Eine Woche nach dem bewaffneten Aufstand der Palästinenser gegen die israelische Abriegelung des Gazastreifens kommt es weltweit zu Protesten gegen den Krieg Israels gegen Gaza.
Das faschistische Regime von Benjamin Netanjahu hat 1,1 Millionen Palästinenser aufgefordert, Gaza-Stadt zu verlassen und auf Straßen, die von der israelischen Armee bombardiert werden, Richtung Süden zu fliehen. Israel hat den Gazastreifen von Wasser, Treibstoff und Strom abgeschnitten, und führende Politiker bezeichnen die Palästinenser als „menschliche Tiere“. Das Regime plant einen Völkermord.
Die Verbrechen, die das israelische Regime und seine Nato-Verbündeten begehen, sind offenkundig und lösen weltweit Proteste aus. Die Teilnehmer lassen sich weder von der Medienhetze gegen die Palästinenser noch von der Polizei und den Demonstrationsverboten einschüchtern.
Am Freitag fand die größte Demonstration in New York City statt. Tausende versammelten sich gegen den Angriff auf Palästina und trotzten dem Trommelfeuer der Pro-Israel-Propaganda von Politik und Medien. Im Zentrum des Weltimperialismus mit der größten jüdischen Community aller amerikanischen Städte brachten Massen von Menschen – darunter über 1.000, die sich zum jüdischen Glauben bekennen – ihre Abscheu über die Verbrechen in Gaza zum Ausdruck.
Weitere Proteste mit Hunderten Teilnehmern fanden am Freitag in Pittsburgh, Portland und Washington D.C. statt. Am Wochenende sind in den gesamten USA größere Demonstrationen geplant. Obwohl Medien und Politiker alle Proteste gegen die Politik Israels als „antisemitisch“ verteufeln, wächst unter Arbeitern und Jugendlichen aller Bevölkerungsgruppen der Widerstand. Eine Umfrage aus dem Jahr 2021 ergab, dass ein Viertel der amerikanischen Juden Israel für einen „Apartheidstaat“ hält, der den Palästinensern gegenüber feindlich gesinnt ist – eine Zahl, die weiter steigen wird.
In London gingen am Freitag wieder Tausende auf die Straße und widersetzten sich der Propaganda und den Drohungen der britischen Medien und des Establishments.
Auch im Nahen Osten kam es zu einer Reihe größerer Demonstrationen, an denen Hunderttausende teilnahmen. In Jordanien wurde bei Massenprotesten in Amman die Öffnung der Grenze zum israelisch besetzten Westjordanland gefordert. Eine protestierende Menschenmenge marschierte auf die Grenze zu Israel zu, wurde jedoch von der jordanischen Polizei zurückgehalten.
Große Protestkundgebungen gab es auch in Sanaa und Teheran. In Kairo versammelten sich Zehntausende vor der Al-Azhar-Moschee und skandierten „Free Palestine“. In Tunis setzten sich Tausende über ein staatliches Verbot hinweg und demonstrierten zur Unterstützung des Gazastreifens. Im Irak, wo Jahrzehnte von Sanktionen, Krieg und Besatzung unter Führung der USA seit dem Golfkrieg 1991 über eine Million Menschenleben gefordert haben, demonstrierten Hunderttausende in Bagdad.
Die Demonstranten im Nahen Osten stehen im Gegensatz nicht nur zum israelischen Regime, sondern auch zu ihren eigenen Regierungen, die die Palästinenser seit Jahrzehnten verraten. Der Verrat der ägyptischen Militärdiktatur zeigt anschaulich, welche Rolle die arabische Bourgeoisie insgesamt spielt. Die Regierung Ägyptens, die 1978 einen Vertrag mit Israel unterzeichnet hat, schließt die Grenzen des Landes für Palästinenser, die aus dem Gazastreifen fliehen wollen.
