Am 22. und 23. Dezember wurden 12 türkische Soldaten im Nordirak von Guerillas der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) bei Militäroperationen der türkischen Streitkräfte (TSK) gegen kurdische Kräfte getötet.
Die Türkei unterhält im Irak Militärstützpunkte und Wachstationen, die die Regierung in Bagdad für illegal erklärt hat. Die Militäraktion erfolgte inmitten von Luftangriffen und Attentaten der türkischen Streitkräfte und des Inlandsgeheimdienstes MİT auf die PKK und ihre syrischen Verbündeten, die Volksschutzeinheiten (YPG), im Nordirak und Syrien. Hunderte kurdische politische Gefangene in der Türkei befinden sich seit dem 27. November im Hungerstreik und fordern bessere Haftbedingungen.
Vor dem Hintergrund des israelischen Völkermords im Gazastreifen und US-amerikanischer Vorbereitungen auf einen Krieg im Nahen Osten, der sich gegen den Iran richtet, deuten die wachsenden Spannungen auf die Gefahr eines weiteren Krieges in Syrien und im Irak hin. Die türkischen Streitkräfte haben nach dem Überfall ihre Luftangriffe verstärkt. Nach Angaben der von den USA unterstützten „Autonomen Verwaltung von Nord- und Ostsyrien“ wurden zivile Siedlungen und Infrastrukturen angegriffen.
Die sieben türkischen Kampfflugzeuge und 33 Drohnen hatten am 23. Dezember Luftangriffe in dem Gebiet geflogen, bei denen acht Menschen getötet wurden, mehr als 2.000 Bewohner vom Strom abgeschnitten und Krankenhäuser getroffen wurden. Tausende protestierten bei einer Beerdigung in Qamischli gegen die Angriffe der Türkei.
Während Ankara dementierte, Zivilisten angegriffen zu haben, gab das türkische Verteidigungsministerium bekannt, im Laufe des Jahres „insgesamt 71 Ziele, bestehend aus Höhlen, Bunkern, Unterständen, Öleinrichtungen und Lagerhäusern“, zerstört und 2.201 PKK-YPG-Mitglieder „neutralisiert“ zu haben, davon 81 in der letzten Woche.
Der blutige Krieg zwischen dem türkischen Staat und den kurdischen nationalistischen Kräften unter Führung der PKK, der nun schon fast 40 Jahre andauert, ist mit den imperialistischen Kriegen verflochten, die die USA seit drei Jahrzehnten im Nahen Osten führen.
Die Regierung Recep Tayyip Erdoğans war einer der wichtigsten Unterstützer des von der CIA betriebenen Regimewechsel-Krieges zum Sturz des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad im Jahr 2011, bei dem mehr als 500.000 Menschen getötet wurden. Erdoğans von der Nato unterstützter „Friedensprozess“ mit der PKK brach 2015 zusammen, als Washington die YPG zu seiner wichtigsten Stellvertreter-Truppe in Syrien machte.
Ankara war entsetzt über die Aussicht, dass in Syrien ein von den USA unterstützter kurdischer Staates entstehen könnte und befürchtete, dass dies zu einem ähnlichen Ergebnis auf türkischem Gebiet führen könnte. Die türkische Regierung ist gegen die PKK in der Türkei und im Nordirak und gegen die YPG in Nordsyrien in die Offensive gegangen.
Die Türkei hat bisher drei große Bodeninvasionen in den mehrheitlich kurdischen Gebieten Nordsyriens durchgeführt, die von den von der YPG geführten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) kontrolliert werden. Infolgedessen kontrolliert Ankara nun ein Gebiet von 8.835 Quadratkilometern mit mehr als 1.000 Siedlungen, darunter Städte und Ortschaften wie Afrin, al-Bab, Azaz, Jarabulus, Jinderes, Rajo, Tal Abyad und Ras al-Ayn. Die syrische Regierung hat Ankara wiederholt aufgefordert, seine illegale Besetzung des Landes zu beenden.
Die türkische Seite will verhindern, dass kurdische Nationalisten ihre gesamte Südgrenze zu Syrien beherrschen und dass ein kurdischer Staat entsteht. Ankara hat in diesen Gebieten ein Besatzungsregime errichtet, das im Zuge der militärischen Invasionen hunderttausende Kurden vertrieben hat. Die Erdoğan-Regierung hat bereits angekündigt, dass sie die Bodenoperationen fortsetzen wird, bis sie eine 30 Kilometer tiefe „Sicherheitszone“ entlang der gesamten syrischen Grenze eingerichtet hat.
Auf einer UN-Vollversammlung im Jahr 2019 kündigte Erdoğan seinen Plan an, drei Millionen syrische Flüchtlinge umzusiedeln, darunter überwiegend Araber, die vor dem Regimewechselkrieg der Nato geflohen waren. Er erklärte seinen Plan, der auf eine gegen Kurden gerichtete ethnische Säuberung hinausläuft, wie folgt:
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Beseitigung der PKK/YPG-Organisation im Osten des Euphrat... Unsere Bemühungen um die Schaffung einer sicheren Zone sind im Gange... Unsere Absicht ist es, einen Friedenskorridor zu schaffen und 2 Millionen Syrer hier anzusiedeln. Sobald diese Sicherheitszone deklariert ist, können wir 1,5-2 Millionen syrische Migranten hier ansiedeln... Wenn wir die Tiefe dieser Zone auf die Linie zwischen Deir-u-Zor und Raqqa ausdehnen, können wir die Zahl der Syrer, die aus anderen Teilen Europas zurückkehren, auf 3 Millionen erhöhen.
