Nach dem Mord an Hamas-Führer Jahia Sinwar: Netanjahu schwört, den Völkermord in Gaza fortzusetzen

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu schwor am Donnerstag in einer Rede, er werde den Völkermord und die ethnische Säuberung Palästinas fortsetzen. Zuvor hatten die israelischen Streitkräfte (IDF) den Hamas-Führer Jahia Sinwar bei einem Gefecht in Gaza getötet.

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu während seines Auftritts vor der gemeinsamen Kongresssitzung im Kapitol in Washington, 24. Juli 2024 [AP Photo/Julia Nikhinson]

Israelische Bodentruppen hatten Sinwar am Freitag während eines Feuergefechts getötet, ohne seine Identität zu kennen, wie die IDF in einer Erklärung mitteilte. Später wurde seine Identität bestätigt.

„Dies ist nicht das Ende des Krieges in Gaza“, sagte Netanjahu, und er forderte die Bevölkerung Palästinas auf, den Widerstand gegen die illegale Besetzung ihres Landes durch Israel einzustellen. Denjenigen, die sich seinem Regime widersetzen würden, sagte Netanjahu: „Israel wird euch zur Strecke bringen.“

Er prahlte mit der Mord- und Schreckensherrschaft, die Israel eingeführt hat, und erklärte: „Die vom Iran errichtete Achse des Terrors bricht zusammen.“ Dabei zählte er die Namen der Hamas- und Hisbollah-Führer auf, die schon von israelischen Bomben getöteten worden sind.

Die Führer der imperialistischen Mächte haben auf den Mord an Sinwar mit uneingeschränkter Zustimmung reagiert. Sie unterstützen den völkermörderischen Krieg Israels voll und ganz.

US-Präsident Joe Biden rief Netanjahu am Donnerstag an, „um ihm zu der Mission in Gaza zu gratulieren, bei der der Hamas-Führer Jahia Sinwar getötet wurde“, hieß es in einer Erklärung des Weißen Hauses.

In der Erklärung wurde bekräftigt: „Nie wieder wird die Hamas in der Lage sein, Gaza zu kontrollieren.“

In einer anschließenden Erklärung sagte Biden: „Mit der Hilfe unserer Geheimdienste hat die IDF die Hamas-Führer unerbittlich verfolgt, sie in ihren Verstecken aufgespürt und zur Flucht gezwungen. (...) Der heutige Tag beweist jedoch einmal mehr, dass kein Terrorist irgendwo auf der Welt der Gerechtigkeit entkommen kann, egal wie lange es dauert.“

Er fuhr fort: „Israel hatte jedes Recht, die Führung und die militärische Struktur der Hamas zu eliminieren.“

Vizepräsidentin Kamala Harris fügte in einer Erklärung hinzu: „Israel hat das Recht, sich zu verteidigen, und die Bedrohung, die die Hamas für Israel darstellt, muss beseitigt werden. Heute gibt es deutliche Fortschritte in Richtung auf dieses Ziel. Die Hamas ist dezimiert und ihre Führung ist ausgeschaltet.“

Im vergangenen Monat hat Israel mit Unterstützung der Vereinigten Staaten systematische Anstrengungen unternommen, um alle führenden Mitglieder der Hamas und der Hisbollah sowie führende iranische Politiker zu ermorden. Gleichzeitig haben die USA und Israel ihren militärischen Angriff auf die gesamte Region ausgeweitet. Der Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah wurde letzten Monat im Libanon durch den Abwurf von als mehr als achtzig 2.000-Pfund-Bomben getötet. Der politische Führer der Hamas, Ismail Hanija, wurde im Juli in Teheran ermordet.

Letzte Woche führte Biden ein Telefongespräch mit Netanjahu, um gemeinsame Pläne im Zusammenhang mit dem Iran zu besprechen. Während des Gesprächs teilte Netanjahu Biden mit, dass er „die militärische Infrastruktur im Iran ins Visier nehmen wolle“, so ein US-Beamter, der das Gespräch gegenüber der Washington Post beschrieb.

Im Anschluss an das Gespräch kündigte das Pentagon die Entsendung von 100 US-Soldaten nach Israel an. Das ist die erste offizielle Entsendung von US-Bodentruppen seit Beginn des Völkermords im Gazastreifen. Diese Truppen sollen ein US-amerikanisches THAAD-Raketenabwehrsystem bedienen, das Israel bei seinem geplanten Angriff auf den Iran unterstützen soll.

