IG Metall verstärkt Zusammenarbeit mit der Regierung

Der Gewerkschaftstag der IG Metall, der gestern in Frankfurt am Main zu Ende ging, hat deutlich gemacht, wie die Gewerkschaftsführung auf die wachsende Opposition gegen Sozialabbau, militärische Aufrüstung und Krieg reagiert. Während Millionen Menschen über den brutalen Völkermord der israelischen Regierung an den Palästinensern entsetzt sind, verstärkt die Gewerkschaft ihre Zusammenarbeit mit der Bundesregierung und unterstützt deren Kriegspolitik.

Die neue Vorsitzende der IG Metall Christiane Benner [Photo by IG Metall]

Zur selben Zeit als Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf dem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg eine Feuerpause im Gazastreifen ablehnte und den Völkermord an den Palästinensern rechtfertigte, empfingen die Gewerkschaftsdelegierten in Frankfurt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Jubel und Applaus.

Der brutale Bombenterror der israelischen Regierung gegen die Palästinenser hat weltweit Massenproteste ausgelöst, die mit einer wachsenden Streikbewegung zusammenkommen. In den USA streiken die Autoarbeiter, in Großbritannien hat die Gewerkschaftsführung die Streiks der Post- und Eisenbahn-Beschäftigten mühsam abgewürgt, in Frankreich gab es Massenproteste gegen die Rentenkürzung der Macron-Regierung und in Deutschland beginnt der Tarifkampf im öffentlichen Dienst der Länder für über drei Millionen Beschäftigte.

Auf diese wachsende Streikbewegung und Radikalisierung der Arbeiter reagiert die größte Gewerkschaft in Deutschland mit einem engeren Schulterschluss mit der Bundesregierung.

Am Eröffnungstag sprach Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), am Dienstag folgte Bundeskanzler Scholz (SPD), und zum Abschluss sprach Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD). Sie alle lobten die Gewerkschaft über den Klee, betonten, wie wichtig die bisherige enge Zusammenarbeit sei, und forderten, dass sie „angesichts der vor uns liegenden Herausforderungen“ (Scholz) noch enger gestaltet werden müsse.

Im Grundsatzantrag zum Gewerkschaftstag „Wo wir stehen. Wohin wir wollen“ formulierte der IGM-Vorstand seine Übereinstimmung mit der Kriegspolitik der Regierung. Er nennt das: „Verantwortungsvolle Politik für Frieden und Sicherheit.“

Nach ein paar pazifistischen Phrasen, dass Krieg „kein Mittel zur Konfliktbewältigung“ sein dürfe, bewaffnete Gewalt „als Mittel der Politik“ entschieden abzulehnen sei und die „deutsche Außen- und Sicherheitspolitik im Bewusstsein ihrer historischen Verantwortung“ sich mit allen Mitteln für Frieden einsetzen müsse, folgt die bekannte Regierungspropaganda über den Ukrainekrieg.

Die russische Führung habe „Tod, Leid und Zerstörung über die Zivilbevölkerung gebracht“. Täglich würden „schwerwiegende Verbrechen gegen universelle Menschenrechte“ verübt. Die IG Metall unterstütze „alle Forderungen an die russische Regierung, alle Kampfhandlungen unverzüglich einzustellen“. Die russischen Truppen müssten sofort aus der Ukraine abgezogen werden.

Die IG Metall gibt halbwegs zu, dass die Nato den russischen Angriff provoziert hat, wenn sie erklärt: „Das sicherheitspolitische Verhalten der westlichen Staatengemeinschaft mag Russlands Führung als Provokation wahrgenommen haben.“ Trotzdem leugnet sie das Offensichtliche. Obwohl die Nato den Krieg logistisch unterstützt und mit dreistelligen Milliardensummen finanziert, behauptet sie: „In der Ukraine wird kein Stellvertreterkrieg des Westens ausgefochten.“

Dann unterstützt sie die Kriegsziele der Nato. Die „staatliche Souveränität der Ukraine“ müsse wiederhergestellt und durch „glaubhafte und wirksame Sicherheitsgarantien“ abgesichert werden. Sie verteidigt ausdrücklich „Rüstungsexporte beziehungsweise Waffenlieferungen in Krisenregionen und an kriegführende Staaten“, wenn sie dazu dienen, dass „demokratische Staaten ihr Recht auf Selbstverteidigung gegen einen bewaffneten Angriff wahrnehmen“.