In Israel selbst herrscht trotz des ultrareaktionären politischen Klimas, das die mittlerweile von der offiziellen Opposition ergänzte Regierung Netanjahu verbreitet, eine explosive Unzufriedenheit. Millionen Menschen haben im Sommer gegen Netanjahus Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz protestiert. Die „Justizreform“ ist, wie ein von 3.000 überwiegend jüdischen Intellektuellen unterzeichnetes Protestschreiben mit dem Titel „Der Elefant im Raum“ bestätigte, eng mit den Bedingungen verknüpft, die zum Aufstand der Hamas geführt haben. Das Schreiben verweist auf
die direkte Verbindung zwischen Israels jüngstem Angriff auf die Justiz und seiner illegalen Besetzung der palästinensischen Gebiete. Der palästinensischen Bevölkerung fehlen fast alle Grundrechte, einschließlich des Rechts zu wählen und zu protestieren. Sie ist ständiger Gewalt ausgesetzt: Allein in diesem Jahr haben die israelischen Streitkräfte über 190 Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen getötet und über 590 Gebäude zerstört. Bürgerwehren der Siedler brandschatzen, plündern und töten ungestraft.
Es kann keine Demokratie für Juden in Israel geben, solange die Palästinenser unter einem Regime leben, das auch israelische Rechtsexperten als Apartheid bezeichnen. Der eigentliche Zweck der Justizreform besteht darin, die Beschränkungen für den Gazastreifen zu verschärfen, den Palästinensern sowohl dies- als auch jenseits der Grünen Linie gleiche Rechte vorzuenthalten, noch mehr Land zu annektieren und alle Gebiete unter israelischer Herrschaft ethnisch zu säubern.
Alle großen imperialistischen Mächte zeigen ihre ungeschminkte Fratze, indem sie Netanjahu und seinen Krieg gegen die Palästinenser unterstützen. Am Sonntag sagten die Staatsoberhäupter Frankreichs, Italiens, Deutschlands, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten dem Staat Israel ihre „unerschütterliche und geschlossene Unterstützung“ und die „unmissverständliche Verurteilung der Hamas“ zu. Auf einer Pressekonferenz in Katar am Freitag hat US-Außenminister Antony Blinken die israelischen Verbrechen erneut gebilligt.
Auf die Frage eines Reporters, ob Israel „wütend Vergeltung übt“ und ob die USA dies unterstützen, antwortete Blinken mit unbegrenzter Heuchelei und Doppelzüngigkeit: „Das Vorgehen Israels ist keine Vergeltung. Israel verteidigt das Leben seiner Bevölkerung… Jedes Land, das erleiden würde, was Israel erlitten hat, würde wahrscheinlich dasselbe tun.“
Welche Botschaft senden die Nato-Mächte aus? Ihr Ziel ist es, weltweit eine neue Ära der imperialistischen Kolonialherrschaft herbeizuführen. Sie dulden keinen Widerstand gegen die völkerrechtswidrige, seit 16 Jahren andauernde Blockade des Gazastreifens durch den israelischen Staat, gegen die Verweigerung von Lebensmitteln und Medikamenten für die verarmte Enklave und gegen die gezielte Ermordung ihrer Bewohner. Wenn diese gemeinsame Front der imperialistischen Gangster ihre Politik gegenüber dem palästinensischen Volk in einem Satz zusammenfassen würde, dann würde er lauten: „Ihr wart immer Sklaven, und ihr werdet immer Sklaven bleiben.“
In einem Video, über das in den westlichen Medien kaum berichtet wurde, fasste der Hamas-Funktionär Basim Naim am Freitag die Hintergründe der israelischen Unterdrückung zusammen, die zu dem Aufstand vom 7. Oktober führte:
Wir haben es mit einer 75-jährigen Besatzung zu tun, in der alle politischen und rechtlichen Mittel zur Beilegung des Konflikts missachtet und ignoriert wurden und in der die Politik des israelischen Feindes stets darin bestand, die Existenz des palästinensischen Volkes und seiner nationalen Rechte zu leugnen. Wir haben in den letzten Monaten und Jahren wiederholt davor gewarnt, dass die Lage vor Ort unhaltbar und die Explosion nur eine Frage der Zeit ist.
Wir haben wiederholt vor den fortgesetzten israelischen Übergriffen in der Al-Aqsa-Moschee und dem Bestreben gewarnt, den Status quo zu ändern, um die heilige Moschee räumlich und zeitlich zu teilen. Wir haben auch vor dem Staatsterrorismus gewarnt, der von den faschistischen Siedlern im besetzten Westjordanland ausgeübt wird. Wir haben vor der gewaltsamen Vertreibung unseres Volkes aus Jerusalem gewarnt. Wir haben auch vor den systematischen Verbrechen gegen palästinensische Gefangene, einschließlich Frauen und Kinder, in israelischen Gefängnissen gewarnt.
