G7-Staaten drohen dem Iran angesichts des israelischen Massakers im Gazastreifen mit regionalem Krieg

Truppen der israelischen Armee neben einem zerstörten Gebäude während einer Militäroperation im Gazastreifen am 8. November 2023 [AP Photo/Ohad Zwigenberg]

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bekräftigte am Mittwoch, dass seine Regierung einen Waffenstillstand ablehnt. Die Erklärung der G7-Staaten, in der Israels völkermörderische Gewalt gegen die Palästinenser im Namen der „Selbstverteidigung“ unterstützt wird, ermutigte ihn zudem dazu, dem Iran zu drohen. Wie akut die Gefahr eines regionalen Krieges ist, zeigen die Luftangriffe der USA und Israels auf Ziele in Syrien, die angeblich in Zusammenhang mit der iranischen Revolutionsgarde stehen.

Die Außenminister Großbritanniens, Kanadas, Frankreichs, Deutschlands, Japans, Italien und der USA haben dem Netanjahu-Regime bei einem Treffen in Tokio Unterstützung für seine Luftangriffe auf den Gazastreifen zugesichert, die bisher mehr als 10.500 zivile Todesopfer gefordert haben. Die Erklärung lag inhaltlich auf einer Linie mit der Kriegspropaganda des rechtsextreme Netanjahu-Regimes: „Wir verurteilen unmissverständlich die Terroranschläge der Hamas und anderer Gruppen auf Israel, die am 7. Oktober begannen, sowie die anhaltenden Raketenangriffe auf Israel … Wir bekräftigen das Recht Israels, sich und seine Bevölkerung zu schützen und eine Wiederholung [der Anschläge] zu verhindern, wie es das Völkerrecht vorsieht.“

Die Erklärung der G7-Staaten trug die unverkennbare Handschrift des US-Imperialismus, der einen weiteren regionalen Krieg vorbereitet, um seine Hegemonie gegen alle Herausforderungen zu verteidigen. Es heißt darin drohend: „Wir fordern den Iran auf, der Hamas keine weitere Unterstützung zu leisten und von weiteren Aktionen abzusehen, die den Nahen Osten destabilisieren, darunter Unterstützung für die libanesische Hisbollah und andere nichtstaatliche Akteure. Stattdessen sollte er seinen Einfluss auf diese Gruppen benutzen, um die regionalen Spannungen zu deeskalieren.“ In einem gänzlich dem Iran gewidmeten Abschnitt wurde das Land für zahlreiche Punkte verurteilt, von seinem Atomprogramm über die Entwicklung von Raketen bis hin zur Menschenrechtslage.

Mit keinem Wort erwähnt wurde natürlich die „destabilisierende“ Rolle des US-Imperialismus, der im ganzen Nahen Osten und Zentralasien seit drei Jahrzehnten Kriege führt und im Irak, Syrien, Libyen und Afghanistan ganze Gesellschaften zerstört hat. Auch die Tatsache, dass Washington zwei Flugzeugträgerverbände und ein mit Atomwaffen ausgestattetes U-Boot in die Region entsandt hat, wurde verschwiegen, um den Iran als stärkste eskalierende Kraft der derzeitigen Lage darzustellen.

Die Erklärung der G7-Staaten enthält außerdem Abschnitte, in denen die Unterstützung für den anhaltenden Nato-Krieg gegen Russland in der Ukraine bekräftigt und China als Bedrohung für die Stabilität des Indopazifik verurteilt wird. Sie verdeutlicht, dass die imperialistischen Mächte unter Führung der USA die Ausweitung des Krieges auf den ganzen Nahen Osten als Front im globalen Kampf um eine Neuaufteilung der Welt ansehen.

Nur wenige Stunden nach der provokanten Erklärung der G7-Staaten attackierten US-Flugzeuge im Osten Syriens eine Einrichtung, die angeblich von der iranischen Revolutionsgarde und mit ihr verbündeten Gruppen genutzt wird. Das Pentagon erklärte später, der Angriff sei „Selbstverteidigung“ nach einer Reihe von Angriffen auf US-Basen im Irak und Syrien. Weiter hieß es, Präsident Biden habe den Angriff „geleitet“, um „deutlich zu machen, dass die USA sich, ihr Militärpersonal und ihre Interessen verteidigen werden“.

