Nach 24.000 Unterschriften für Israels Ausschluss von der Biennale in Venedig: Israelische Künstlerin schließt Ausstellung

Die israelische Künstlerin Ruth Patir und die Kuratorinnen Mira Lapidot und Tamar Margalit kündigten am Dienstag an, dass sie beschlossen haben, Patirs Ausstellung im israelischen Nationalpavillon auf der Biennale von Venedig, der wichtigsten internationalen Kulturausstellung, nicht zu eröffnen.

Laut Associated Press (AP) haben sie ihre Entscheidung „am ersten Tag der Medienvorschau, nur wenige Tage vor Eröffnung der zeitgenössischen Kunstausstellung Biennale am Samstag, durch einen Zettel im Fenster des israelischen Pavillons bekanntgegeben“. Darauf stand (auf Englisch): „Die Künstlerin und die Kuratoren des israelischen Pavillons werden die Ausstellung eröffnen, sobald eine Vereinbarung über einen Waffenstillstand und die Freilassung von Geiseln erzielt wird.“

Der israelische Pavillon in Venedig (Foto: Orietta.sberla / CC BY-SA 3.0)

Der brasilianische Kurator der Hauptveranstaltung der Biennale, Adriano Pedrosa, war sichtlich erleichtert und begrüßte die Entscheidung. Er erklärte gegenüber AP: „Es ist eine sehr mutige Entscheidung und meiner Meinung nach auch eine sehr weise Entscheidung, [da es] sehr schwierig ist, in diesem besonderen Kontext ein Werk zu präsentieren.“

Etwa 24.000 Künstler und andere Personen hatten einen von der Art Not Genocide Alliance (ANGA) organisierten offenen Brief unterzeichnet, in dem der Ausschluss Israels von der diesjährigen Biennale, die vom 20. April bis zum 24. November läuft, gefordert wurde.

Die Unterzeichner erklärten: „Die Präsentation von Kunst, die einen Staat vertritt, der in Gaza anhaltende Gräueltaten gegen die Palästinenser verübt, ist inakzeptabel. Kein Völkermord-Pavillon auf der Biennale von Venedig.“

Weiter hieß es:

Die Biennale hat zu Israels Gräueltaten an den Palästinensern geschwiegen. Wir sind entsetzt über diese Doppelmoral. Israels Angriff auf den Gazastreifen stellt einen der schwersten Bombardierungen der Geschichte dar. Bis Ende Oktober 2023 hat Israel bereits Sprengstoffe in einer Größenordnung auf Gaza abgeworfen, die der Stärke der Atombombe entspricht, die 1945 auf Hiroshima, Japan, abgeworfen wurde. Laut Berichten vom Januar 2024 hat die Zahl der täglichen Todesfälle im Gazastreifen alle anderen großen Konflikte des 21. Jahrhunderts übertroffen.

Zu den Unterzeichnern gehören die amerikanische Fotografin Nan Goldin, der britische visuelle Künstler Jesse Darling, der letztes Jahr den Turner Prize gewonnen hat, der marokkanische Künstler Yto Barrada, die britische Künstlerin und Schriftstellerin Hannah Black, die Baseler Performance-Künstlerin Sophie Jung, die italienische Kuratorenplattform LOCALES Project und der Vorstandschef der Biennale in Karachi, Niilofur Farrukh. Laut dem Online-Kunstmagazin Hyperallergic gehören zu den Unterzeichnern der ANGA „prominente Persönlichkeiten aus der Welt der Kunst, frühere und aktuelle Aussteller der Biennale sowie Kuratoren und Kulturschaffende palästinensischer und israelischer Herkunft“, darunter Carolina Caycedo, Michael Rakowitz, Rehana Zaman und die britisch-palästinensische Künstlerin Rosalind Nashashibi, die „für ihren gefeierten Film Electric Gaza von 2015 bekannt ist“.

Hyperallergic fügt hinzu, dass unter den Tausenden von protestierenden Künstlern und Kulturschaffenden „471 bereits zuvor an der Biennale von Venedig teilgenommen [haben], darunter Sin Wai Kin, der 2019 vertreten war, und Sophia Al-Maria, die für das Sonderprojekt der Biennale 2022 ausgewählt wurde“.

Vertreter der Biennale und der italienischen Regierung wiesen den Appell sofort zurück. Der rechtsextreme Kulturminister Gennaro Sangiuliano, ein ehemaliges Mitglied der neofaschistischen Partei Movimento Sociale Italiano (MSI, Italienische Sozialbewegung), behauptete in einer bösartigen, reaktionären Erklärung: „Israel hat nicht nur das Recht, seine Kunst zum Ausdruck zu bringen, sondern auch die Pflicht, für sein Volk Zeugnis abzulegen, gerade in einer Zeit wie dieser, in der es von erbarmungslosen Terroristen rücksichtslos angegriffen wurde.“ Und das angesichts der offiziellen israelischen Politik von Massenmord, Aushungern und ethnischen Säuberungen.

