Massenproteste gegen dschihadistische HTS-Regierung in Syrien

Der Sturz des von Russland und dem Iran unterstützten Regimes von Präsident Baschar al-Assad in Syrien durch islamistische Stellvertreter der Nato-Mächte hat große Unruhe und Angst ausgelöst, vor allem unter den religiösen und konfessionellen Minderheiten.

Die Machtergreifung dschihadistischer Kräfte unter Führung der al-Qaida-nahen Hayat Tahrir al-Scham (HTS) am 8. Dezember 2024 brachte neue Bedrohungen für die Rechte und das Leben von Christen, Alawiten und andere Minderheiten.

Wie die Artı Gerçek und die Mesopotamia Agency in der Türkei am Mittwoch berichteten, haben seit der Machtübernahme durch die von der HTS angeführten Dschihadisten die Klagen über Hausdurchsuchungen, Plünderungen, Belästigung von Frauen und Hinrichtungen zugenommen, vor allem in Gebieten, in denen Alawiten leben.

Berichten zufolge wurden am 18. Dezember zwei Kirchen und ein Patriarchat im zentralsyrischen Hama angegriffen, und am Dienstag zündeten in der von Christen bewohnten Stadt Suqailabiyya maskierte Bewaffnete einen riesigen Weihnachtsbaum an. Diejenigen, die versuchten, den Baum zu löschen und den Angriff zu verhindern, wurden Berichten zufolge mit Waffengewalt bedroht.

Die Verbreitung eines Videos in den sozialen Netzwerken, das den brennenden Weihnachtsbaum in Suqailabiyya zeigt, löste Empörung unter christlichen und anderen Gemeinden in ganz Syrien aus.

Christen in Hama, Damaskus und Homs organisierten Demonstrationen gegen Dschihadisten-Gruppen, bei denen sie aus Solidarität mit den Menschen in Suqailabiyya Kreuze trugen. Sie bildeten lange Konvois aus Fahrzeugen und forderten, dass die von Minderheiten bewohnten Gebiete von Dschihadisten geräumt werden.

Syrische Christen mit Kreuzen skandieren Parolen bei einer Demonstration in Damaskus am 24. Dezember 2024, nachdem am Sonntag zuvor in Hama ein Weihnachtsbaum angezündet worden war [AP Photo/Hussein Malla]

In Bab Tuma, einem Stadtteil von Damaskus, gingen hunderte Menschen auf die Straße und skandierten: „Schützt die Rechte der Christen.“

Der Priester Andrew Bahi aus Damaskus erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa): „Unsere Angst ist berechtigt. Im Laufe der Jahre wurden die [mehrheitlich christlichen] Viertel im Osten von Damaskus von hunderten Granaten getroffen, und wir haben es in unseren Häusern ausgehalten, aber jetzt ist die Atmosphäre weiterhin zwiespältig. Es besteht ein Konflikt und ein Widerspruch zwischen Worten und Taten.“

Der Journalist Samer Elias erklärte: „Alle haben Forderungen skandiert, die Christen in Syrien zu schützen.“

Der Führer des neuen Regimes, Abu Muhammad al-Dschulani (Ahmed al-Scharaa), behauptete, der Weihnachtsbaum sei von ausländischen Kämpfern angezündet worden, die dafür bestraft würden. Doch diese und ähnliche Äußerungen sind unglaubwürdig angesichts der zunehmenden Schikanen und Angriffe dschihadistischer Banden.

Einen Tag nach diesen Demonstrationen fanden in Tartus, Latakia, Hama und Homs Proteste statt, nachdem ein Video vom 5. Dezember in Umlauf geraten war. Es zeigt einen Angriff auf einen alawitischen Schrein in Aleppo, in dem sich das Grab von Hussein bin Himden al-Hasibi befindet, einem historischen Führer der arabischen Alawiten. Das Video wurde angeblich von Dschihadisten aufgenommen und zeigt, wie fünf Zivilisten, die für die Instandhaltung des Schreins verantwortlich sind, ermordet werden. Der Schrein selbst wird während des Anschlags in Brand gesetzt. Danach posieren die Dschihadisten auf den Leichen der Mausoleumsbediensteten.

