Delegation der kurdisch-nationalistischen DEM-Partei trifft den inhaftierten PKK-Führer Öcalan

Sırrı Süreyya Önder und Pervin Buldan, Abgeordnete der Partei für Gleichheit und Demokratie der Völker (DEM), trafen am 28. Dezember 2024 mit Abdullah Öcalan zusammen, dem Führer der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), der seit 1999 im Gefängnis sitzt. Die letzten derartigen Gespräche fanden zwischen 2013 und 2015 statt, bevor sie mit dem Wiederaufflammen des blutigen Konflikts endeten.

Die erneuten Verhandlungen zwischen der Türkei und der PKK, die die türkische Regierung seit 40 Jahren unterdrückt, sind Teil des Kriegs im Nahen Osten. Mit dem israelischen Völkermord in Gaza, dem Kampf um die Aufteilung Syriens und dem Streben des US-Imperialismus nach einer Neuordnung der Region ist die Kriegsentwicklung eskaliert.

Devlet Bahçeli, Vorsitzender der faschistischen MHP (Partei der Nationalistischen Bewegung), begrüßt die Delegation der DEM-Partei, die sich mit Abdullah Öcalan getroffen hat, Ankara, 2. Januar 2025 [Photo: DEMGenelMerkezi/X]

In der von der Delegation herausgegebenen Erklärung heißt es, dass bei dem Treffen mit Öcalan „die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten und in der Türkei bewertet wurden“. Öcalans Einschätzung wurde mit den folgenden Worten zitiert:

Die Wiederherstellung der türkisch-kurdischen Brüderlichkeit ist zu einer historischen Verantwortung geworden und hat eine schicksalhafte Bedeutung und Dringlichkeit für alle Völker... Die Ereignisse im Gazastreifen und in Syrien haben gezeigt, dass die Lösung dieses Problems, das durch die Interventionen von außen angeheizt wird, nicht länger aufgeschoben werden kann... Ich habe die Kompetenz und die Entschlossenheit, den notwendigen positiven Beitrag zu dem neuen Paradigma zu leisten, das Herr Bahçeli und Herr Erdoğan stärken... Dies ist die Ära des Friedens, der Demokratie und der Brüderlichkeit für die Türkei und die Region.

Der DEM-Abgeordnete Buldan schrieb später auf X: „Aufgrund der Sensibilität des Prozesses werden wir keine Erklärung gegenüber der Presse abgeben, bevor die Lage nicht reif ist.“ Diese Aussagen zeigen, dass die Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit weitergehen.

Dieselbe Delegation der DEM-Partei traf sich am 2. Januar mit Devlet Bahçeli, dem Vorsitzenden der faschistischen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), die Teil der „Volksallianz“ von Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist. Die für die Presse geschlossenen Treffen werden diese Woche mit Erdoğans Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), der kemalistischen Republikanischen Volkspartei CHP und anderen Parteien im Parlament fortgesetzt.

Der Weg für neue Verhandlungen mit Öcalan begann mit Bahçelis beispiellosem Aufruf am 22. Oktober letzten Jahres: „Wenn die Isolation des Terroristenführers [des inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan] aufgehoben ist, sollte er kommen und in der Sitzung der DEM-Fraktion des türkischen Parlaments sprechen.“ Er fügte hinzu: „Er soll rufen, dass der Terrorismus vollständig überwunden ist und die Organisation [PKK] zerschlagen wurde. Wenn er diese Widerstandsfähigkeit und Entschlossenheit zeigt, sollte der Weg für die gesetzliche Regelung des ‚Rechts auf Hoffnung‘ [Aussetzung einer Reststrafe auf Bewährung bei lebenslangen Haftstrafen entsprechend einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom März 2014] und dessen Anwendung weit offen sein.“

In einer Analyse dieser Entwicklung erklärt die World Socialist Web Site, dass die Behauptungen der türkischen herrschenden Elite über „Frieden und Demokratie“ eine Täuschung sind und darauf abzielen, ihre Position angesichts des eskalierenden Kriegs im Nahen Osten zu stärken.

