Am Donnerstag, dem 20. März, reichten Momodou Taal und zwei weitere Kläger, Mũkoma Wa Ngũgĩ und Sriram Parasurama, einen neuen Eilantrag auf einstweilige Verfügung gegen die Trump-Regierung ein. Mit dem Antrag reagiert Taal darauf, dass mehrere nicht-identifizierte Polizeibeamte seine Wohnung in Ithaka (New York) umstellt haben – eine Art polizeiliches „Stalking“, um ihn einzuschüchtern und von seiner Klage vom 15. März abzubringen. Mit der Klage ficht er zwei Verfügungen an, die sein Recht auf freie Meinungsäußerung einschränken.
Taal, ein Doktorand der Cornell University und britisch-gambischer Staatsbürger, hält sich legal in den Vereinigten Staaten auf. Die Trump-Regierung hat ihn mit Ausweisung bedroht, nachdem er an der Universität an pro-palästinensischen Protesten teilgenommen hatte. Auch seine beiden Mitkläger befinden sich in einer ähnlichen Situation. Im Zusammenhang mit den Angriffen auf die Redefreiheit und studentische Proteste gegen den anhaltenden Genozid in Gaza geht die Universität auch gegen sie mit Disziplinarmaßnahmen vor.
Die am 15. März eingereichte Klage richtet sich gegen die Executive Order 14161 „Zum Schutz der Vereinigten Staaten vor ausländischen Terroristen und anderen Bedrohungen der nationalen und öffentlichen Sicherheit“, sowie auch gegen die Executive Order 14188, „Zusätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung des Antisemitismus“. Beide Dekrete zielen darauf ab, jegliche Kritik an der Trump-Regierung, an Israel und am anhaltenden Völkermord in Gaza mundtot zu machen.
In dem neuen Eilantrag heißt es, dass seit der Einreichung der ursprünglichen Klage
neue Beweise dafür aufgetaucht sind, dass die Beklagten aktiv Schritte unternehmen, um Herrn Taal festzunehmen und ein Einwanderungsverfahren gegen ihn einzuleiten. Dies birgt ein erhebliches Risiko, dass diesem Gericht die Zuständigkeit für die Prüfung von Herrn Taals verfassungsmäßigen Rechten entzogen wird. Wenn die unmittelbare Bedrohung durch Vollstreckungsmaßnahmen nicht sofort gestoppt wird, wird sie nicht nur zu einem irreparablen Schaden für Herrn Taals verfassungsmäßige Rechte führen, sondern auch die Wirksamkeit dieses Rechtsstreits untergraben, indem er der Zuständigkeit dieses Gerichts vorzeitig entzogen wird.
Herr Taal ist nun unmittelbar von Inhaftierung oder Abschiebung bedroht, was ihm irreparablen Schaden zufügen wird, der nicht rückgängig gemacht werden kann. Die emotionale Belastung in Verbindung mit der Androhung von Zwangsmaßnahmen stellt eine irreparable Verletzung seiner Rechte dar. Daher beantragt der Kläger respektvoll die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, um weiteren Schaden zu verhindern und seine Rechte auf ein ordnungsgemäßes Verfahren zu wahren, bis eine vollständige Anhörung stattfinden kann.
Trotz der Einschüchterung durch Polizei und Justiz nahmen am späteren Nachmittag mehrere hundert Studierende und Unterstützer an einer Demonstration teil, zu der erst wenige Stunden zuvor aufgerufen worden war, und bekundeten ihre Unterstützung.

Zu der Demonstration, die auf dem Campus der Cornell University stattfand, hatte die Coalition for Mutual Liberation aufgerufen. Die Redner waren seine Anwälte Eric Lee und Chris Godshall-Bennett, die Präsidentin der Vereinigung der Hochschulprofessoren (AAUP) an der Cornell University, Risa Lieberwitz, und Sandra Babcock von der Cornell Law School.
Der Anwalt für Einwanderungsrecht Eric Lee, einer von Taals Anwälten, begann seine Ansprache an die Kundgebung, indem er eine Erklärung von Taal selbst vorlas:
Ich wünschte, ich könnte persönlich bei euch allen sein, aber die Situation ist so weit eskaliert, dass das nicht mehr sicher wäre. Eure Solidarität ist jedoch eine Quelle meiner Stärke.
Es ist schlichtweg tragisch, dass die Äußerung dieses grundlegenden Wunsches [nach einem Ende des Völkermords in Gaza], wenn es nach dem Präsidenten geht, zu einem Akt des Verrats geworden ist. Die Bekräftigung der einfachen Menschlichkeit des palästinensischen Volkes wird falsch interpretiert, als ginge sie mit der Vernichtung eines anderen einher. Ich ermutige alle Menschen, ihrem Gewissen treu zu bleiben, weiterhin ihre Meinung zu äußern, aber vor allem zu handeln. Denkt daran: Es geht darum, die Welt zu verändern. Free Palestine!
