Blinken diskutiert Massenvernichtungsplan mit Netanjahu und verspricht „eisernes Engagement“ für Israel

US-Außenminister Antony Blinken traf sich am Dienstag mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu einem „freundschaftlichen und produktiven“ Gespräch über den Plan der israelischen Regierung – bekannt als „Plan der Generäle“ –, den nördlichen Gazastreifen ethnisch zu säubern und alle verbliebenen Palästinenser zu töten.

US-Außenminister Antony Blinken bei der Abreise nach Israel

Der Vernichtungsplan wurde in den von beiden Regierungen veröffentlichten Verlautbarungen zwar nicht erwähnt, doch US-Regierungsvertreter erklärten gegenüber mehreren Zeitungen, er sei ein zentrales Thema der Diskussion gewesen.

Die Washington Post schrieb in ihrem Bericht über das Treffen:

US-Regierungsvertreter erklärten Netanjahu, es bestehe der „Eindruck“, dass Israel die Strategie verfolgt, „den Norden zu isolieren und den Einwohnern zu sagen, dass sie, wenn sie ihn nicht verlassen, faktisch Ziele sind, und keine Nahrungsmittel hineinlassen“.

Als israelische Regierungsvertreter pro forma behaupteten, dies sei nicht die offizielle Politik der Regierung, „betonten US-Regierungsvertreter, Netanjahu solle ,sich größere Mühe geben‘“, das öffentlich zu erklären. Weiter hieß es, die israelische Seite habe es abgelehnt, dies zu versprechen.

Mit anderen Worten, US-Regierungsvertreter haben zugegeben, dass sie vom Massenvernichtungsplan der Netanjahu-Regierung wussten. Als sie die Regierung aufforderten, öffentlich zu erklären, dass dies nicht die Politik der israelischen Regierung sei, weigerte sie sich.

Als Reaktion auf diese sehr deutliche Erklärung gab Blinken ein Kommuniqué heraus, in dem er die uneingeschränkte Unterstützung der USA für Israel erklärte: „Der Minister bekräftigte das eiserne Engagement der Vereinigten Staaten für Israels Sicherheit“ und versprach, die „laufenden Bemühungen der Vereinigten Staaten und ihrer Partner“ zur Unterstützung Israels fortzusetzen.

In ihren Gesprächen sollen israelische Regierungsvertreter Blinken erklärt haben, sie würden die Nahrungsmittellieferungen nach Gaza erhöhen. Diese lächerliche Falschbehauptung wurde von Berichten mehrerer Menschenrechtsorganisationen widerlegt, die darauf hinwiesen, dass diesen Monat weniger Nahrungsmittellieferungen als je zuvor nach Gaza erlaubt wurden. Angeblich hat Blinken diese Behauptung jedoch akzeptiert, und die New York Times berichtete: „Blinken räumte ihnen gegenüber ein, die Vereinigten Staaten hätten in letzter Zeit einige Verbesserungen festgestellt.“

Die Bedeutung von Blinkens Besuch ist klar: Er hat Israel die Erlaubnis der USA für die ethnische Säuberung, die Hungerpolitik sowie letztendlich die Annexion und Besiedelung des nördlichen Gazastreifens gegeben. Die Behauptung im Kommuniqué, die USA würden größere Lebensmittellieferungen in den Gazastreifen fordern, ist nichts anderes als Desinformation zu Kriegszeiten, um die Tatsache zu verschleiern, dass die Regierung der USA den Völkermord an den Palästinensern voll und ganz unterstützt und ermöglicht.

Im Verlauf des letzten Jahres hat Israel von den USA Hilfe in Höhe von 17,9 Milliarden Dollar erhalten, darunter mehr als 14.000 2.000-Pfund-Bomben, mit denen die meisten Gebäude in Gaza zerstört oder beschädigt und die Enklave praktisch dem Erdboden gleichgemacht wurde. Diesen Monat kündigten die USA die Entsendung von Kampftruppen an, um Israel bei seinem Krieg im gesamten Nahen Osten zu unterstützen.

Blinkens Besuch fand zeitgleich zu einer Kundgebung an der Grenze zum Gazastreifen statt, auf der israelische Regierungsvertreter sprachen. Die Kundgebung wurde unter dem Motto „Vorbereitung der Wiederbesiedelung von Gaza“ veranstaltet.

Während von der Grenze zu Gaza Explosionen zu hören und Rauch zu sehen war, erklärte der nationale Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir gegenüber den Teilnehmern: „Wir können die Siedlungen in Gaza erneuern.“

Ben-Gvir forderte Israel auf, Palästinenser aus dem Gazastreifen „zur Auswanderung zu ermutigen. ... Wir geben euch die Möglichkeit, in andere Länder zu gehen. Das Land Israel gehört uns.“

Ein Teilnehmer der Versammlung äußerte sich gegenüber Sky News noch direkter über die Palästinenser in Gaza: „Wir sollten sie töten, jeden einzelnen von ihnen. Und wenn die Regierung das nicht tut, sollten wir sie einfach rauswerfen. Das ist unser Land.“

Während sich Blinken mit Netanjahu traf und Ben-Gvir die Vertreibung der Palästinenser forderte, war die ethnische Säuberung in vollem Gange.

