Regierungen auf der ganzen Welt diskutieren mit ihren Wirtschafts- und Finanzinstitutionen, welche Auswirkungen Trumps Präsidentschaft auf ihre Volkswirtschaften haben wird, wenn er damit fortfährt, umfassende Zölle als zentrales Element seiner reaktionären nationalistischen Agenda einzuführen.
Es gibt Warnungen, dass die US-Zollerhöhungen mit den berüchtigten Smoot-Hawley-Maßnahmen der 1930er Jahre konkurrieren könnten, die zu einem globalen Handelskrieg führten und maßgeblich zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beitrugen.
Nirgendwo sonst werden die Diskussionen so intensiv geführt werden wie in den Regierungs- und Verwaltungskreisen Chinas. Trump hat gedroht, alle chinesischen Exporte in die USA mit Zöllen in Höhe von 60 Prozent zu belegen. Warnungen zufolge könnte eine solche Maßnahme einen Rückgang der Wachstumsrate der chinesischen Wirtschaft, die bereits auf dem niedrigsten Stand seit mehr als drei Jahrzehnten ist, um 1,75 bis 2,5 Prozentpunkte zur Folge haben.
Als Trump während seiner ersten Amtszeit begann, Zölle gegen China zu verhängen, war dies ein unkonventioneller Ansatz, doch unter Präsident Biden hat sich der Wirtschaftskrieg erheblich verschärft.
Biden hat die Maßnahmen Trumps weitgehend übernommen und die US-Offensive durch eine Reihe von Verboten aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ erheblich ausgeweitet. Damit soll China der Zugang zu den modernsten Computerchips und Chiptechnologien verwehrt werden. Der Zugang zu dieser Technologie ist für die zentrale Wirtschaftsstrategie der Regierung Xi Jinping von entscheidender Bedeutung. Sie zielt darauf ab, „neue hochwertige Produktivkräfte“ zu entwickeln.
Die wütenden antichinesischen Wirtschaftsnationalisten in Trumps Umfeld, wie der Handelsbeauftragte in seiner ersten Amtszeit, Robert Lighthizer, der möglicherweise in dieses Amt zurückkehren wird, gehen davon aus, dass China durch die Verlangsamung seiner Wirtschaft in den letzten Jahren und seine zunehmende Exportabhängigkeit verwundbarer geworden ist.
Diese Einschätzung wird durch die jüngsten Handelsdaten gestützt. Das chinesische Handelsbilanzdefizit, also die Differenz zwischen dem Wert der Exporte und dem der Importe, wird in diesem Jahr voraussichtlich auf eine Billion US-Dollar ansteigen. In den ersten zehn Monaten des Jahres stieg die Handelsbilanz auf 785 Milliarden US-Dollar - das ist der höchste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen und um 16 Prozent höher als im gleichen Zeitraum des Jahres 2023.
In einem Beitrag auf X (vormals Twitter) stellte Brad Setser, Senior Fellow beim Council on Foreign Relations, fest: „Da Chinas Exportpreise weiter fallen, war das Wachstum des Exportvolumens enorm. Das Gesamtbild zeigt eine Wirtschaft, die wieder durch Exporte wächst.“
Während der ersten Trump-Regierung produzierte China 12 Prozent der weltweiten Exporte. Nach Schätzungen des globalen Forschungsunternehmens TS Lombard hat sich dieser Anteil auf 17 Prozent erhöht.
In einer Zeit, in der die Binnenwirtschaft aufgrund anhaltender Probleme im Immobilien- und Bausektor, stagnierender Verbrauchernachfrage, deflationärem Druck und sinkenden Gewinnen in der Industrie schwächelt, sind Exporte immer wichtiger für die Aufrechterhaltung des Wirtschaftswachstums auf dem angestrebten Niveau von „etwa 5 Prozent“ geworden.
Eswar Prasad von der Cornell University, ehemaliger Leiter der China-Abteilung des Internationalen Währungsfonds, wird in einem kürzlich erschienenen Artikel der New York Times zitiert: „Das Kräfteverhältnis hat sich eindeutig zugunsten der Vereinigten Staaten verschoben. Die chinesische Wirtschaft ist noch nicht am Ende, aber sie kämpft schon seit geraumer Zeit“.
Aber China hat auch die nötigen Mittel, um zurückzuschlagen. Es könnte den Import von Agrarprodukten aus den USA einschränken – es hat bereits versucht, Sojabohnen von Lieferanten in Brasilien und Argentinien zu beziehen – und könnte den Export von wichtigen Rohstoffen einschränken, die für die Herstellung von Komponenten für die High-Tech-Industrie benötigt werden.