Bei weiteren israelischen Angriffen auf den Süden Syriens und den Libanon wurden drei Menschen getötet.

Im Kontext ihrer Unterstützung des israelischen Völkermordes und der Kriegsdrohungen gegen den Iran wirkt der Appell der G7-Staaten für „schnelle Maßnahmen“ zur Verringerung der humanitären Katastrophe im Gazastreifen lächerlich. Die orwellsche Forderung nach „humanitären Pausen“ in Israels unablässigem Angriff wird das Netanjahu-Regime nicht davon abhalten, die 2,3 Millionen Bewohner des Gazastreifens kollektiv zu bestrafen und sie von der Versorgung mit Treibstoff, Strom und Trinkwasser abzuschneiden.

Der Sprecher des nationalen Sicherheitsrates John Kirby machte am Mittwoch bei einer Rede im Weißen Haus deutlich, wie prekär solche Pausen wären. Er erklärte, sie würden „Stunden oder Tage“ andauern und „wären also ein Abkommen, dass es in den festgelegten Koordinaten für eine bestimmte Zeit Kampfpausen geben wird. Das bedeutet nicht, dass es im gleichen Zeitraum nicht außerhalb dieser Zone weitere Kämpfe geben könnte oder wird. Das alles muss berücksichtigt werden, und ich zweifele nicht daran, dass man auf israelischer Seite bei der Überprüfung jedes Vorschlags die potenziellen Auswirkungen auf Militäroperationen am Boden und in der Luft überdenken wird.“

Mit anderen Worten, Kirby hat faktisch zugegeben, dass Israel ein Vetorecht gegen jede „humanitäre Pause“ hat, die seine Militäroperationen behindert. Erst einen Tag zuvor hatte er bestätigt, dass Washington Israel weiterhin keine „roten Linien“ setzt.

Das grüne Licht der G7-Staaten für Israel bei der Fortsetzung seines mörderischen Angriffs auf den Gazastreifen fällt zusammen mit dem Auftauchen weiterer Beweise für die schrecklichen Bedingungen, unter denen die Bevölkerung lebt. Laut der Norwegischen Flüchtlingshilfe wurden mehr als die Hälfte aller Wohngebäude beschädigt oder zerstört. Weil 40.000 Wohngebäude unbewohnbar gemacht wurden, wurden 200.000 Palästinenser obdachlos; die Beschädigung von weiteren mehr als 220.000 Häusern betrifft mehr als eine Million Menschen.

Auch die Krise des Gesundheitswesens verschärft sich weiter. Laut einem Sprecher des Gesundheitsministeriums von Gaza haben im Gazastreifen Tausende von Patienten in kritischem Zustand „keinen Zugang zu Behandlungen“. Jeden Tag sterben Dutzende, weil Israel sie nicht zu Behandlungen nach Ägypten ausreisen lässt.

In Gaza-Stadt, wo neben den Luftangriffen auch israelische Bodentruppen operieren, sind die Bedingungen besonders schlecht. Das israelische Militär weist die Zivilisten zwar an, in den Süden zu gehen, hat aber nur einen „humanitären Korridor“ offengelassen. Laut Schätzungen des israelischen Militärs vom Mittwoch sitzen in Gaza-Stadt und dem Umland mindestens 100.000 Zivilisten fest.