Der Generalkommissar des Hilfswerks der UN für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA), Philippe Lazzarini, zeichnete am Dienstag in einer Stellungnahme ein erschütterndes Bild des Lebens in Gaza:

Seit fast drei Wochen wird Gaza ununterbrochen von den israelischen Streitkräften bombardiert, und die Zahl der Todesopfer steigt. Unsere Mitarbeiter berichten, dass sie keine Nahrungsmittel, Wasser oder medizinische Versorgung finden können. Der Geruch des Todes ist überall, Leichen liegen auf den Straßen oder unter Trümmern. Missionen zur Bergung der Leichen und Bereitstellung humanitärer Hilfe werden verweigert. Im Norden des Gazastreifens warten die Menschen nur darauf zu sterben. Sie fühlen sich verlassen, hoffnungslos und alleine. Sie leben von einer Stunde zur nächsten und befürchten jede Sekunde den Tod.

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Am Dienstag warnten die Vereinten Nationen: „Die Zahl der Menschen, die mit einer Ernährungsunsicherheit in katastrophalem Ausmaß konfrontiert sind, wird sich laut Prognosen zwischen November 2024 und April 2025 voraussichtlich verdreifachen; etwa 60.000 Kinder zwischen 6 und 59 Monaten werden im kommenden Jahr akut unterernährt sein.“

Am Wochenende berichtete das UN-Menschenrechtsbüro in den besetzten Palästinensergebieten, dass die Befehle der IDF „zu Zwangsvertreibung führen“ und „möglicherweise die Vernichtung der palästinensischen Bevölkerung im nördlichsten Gouvernement von Gaza durch Tod und Vertreibung verursachen“.

Laut der palästinensischen Informationsagentur WAFA wurden am Dienstag 70 Menschen in Gaza getötet, womit die Gesamtzahl seit Beginn des israelischen Angriffs auf den Norden des Gazastreifens in diesem Monat auf über 700 steigt. Seit Beginn des Völkermords wurden laut offiziellen Zahlen 42.000 Menschen getötet. Eine Studie in The Lancet schätzt, dass die tatsächliche Zahl bei über 186.000 Toten oder mehr liegen könnte. Die Vereinten Nationen warnten in einem Bericht, der Index der menschlichen Entwicklung in Gaza sei auf den Stand von 1955 gesunken, sodass 69 Jahre Fortschritt zunichte gemacht wurden.

Gleichzeitig setzte Israel seinen Angriff auf den Libanon fort und machte mehrere Wohnblocks dem Erdboden gleich.

Eine Rakete, die von einem israelischen Kampfflugzeug abgefeuert wurde, trifft am 22. Oktober 2024 ein Gebäude im Beiruter Stadtteil Ghobeiri im Libanon [AP Photo/Bilal Hussein]

Zeitgleich mit Blinkens Besuch kommt auch das ganze Ausmaß von Israels Angriffen auf die UN-Friedenstruppen im Libanon ans Licht. Die Financial Times (TF) berichtete am Dienstag über den Inhalt eines geleakten Dokuments, das von einem der Teilnehmerstaaten an der UN-Friedenstruppe im Libanon erstellt wurde. Daraus geht hervor, dass israelische Truppen in den letzten Monaten mehr als ein dutzend Mal UN-Friedenstruppen angegriffen haben, u.a. mit weißem Phosphor. In dem Bericht heißt es: „Israels Militär ist gewaltsam in einen deutlich gekennzeichneten UN-Stützpunkt eingedrungen und hat dort vermutlich den chemischen Brandstoff weißer Phosphor so nahe eingesetzt, dass 15 Soldaten der Friedenstruppe verwundet wurden.“

Der FT zufolge haben „israelische Truppen mehrfach die UN-Truppe Unifil angegriffen, die unter UN-Mandat an der De-facto-Grenze zwischen den beiden Staaten stationiert ist. Dabei wurden mehrere Einrichtungen beschädigt und Soldaten an Grenzposten im südlichen Libanon verwundet. Israelische Truppen begannen nach dem 8. Oktober, direkt auf Stützpunkte der Unifil zu feuern... Bei einem Vorfall am 10. Oktober wurden zwei Friedenssoldaten verletzt, als ein Merkava-Panzer der IDF auf einen Beobachtungsturm im Hauptquartier der internationalen Truppe in Naquora feuerte und durch einen direkten Treffer zu Fall brachte.“

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