Der Anschlag auf das Hauptquartier der türkischen Nationalpolizei in Ankara im Oktober, zu dem sich die PKK bekannte, wurde von der Erdoğan-Regierung als Gelegenheit gesehen, diese Pläne voranzutreiben. Auf den Anschlag in Ankara folgten verstärkte Luftangriffe gegen kurdische Milizen im Irak und in Syrien.
Ankara erwog, seine eskalierenden Militäroperationen in eine groß angelegte Bodenoperation in Syrien umzuwandeln. Der Iran und Russland, die die syrische Regierung unterstützen, und die Vereinigten Staaten, die die YPG unterstützen, gaben jedoch kein grünes Licht für eine solche Operation. Am 5. Oktober gab das Pentagon bekannt, dass eine bewaffnete türkische Drohne von einem US-Flugzeug in Syrien abgeschossen worden war.
Die türkische herrschende Klasse befürchtete, dass der von den USA unterstützte völkermörderische Krieg Israels im Gazastreifen auf den Iran ausgeweitet werden und ihre eigenen Interessen bedrohen könnte. Daher sah sich die Erdoğan-Regierung gezwungen, zur „Zurückhaltung“ aufzurufen und eine groß angelegte Bodenoperation gegen kurdische Kräfte, die die Spannungen mit Washington verschärft hätte, vorübergehend von ihrer Agenda zu streichen.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Wie die World Socialist Web Site kürzlich feststellte, befürchtet die türkische Bourgeoisie, „dass ein Sieg Washingtons und Tel Avivs im Nahen Osten, die beide die kurdisch-nationalistischen Milizen an den Grenzen der Türkei im Irak und in Syrien unterstützen, zur Gründung eines kurdischen Staates führen könnte“.
In einer Erklärung nach dem Tod von 12 türkischen Soldaten im Irak am 23. Dezember richtete sich Erdoğan gegen die USA und sagte: „Wir werden den Terrorismus an der Wurzel ausrotten und diese Strategie mit Entschlossenheit fortsetzen, bis der letzte Terrorist eliminiert ist. Die Türkei wird eine terroristische Formation im Nordirak oder in Syrien um keinen Preis zulassen. Wir werden niemals von unserem Kampf gegen die angeheuerten Mörderbanden ablassen, die als Auftragnehmer der Imperialisten arbeiten.“
Erdoğan hat wiederholt erklärt, dass er die USA und andere imperialistische Verbündete als Mitschuldige am israelischen Völkermord in Gaza sieht. Dennoch hält die Erdoğan-Regierung die wichtigen Handelsbeziehungen der Türkei mit Israel aufrecht und weigert sich, irgendwelche Sanktionen zu verhängen.
Die Falschheit von Erdoğans „Antiimperialismus“ wird durch die engen Beziehungen der türkischen herrschenden Klasse zu den imperialistischen Mächten und die jahrzehntelange Verteidigung ihrer außenpolitischen Interessen durch die Nato deutlich. Die Heuchelei zeigt sich darin, dass sowohl die Regierung als auch die bürgerliche Opposition, einschließlich der kurdischen Nationalisten, die Expansion der Nato gegen Russland unterstützen, mit dem sie sich de facto im Krieg befinden. Trotz rhetorischer Kritik und Spannungen stimmte das türkische Parlament im vergangenen März einstimmig für den Beitritt Finnlands zur Nato.
Drei Tage nach Erdoğans Bezichtigung der „Auftragnehmer der Imperialisten“ – und inmitten des von der Nato unterstützten israelischen Völkermords im Gazastreifen – hat der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des türkischen Parlaments am Dienstag einen Vorschlag für die Nato-Mitgliedschaft Schwedens zur Abstimmung ins Parlament geschickt.
Erdoğans Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), ihr faschistischer Verbündeter, die Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), und die wichtigste Oppositionspartei, die kemalistische Republikanische Volkspartei (CHP), deren Kandidaten die pseudolinken Parteien bei den Präsidentschaftswahlen im Mai unterstützten, stimmten mit „Ja“ für den Vorschlag. Die kurdisch-nationalistische Volkspartei für Gleichheit und Demokratie (DEM) demonstrierte einmal mehr, dass sie die Nato-Erweiterung nicht ablehnt, indem sie wie zuvor bei der Abstimmung über Finnland auch an dieser Abstimmung nicht teilnahm.
Die türkische und die kurdische Bourgeoisie sind nicht in der Lage, eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage herbeizuführen, die mit dem imperialistischen Krieg im Nahen Osten seit Jahrzehnten verflochten ist. Die demokratischen Bestrebungen der unterdrückten kurdischen Bevölkerung können, wie jene der Palästinenser, von den imperialistischen Mächten und ihren reaktionären regionalen Vertretern nicht erfüllt werden. Diese Kräfte tragen die Hauptverantwortung für das Blutbad im Nahen Osten.
Der einzige Weg vorwärts besteht darin, dass sich die Arbeiter des Nahen Ostens mit ihren Klassenbrüdern und -schwestern in Europa, den USA und der ganzen Welt auf der Grundlage eines internationalen sozialistischen Programms gegen den Imperialismus und seine regionalen Stellvertreter zusammenschließen und die Föderation Sozialistischer Staaten des Nahen Ostens aufbauen.
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