Israel tötet oder verwundet 170 Palästinenser, die auf humanitäre Hilfe warten

Am Freitag schossen die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) auf eine Menschenmenge von tausenden von Palästinensern, die in Gaza-Stadt auf humanitäre Hilfe warteten, nachdem das Gebiet wochenlang von Hilfslieferungen abgeschnitten war. Zeitgleich mit diesem Angriff meldete das Gesundheitsministerium von Gaza mehr als 200 Tote durch israelische Angriffe innerhalb von 24 Stunden von Mittwoch bis Donnerstag.

Bei dem Angriff am Kuwait-Kreisverkehr wurden 20 Menschen getötet und weitere 150 verwundet. Israelische Panzer beschossen die Menge und feuerten mit scharfer Munition. Laut den Behörden wird die Zahl der Toten voraussichtlich noch deutlich ansteigen, da es viele Schwerverletzte gibt. Die Überlebenden werden im al-Shifa-Krankenhaus behandelt, das keine medizinischen Vorräte mehr hat und nur noch über eine Notfallbesetzung verfügt. Im November bombardierten und stürmten IDF-Soldaten das Krankenhaus, das vor Israels völkermörderischem Angriff das größte im Gazastreifen war.

Weiter südlich, in Chan Yunis, verschärfte Israel seine wahllosen Angriffe auf Zivilisten und Infrastruktur. Die IDF gaben am Mittwoch einen zynischen Evakuierungsbefehl an circa eine halbe Million Menschen aus, die nirgendwo hin fliehen konnten, und setzten am Donnerstag ihren Beschuss von Wohngebieten fort. Israelische Streitkräfte umstellten und blockierten zudem die beiden verbliebenen Krankenhäuser der Stadt, das al-Nasser- und das al-Amal-Krankenhaus.

Bei einem israelischen Bombenangriff verwundete Palästinenser werden am Mittwoch, den 24. Januar, in ein Krankenhaus in Rafah im Süden des Gazastreifens gebracht [AP Photo/ Fatima Shbair ]

Im al-Nasser-Krankenhaus gibt es keine Lebensmittel, keine Betäubungsmittel und keine Schmerzmittel mehr. Laut der UN-Menschenrechtsbehörde OCHA darf „niemand [das Nasser-Krankenhaus] verlassen oder betreten“, einschließlich der 400 Dialysepatienten. Am Donnerstagnachmittag berichtete das Gesundheitsministerium von Gaza, dass das Gebiet um das Krankenhaus ständig von Panzern beschossen wird und dass Drohnen Raketen auf den Krankenhauskomplex abfeuern. Dies deutet darauf hin, dass die Vorbereitungen für einen Überfall wie auf das al-Shifa weit fortgeschritten sind.

Der Leiter des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA), Thomas White, erklärte: „Die Situation in Chan Yunis zeigt, dass die grundlegenden Prinzipien des humanitären Völkerrechts – Differenzierung, Verhältnismäßigkeit und Vorsichtsmaßnahmen bei Angriffen – ständig missachtet werden... Das ist inakzeptabel und abscheulich und muss aufhören.“

Die Zahl der Toten nach einem israelischen Angriff auf eine UN-Unterkunft in der Stadt stieg am Mittwoch auf 13. Die Einrichtung, in der zehntausende Vertriebene leben, wurde von israelischen Truppen mit Granaten und Handfeuerwaffen beschossen. Weitere 75 Menschen wurden dabei verwundet, 15 von ihnen lebensgefährlich.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hob am Donnerstag die humanitäre Katastrophe hervor, die durch Israels vom Imperialismus unterstützten Völkermord verursacht wird. Darin hieß es, dass weniger als ein Fünftel des Gazastreifens, d.h. 60 Quadratkilometer, 1,5 Millionen Menschen, etwa zwei Drittel der Bevölkerung, Zuflucht bieten. Die Organisation erklärte dazu: „Die dramatische Eskalation der Kämpfe bedroht ihr Überleben.“

Der Leiter des IKRK-Büros in Gaza, William Schomburg, warnte in einer weiteren Stellungnahme, das medizinische System der Enklave stehe vor dem vollständigen Zusammenbruch: „Alle funktionierenden Krankenhäuser im Gazastreifen sind überfüllt, es fehlt an medizinischem Material, Treibstoff, Nahrung und Wasser... Viele beherbergen tausende vertriebene Familien. Und jetzt droht der Verlust von zwei weiteren Einrichtungen durch die Kämpfe.“

Diese humanitäre Katastrophe ist das beabsichtigte Ergebnis von Israels Völkermord an den Palästinensern. Zahlreiche Vertreter von Ministerpräsident Benjamin Netanjahus rechtsextremer Regierung haben ausdrücklich ihre Absicht bekundet, den Gazastreifen durch die Vertreibung seiner Einwohner in die ägyptische Sinai-Wüste ethnisch zu säubern. Israel hat dem Gazastreifen seit Beginn der Angriffe bewusst die Lieferung von Hilfsgütern vorenthalten, was zu weit verbreiteten Hungersnöten und Epidemien geführt hat.

Laut einem Bericht der palästinensischen Behörde für Umweltqualität vom Donnerstag leiden erschreckende zwei Drittel der Bewohner des Gazastreifens an Krankheiten, die durch Wasser übertragen werden.

