Ohne Diskussion im Parlament und mit der vollen Unterstützung der Labour Party:

Vereinigtes Königreich bombardiert Jemen an der Seite der USA

Die Beteiligung von vier britischen Typhoon-Kampfflugzeugen an den von den USA angeführten Angriffen auf Huthi-Truppen im Jemen hat erneut Londons Rolle als wichtigster Kampfhund Washingtons bestätigt.

Auch Australien, Kanada, die Niederlande und Bahrain waren daran beteiligt, und alle europäischen Regierungen außer Spanien haben sich mittlerweile hinter den Angriff gestellt. Das Vereinigte Königreich war jedoch neben den USA das einzige Land, dessen Streitkräfte Raketen abfeuerten. Insgesamt wurden mehr als 60 Ziele an 26 verschiedenen Orten in dem verarmten Land getroffen. Fünf Huthi-Kämpfer wurden getötet.

Typhoon-Kampfflugzeuge der Royal Air Force bei einer Flugshow in Bournemouth, England, im September 2021

Der Einsatz der Royal Air Force (RAF) erfolgte ohne jede öffentliche Diskussion oder demokratische Rechenschaftspflicht. Als Arbeiter in Großbritannien am Donnerstag zu Bett gingen, kamen gerade die Nachrichten auf, dass einige Stunden zuvor, etwa um 19 Uhr, ein Kabinettstreffen einberufen worden war, um Militäraktionen im Jemen zu beraten. Als sie aufwachten, waren um Mitternacht bereits Luftangriffe erfolgt.

Dass eine zutiefst unpopuläre Regierung – die amtierenden Konservativen liegen in Umfragen 13 Punkte hinter der Opposition zurück – bereit ist, so rücksichtslos zu agieren, verdeutlicht den verzweifelten Drang des britischen Imperialismus, sich an Amerika zu binden. Dazu ist sie jedoch nur in der Lage, weil die oppositionelle Labour Party ihren Kriegskurs uneingeschränkt unterstützt.

Besonders seit dem Brexit, der das Vereinigte Königreich von potenziellen Verbündeten in Europa abgeschnitten hat, hat es seine primäre Nützlichkeit für Washington als stärkste pro-amerikanische Stimme innerhalb der Europäischen Union verloren. Deshalb hat es seine militärischen Provokationen deutlich verstärkt, um sich dem amerikanischen Imperialismus anzubiedern. Es hat im Ukrainekrieg gegen Russland eine führende Rolle gespielt und tut nun das gleiche im Roten Meer gegen den Iran, der die Huthi unterstützt, wo es die beiden Kriegsschiffe HMS Diamond und HMS Richmond stationiert hat. Ein weiteres, die HMS Lancaster, befindet sich im Golf von Oman.

Die HMS Diamond in den Gewässern vor Bournemouth, England, im Jahr 2018

Am Morgen nach den Bombenangriffen traf Premierminister Rishi Sunak zu einem Überraschungsbesuch beim ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew ein. Er versprach der Ukraine 2,5 Milliarden Pfund Militärhilfe im kommenden Jahr – die bisher größte jährliche Verpflichtung seit Russlands Invasion im Februar 2022. Sunak erklärte, die Unterstützung sei entscheidend, denn wenn Präsident Wladimir Putin „in der Ukraine gewinnt, wird er sich damit nicht begnügen“.

Der Labour-Parteichef Sir Keir Starmer und sein Schatten-Verteidigungsminister John Healey wurden am Donnerstagabend über die geplante Aktion informiert. Am Freitag traten sie als erstes in den Frühnachrichten auf, um ihre Zustimmung deutlich zu machen.

Starmer erklärte gegenüber BBC Breakfast: „Wir unterstützen diese Aktion... Wir unterstützen diese Aktion entschieden... Als Rishi Sunak Premierminister wurde, habe ich gleich am ersten Tag, am ersten Abend mit ihm telefoniert... Wir waren uns einig, dass wir uns in tagespolitischen Fragen gegenseitig deutlich herausfordern werden, aber wenn es um Fragen der nationalen Sicherheit und der Verteidigung des Landes geht, würden wir versuchen, zu kooperieren und zusammenzuarbeiten.“

Später am selben Tag äußerte er sich noch überschwänglicher: „Ich unterstütze diese Operation gegen die Huthi-Rebellen und Labour unterstützt sie... Wir unterstützen diese Aktion... wir stehen voll hinter der Aktion, die notwendig ist.“

Healey erklärte in der ITV-Sendung Good Morning Britain: „Wir stehen hinter dieser Aktion.“ Er nutzte die Gelegenheit auch, um seine Sorge über eine Unterfinanzierung des Militärs zu äußern. Er erklärte, Labour werde „immer tun, was nötig ist, um das Land zu verteidigen, wird immer so viel ausgeben, wie zur Verteidigung des Landes notwendig ist“. Er verwies auch darauf, dass die Militärausgaben unter Labour im Jahr 2010 bei 2,5 Prozent des BIP lagen, was eine Berufsarmee mit mehr als 100.000 Mann ermöglichte.

Starmer und Healey traten als Hauptsprecher der parlamentarischen Einheitspartei für Krieg auf. Starmer forderte nicht einmal eine Einberufung des Parlaments, sondern erklärte stattdessen, es sollte „bei der ersten Gelegenheit“ eine Debatte geben, d.h. wenn das Parlament am Montag wieder zusammentritt.