Das Al-Quds-Krankenhaus in Gaza-Stadt hat laut dem palästinensischen Roten Halbmond wegen Treibstoffmangels alle Operationen ausgesetzt. In seinen drei Gebäuden haben etwa 14.000 Menschen Zuflucht gesucht. Alle Straßen zum Krankenhaus sind wegen der Luftangriffe gesperrt. In einer Erklärung des Roten Halbmondes hieß es: „Die meisten Gebäude um das Krankenhaus wurden fast vollständig zerstört. Die Bombentreffer kommen ihm immer näher, und wir befürchten einen direkten Treffer.“

Am Mittwoch ging das wahllose Massaker an Zivilisten uneingeschränkt weiter. Bei dem jüngsten Angriff auf das Flüchtlingslager Jabalia wurden mindestens 19 Menschen getötet, laut aktualisierten Zahlen wurden mehr als die Hälfte der Wohngebäude in der Enklave beschädigt oder zerstört. Weiter im Süden kam es zu Luftangriffen in vielen Gebieten, in welche Israel die Zivilbevölkerung schicken will. Die Stadt Chan Younis wurde im Verlauf des Tages mehrfach angegriffen.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für Palästina erklärte am Mittwoch, seit dem 7. Oktober seien bei Luftangriffen 92 Entwicklungshelfer getötet worden. Dies sei „die höchste Zahl von in einem Konflikt getöteten UN-Entwicklungshelfern in der Geschichte der Vereinten Nationen“.

Auch die Überfälle von israelischen Soldaten und rechtsextremen Siedlern im Westjordanland verschärfen sich; ein hoher Vertreter der UN bezeichnete die Bedingungen als „zunehmend düster“. Martin Griffiths, der Leiter der UN-Hilfsbehörde, erklärte: „Seit dem 7. Oktober wurden 158 Palästinenser getötet, darunter 45 Kinder; weitere 2.400 wurden verletzt, darunter mindestens 250 Kinder. Mehr als 1.000 Palästinenser wurden vertrieben, darunter 424 Kinder.“

Die Erklärung der G7-Staaten kritisierte demonstrativ die „Gewalt extremistischer Siedler“ im Westjordanland. Doch genau wie die Forderung nach „humanitären Pausen“ sind solche Platitüden bedeutungslos angesichts der bedingungslosen Unterstützung für Netanjahu, dessen politische Karriere seit den 1990ern eng mit dem Aufstieg der rechtsextremen israelischen Siedlerbewegung verknüpft ist.

Wie wertlos die Kritik der G7-Staaten war, zeigte Netanjahu am Mittwoch bei einem Treffen mit Führern der Siedlerbewegung, mit dem er seine Unterstützung für ihre Übernahme von palästinensischem Land bekräftigte. Durch diese Expansion wurde das Westjordanland im Grunde in eine Reihe von isolierten Bantustans verwandelt, die von israelischen Siedlungen und Transportrouten umgeben sind. Netanjahu erklärte, es gebe „eine kleine Handvoll Extremisten, die nicht die hier versammelte Gruppe repräsentieren … Ich habe Präsident Biden erklärt, dass die Vorwürfe gegen die Siedlerbewegung unbegründet sind. Es gibt nur eine kleine extremistische Minderheit, die nicht aus der Siedlerbewegung kommt.“

In Wirklichkeit sind die Siedler im Westjordanland seit dem 7. Oktober ständig gewaltsam gegen Palästinenser vorgegangen, insgesamt wurden 218 bzw. sieben Angriffe pro Tag gemeldet. Die Menschenrechtsbehörde der Vereinten Nationen meldete 28 Angriffe, bei denen es palästinensische Todesopfer gab, 157 mit Sachschäden und 33 mit beidem. Schon vor den Luftangriffen auf den Gazastreifen kam es dieses Jahr im Durchschnitt zu drei Angriffen von Siedlern auf Palästinenser pro Tag. Die UN schrieben: „In fast der Hälfte aller Fälle haben israelische Soldaten die Angreifer begleitet oder sogar aktiv unterstützt.“

Auch die Unterdrückung der arabischen Bevölkerung Israels, die etwa zwanzig Prozent der Einwohner ausmachen, wird verstärkt. Der israelische Oberste Gerichtshof bestätigte ein Verbot von Protesten in den palästinensischen Städten Schaknin und Umm al-Fahm, die zu einem Ende des Krieges im Gazastreifen aufriefen. Laut Amnesty International wurden seit dem 7. Oktober mehr als 2.200 israelische Palästinenser in Verwaltungshaft genommen; die Organisation wies zudem darauf hin, dass es in Hafteinrichtungen häufig zu Folter und Misshandlungen kommt.

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