Am Sonntag richtete das Aktionskomitee der Boeing-Arbeiter (Boeing Workers Rank-and-File Committee, BWRFC) eine gut besuchte Online-Versammlung aus. Zuvor hatten die Mechaniker von Boeing zum zweiten Mal einen von der Biden/Harris-Regierung vermittelten Ausverkaufsvertrag abgelehnt. Wir veröffentlichen hier den Redebeitrag von Andy Niklaus. Niklaus ist Busfahrer und Mitglied der Sozialistischen Gleichheitspartei. Zusammen mit Kollegen hat er das Aktionskomitee der Verkehrsbetriebe gegründet, das bei den anstehenden Personalratswahlen der BVG in Berlin kandidiert.
Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
mein Name ist Andy Niklaus. Ich bin Busfahrer und arbeite seit 33 Jahren bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). Wir sind 16.000 Beschäftigte und haben vor einiger Zeit ein Aktionskomitee gegründet, um uns unabhängig von Verdi (das ist die zuständige Gewerkschaft hier) zu organisieren und gemeinsam mit anderen Verkehrsarbeitern Kampfmaßnahmen vorzubereiten.
Mit zwei weiteren Kollegen kandidiere ich gegenwärtig für den betrieblichen Personalrat und diskutiere mit sehr vielen Kollegen. Ich freue mich an eurem Treffen teilzunehmen und möchte als erstes unsere uneingeschränkte Solidarität und Unterstützung für euren Streik ausdrücken.
Wir sind sehr beeindruckt, dass ihr bereits zum zweiten Mal mit großer Mehrheit den miserablen Tarifvertrag abgelehnt habt, den die Bürokraten der International Association of Machinists (IAM) ausgearbeitet und unterschrieben haben. Wir stimmen mit euch überein, dass man nicht nachgeben darf. Wir müssen alle Angriffe auf Löhne, alle Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und alle Rentenkürzungen zurückschlagen und alle Arbeitsplätze verteidigen.
Wir sind hier mit sehr ähnlichen Angriffen konfrontiert und haben in unserem Wahlaufruf gerade geschrieben: „Wir Arbeiter sind keine Bittsteller oder Bettler, wir haben Rechte!“ Wir sind es, die den ganzen gesellschaftlichen Reichtum produzieren. Unsere Rechte und die Bedürfnisse unserer Familien stehen höher, als die Profitinteressen der Konzernleitung, Investoren und Superreichen.
Vor allem begrüßen wir es, wenn ihr als Aktionskomitee schreibt, dass eurer Kampf sich nicht nur gegen das Boeing-Management sonder auch gegen die Biden-Harris-Regierung richtet. Angesichts der zugespitzten Kriegssituation und der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen will die Regierung den Streik mit allen Mitteln unterdrücken, weil sie Angst hat, dass er zum Signal für eine breite Mobilisierung der Arbeiter wird und sich mit der weit verbreiteten Opposition gegen Krieg und Völkermord verbindet.
Euer Streik hat große internationale Bedeutung. Ihr steht gegenwärtig an der Spitze einer wachsenden weltweiten Bewegung. Überall entwickeln sich Streiks und Proteste gegen Werksschließungen, Massenentlassungen und Sozialabbau. Laut einem Bericht des Verbands der europäischen Autozulieferer werden in den nächsten Jahren alleine in Europa eine halbe Million Autoarbeiter ihre Stelle verlieren, darunter 121.000 in Deutschland, 74.000 in Italien und 72.000 in Spanien.
Überall spielen die gewerkschaftlichen Apparate eine Schlüsselrolle, um die Kämpfe zu unterdrücken. Die Gewerkschaftsführungen stehen auf der Seite der Regierung, unterstützen die Kriegspolitik und stimmen damit überein, dass die Milliardenkosten der Aufrüstung und Waffenlieferungen uns Arbeitern aufgebürdet werden sollen.
Deshalb haben wir bei den Verkehrsbetrieben das Aktionskomitee gegründet und verbinden unsere gegenwärtige Kandidatur für den Personalrat mit dem Aufbau des Komitees. Wir brauchen neue Kampf-Strukturen, die es uns ermöglichen, den Widerstand gegen Entlassungen und Sozialabbau mit dem Kampf gegen Krieg und Völkermord zu verbinden.
Wir haben diese Frage in den Mittelpunkt unseres Wahlaufrufs gestellt. Es heißt da:
So wie sie die Rechte der Arbeiter im eigenen Land mit Füßen treten, so aggressiv setzen sie ihre Wirtschaftsinteressen auch global mit militärischer Gewalt durch. 82 Jahre nach dem Vernichtungskrieg rollen deutsche Panzer wieder gegen Russland und kehrt die Bundesregierung in Gaza zu den Methoden des Völkermords zurück.
Hier in Deutschland hat die Feststellung, dass Krieg nur durch einen entschlossenen Kampf von uns Arbeitern gestoppt werden kann, eine lange Geschichte.
Schon vor 110 Jahren, als im Sommer 1914 der Erste Weltkrieg begann, stellten sich die damaligen Gewerkschaftsführer auf die Seite des Kaisers und schlossen mit seiner Regierung einen so genannten „Burgfrieden“. Gestützt auf diesen Pakt versuchten sie jeden Streik zu unterdrücken und erst die Revolution der russischen Arbeiter 1917 und die November-Revolution in Deutschland ein Jahr später führten zum Ende des Ersten Weltkriegs.
15 Jahre später, als Hitler die Macht übernahm, riefen die Gewerkschaftsführer zur Zusammenarbeit mit der Nazi-Regierung auf. Die Folgen sind bekannt.
Wir sind entschlossen das nicht noch einmal zuzulassen.
Deshalb treten wir in unserem Wahlkampf bei der BVG gegen eine Wahlliste auf, die AfD-Mitglieder in ihren Reihen akzeptiert. Wir lehnen das strikt ab und setzen der Logik des Kriegs und des internationalen Konkurrenzkampfs die internationale Solidarität und Zusammenarbeit der Arbeiter auf der ganzen Welt entgegen.
Liebe Genossen und Kollegen,
wir Verkehrsarbeiter in der IWA-RFC unterstützen euren Streik gemeinsam mit den Hafenarbeitern, den Autobauern bei Warren Truck (Stellantis), den Arbeitern in Eaton, den Eisenbahnern weltweit, den Pflegekräften und all denjenigen, die jetzt in große soziale Kämpfe gezwungen werden.
Wir freuen uns, wenn wir das heutige Treffen zum Auftakt für eine starke internationale Zusammenarbeit aller Aktionskomitees machen können.
Es lebe die internationale Solidarität!
Mit solidarischen Grüßen
Andy Niklaus für das Aktionskomitee der Verkehrsarbeiter Berlin