Von der HTS ernannte Vertreter versuchten, die wütenden Massen mit der Behauptung zu beschwichtigen, der Angriff auf den Schrein sei nicht neu, sondern habe bereits während der Einnahme von Aleppo Anfang Dezember stattgefunden.

Laut einem Bericht von Euronews hat die Ermordung von drei alawitischen Richtern und einem Offizier des Assad-Regimes in Hama am Dienstag ebenfalls zu Massenprotesten in Homs, Hama, Tartus und Latakia am Mittwoch geführt.

Laut der gegen Assad gerichteten Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London haben HTS-Kräfte einen alawitischen Demonstranten während einer Protestveranstaltung in Homs getötet, was die Spannungen weiter verschärfte. Nach diesen Vorfällen wurde in der Stadt eine Ausgangssperre verhängt.

Die amtliche Nachrichtenagentur SANA berichtete, die HTS-Regierung habe eine Operation gegen Assad-freundliche Kräfte in der Umgebung von Tartus begonnen. Bei dieser Operation wurden Berichten zufolge 14 Sicherheitskräfte des neuen Innenministeriums getötet.

Der alawitische Scheich Ali Dareer, der in einem überwiegend alawitischen Stadtteil von Damaskus lebt, erklärte gegenüber Reuters: „Tausende sind erfüllt von Groll und Angst, ihre Würde ist verletzt... Aber wir müssen weiter für den Frieden eintreten.“

Er erklärte, Häuser seien verwüstet und Menschen wegen ihrer religiösen Identität misshandelt worden, obwohl die HTS versprochen habe, die Religionsgemeinschaft mit Respekt zu behandeln.

Dareer beschrieb einen Vorfall, der sich am Donnerstag ereignet haben soll, bei dem Menschen aus einem Bus geholt und verprügelt wurden, weil sie Alawiten sind.

Diese Äußerungen verdeutlichen die angespannte Atmosphäre in der Gemeinde und die Gefahr, dass die neuen al-Qaida-nahen herrschenden Kräfte die konfessionellen Spannungen verschärfen könnten.

Die imperialistischen und regionalen Mächte, die das HTS-Regime an die Macht gebracht haben, schweigen sich über seine repressive Politik weitgehend aus. Stattdessen geben sie sich größte Mühe, den Einfluss des Irans in Syrien zu eliminieren, seine Rohstoffe zu plündern und ihren Einfluss im Land zu erhöhen.

Washington hat das Kopfgeld für al-Dschulani ausgesetzt und damit den Weg zur Annäherung an das neue Regime geebnet. Auch Vertreter des Vereinigten Königreichs und Frankreichs trafen sich mit HTS-Vertretern in Damaskus. Die Nato-Mächte und ihre Verbündeten versuchen, die auf dem Papier noch immer als Terrororganisation eingestufte HTS als Werkzeug für ihre geostrategischen Interessen zu nutzen.

Während die USA und Israel Syriens militärische Infrastruktur durch umfangreiche Luftangriffe schwer beschädigt haben und versuchen, ein gefügiges Marionettenregime in Damaskus zu schaffen, hat das israelische Militär seine Besetzung und seinen Einfluss im Land ausgeweitet.

Während die Türkei versucht, die kurdischen Kräfte im Norden Syriens zu unterdrücken und ihren Einfluss im Land zu erhöhen, ist sie zu offeneren Beziehungen mit der HTS übergegangen. Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat dem neuen Regime militärische und logistische Unterstützung zugesagt, und Außenminister Hakan Fidan hat als bisher ranghöchster Nato-Vertreter, der Damaskus jemals besuchte, al-Dschulani wärmstens begrüßt. Der HTS-Führer versprach dabei eine „strategische Beziehung“ zur Türkei.

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