anzahl Menschen sich erheben und bewußt an die Abschaffung der alten Gesellschaft schreiten, indem sie die über Jahrzehnte, ja Jahrhunderte angehäuften Vorurteile, Gewohnheiten und erlernten Verhaltensweisen abschütteln, die ja immer ein scheinbar unerschütterliches, festgefahrenes Eigenleben annehmen – die Überwindung dieser historischen Trägheit und die Schaffung eines aufrührerischen Klimas kann unmöglich als nur politische Aufgabe aufgefaßt werden.

Wir wissen, daß der ganzheitliche sozialistische Mensch erst in der Zukunft – der nicht allzufernen, wie wir meinen – geschaffen werden kann. Aber das heißt nicht, daß sich die Herzen und das Denken der Bevölkerungsmassen nicht ändern müßten, bevor die soziale Revolution Wirklichkeit werden kann. Wir leben in einem Zeitalter der kulturellen Stagnation und des kulturellen Niedergangs, in dem die Wunder der Technik vor allem eingesetzt werden, um die Masse der Bevölkerung zu benebeln und zu betäuben und sie für die rückständigsten Auffassungen und Stimmungen empfänglich zu machen.

Die Schärfung des kritischen Verstandes der Bevölkerung – ihrer kollektiven Fähigkeit, die Lüge von der Wahrheit, das Wesentliche vom Unwesentlichen, ihre eigenen elementaren Interessen von den Interessen ihrer Todfeinde zu unterscheiden – und die Hebung ihres geistigen Niveaus auf eine solche Ebene, daß viele Menschen Großmut und Opferbereitschaft für ihre Mitmenschen zeigen – all dies geht aus einer geistigen und moralischen Höherentwicklung hervor, die sich aus dem Fortschritt der menschlichen Kultur als Ganzer ergeben muß.

Die Kunst bringt Dinge über das Leben, die Leute und einen selbst zum Ausdruck, die sich im politischen oder wissenschaftlichen Denken nicht enthüllen; ihre große Macht besteht in ihrer Fähigkeit, wie durch unsichtbare Fäden Menschen auf den tiefsten und innersten Ebenen zu verbinden. Um ganz zu werden, brauchen Menschen die Wahrheit über die Welt und über sich selbst, die ihnen die Kunst geben kann.

»Die Kunst vergangener Jahrhunderte hat den Menschen komplexer und flexibler gemacht«, schreibt Trotzki in »Kultur und Sozialismus«, »hat sein Denken auf ein höheres Niveau erhoben, hat ihn allseitig bereichert.«17 In »Literatur und Revolution« meint Trotzki, nachdem er festgestellt hat, daß es dem Durchschnittsarbeiter gerade an wirklicher Individualität mangele, die Kunst trage zur »Steigerung der objektiven Qualifikation und des subjektiven Selbstbewußtseins der Individualität« bei. Er fährt fort: »Was der Arbeiter Shakespeare, Goethe, Puschkin oder Dostojewski entnehmen wird, das wird vor allen Dingen eine kompliziertere Vorstellung von der menschlichen Persönlichkeit sein, von deren Leidenschaften und Gefühlen. Er wird ihre psychischen Kräfte, die Rolle des Unbewußten in ihr u.a.m. besser und tiefer verstehen. Im Endergebnis wird er reicher werden.«18

Worin besteht die aufrührerische, subversive Qualität der Kunst? Zeigt sie sich ausschließlich, oder auch nur vorwiegend, in der Darstellung eines ausgesprochen gesellschaftlichen und politischen Inhalts? Kann man im Gegensatz dazu von der subversiven Qualität eines Orchesterstückes, eines abstrakten Bildes, eines Liebesgedichts oder eines populären Films sprechen? Ich denke, man kann, ja, man muß.

Der Wunsch nach Freiheit, nach einem ganzen und erfüllenden Leben, geistig und physisch, ist ein Absolutes, das der unerträglichen Realität entgegensteht. Die Lyrik, sagt Breton, ist der Beginn eines Protests. Dieser Protest, bewußt oder unbewußt, ist in jedem kreativen Werk enthalten.

