Laut einem Bericht des News Channel des US-Verteidigungsministeriums vom Donnerstag passt das Pentagon seine globale Abschreckungsstrategie in einem globalen Umfeld mit „mehreren gleichwertigen nuklear bewaffneten Gegnern“, darunter Russland und China, an.
Der Bericht des Verteidigungsministeriums zitierte umfassend aus den Äußerungen von Richard C. Johnson, dem Leiter der zuständigen Abteilung im Verteidigungsministerium (Nuclear and Countering Weapons of Mass Destruction Policy, N-CWMD).
Johnson erklärte, es würden Anpassungen an der Nuclear Posture Review von 2022 vorgenommen. Dieses Dokument zur Atomwaffenstrategie der USA wurde im Oktober 2022 als Teil der nationalen Verteidigungsstrategie der Biden-Regierung veröffentlicht.
Johnson äußerte sich am letzten Mittwoch bei einer Podiumsdiskussion, die von der Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS) in Washington ausgerichtet wurde.
Die Podiumsdiskussion war Teil einer Veranstaltung zur Veröffentlichung eines CSIS-Berichts mit dem Titel „Project Atom 2024: Intra-War Deterrence in a Two-Peer Environment“. In diesem 94-seitigen Dokument werden mögliche Reaktionen auf einen Atomkrieg erörtert, etwa „ein Szenario, in dem Russland und China fast gleichzeitig Atomwaffen auf dem Schlachtfeld einsetzen“.
Johnson erklärte: „Wir leben jetzt in einer Welt, in der wir mit mehreren nuklear bewaffneten Rivalen konfrontiert sind, mit mehreren Staaten, die ihre Atomwaffenarsenale vergrößern, diversifizieren und modernisieren und die leider auch der Rolle, die Atomwaffen in ihren nationalen Sicherheitsstrategien spielen, größere Priorität einräumen.“
Laut dem Verteidigungsministerium erklärte Johnson, die Änderung der Atomwaffenstrategie sei notwendig „angesichts der verbesserten nuklearen Kapazitäten Chinas und Russlands und dem möglichen Wegfall von Rüstungskontrollverträgen ab Februar“. Er erklärte auch, die Nuclear Posture Review sei nie als statisches Dokument gedacht gewesen und müsse überarbeitet werden, „während sich die Sicherheitslage entwickelt“.
Die Veranstaltung des CSIS und der Bericht des Verteidigungsministeriums erfolgten vor dem Hintergrund einer deutlichen Eskalation des imperialistischen Kriegs gegen Russland. Die Ukraine hatte am Dienstag und Mittwoch mit US-amerikanischen und britischen Langstreckenraketen Ziele im russischen Kernland angegriffen. Mit ihrer Erlaubnis dafür, dass die Ukraine Raketen der Typen ATACMS und Storm Shadow einsetzt, haben sich die USA und ihre europäischen Nato-Verbündeten über die Warnungen Russlands, dass es auf den Einsatz solcher Waffen mit Atomwaffen reagieren werde, hinweggesetzt. Sie bringen die Welt damit an den Rand eines Dritten Weltkriegs.
Die imperialistischen Politiker und ein Großteil der Leitmedien behaupten, das Putin-Regime würde bluffen. Der britische Premierminister Keir Starmer erklärte etwa, Russland bediene sich einer „verantwortungslosen Rhetorik“. Doch die Podiumsdiskussion des CSIS und der Bericht des Verteidigungsministeriums zeigen, dass sich hochrangige Vertreter des Pentagon der Gefahr eines Atomkriegs sehr wohl bewusst sind.
So heißt es z. B. in der Einleitung des Berichts „Project Atom 2024“ des CSIS:
Es besteht ein zunehmendes Risiko, dass die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten mit Szenarien konfrontiert werden, in denen ein oder mehrere Gegner in einem regionalen Konflikt Atomwaffen einsetzen könnten. Dieses Risiko wird besonders in der strategischen Theorie und Doktrin Russlands offenkundig, in der regionale Abschreckung als Ergänzung zur globalen Abschreckung gesehen wird. Einige russische Militärexperten sehen den möglichen Einsatz nicht-strategischer Atomwaffen als Mittel zur „Deeskalation militärischer Aktionen und für deren Beendigung unter Bedingungen, die für die Russische Föderation günstig sind“ und um „gegenüber dem Feind zu demonstrieren, dass man entschlossen ist, [Russlands] Interessen zu verteidigen, indem der Einsatz von (taktischen) Atomwaffen eskaliert wird und [der Feind] durch die Androhung des Einsatzes von strategischen Atomwaffen dazu gezwungen wird, von weiteren Aggressionen abzusehen.
