Boeing kündigt im Zuge einer deutlichen Eskalation gegen den Streik die Entlassung von zehn Prozent der Belegschaft an

Nehmt den Kampf für die Kontrolle durch die Arbeiter auf! Um euch am Boeing Workers Rank-and-File Committee zu beteiligen, sendet eine SMS mit (406) 414-7648, eine E-Mail an boeingworkersrfc@gmail.com oder füllt das Formular am Ende dieses Artikels aus.

An einem Streikposten der Boeing-Mechaniker, Renton (Washington)

Am Freitag inszenierte Boeing eine weitere Provokation gegen den seit einem Monat andauernden Streik von 33.000 Mechanikern und gab Pläne zur Entlassung von zehn Prozent seiner Belegschaft bzw. rund 17.000 Arbeitern bekannt.

Das Unternehmen kündigte außerdem an, die Produktion ihres neuen Modells 777X zu verschieben. Die ersten Exemplare sollen jetzt 2026 ausgeliefert werden. Daneben soll die Produktion des Frachtflugzeugs 767 im Jahr 2027 eingestellt werden, sobald die derzeit bestellten Flugzeuge gebaut und ausgeliefert sind.

Nur wenige Tage zuvor hatte sich Boeing aus Schlichtungsverhandlungen zurückgezogen und das Angebot einer 30-prozentigen Lohnerhöhung zurückgenommen, das es letzten Monat vorgelegt hatte. Provokativ hatte Boeing sich direkt an die Presse gewandt – unter Umgehung der Verhandlungen – und den Arbeitern eine 30-prozentige Lohnerhöhung „angeboten“. Allerdings lag das Angebot unter den von den Arbeitern geforderten 40 Prozent und nur fünf Prozent über der Einigung, die die Arbeiter zuvor abgelehnt und damit den Streik ausgelöst hatten. Außerdem sah es keine Wiedereinführung der Betriebsrenten vor, die den Arbeitern durch eine Vertragsverlängerung gestohlen wurde, die mit Hilfe der Bürokratie der International Association of Machinists (IAM) im Jahr 2014 durchgedrückt worden war.

Dieser Vorschlag war selbst nur ein Testballon, um die Entschlossenheit der Arbeiter nach fast zwei Wochen Streik auszuloten. Die Gewerkschaftsbürokratie, die verzweifelt versucht, die Wut der Arbeiter einzudämmen, hat das Angebot erst neun Stunden später verurteilt, als klar wurde, dass es nicht angenommen wird.

Es ist klar, dass Boeing einen zunehmend härteren Kurs gegen den Streik einschlägt. Der Konzern verliert wegen des Streiks zwischen einer Milliarde und 3,5 Milliarden Dollar pro Monat, und sein Kreditrating steht kurz davor, auf Ramschniveau herabgestuft zu werden. Allgemeiner gesagt – er ist entschlossen, die Arbeiter für die Krise zahlen zu lassen, die wegen Sicherheitsproblemen entstanden ist aufgrund der rücksichtslosen Arbeitshetze und der Kostensenkungen, was die Flugzeuge des Unternehmens in Mitleidenschaft gezogen hat.

Um den Druck auf die Bürokratie zur Beendigung des Streiks zu erhöhen hat Boeing außerdem eine Klage wegen unlauterer Arbeitspraktiken gegen die IAM eingereicht und behauptet, dass die Gewerkschaftsbürokratie „in böswilliger Absicht verhandelt und ihre Mitglieder über den Stand der Verhandlungen falsch informiert hat“.

Angesichts dieser Lage müssen die Arbeiter die Sache dringend in die eigene Hand nehmen. Sie müssen sich den Versuchen der IAM-Bürokratie widersetzen, sie mit einem Streikgeld von 250 Dollar pro Woche mürbe zu machen, und um Unterstützung unter Arbeitern in den wichtigsten Industriebranchen in den USA und der Welt werben. Das Boeing Workers Rank-and-File Committee muss als alternative Führungsstruktur aufgebaut werden, das den Arbeitern selbst Rechenschaft schuldig ist und sowohl gegen das Management als auch gegen die verräterischen Gewerkschaftsbürokraten kämpft.

Die Arbeiter müssen sich außerdem auf einen Kampf gegen das politische Wirtschafts-Establishment vorbereiten. Das Unternehmen kann diese Haltung nur einnehmen, weil es von der Regierung unterstützt wird. Das Weiße Haus hat mit der Hafenarbeitergewerkschaft zusammengearbeitet, um den Streik in den Häfen in der vergangenen Woche ohne eine neue Vereinbarung zu beenden, und jetzt konzentriert es sich darauf, den Streik bei Boeing zu beenden. Beide Ausstände hatten das Potenzial, die Kriegspläne der USA zu durchkreuzen, da die Häfen für den Transport von Kriegsgerät von zentraler Bedeutung sind und Boeing einer der wichtigsten Rüstungskonzerne ist.