Ein wirkliches Kunstwerk erweckt im Betrachter starke Kräfte. Es spitzt, und sei es nur in den »tiefsten Schichten des psychischen Mechanismus«, wie Freud sagte, den Gegensatz zwischen dem Leben, wie es ist, und dem Leben, wie es bislang nur in den Träumen der Menschheit erschien, bis aufs Äußerste zu. Die Werke der Kunst entfesseln libidinöse und destruktive Kräfte, rufen Bedürfnisse und Wünsche wach, die unter den gegebenen Lebensumständen des Individuums oder innerhalb der bestehenden unterdrückerischen Gesellschaftsstruktur insgesamt nicht erfüllt werden können, Bedürfnisse und Wünsche, die nach einer Antwort verlangen, die am Ende nur in der sozialen Revolution gefunden werden kann. Breton spricht von ästhetischen Wahrnehmungen »der Art, daß sie bestürzend und revolutionär sind in dem Sinne, daß sie dringend nach einer Antwort in der äußeren Wirklichkeit verlangen.«

Meiner Ansicht nach handeln Marx’ früheste Schriften, wenn sie auch politisch noch unausgegoren sind, von diesen Fragen. Er erfaßte hervorragend das alte, unermüdliche Streben nach Befreiung, das ganz egal, wie deprimierend die gesellschaftlichen Umstände auch sein mögen, niemals aus der künstlerischen Betätigung der Menschheit verschwindet.

Im Jahr 1843 schrieb er: »Unser Wahlspruch muß also sein: Reform des Bewußtseins nicht durch Dogmen, sondern durch Analysierung des mystischen, sich selbst unklaren Bewußtseins, trete es nun religiös oder politisch auf. Es wird sich dann zeigen, daß die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewußtsein besitzen muß, um sie wirklich zu besitzen. Es wird sich zeigen, daß es sich nicht um einen großen Gedankenstrich zwischen Vergangenheit und Zukunft handelt, sondern um die Vollziehung der Gedanken der Vergangenheit. Es wird sich endlich zeigen, daß die Menschheit keine neue Arbeit beginnt, sondern mit Bewußtsein ihre alte Arbeit zustande bringt.«19

Diesen »Traum von einer Sache« in das bewußte und unbewußte Leben der Menschheit zu bringen, darin besteht die ewige Arbeit der Kunst.

Schlußfolgerungen

Zum Abschluß meiner Ausführungen möchte ich noch kurz auf unsere eigenen Aufgaben eingehen. Die revolutionäre Partei trägt heute auf dem Gebiet der Kunst und der Kultur allgemein eine enorme Verantwortung. Wir haben bereits festgestellt, daß vieles, das die Sozialisten ebenso wie die Künstler vor sechzig oder siebzig Jahren noch für selbstverständlich gehalten hätten – zum Beispiel eine elementare Ablehnung der bürgerlichen Moral, des Patriotismus, der Handlanger von Law and Order, religiösen Aberglaubens – in den heutigen Intellektuellenkreisen praktisch unbekannt ist. Der Wiederaufbau einer Kultur, oder besser gesagt die Schaffung einer neuen Kultur, ist nicht einfach und kann nicht über Nacht geleistet werden.

Wir haben weiterhin festgestellt, daß der Funken des menschlichen Genies nicht erloschen ist, sondern, insbesondere aufgrund der lähmenden Blockade durch den Stalinismus, ein halbes Jahrhundert lang einseitig auf die wissenschaftliche und technische Seite des kulturellen Lebens gerichtet war. Eine Renaissance in Kunst und Gesellschaft ist unvermeidlich. Vielleicht zeigt diese Schule, daß sie bereits begonnen hat.

Ich habe das Wort »einseitig« heute mehrmals benutzt, vielleicht öfter, als ich wollte. Ich lasse jetzt alle Bedenken fahren und schlage vor, daß wir der Einseitigkeit den Krieg erklären. Die kommenden gesellschaftlichen Erschütterungen werden den Marxisten eine nie gekannte Allseitigkeit abverlangen.

Ich hoffe, daß ich niemanden hier in Rage bringe, wenn ich sage, daß die von Trotzki in »Literatur und Revolution« in – so meine ich – recht bedauerndem und besorgtem Ton beschriebene »revolutionäre und politische« Einseitigkeit objektive Gefahren mit sich bringt. Die folgende Warnung André Bretons richtete sich zwar gegen die Engstirnigkeit der zunehmend stalinisierten Kommunistischen Partei Frankreichs der frühen dreißiger Jahre, aber es lohnt sich, daran zu erinnern: Der Revolutionär würde ein erhebliches Risiko eingehen, erklärte Breton, »wollte er, um seine Ziele zu erreichen, nur auf die Spannung eines Seiles setzen, an dem er in ganzer Länge entlanglaufen müßte, ohne daß er fortan noch nach oben oder unten blicken dürfte!«