Scott Kennedy, China-Experte am Center for Strategic and International Studies in Washington, der ebenfalls von der Times zitiert wurde, sagte: „China hat mehr Druckmittel als beim ersten Mal. Es verfügt über eine Reihe von Instrumenten, die es einsetzen kann, um zurückzuschlagen und der US-Wirtschaft zu schaden, wenn es glaubt, dass Trump einen regelrechten Wirtschaftskrieg führt.“
Besorgnis herrscht nicht nur in China, sondern in ganz Asien, einschließlich der mit den USA verbündeten Länder. Der japanische Autohersteller Honda warnte, Trumps Drohung, Zölle von bis zu 100 Prozent auf mexikanische Autos zu erheben, könne „extrem große Auswirkungen“ auf sein Geschäft haben.
Länder mit einem großen Handelsüberschuss mit den USA fragen sich, ob sie in die Schusslinie geraten könnten.
Südkoreas Handelsüberschuss mit den USA ist im Jahr 2023 auf einen Rekordwert von 44,4 Milliarden Dollar gestiegen, wobei Autoexporte 30 Prozent aller Lieferungen in die USA ausmachten. Taiwans Exporte in die USA erreichten im ersten Quartal dieses Jahres einen Rekordwert von 24,6 Milliarden US-Dollar, ein Anstieg von 57,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Handelsüberschuss Vietnams mit den USA belief sich in den ersten neun Monaten dieses Jahres auf 90 Milliarden Dollar.
Man könnte meinen, dass Taiwan aufgrund seiner Exporte von Computerchips in die USA von den Maßnahmen des Handelskrieges ausgenommen wäre, aber Trump hat taiwanesische Unternehmen beschuldigt, die US-Chipindustrie zu „stehlen“. Einige Unternehmen haben bereits damit begonnen, einen Teil ihrer Geschäftstätigkeit in die USA zu verlagern, um den Auswirkungen der US-Zölle zu entgehen. Doch selbst dann könnten sie zur Zielscheibe werden. Trump hat zu Protokoll gegeben, dass das taiwanesische Unternehmen TSMC, das nach Investitionen in den USA Subventionen in Milliardenhöhe erhalten hat, „in sein eigenes Land zurückkehren“ solle.
Taiwanesische Unternehmen haben ebenfalls umfangreiche Investitionen in China getätigt. Es wird berichtet, dass Hunderte von ihnen von den Zöllen, die auf Waren aus China erhoben werden, betroffen sind. Vergangene Woche kündigte die taiwanesische Regierung an, sie werde diesen Unternehmen bei der Verlagerung helfen. Der Wirtschaftsminister warnte jedoch, dass die Auswirkungen der Zölle „ziemlich groß“ sein könnten.
Europa stand während der ersten Amtszeit von Donald Trump in der Schusslinie. Er verhängte Zölle auf Stahl und Aluminium und drohte mit Zöllen auf eine Reihe von Industriegütern, darunter Autos. Die Lage der europäischen Industrie, insbesondere der deutschen Automobilhersteller, ist akuter als in Trumps erstem Zollkrieg.
Besonders hart könnte es VW treffen, das bereits mit Massenentlassungen und Werksschließungen begonnen hat. Die USA sind nach China der zweitgrößte Markt für den Konzern. Im vergangenen Jahr setzte Volkswagen in den USA 713.000 Fahrzeuge ab, von denen 243.000 aus deutschen Werken stammten und überwiegend in der Premium-Klasse angesiedelt waren.
Trump sagte, das schönste Wort im Wörterbuch sei „Zoll“, und er machte keinen Hehl daraus, dass er Europa angreifen will.
„Sie nehmen unsere Autos nicht, sie nehmen unsere Agrarprodukte nicht, sie nehmen gar nichts“, sagte er im Wahlkampf und fügte hinzu, Europa sei ein „Mini-, aber nicht so mini, ein Mini-China“.
Staats- und Regierungsoberhäupter sowie Wirtschafts- und Handelsminister auf der ganzen Welt mögen hoffen, einen Zollkrieg zu vermeiden und Mittel und Wege zu finden, um mit den USA zu einer Einigung zu kommen.
Es bleibt zu sehen, wie sich der von den USA angezettelte Zollkrieg genau entwickeln wird. Eines ist jedoch sicher: Die Freihandelsordnung der Nachkriegszeit, die schon vor Trumps Rückkehr Anzeichen von Altersschwäche zeigte, liegt endgültig auf dem Sterbebett. Eine neue Ära verschärfter Handels- und Wirtschaftskonflikte ist angebrochen, deren objektive Logik wie in den 1930er Jahren in militärischen Konflikten besteht.