Massaker an Palästinensern in Chan Yunis während Netanjahu die USA besucht

Diese Woche setzte die israelische Regierung ihren Völkermord an den Palästinensern in Gaza fort, während der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Washington, D.C., eintraf. Am Mittwoch sprach er vor einer gemeinsamen Sitzung des US-Kongresses. Am Donnerstag trifft er sich dann mit Präsident Joe Biden, Vizepräsidentin Kamala Harris und Ex-Präsident Donald Trump.

Rauchsäule in Chan Yunis (Gazastreifen) nach einem israelischen Bombenangriff am 22. Juli 2024 [AP Photo/Abdel Kareem Hana]

Israel griff erneut die Stadt Chan Yunis an, die etwas mehr als elf Kilometer von der Südgrenze der Gaza-Enklave entfernt liegt. Wie Al Jazeera am Dienstag berichtete, wurden im gesamten Gazastreifen 89 Palästinenser getötet und 329 verwundet. Weitere 68 Personen gelten als vermisst und liegen vermutlich unter den Trümmern begraben.

Am Montag rückten israelische Panzer zum dritten Mal in Chan Yunis ein, wobei 70 Palästinenser getötet wurden. Reuters berichtete unter Berufung auf Sanitäter aus Gaza: „Die Palästinenser wurden getötet, als Panzer Salven auf Bani Suhaila und andere Orte am Ostrand von Chan Yunis abfeuerten. Zusätzlich wurde das Gebiet auch aus der Luft bombardiert.“

Ein Einwohner erklärte per Chat-App gegenüber Reuters: „Es ist wie der Weltuntergang. ... Die Menschen fliehen unter Beschuss, viele liegen tot oder verwundet auf den Straßen.“

Laut dem Gesundheitsministerium von Gaza befanden sich unter den Toten mehrere Frauen und Kinder, mindestens 200 weitere Personen wurden verwundet. Die zionistische Propaganda rechtfertigt das Massaker von Chan Yunis damit, dass laut dem israelischen Geheimdienst Aufständische von dort aus Raketen abgefeuert hätten und die Hamas versuche, sich dort neu zu formieren.

Die palästinensischen Behörden gaben an, dass 400.000 Menschen in den attackierten Gebieten leben. Dutzende Familien hatten bereits begonnen, ihre Häuser zu verlassen, man gab ihnen aber nicht genug Zeit, um das Gebiet zu verlassen, bevor die Luftangriffe der israelischen Verteidigungskräfte (IDF) begannen.

Reuters berichtete: „Einige Familien flohen mit Eselskarren, andere zu Fuß, mit Matratzen und anderen Habseligkeiten beladen.“

Der palästinensische Rote Halbmond berichtete, dass zwei seiner Kliniken im Osten von Chan Yunis durch den israelischen Angriff außer Betrieb gesetzt worden seien.

Im Nasser-Krankenhauskomplex standen einige Menschen vor der Leichenhalle, um sich von ihren toten Angehörigen zu verabschieden. Ahmed Sammour, der mehrere Familienmitglieder bei Bombenangriffen im Osten von Chan Yunis verloren hat, erklärte gegenüber Reuters: „Wir sind müde. Wir sind müde in Gaza. Jeden Tag werden unsere Kinder zu Märtyrern – jeden Tag, jeden Augenblick.“

Er fuhr fort: „Niemand hat uns gesagt, dass wir das Gebiet verlassen sollen. Vier Stockwerke sind auf Zivilisten niedergestürzt... und die Leichen, an die sie herankamen, brachten sie in die Leichenhalle.“

Ein Mann, der mit einem Krankenwagen voller Leichen im Krankenhaus eintraf, erklärte gegenüber Al Jazeera: „Eine ganze Familie mit Kindern wurde im Schlaf in Stücke gerissen.“

Die Ereignisse im nahegelegenen Deir Al-Balah, wohin sich hunderttausende Palästinenser geflüchtet haben, entlarven einmal mehr die Lügen des israelischen Regimes. Bei einem Luftangriff wurde ein Zelt im Al-Aqsa-Krankenhaus getroffen, in dem sich lokale Journalisten aufhielten, wobei laut der Pressestelle der Regierung von Gaza einer getötet und zwei weitere verwundet wurden. Die Gesamtzahl der getöteten palästinensischen Journalisten durch den israelischen Völkermord stieg damit auf 163.

Laut Al Jazeera wurden neun Menschen bei einem israelischen Bombenangriff auf ein Haus am Eingang zum Flüchtlingslager Bureij im Zentrum des Gazastreifens getötet. Unter den Toten befanden sich vier Kinder, weitere zehn Menschen wurden verwundet. Al Jazeera veröffentlichte Videos, die nach dem Angriff während der Bergung der Leichen aufgenommen wurden, auf denen blutbespritzte Hauswände zu sehen sind.