In demselben Zeitraum, als Bahçeli seine Erklärung abgab, sagte Erdoğan zum Verhandlungsprozess mit der PKK: „Während die Landkarten mit Blut neu gezeichnet werden, während der Krieg, den Israel von Gaza bis zum Libanon geführt hat, sich unseren Grenzen nähert, versuchen wir, unsere interne Front zu stärken. Wir wollen, dass 85 Millionen von uns unter dem gemeinsamen Nenner der Türkei zusammenkommen.“

Bahçelis Neujahrsbotschaft bringt auch die Haltung der türkischen Regierungselite auf den Punkt. Er behauptete, dass die Gespräche zwischen Öcalan und der Delegation der DEM-Partei „nicht nur die Demokratie und die Hoffnungen, die mit der türkisch-kurdischen Brüderlichkeit verbunden sind, gestärkt haben, sondern auch der Anstoß für einen vielversprechenden Anfang waren“.

Aber dann erklärte er, dass in diesem Prozess kein Platz für die unterdrückten politischen und kulturellen Rechte des kurdischen Volkes sei: „Es gibt keinen Prozess, der eine neue Lösung oder Öffnung darstellt. Was geschieht und was geschehen sollte, ist das aktive, bedingungslose, nicht berechnende, nicht erzwungene, versichernde und aufrichtige Engagement der Gesprächspartner im Namen des nationalen Überlebens und der Zukunft.“

Ankara will zum einen, dass die PKK auf Öcalans Initiative hin die Waffen niederlegt, und zum anderen, dass die von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) in Syrien – angeführt von den kurdisch-nationalistischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) – liquidiert werden. Die SDF führen ein de facto autonomes Gebiet in Syrien an, das sich „Autonome Verwaltung von Nord- und Ostsyrien“ nennt.

Die kurdische Frage, die aufgrund der Präsenz der kurdischen Bevölkerung in der Türkei, in Syrien, im Iran und Irak ein internationales Problem ist, wurde ein fester Bestandteil des imperialistischen Kampfs um die Aufteilung des Nahen Ostens, insbesondere nach der US-Invasion im Irak im Jahr 2003 und dem Beginn des Kriegs für einen Regimewechsel in Syrien im Jahr 2011.

Erdoğans 2009 eingeleiteter „Friedensprozess“ mit der PKK war ein Versuch, mit Zustimmung der USA und der europäischen Mächte an dem sich entwickelnden Raubkrieg teilzuhaben. Nachdem die USA kurdische Milizen zu ihren wichtigsten Stellvertretern im Krieg für einen Regimewechsel in Syrien und die Entstehung eines von der YPG geführten Protostaats in der Region gemacht hatten, beendete Erdoğan diesen Prozess 2015 und begann eine gewaltsame Offensive gegen kurdische Kräfte sowohl in der Türkei als auch in Syrien.

Aus Angst, dass ein kurdischer Staat in Syrien ähnliche Initiativen in der Türkei ermutigen würde, hat Ankara zusammen mit seinen islamistischen Stellvertretern zahlreiche Militäroperationen in Nordsyrien organisiert und große Teile des Landes besetzt, um die Schaffung einer einheitlichen, von kurdischen Kräften kontrollierten Region zu verhindern.

Die neuen Verhandlungen finden inmitten des Regimewechsels in Syrien und der Vorbereitungen für einen Krieg gegen den Iran statt. Im vergangenen Monat stürzten die Milizen der Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die mit al-Qaida verbunden sind, den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad, der von Iran und Russland unterstützt wurde. In der Zwischenzeit hat die von der Türkei unterstützte Syrische Nationalarmee (SNA) eine Operation gegen die von den USA unterstützten kurdischen Kräfte eingeleitet.

Die SNA nahm die Städte Tel Rifaat und Manbij von den SDF ein und rückte östlich des Euphrat vor. Da die USA jedoch mit Sanktionsdrohungen und Truppeneinsätzen, insbesondere in Kobani, interveniert haben, scheint die von der Türkei unterstützte Militäroffensive zum Stillstand gekommen zu sein. Andererseits versucht Ankara, seinen Einfluss auf die HTS zu nutzen, um die Liquidierung der kurdischen Kräfte und ihre Unterordnung unter die Regierung in Damaskus ohne besonderen Status durchzusetzen.