Gerry Healy, der Führer der britischen Socialist Labour League und späteren Workers Revolutionary Party, sagte in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren, während er seine eigene Unwissenheit über die subtileren Probleme der Kultur einräumte, gern: »Wir hatten keine Zeit, wir hatten einfach keine Zeit für diese Dinge.« Und es ist nicht an mir, darüber zu urteilen oder zu behaupten, daß ein solches detailliertes Studium unter den ungeheuer schwierigen Bedingungen, mit denen die trotzkistische Bewegung in der Nachkriegsperiode zu kämpfen hatte, objektiv möglich gewesen wäre. Ich spreche nur von objektiven Tatsachen. Und wieder bin ich der Ansicht, daß die Einseitigkeit unserer eigenen Partei während einer bestimmten historischen Periode zum Teil durch die Vorherrschaft der reaktionären, kulturlosen, antikommunistischen Bürokratien und durch die Isolation der marxistischen Tendenz bedingt war.

Mit Sicherheit führe ich die Degeneration der WRP-Führung unter Healy nicht darauf zurück, daß sie sich nicht genug um kulturelle Fragen gekümmert hat, aber dennoch meine ich, daß ihre diesbezüglichen Versäumnisse sie in politischer und theoretischer Hinsicht verletzbar gemacht hatten, als in den siebziger Jahren neue politische Probleme auftauchten. Die WRP war nicht hinreichend gerüstet, um das Hereinströmen zahlreicher Intellektueller aus der Mittelklasse zu bewältigen, und dies erwies sich als destabilisierender Faktor.

Die moderne Geschichte hat gezeigt, daß alles kritische Denken unter dem Kapitalismus schließlich dem Marxismus zuneigt. Jene Künstler und Intellektuellen, die Augen im Kopf und etwas zu sagen haben, werden unweigerlich von unserer Partei angezogen werden. Wir werden es uns nicht leisten können, darauf kurzfristig, sporadisch und mit Improvisationen zu reagieren.

Ich halte diese Schule und die gesamte Entwicklung unserer Partei in der vergangenen Periode für äußerst ermutigend. Unsere Partei hat ein fleckenloses Banner. Wir sind die erklärten Feinde des Kapitalismus und der Bürokratie. Keine andere Bewegung kann auf dieser Grundlage an die Arbeiter appellieren. Und keine andere Bewegung kann so an die Künstler appellieren, wie unsere. Ich habe keinen Grund, die Worte zu ändern, mit denen Trotzki und Breton im Jahr 1938 ihr Manifest schlossen:

»Was wir wollen:
Die Unabhängigkeit der Kunst – für die Revolution
die Revolution – für die endgültige Befreiung der Kunst.«
20

 

Anmerkungen

1 Marx Engels Werke Bd. 1, S. 5-6   -    zurück

2 Leo Trotzki, »Literatur und Revolution«, Essen 1994, S. 207   -   zurück

3 Paul Lafargue, »Das Recht auf Faulheit & persönliche Erinnerungen an Karl Marx«, Frankfurt / Main 1966, S. 58ff   -    zurück

4 »Die Neue Zeit«, Jg. 14, Nr. 1 (1895-96), S. 17    -   zurück

5 Leo Trotzki, »Verratene Revolution«, Essen 1997, S. 214   -   zurück

6 Der Artikel »Der bleibende Wert von Oscar Wildes Werk« erschien deutsch in der neuen Arbeiterpresse vom 28. August 1997, der Briefwechsel mit Brad Evans in der gleichheit 2/98 und der Artikel über André Breton, »Kunst und Freiheit«, in der gleichheit 1/97.   -   zurück

7 Marx Engels Werke Bd. 3, S. 44   -    zurück

8 W.I. Lenin, Werke Bd. 31, S. 308   -    zurück

9 Leo Trotzki, »Kultur und Sozialismus«, in »Denkzettel. Politische Erfahrungen im Zeitalter der permanenten Revolution«, Frankfurt / Main 1981, S. 350   -   zurück

10 ebd. S. 351f   -   zurück

11 ebd.   -   zurück

12 ebd. S. 359   -   zurück

13 »Literatur und Revolution«, a.a.O., S. 217    -   zurück

14 ebd., S. 193   -   zurück

15 ebd. S. 205f   -   zurück

16 Marx Engels Werke Bd. 21, S. 8   -    zurück

17 »Denkzettel...«, a.a.O. S. 359   -    zurück

18 »Literatur und Revolution«, a.a.O., S. 224    -   zurück

19 Marx Engels Werke Bd. 1, S. 346, Hervorhebung des einen Satzes hinzugefügt   -   zurück

20 »Literatur und Revolution«, a.a.O., S. 510    -   zurück

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