Ebenfalls am Montag wies das israelische Militär Palästinenser an, die Küstenstadt al-Mawasi zwischen Chan Yunis und Rafah zu verlassen. In einer Erklärung der IDF wurde die Bevölkerung aufgefordert, sich vom Osten von Chan Yunis in den Westen der „angepassten humanitären Zone al-Mawasi“ zu begeben. Allerdings sind die Palästinenser kaum bereit, in die Zeltlager im Westen von al-Mawasi zu ziehen, seit vor zehn Tagen bei einem Angriff auf die „Schutzzone“ mindestens 92 Menschen getötet und mehr als 300 verwundet wurden.

Im Gazastreifen ist es für die Palästinenser nirgendwo sicher. Die von Israel unter dem betrügerischen Namen „humanitäre Zonen“ eingerichteten Gebiete sind auf knapp 50 Quadratkilometer verkleinert worden. Das bedeutet, dass eine Bevölkerung von 1,7 Millionen Menschen, die durch Zwangsevakuierungen entwurzelt wurde, aber den Gazastreifen auch nicht verlassen kann, jetzt auf nur 13 Prozent der Gesamtfläche lebt.

Das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) erklärte auf Twitter, das Militär habe für mehr als 80 Prozent der Fläche des Gazastreifens „Evakuierungsbefehle ausgegeben oder sie zur No-Go-Zone erklärt. ... Wir hören immer wieder die gleiche Frage: Wo soll ich hingehen?“

Es steht mittlerweile außer Frage, dass die israelische Regierung nach der systematischen Zerstörung der Infrastruktur, Wohnhäuser, Geschäfte, Schulen, religiösen Gebäude und Krankenhäuser in Gaza die Bevölkerung auf einem winzigen Teil des Gazastreifens einsperrt, um die ethnische Säuberung des Gebiets abzuschließen.

Laut den Gesundheitsbehörden von Gaza ist die Zahl der Toten bis Montag auf 39.006 angestiegen, 89.818 Menschen wurden seit Oktober verwundet. Laut einem Bericht der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet, der vor zwei Wochen erschien, übersteigt die geschätzte Opferzahl die offiziellen Zahlen um ein Vielfaches. 186.000 oder mehr Menschen sind Lancet zufolge direkt und indirekt getötet worden.

Am Montag traf der faschistische israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Washington ein, während eine wachsende Protestwelle ein Ende des Völkermords in Gaza fordert. In einem Bürogebäude des Kongresses organisierten Demonstranten eine Sitzblockade. Die Jewish Voice for Peace besetzte das Rotunda des Cannon-Gebäudes. Ihre Anhänger trugen T-Shirts mit der Aufschrift „Nicht in unserem Namen“ und riefen „Lasst Gaza leben!“ In beiden Fällen schritt die Kapitolpolizei ein und verhaftete mehrere Demonstranten.

Netanjahu spricht am Mittwoch bei einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses und wird sich dann am Donnerstag mit Präsident Biden und Kamala Harris und am Freitag mit Donald Trump treffen. Der Besuch in Washington auf Einladung sowohl der Demokraten als auch der Republikaner bestätigt einmal mehr die Komplizenschaft des politischen Establishments der USA beim Völkermord in Gaza.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärte, die USA sind „darüber informiert, dass die israelische Regierung Waffen aus US-amerikanischer Produktion rechtswidrig einsetzt, auch bei Kriegsverbrechen, und werden sich mitschuldig machen an weiteren Verstößen, die mit diesen Waffen verübt werden“.

Die Menschenrechtsorganisation wies darauf hin, dass Staaten, die Waffen an Regierungen oder bewaffnete Gruppen liefern, die das Völkerrecht brechen, „nicht nur gegen ihre Verpflichtung verstoßen, die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu gewährleisten, sondern diese Verstöße sogar unterstützen, um ,international unrechtmäßige Handlungen‘ zu begehen. ... Unternehmen, die Waffen herstellen und exportieren, haben ebenfalls eine Verantwortung dafür, Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht im Verlauf ihrer Wertschöpfungsketten einzuhalten.“

Für das politische Establishment der USA ist der anhaltende israelische Völkermord in Gaza jedoch ein wichtiges Element einer globalen Kriegsstrategie mit dem Ziel, die Weltbevölkerung den Interessen des US-Imperialismus zu unterwerfen.

Die Socialist Equality Party (USA) und die World Socialist Web Site veranstalteten am Mittwoch am östlichen Ende der National Mall in Washington eine Kundgebung, gefolgt von einer Versammlung in der St. Matthews Evangelical Lutheran Church. Diese Veranstaltung war nicht nur ein Protest gegen Netanjahus Besuch, sondern zeigte auch eine politische Perspektive auf, wie der Kampf gegen Krieg und imperialistische Barbarei weitergeführt werden kann. Die WSWS wird ausführlich darüber berichten.

Die zentrale Aufgabe ist die Verbindung des Kampfs gegen Krieg mit einer Bewegung der Arbeiterklasse für die sozialistische Revolution. Der Kampf gegen den Völkermord kann nicht von der umfassenderen Krise des Kapitalismus und seinem globalen Abgleiten in Barbarei, Diktatur, Faschismus und Krieg getrennt werden.

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