Die entscheidende Macht im Kampf um die Aufteilung Syriens und des Nahen Ostens ist jedoch der US-Imperialismus. Während Washington versucht, die HTS-Führung unter dem Vorwand des Kampfs gegen ISIS unter seine Kontrolle zu bringen, sieht es die SDF als seine wichtigsten Stellvertreter sowohl bei der Aufrechterhaltung seiner Präsenz in Syrien als auch im Krieg gegen den Iran. Die USA haben die Zahl ihrer Militärangehörigen in dem Land von 900 auf 2000 erhöht und die Sanktionen gegen Syrien bis 2029 verlängert.

Darüber hinaus hat Israel – die Speerspitze der USA im Nahen Osten – seine Besetzung Südsyriens ausgeweitet und die kurdische Führung zu seinem wichtigsten Verbündeten in dem Land erklärt. Salih Muslim, der ehemalige Ko-Vorsitzende der Schwesterorganisation der PKK, der Partei der Demokratischen Union (PYD), hat sich ebenfalls für ein Bündnis mit Israel ausgesprochen.

Nachdem Israel mit seinen anhaltenden Luftangriffen die militärischen Verteidigungskapazitäten und die Infrastruktur Syriens weitgehend zerstört hat, distanziert es sich von der HTS. Die israelische Regierung betont ihre gegensätzlichen Interessen zur Türkei als Vorwand, um die Besetzung Syriens auszuweiten und dort ein willfähriges Regime an die Macht zu bringen, das sich Israel unterordnet.

Der israelische Außenminister Gideon Saar sagte: „Das neue Regime in Syrien ist eine terroristische Bande... Die Lage in Syrien ist nicht beruhigend. Es gibt Zusammenstöße in den Küstenstädten, es gibt offene Drohungen von Erdogan, die kurdische Autonomie zu beseitigen, es gibt Schikanen gegen Christen, und dieses Regime ist ein islamistisches Regime, das ganz Syrien kontrollieren will.“

Während die HTS beschlossen hat, die bewaffneten Gruppierungen Syriens aufzulösen und sich der zentralen Armee anzuschließen, ist das Schicksal der von den SDF geführten autonomen Verwaltung und ihrer bewaffneten Kräfte weiterhin unklar. Die kurdischen Streitkräfte halten rund 40 Prozent des syrischen Territoriums, darunter den größten Teil der Energieressourcen und Kornkammern des Landes. In dieser Region befinden sich Truppen und Stützpunkte der USA.

Eine Delegation des SDF-Generalkommandos traf am Montag in Damaskus mit dem HTS-Führer Abu Mohammed al-Dschulani zusammen. Bessam Ishaq, der Leiter des Washingtoner Büros des Syrischen Demokratischen Rates [politischer Arm der SDF], erklärte gegenüber Asharq Al-Awsat, dass es bei den Treffen der SDF in Damaskus „nur um militärische Fragen ging und der Koordinierungsmechanismus sowie gemeinsame Themen besprochen wurden“.

Die Verhandlungen sind Teil des imperialistischen Raubzugs der USA und seiner regionalen Verbündeten und Stellvertreter, einschließlich Israels und der Türkei, für Ressourcen, Energierouten und Einfluss in Syrien und im Nahen Osten, der auf einen Krieg gegen den Iran abzielt. Die Behauptung, dass die Verhandlungen irgendwo Frieden und Demokratie bringen werden, ist eine Täuschung. Alle Seiten bereiten sich auf neue Kriege vor und werden die arbeitenden Massen mit der Rhetorik des Friedens in den Tod schicken.

Eine demokratische Lösung der kurdischen Frage und ein Ende des eskalierenden Genozids in Gaza und des Kriegs im Nahen Osten können nur erreicht werden, wenn die internationale Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Antikriegsprogramms vereint und mobilisiert wird. Sie muss im Kampf gegen die imperialistischen Mächte und ihre bürgerlichen Stellvertreter die Macht erobern.

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