Die Liberaldemokraten und die Scottish National Party (SNP) forderten die Einberufung des Parlaments, damit die Regierung „ihre Argumente vorbringen kann“, wie der Parteichef der Liberaldemokraten Ed Davey erklärte. Davey beeilte sich hinzuzufügen, dass seine Partei „bereit ist, die Regierung zu unterstützen“, forderte also lediglich die Möglichkeit, es „demokratisch“ durchzuwinken.

SNP-Chef Humza Yousaf äußerte sich nur geringfügig kritischer: „Die Bilanz des Vereinigten Königreichs bei Militärinterventionen, besonders im Nahen Osten, sieht nicht gut aus.“ Er fügte hinzu: „Korrekt und angemessen wäre es gewesen, das Parlament zurückzubeordern.“

Der „linke“ Überrest von Labour ging ebenfalls nicht darüber hinaus. Jeremy Corbyns ehemaliger Schatten-Finanzminister, John McDonnell, twitterte am Donnerstagabend: „Es besteht die Gefahr, die gesamte Region in Brand zu setzen.“ Doch er argumentierte lediglich: „Es sollte keine Militäraktion ohne die Zustimmung des Parlaments geben.“

Die Abgeordnete Zarah Sultana erklärte: „Vor einer britischen Militäraktion muss das Parlament zur Abstimmung einberufen werden.“ Der Abgeordnete John Trickett erklärte: „Wenn wir die Streitkräfte einsetzen, sollte sofort das Unterhaus wieder zusammentreten.“

Jeremy Corbyn, der mittlerweile als Unabhängiger im Parlament sitzt, bezeichnete es als „völlig beschämend“, dass das Parlament nicht wieder zurückberufen wurde. Er übte jedoch keine Kritik an Starmer, sondern rief lediglich alle Abgeordneten auf, „aus unseren Fehlern zu lernen und zu erkennen, dass Krieg nicht die Antwort ist“.

Die ehemalige Schatten-Innenministerin Diane Abbott, die wie Corbyn aus der Labour-Parlamentsfraktion ausgeschlossen wurde und heute als Unabhängige im Parlament sitzt, stellte als einzige fest: „Im Jahr 2020 sagte Keir Starmer: keine illegalen Krieg mehr. Er sagte, er würde einen Krieg nur dann unterstützen, wenn er legal ist, ein tragfähiges Ziel hat und das Parlament zugestimmt hat. Die derzeitige Militäraktion im Jemen entspricht keinem dieser Kriterien, und er unterstützt sie trotzdem.“

Die Anhänger Corbyns wissen ganz genau, dass die große Mehrheit der Abgeordneten, und vor allem der Labour Party, hinter dem völkermörderischen Angriff auf den Gazastreifen und nun auch der Militärintervention im Jemen stehen, und dass Appelle an das Parlament ohne einen Aufruf zu einem unabhängigen politischen Kampf der Arbeiter und der Jugend reine Alibihandlungen sind. Vor allem aber ist der Ausgangspunkt jeder echten Opposition gegen den Krieg im Nahen Osten ein Kampf gegen Starmer und sein Schattenkabinett.

Der rasante Rechtsruck des britischen Imperialismus und die Rolle, die Corbyn und die Labour-Abgeordneten der Socialist Campaign Group dabei spielen, wird durch die drei von der RAF im letzten Jahrzehnt geplanten Bombenkampagnen deutlich.

Im Jahr 2013 verweigerte das Parlament Premierminister David Cameron die Teilnahme an Angriffen auf Syrien unter Führung der USA. In dem Votum spiegelte sich die Uneinigkeit in der herrschenden Klasse über den Sinn einer derartigen Intervention wider, die stark geprägt war von einer drohenden Gegenreaktion der Bevölkerung, die zutiefst erschüttert war vom Irakkrieg und ein weiteres imperialistisches Blutvergießen im Nahen Osten ablehnte.

Diese weitverbreitete Stimmung war ein wichtiger Faktor für Corbyns Erdrutschsieg in der Wahl zum Labour-Vorsitzenden zwei Jahre später. Doch nur wenige Monate nach seiner Amtsübernahme trat er dieses Mandat mit Füßen und erlaubte den Kriegsbefürwortern in der Labour Party eine freie Abstimmung über den erneuten Vorschlag der Tory-Regierung für Luftangriffe auf Syrien. Die Abstimmung war erfolgreich, und innerhalb weniger Stunden flogen Kampfflugzeuge Angriffe.

Das stellte die Weichen für Corbyns gesamte Amtszeit und die systematische Demobilisierung der Antikriegsstimmung unter seiner Ägide. Vervollständigt wurde es durch die Übergabe der Labour Party an die Blair-Fraktion unter der Führung von Sir Keir „Partei der Nato“ Starmer.

Starmers Eintreten für die Nato und die Kapitulation der Labour-Linken vor Starmer war so vollständig, dass die Regierung diesmal sogar auf das Feigenblatt einer Abstimmung im Parlament verzichtete. Keine politische Kraft im Repräsentantenhaus wird den sich rapide ausweitenden Krieg im Nahen Osten, in dem die imperialistischen Mächte den Iran im Visier haben, aufhalten. Das erfordert die Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse durch eine sozialistische, antiimperialistische Partei.

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