Am selben Tag, an dem Sinwar getötet wurde, führte das US-Militär mit B-2-Stealth-Bombern eine Reihe von Angriffen auf Huthi-Rebellen im Jemen durch, eine weitere Front, die den Angriff gegen den Iran ausweitet.

„Dies war eine einzigartige Demonstration des Potentials der Vereinigten Staaten“, erklärte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin. In einer Botschaft, die sich an Teheran richtete, drohte er: „Wir nehmen Einrichtungen ins Visier, die unsere Gegner außer Reichweite halten möchten, ganz egal, wie tief sie unter der Erde vergraben, verbarrikadiert oder befestigt sind.“

Die US-Medien waren über die Tötung Sinwars begeistert, und das Wall Street Journal  bezeichnete sie als Rechtfertigung für Israels Vernichtungskrieg. „Herr Netanjahu hat das Recht, sich bestätigt zu fühlen“, schrieb das Wall Street Journal  und bezog sich damit auf dessen Entscheidung, trotz der Verurteilung durch die Vereinten Nationen und Menschenrechtsexperten in Rafah einzumarschieren. Weiter hieß es: „Israel hat seit dem 7. Oktober durch seine Standhaftigkeit gezeigt, dass der beste Weg, einen Gegner abzuschrecken, darin besteht, grausame Vergeltung für die Ermordung der eigenen Bevölkerung zu üben. Israel verdient Unterstützung, weil es daran arbeitet, diese Abschreckung wiederherzustellen.“

Sinwar war der Sohn von Flüchtlingen, die während der ethnischen Säuberung von 1948 aus Israel flohen. Er wuchs in einem Flüchtlingslager in Khan Younis im Gazastreifen auf. Er verbrachte 20 Jahre in israelischen Gefängnissen.

Sinwars Tod erfolgt vor dem Hintergrund der Umsetzung eines systematischen Plans Israels, die Bevölkerung des Gazastreifens auszuhungern, während das Land seine militärischen Ressourcen verlagert und auf den Kampf gegen den Libanon und den Iran ausrichtet.

Letzte Woche berichtete Associated Press, Netanjahu erwäge einen Plan, den nördlichen Gazastreifen von Zivilisten zu säubern „und jede Hilfe für die dort verbliebenen Menschen einzustellen“.

Darin heißt es: „Netanjahu prüft einen Plan, die humanitäre Hilfe für den nördlichen Gazastreifen zu unterbinden, um die Hamas-Kämpfer auszuhungern. Würde dieser Plan umgesetzt, könnte er dazu führen, dass Hunderttausende Palästinenser, die ihre Häuser nicht verlassen wollen oder können, ohne Nahrung und Wasser in der Falle sitzen.“

Es ist jedoch klar, dass dieser Plan bereits in die Tat umgesetzt wird. Am Donnerstag, dem Tag, an dem Sinwar getötet wurde, berichtete Reuters, dass Israel alle kommerziellen Lebensmittelimporte nach Gaza gestoppt und damit den Weg abgeschnitten hat, auf dem bisher die Hälfte der Lebensmittel nach Gaza gelangten.

Reuters berichtete, dass Gaza in diesem Monat insgesamt nur 29 Lastwagen mit Lebensmitteln pro Tag erhalten hat, verglichen mit 175 Lastwagen zwischen Mai und September.

In einer neuen Warnung, die am Donnerstag veröffentlicht wurde, stellte das Welternährungsprogramm fest, dass 91 Prozent der Bevölkerung des Gaza voraussichtlich mit akuter Ernährungsunsicherheit konfrontiert sein werden. 345.000 Menschen werden unter der schlimmsten bekannten Kategorie von Hunger, der sogenannten „katastrophalen“ Kategorie, leiden.

„In den ersten beiden Oktoberwochen gelangten keine humanitären Lebensmittel in den Norden des Gazastreifens, und nur wenige Lastwagen erreichten den Süden und die zentralen Gebiete. Das bedeutet, dass die Situation wahrscheinlich weitaus schlimmer ist als bei der Datenerhebung im September“, sagte Arif Husain, Chefökonom des Welternährungsprogramms.

Im Mai kündigten Staatsanwälte des Internationalen Strafgerichtshofs an, dass sie einen Haftbefehl gegen Netanjahu beantragen werden, da Israel, wie es heißt, „den Hungertod von Zivilisten als Kriegswaffe einsetzt“.

Zusätzlich zum Aushungern tötet die israelische Armee weiterhin massenhaft Palästinenser in Gaza. Bei einem Angriff auf eine UN-Schule, in der Vertriebene im Norden von Dschabalija untergebracht sind, wurden 28 Menschen getötet und 160 verletzt.

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