Nachdem er Taals Botschaft vorgelesen hatte, teilte Lee der Kundgebung mit, dass auch Mahmoud Khalil, ein Student aus Columbia, der wegen seiner Beteiligung gegen den Völkermord widerrechtlich verhaftet wurde und derzeit in Louisiana festgehalten wird, sich am gleichen Vormittag gemeldet hatte und ebenfalls eine Botschaft an die Unterstützer geschickt hatte.
Lee las aus Khalils Botschaft vor:
Was ich durchmache, ist nichts im Vergleich zu dem, was die Menschen in Palästina durchmachen. Dies ist erst der Anfang des Angriffs auf die Demokratie. Wenn sie mich verfolgen können, können sie auch euch und jeden Staatsbürger verfolgen.
An das amerikanische Volk: Es ist an der Zeit, sich für unser Grundrecht auf freie Meinungsäußerung stark zu machen, ehe es zu spät ist. Seitens des Präsidenten ist dies kein Zeichen der Stärke, sondern der Schwäche und ein Beweis für die Angst vor dem Widerstand, der sich in diesem Land gegen seine Politik erhebt.
Lee beendete Khalils Ausführungen unter Applaus.
Darauf lud Lee alle Anwesenden ein, an der Anhörung teilzunehmen, die am Dienstag, dem 25. März, um 14:00 Uhr in Syracuse (New York) stattfinden soll. Die erste Anhörung zu der Klage war eigentlich für den 19. März vor der US-Bezirksrichterin Elizabeth C. Coombe angesetzt, wurde aber auf kommende Woche verschoben. Coombe ordnete an, dass beide Parteien ihre schriftlichen Argumente vor der Anhörung am Dienstag vorlegen.
Lee erklärte, worum es in der Klage geht:
Mit unserer Klage fechten wir die Verfassungsmäßigkeit der beiden Executive Orders an, von denen Trump behauptet, er habe sie durch Regierungsdekret zu Gesetzen gemacht (...) Sie stellen jegliche Kritik an der Regierung der Vereinigten Staaten, ihren Institutionen und ihrer Kultur durch Nicht-Staatsbürger, einschließlich derer, die rechtmäßig hier leben, unter Strafe. Und die zweite Executive Order greift uns alle an, auch wenn wir US-Bürger sind, indem sie jeden, der den Staat Israel kritisiert, der Strafverfolgung preisgibt.
Außer euch gibt es niemanden, der dagegen aufstehen und dem ein Ende setzen wird. Die Demokratische Partei hat den Weg geebnet für diese Angriffe auf demokratische Grundrechte. Sie tut nicht nur nichts, sondern sie verspricht sogar, mit Trump zusammenzuarbeiten. Sie hat dem Haushalt zugestimmt, sie hat ihren Widerstand dagegen aufgegeben und Trump sein Ermächtigungsgesetz gegeben. Vor Gericht werden wir unser Bestes geben, um die stärksten rechtlichen Argumente vorzubringen, aber was die Situation wirklich lösen wird, sind eure Taten. Der Zweck dieser Maßnahmen ist es, euch einzuschüchtern und an Menschen wie Momodou Taal und Mahmoud Khalil ein Exempel zu statuieren. Jetzt liegt es an euch, aufzustehen und den Kampf dagegen aufzunehmen.
Chris Godshall-Bennett, leitender Direktor des American Arab Anti-Discrimination Committee (ADC), wandte sich ebenfalls an die Kundgebung:
Ich bin aus Washington D.C. angereist, um Momodou und unsere Kläger sowie Eric in diesem historischen Rechtsstreit zu unterstützen. Darin geht es um die Verteidigung der grundlegenden Schutzrechte des Ersten Verfassungszusatzes, die für alle von uns in den Vereinigten Staaten, unabhängig von unsrer Staatsbürgerschaft, gelten.
Ich muss erwähnen, dass ich Jude bin. Ich habe mein Leben und meine Karriere dieser Arbeit der Solidarität mit Palästina und der Verteidigung arabischer Amerikaner und ihrer Verbündeten gewidmet. Mir ist nicht entgangen, dass die Ausrede, der Vorwand, der bemüht wird, um Menschen wie Momodou und Mahmoud einzuschüchtern und einzusperren, meine Sicherheit sein soll. Und das ist eine Vorstellung, die ich grundsätzlich ablehne. Ich bin sicher, dass es unter euch noch andere Juden gibt, die dem zustimmen. Es ist unsere Pflicht, weiterhin aufzustehen und zu sagen: „Not in our name“ [Nicht in unserem Namen]. Ich bin sehr stolz darauf, bei euch zu sein, denn es steht mehr auf dem Spiel als je zuvor.
Godshall-Bennett beschrieb dann, wie eine nicht-identifizierte Polizeibehörde Taals Wohnung überwache. „Das ist ein unverhohlener Versuch der Einschüchterung“, fuhr er fort. „Es ist eine völlige und absolute Abweichung von allem, was man als das Normale erwarten würde, wenn jemand seine Rechte vor einem Bundesgericht geltend macht.“
Schon unter Biden war Taal im vergangenen Jahr die Aussetzung und der Widerruf seines F-1-Studentenvisums angedroht worden, weil er an friedlichen Protesten gegen den Genozid teilgenommen hatte.