Die IG Metall unterstützt die Aufrüstung der Bundeswehr und fordert eine Debatte über eine europäische Sicherheitsarchitektur. Sie schreibt: „Eine nicht unerhebliche Rolle in diesen Debatten spielt eine sicherheits- und verteidigungspolitische Integration im Sinne europäischer Souveränität.“ Das betreffe „vor allem die Rüstungszusammenarbeit“ und die „notwendige Ausrüstung der Bundeswehr“, damit sie „ihren verfassungsgemäßen Kernauftrag der Landes- und Bündnisverteidigung erfüllen“ könne.

Die Gewerkschaft stellt sich damit nicht nur hinter den brutalen Stellvertreterkrieg in der Ukraine, der schon Hunderttausenden das Leben gekostet hat und in einen Atomkrieg zu münden droht, sondern unterstützt auch die Militarisierung der ganzen Gesellschaft. Während Gesundheit und Bildung zusammengestrichen werden, sollen im nächsten Jahr mindestens 80,5 Milliarden Euro in die Bundeswehr fließen. Hinzu kommen noch die Ausgaben für die zugesagten Waffenlieferungen in die Ukraine, die allein in den ersten 18 Monaten des Kriegs laut dem Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) 17,1 Milliarden Euro betrugen.

Diese horrenden Summen werden aus den Arbeitern herausgepresst. Die IG Metall, Verdi und alle anderen Gewerkschaften spielen eine zentrale Rolle dabei, diese brutale Politik ins Werk zu setzen. Sie haben in den vergangenen Monaten massive Reallohnkürzungen gegen die Beschäftigten durchgesetzt.

Dazu diente die sogenannte „Konzertierte Aktion“, die unmittelbar nach Kriegsbeginn vor anderthalb Jahren gebildet wurde. Kanzler Scholz hielt im Bundestag seine Kriegsrede und kündigte ein „Sondervermögen“ von 100 Milliarden Euro zur Aufrüstung der Bundeswehr an. Kurz danach versammelten sich die Spitzenfunktionäre des DGB und aller Einzelgewerkschaften gemeinsam mit den Funktionären der Arbeitgeberverbände im Kanzleramt und verabredeten eine enge Zusammenarbeit.

Die Gespräche dienten dazu, „die horrenden Kosten der militärischen Aufrüstung sowie die Folgen der Nato-Offensive und des Wirtschaftskriegs gegen Russland auf die arbeitende Bevölkerung abzuwälzen und gleichzeitig zu verhindern, dass es zu Widerstand dagegen kommt“, wie wir auf der WSWS kommentierten. Das Ergebnis waren die üblen Tarifabschlüsse, die den Arbeitern horrende Reallohnverluste brachten.

Seitdem wurde der Pakt zwischen Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und Bundesregierung ständig weiter ausgebaut. Nun stand er im Mittelpunkt der Debatten auf dem Gewerkschaftstag.

Wirtschaftsminister Habeck erhielt anhaltenden Beifall der Delegierten für seine Forderung nach einem subventionierten Strompreis für die Industrie. Der Industrie-Strompreis soll vom Staat auf sechs Cent je Kilowattstunde gedeckelt werden, während private Neukunden das Fünffache bezahlen. Dieser „Brückenstrompreis“ soll energieintensiven Branchen wie Stahl- und Chemieindustrie Billig-Strom zur Verfügung stellen, was weitere Milliarden-Subventionen für Großkonzerne und entsprechende Einsparungen im Sozialbereich zur Folge hätte.

Habeck dankte der IG Metall für ihre Unterstützung. Die Gewerkschaft hatte zwei Tage vor ihrem Kongress einen so genannten Stahl-Aktionstag mit Schwerpunkt im Saarland organisiert. Die protestierenden Stahlarbeiter dienten dabei als Kulisse für eine gemeinsame Kundgebung der IG Metall, der Stahl-Holding Saar und der Landesregierung, die in gleichlautenden Appellen an die Bundesregierung die Einführung des Brückenstrompreises und weitere Subventionen für energieintensive Konzerne forderten.