US-Verkehrsminister Pete Buttigieg erklärte am Donnerstag vor der Presse, die Regierung wolle ein Tarifabkommen, das „mit geschäftlichem Erfolg vereinbar“ sei. Es werde „mit jedem Tag, der vergeht wichtiger, ... dass sie sich einigen“. Mit diesen Äußerungen reagierte Buttigieg auf eine Frage, ob das Weiße Haus besorgt sei über die Auswirkungen des Streiks auf die Lieferketten der Luft- und Raumfahrtindustrie.

Mit diesen Worten erteilt die Biden-Regierung der IAM-Bürokratie den Befehl, den Streik so schnell wie möglich zu beenden. Sie kann nicht zulassen, dass dieser Streik den Betrieb eines wichtigen US-Industriekonzerns weiter gefährdet. Boeing ist ein bedeutender Rüstungskonzern, der die USA, aber auch Israel, die Ukraine und andere US-Stellvertreter mit Flugzeugen und Bomben versorgt. Israel wirft die von Boeing hergestellten Waffen auf Gaza und den Libanon ab.

Auch Boeings zivile Flugzeugproduktion ist von geostrategischer Bedeutung. Das Unternehmen ist ein wichtiger Exporteur des US-Kapitalismus und konkurriert mit seinen Rivalen, vor allem mit dem europäischen Konkurrenten Airbus.

Bisher wurde niemand von Boeing wegen Beeinträchtigung der Sicherheit und Mitschuld am Tod von hunderten Fluggästen strafrechtlich belangt oder wegen des verdächtigen Todes von zwei Whistleblowern angeklagt. Stattdessen unterstützt die Regierung weiterhin diese internationalen Wirtschaftskriminellen. Letztes Jahr hat sie bei der Vermittlung großer Geschäfte mit Fluggesellschaften in Indien und Saudi-Arabien mitgeholfen.

Wenn die Bürokratie nicht in der Lage ist, den Streik zu beenden, wird die Regierung mit Sicherheit versuchen, offener zu intervenieren, auch mit einer einstweiligen Verfügung. Im Jahr 2022 wandte sich Biden an den Kongress, um einen Streik in der Eisenbahnbranche zu verhindern, nachdem die Arbeiter ein von der Regierung ausgehandeltes unternehmensfreundliches Tarifvertragsangebot abgelehnt hatten.

Am Mittwoch schrieb eine Gruppe von 30 Kongressmitgliedern unter Führung von Pramila Jaypal (Demokraten, Washington) einen Brief an die Boeing-Vorstandschefin, Kelly Ortberg, den Präsidenten des IAM-Ortsverbands 751, Jon Holden, und den Präsidenten der IAM International, Bryan Bryant, und rief beide Parteien dazu auf, „in gutem Glauben zu verhandeln und zeitnah einen Tarifvertrag auszuhandeln“.

Am Schluss des Briefs heißt es: „Von einer baldigen Einigung werden beide Parteien profitieren... [der Kongress] wird diese Verhandlungen weiter aufmerksam beobachten.“

Die Intervention von „progressiven“ Demokraten in den Streik ist die andere Seite des Vorstoßes der Regierung, ihn zu beenden. Viele der Unterzeichner des Briefs, darunter die „demokratische Sozialistin“ Alexandria Ocasio-Cortez, hatten im Jahr 2022 für ein Verbot des Eisenbahnerstreiks gestimmt.

Wenn wirtschaftsfreundliche Demokraten ihre „Unterstützung“ für Streiks erklären, ist das der Todeskuss. Letztes Jahr hatte Biden während des begrenzten „Standup-Streiks“ die Streikposten besucht und sich persönlich für einen neuen Tarifvertrag der United Auto Workers ausgesprochen. Seither haben Tausende von Arbeitern aufgrund der Bedingungen dieses Vertrags ihre Stellen verloren.

Der vierwöchige Streik bei Boeing ist an einem Scheideweg angelangt. Wenn die Arbeiter ihre Forderungen nach umfangreichen Lohnerhöhungen und Wiedereinführung der Firmenrente durchsetzen wollen, müssen sie eine neue Strategie verfolgen und dürfen nicht auf ein Eingreifen der Regierung warten oder sich von den Gewerkschaftsbürokraten an den Streikposten aushungern lassen, wie es im Streik von 2008 der Fall war.

Arbeiter müssen auf Boeings Drohungen mit umso entschlosseneren Gegenmaßnahmen reagieren. Dazu gehört die Forderung nach Verdreifachung des Streikgelds, um Boeing zu zeigen, dass sie es ernst meinen. Vor allem aber müssen sie Verbindung zu Arbeitern im ganzen Land und weltweit aufbauen und die Stärke der Arbeiterklasse mobilisieren, um der harten Haltung von Boeing und der drohenden Intervention der Regierung entgegenzutreten.

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