Ein wichtiger Bestandteil der ethnischen Säuberungsoperation Israels ist die Schaffung einer ein Kilometer breiten Pufferzone entlang der palästinensischen Seite der Grenze zwischen Gaza und Israel. Laut einer Studie der Hebräischen Universität wurden seit dem 7. Oktober 40 Prozent der 2.824 Gebäude in diesem Gebiet dem Erdboden gleichgemacht. Im Raum Chan Yunis, wo die Bevölkerungsdichte am höchsten ist, wurden im Bereich von einem Kilometer bis zur israelischen Grenze rund 67 Prozent der Gebäude zerstört. Ein Soldat erklärte gegenüber dem Wall Street Journal: „Es war hauptsächlich Landwirtschaft. Jetzt ist es eine militärische Zone, ein komplettes Niemandsland.“

Washington hat die Schaffung der Pufferzone scheinheilig kritisiert, allerdings liefert die Biden-Regierung Israel weiterhin die Waffen, mit denen Israel sie errichtet und täglich hunderte Palästinenser massakriert.

Laut einem Bericht der Times of Israel vom Donnerstag haben mehr als 250 Frachtflugzeuge und 20 Schiffe Israel seit Beginn des Angriffs auf den Gazastreifen mehr als 10.000 Tonnen Munition und Kriegsgerät geliefert. Dem Bericht zufolge hat der Generaldirektor des Verteidigungsministeriums, Eyal Zamir, diese Woche bei einem Besuch in Washington den Kauf von 25 F-35-Tarnkappenjägern, 25 F-15-Kampfflugzeugen und 12 Apache-Kampfhubschraubern von den USA abgeschlossen. Zamir hat außerdem die Sicherstellung einer kontinuierlichen Versorgung Israels mit Munition während des anhaltenden Völkermordes diskutiert.

Die Biden-Regierung hat Israel zudem konsequent gegen jede internationale Kritik verteidigt. Der Internationale Gerichtshof sprach am Freitag ein vorläufiges Urteil zu Südafrikas Klage wegen des Völkermords im Gazastreifen. Die vernichtende Anklage, die dem Gericht Anfang Januar vorgelegt wurde, führte zwar zu einem Urteil gegen Israel, verlangte aber keinen sofortigen Waffenstillstand. Washington hatte bereits zuvor angedeutet, es werde Israel unterstützen, wenn es ein solches Abkommen ignoriert und seinen völkermörderischen Angriff fortsetzt.

Auf die Frage, ob die USA Israel unter Druck setzen würden, sich an das Urteil des Internationalen Gerichtshofs zu halten, erklärte der Sprecher des Außenministeriums, Vedant Patel, am Donnerstag: „Das ist ein juristischer Prozess, und ich werde keine Hypothesen oder Spekulationen über irgendein Ergebnis anstellen.“ Auf die direkte Frage, ob die USA Israel unter Druck setzen würden, dem Beispiel der Hamas zu folgen – die zuvor am gleichen Tag erklärt hatte, sie würde das Urteil des Internationalen Gerichtshofs zu einem Waffenstillstand befolgen – antwortete Patel mit einer Verurteilung der Hamas.

Die uneingeschränkte Unterstützung Washingtons und seiner europäischen imperialistischen Verbündeten für Israels Völkermord ist untrennbar mit ihren Plänen verbunden, den regionalen Krieg zu eskalieren, der bereits im ganzen Nahen Osten ausgebrochen ist.

In den zwei Wochen seit Beginn der Angriffe der US-amerikanischen und britischen Streitkräfte auf Stellungen der Huthi im Jemen haben die militärischen Spannungen stark zugenommen. Letzte Woche traf ein zweites französisches Kriegsschiff in der Region ein, und die Europäische Union bereitet eine Militäroperation unter der Führung des deutschen und französischen Imperialismus vor. US-Kampfflugzeuge haben am Montag einen weiteren Angriff auf den Jemen geflogen und dabei Ziele getroffen, bei denen es sich nach Angaben Washingtons um unterirdische Lagerstätten und Raketenabschussanlagen handelt.

Die Huthi haben angekündigt, ihre Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer, die nach Israel unterwegs sind, fortzusetzen, bis humanitäre Hilfe den Gazastreifen erreicht.

Die rücksichtslose Eskalation des militärischen Konflikts im gesamten Nahen Osten durch den US-Imperialismus zielt darauf ab, seine regionale Hegemonie gegen China und Russland zu konsolidieren. Washington betrachtet diesen Krieg als eine Front in einem sich rapide verschärfenden dritten Weltkrieg, zudem auch Fronten gegen Russland in der Ukraine und gegen China im Indopazifik gehören. Dabei setzt es den Nahen Osten in Brand, wie die gegenseitigen Angriffe zwischen Indien und Pakistan, die Raketenangriffe des Irans und der Türkei auf kurdische Stellungen im Irak und Israels anhaltende Bombardierung von Stellungen der Hisbollah im südlichen Libanon zeigen.

Die Lage an der israelisch-libanesischen Grenze gleicht immer mehr einem niederschwelligen Krieg. Die IDF melden täglich Angriffe auf zahlreiche angebliche Ziele der Hisbollah und brüsten sich, seit dem 7. Oktober mehr als 1.200 Ziele getroffen zu haben. Die Angriffe am Donnerstag trafen ein Flugfeld, Aufklärungsposten und andere Infrastruktur, die angeblich von der Hisbollah in libanesischen Dörfern entlang der Grenze benutzt werden.

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