Der Bericht des Verteidigungsministeriums zitiert Johnson mit der Aussage, die USA setzten sich weiterhin für eine sichere und zuverlässige nukleare Abschreckung ein. Doch in einem Umfeld mit „mehreren gleichwertigen gegnerischen Atommächten“ bedeutet Abschreckung für den US-Imperialismus nukleare Überlegenheit und die Fähigkeit zum Erstschlag. Wie der Bericht erklärte, ist das Programm zur Modernisierung des Atomwaffenarsenals, das während der Obama-Regierung begonnen und von der ersten Trump-Regierung sowie der Biden-Administration fortgesetzt wurde, „zwar notwendig, aber in Zukunft möglicherweise unzureichend“.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Johnson nannte Beispiele für Maßnahmen, die gegenwärtig getroffen werden, „um das Risiko für das nukleare Modernisierungsprogramm des Ministeriums“ zu verringern. Dazu gehören die Entwicklung der Freifallbombe B61-13 und „die erhöhte Bereitschaft der nuklear bewaffneten und angetriebenen U-Boote der Ohio-Klasse“.
Der ursprüngliche Plan für die Entwicklung und den Bau der B61-13-Bombe, einer strategischen/taktischen Atomwaffe mit geringer bis mittlerer Sprengkraft und einem zweistufigen Implosionsdesign, sollte im Jahr 2037 beginnen und bis 2050 abgeschlossen sein. Im Jahr 2023 wurden diese Pläne geändert, als einige Dutzend B61-13-Bomben bereits produziert worden waren.
Der Bericht des Verteidigungsministeriums befasste sich auch mit Johnsons Kommentaren zu einem „491-Bericht“ zur Vorlage an den Kongress am 15. November. Darin werden Änderungen an früheren Richtlinien der Biden-Regierung zu „Herausforderungen im Bereich Abschreckung“ beschrieben, die sich aus „dem Anwachsen, der Modernisierung und zunehmenden Vielfalt der Atomarsenale potenzieller Gegner“ ergeben.
Zu den im 491-Bericht behandelten Themen gehören Pläne für einen Krieg gegen mehrere atomar bewaffnete Gegner gleichzeitig und das „Eskalationsmanagement“ als Reaktion auf einen Atomangriff oder einen nicht-atomaren strategischen Angriff auf die USA mit „schweren Folgen“.
In einer Analyse der Nationalen Verteidigungsstrategie, die im Oktober 2022 von der Biden-Regierung eingeführt wurde und den strategischen Kurswechsel in der Außenpolitik unter der Trump-Regierung vom „Krieg gegen den Terror“ hin zu „strategischer Konkurrenz zwischen Staaten“ erweiterte, schrieb die World Socialist Web Site:
Diese Dokumente wurden in den amerikanischen Medien nicht ernsthaft diskutiert, verdeutlichen jedoch, wie grundlegend falsch die Behauptung ist, die massive Aufrüstung des US-Militärs in diesem Jahr sei eine Reaktion auf „russische Aggression“. In Wirklichkeit gehen die massiven Erhöhungen der Militärausgaben und die Pläne für einen Krieg gegen China nach Ansicht des Weißen Hauses und der Kriegsplaner im Pentagon auf „dramatische Veränderungen in der Geopolitik, Technologie, Wirtschaft und unserer Umwelt“ zurück.
Die Dokumente verdeutlichen, dass die USA den wirtschaftlichen Aufstieg Chinas als existenzielle Bedrohung betrachten, auf die sie mit militärischer Gewalt reagieren müssen. Die Unterwerfung Russlands sehen sie dabei als entscheidenden Schritt im Konflikt mit China.
Arbeiter auf der ganzen Welt müssen diese Dokumente als Warnung betrachten. Der amerikanische Kapitalismus ist zu allem bereit, um seine globale Hegemonie zu verteidigen. Wie das schreckliche Vermächtnis der US-Überfälle auf den Irak und Afghanistan zeigen, ist der US-Imperialismus bereit, für das Ziel der weltweiten Vorherrschaft Millionen Menschen zu töten.