Dass sich die Biennale ursprünglich weigerte, Israel auszuschließen, verdeutlicht die bodenlose Heuchelei der europäischen und nordamerikanischen Institutionen sowie Kunst- und Filmfestivals, deren Haltung zu „Menschenrechten“ ausschließlich von den politischen Bedürfnissen der jeweiligen herrschenden Elite diktiert wird. Russland wurde seit dem Einmarsch in der Ukraine im Jahr 2022 überall ausgeschlossen, doch Israels völkermörderischer Krieg, der den Tod zehntausender Frauen und Kinder zur Folge hat, löst nur ein Händeringen und murrende Klagen über „Zensur“ und die Notwendigkeit von „Freiheit, Begegnung und Dialog“ aus.

Die New York Times schrieb über die Entscheidung der israelischen Künstlerin, die Ausstellung bei der Biennale abzusagen: „Wie die Kuratorin des israelischen Pavillons, Tamar Margalit, erklärte, unterstützen zwar viele Israelis Patirs Wunsch nach einem Waffenstillstand und einem Geisel-Abkommen. Allerdings könne ein Aufruf zu einem Waffenstillstand von einer Künstlerin, die das Land bei einer wichtigen internationalen Veranstaltung repräsentiert, auf Kritik von israelischen Abgeordneten stoßen. Margalit hatte die Entscheidung gemeinsam mit Patir und Mira Lapidot, einer weiteren Kuratorin des Pavillons, getroffen.“

Weiter erklärte Margalit, die Netanjahu-Regierung, die „etwa die Hälfte der Kosten für den Pavillon gezahlt hat, wurde im Vorfeld nicht über die Protestaktion informiert“.

Patir wies in einer mehrdeutigen Stellungnahme darauf hin, dass sie und die Kuratorinnen ihre Solidarität mit den Familien der israelischen Geiseln und den „großen Teilen der Gesellschaft in Israel, die einen Wandel fordern“, zeigen wollten.

Sie schrieb: „Als Künstlerin und Pädagogin lehne ich kulturelle Boykotte entschieden ab, aber ich habe beträchtliche Schwierigkeiten, ein Projekt zu repräsentieren, das in einer Zeit unergründlicher Missachtung des Lebens dessen Verletzlichkeit behandelt.“

Lapidot und Margalit fügten hinzu: „Sechs Monate sind vergangen seit dem brutalen Angriff auf Israel am 7. Oktober und dem Beginn des schrecklichen Kriegs, der im Gazastreifen wütet. ... Es ist kein Ende in Sicht, nur das Versprechen auf noch mehr Schmerz, Verlust und Zerstörung. Die Ausstellung ist aufgebaut, und der Pavillon wartet auf die Eröffnung. Die Kunst kann warten, aber die Frauen, Kinder und Männer, die die Hölle durchleben, können es nicht.“

Die Weigerung der Künstlerin und der Kuratorinnen, den israelischen Angriff und Völkermord in Gaza eindeutig zu verurteilen, löste scharfe Kritik der Organisatoren des ursprünglichen offenen Briefs aus.

ANGA schrieb unter der Überschrift „Kein Weiter-so während eines Völkermords“, seine Kampagne habe „dafür gesorgt, dass bei der Biennale von Venedig nicht alles wie gewohnt weitergeht, während Israel einen Völkermord an den Palästinensern in Gaza verübt. Das künstlerische Team des israelischen Pavillons hat sich als direkte Folge des weit verbreiteten Drucks und unserer kollektiven Kampagne zurückgezogen.“

Doch entgegen den Behauptungen des künstlerischen Teams wurde „der Pavillon nicht geschlossen. ANGA bekräftigt seine Forderung, den Pavillon gänzlich zu schließen“.

ANGA billigt die leeren und opportunistischen Gesten nicht, die auf größtmögliche Resonanz in der Presse abzielen und der Öffentlichkeit Videowerke zugänglich machen, während zu jeder Stunde Palästinenser von Israel getötet werden und Millionen unmittelbar von einer Hungersnot bedroht sind.

ANGA fordert ein Ende des Völkermords, den Israel an den Palästinensern in Gaza verübt, ein Ende der Apartheid und ein Ende der Besetzung Palästinas.

ANGA ruft alle Kulturschaffenden mit Gewissen dazu auf, sich uns in diesen ausdrücklichen Forderungen anzuschließen. Alles andere lehnen wir ab.

Jede offizielle Vertretung des Staates Israel auf der internationalen Kulturbühne stellt eine Unterstützung seiner Politik und des Völkermords in Gaza dar.

ANGA setzt sich weiterhin für den Ausschluss Israels von der Biennale von Venedig ein. „Schließt [den Pavillon]. Kein Tod in Venedig. Kein Weiter-so.“

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