Der von der IG Metall initiierte Aktionstag diente dazu, Druck auf die Bundesregierung auszuüben, die am selben Tag ein Treffen des Koalitionsausschusses angekündigt hatte, auf dem über weitere Steuersubventionen für energieabhängige Großkonzerne beraten werden sollte.

Deutlicher könnte die Verwandlung der Gewerkschaften in Lobby-Organisationen der Konzerne und Partner von Industrie und Regierung kaum sichtbar werden.

Christiane Benner

Der Kongress der IG Metall, die sich gerne als größte Gewerkschaft der „freien Welt“ bezeichnet, wählte auch eine neue Führungsspitze. Zum ersten Mal in ihrer 132-jährigen Geschichte wurde eine Frau zur Ersten Vorsitzenden gewählt. Doch die Wahl von Christiane Benner ist weder eine Zeitenwende noch ein Neuanfang, wie die Medien schreiben. Sie wird die seit langem anhaltende Verwandlung der Gewerkschaft in ein Werkzeug der Konzerne und der Regierung fortsetzen.

Die studierte Soziologin reiste als junge Frau extra in die USA und lebte dort einige Jahre, um „Gender Studies“ zu studieren, was damals an deutschen Universitäten noch nicht angeboten wurde. „Mich interessierten schon damals die geschlechterspezifischen Gründe der Ungleichheit“, sagte sie im Frühjahr dem Spiegel. Diese Orientierung auf die Geschlechterfrage und die damit verbundene Ablehnung des Klassenkampfs wird die Rechtsentwicklung der Gewerkschaft weiter beschleunigen.

Benner ist SPD-Mitglied und arbeitet eng mit der DGB-Vorsitzenden Yasmin Fahimi zusammen, die früher Generalsekretärin der SPD war. Aber sie steht auch den Grünen und Annalena Baerbock nahe, die ihre aggressive Unterstützung von Krieg und militärischer Aufrüstung als „feministische Außenpolitik“ bezeichnet.

Auf dem Gewerkschaftstag sprach Benner zwar nicht von einer „feministischen Gewerkschaftspolitik“, aber sie betonte, dass sie ihre Hauptaufgabe darin sehe, die betriebliche und gesellschaftliche Mitbestimmung der Gewerkschaft auszubauen.

Was das bedeutet, ist klar. Die IG Metall soll noch stärker ins Management der Konzerne integriert werden und noch intensiver mit der Regierung zusammenarbeiten, um den Klassenkampf zu unterdrücken und in den Betrieben für Ruhe und Ordnung sorgen.

Vor einigen Jahren wurden Zahlen über die enge Verflechtung der Gewerkschaft mit dem Management bekannt. Danach sitzen etwa 1700 IG-Metall-Vertreter in den Aufsichtsräten von Unternehmen, wo sie fürstlich entlohnt werden. Heute sind es vermutlich noch mehr. Über diese Aufsichtsräte fließen jährlich hunderte Millionen Euro in die gewerkschaftseigene Hans-Böckler-Stiftung.

Das wichtigste Kapital der IG Metall sind aber die etwa 50.000 Betriebsräte und 80.000 Vertrauensleute in den Betrieben. Dieser mächtige Apparat funktioniert wie eine Betriebspolizei. Er wird eingesetzt, um die Arbeiter zu kontrollieren und zu unterdrücken. Lohnkürzungen und Stellenabbau werden oft direkt in der Gewerkschaftszentrale ausgearbeitet und dann gegen die Arbeiter durchgesetzt.

Das gilt ganz besonders auch in Rüstungskonzernen wie Airbus, Rheinmetall, KMW (Kraus-Maffei Wegmann) und Diehl, in denen gegenwärtig mit Hilfe der IG Metall die Rüstungsproduktion auf Hochtouren gesteigert wird.

Die Bilanz des Gewerkschaftstag der IG Metall macht deutlich, wie wichtig und dringend der Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees ist, um die Zwangsjacke des Gewerkschaftsapparats zu durchbrechen und den Kampf gegen Werksschließungen, Lohnsenkung und Sozialabbau mit dem Kampf gegen Krieg und militaristische Aufrüstung zu verbinden.

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