Nicht zuletzt haben wir vor den Folgen der seit mehr als 17 Jahren andauernden israelischen Belagerung des Gazastreifens gewarnt, ein Kriegsverbrechen, das den Gazastreifen in das größte Freiluftgefängnis der Welt verwandelt hat, in dem eine ganze Generation jede Hoffnung verloren hat. Doch leider hat niemand auf diese Warnungen gehört, und die internationale Gemeinschaft, insbesondere die westlichen Länder, geben Israel weiterhin auf allen Ebenen Rückendeckung, damit es seine Verbrechen fortsetzen kann.
Mit dem Krieg gegen den Gazastreifen versuchen die israelische Regierung und die westlichen imperialistischen Mächte, diesen historischen Hintergrund auszulöschen und die eigene Bevölkerung mit einer allgegenwärtigen Propaganda über Gräueltaten zu betäuben.
Der Tod israelischer Zivilisten war zweifellos tragisch, doch Hintergrund dieser Gewalt ist ein brutal unterdrücktes Volk, das sich gegen einen schwer bewaffneten Unterdrücker auflehnt. Selbst wenn man alle Berichte über palästinensische Gewalt als wahr betrachten würde, stellt sich die Frage: Was muss passiert sein, bevor es zu derartigen Gewaltausbrüchen kommt?
Die Gewalt einer Bevölkerung, die sich gegen Unterdrückung auflehnt, ist im Urteil der Geschichte etwas anderes als der kalkulierte Massenmord durch kapitalistische Staatsapparate, die bis an die Zähne bewaffnet und mit enormen finanziellen Mitteln ausgestattet sind. Die Imperialisten haben immer behauptet, dass Widerstand der Unterdrückten gegen Kolonialismus eine grausame Vergeltung rechtfertigt. Dabei haben sie die Unterdrückten stets als Wilde und Mörder dargestellt.
1899 lehnte sich die Bewegung der Boxer gegen die Aufteilung Chinas in imperialistische Einflusssphären auf. Mit der Begründung, dass die Boxer christliche Missionare töteten und fremdes Eigentum raubten, entsandten acht imperialistische Mächte Armeen, um Peking zu plündern und die Boxer zu massakrieren. Die zunehmenden Konflikte zwischen diesen Mächten über die Aufteilung der Beute in China mündeten in den 1930er und 1940er Jahren in die Besetzung Chinas durch Japan, die fast 20 Millionen Menschenleben kostete und die Revolution von 1949 auslöste, die die Kolonialherrschaft über China beendete.
1904 erhob sich das Volk der Herero in Namibia gegen die deutsche Kolonialherrschaft und tötete mehr als 100 deutsche Siedler. Die deutsche Armee reagierte mit dem ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts, indem sie die Herero in die Wüste trieb, wo sie verdursteten, oder in Konzentrationslager sperrte, die Vorläufer der faschistischen Vernichtungslager waren. Im Jahr 2015 erkannte die deutsche Regierung den Völkermord offiziell an, und Deutschland gab eine offizielle Entschuldigung ab.
Heute gehen das Netanjahu-Regime und seine imperialistischen Verbündeten mit ähnlichen Methoden gegen Gaza vor. Die großen antikolonialen Kämpfe des 20. Jahrhunderts, die nach den russischen Revolutionen von 1905 und vom Oktober 1917 ausbrachen, waren jedoch nicht vergebens. Bei Massen von Arbeitern und Jugendlichen auf der ganzen Welt stoßen Netanjahus barbarische Methoden auf Abscheu. Dieser Widerstand wird in dem Maße wachsen, wie das monumentale Ausmaß der Verbrechen, die gegen Gaza geplant und begangen werden, für immer breitere Schichten von Arbeitern und Jugendlichen in der ganzen Welt sichtbar wird.
Auch die zweite Rechtfertigung der Nato-Mächte für die Unterstützung von Netanjahus Verbrechen – dass es um die Verteidigung der Juden und die Bekämpfung von Antisemitismus gehe – ist unhaltbar. In Wirklichkeit verbünden sie sich, indem sie Netanjahus völkermörderischen Feldzug gegen die Palästinenser unterstützen, mit den politischen Nachfahren derselben Kräfte, die den Holocaust verübt haben.
Im Krieg gegen Russland in der Ukraine arbeiten die Nato-Mächte seit fast zwei Jahren mit Neofaschisten wie dem Asow-Bataillon zusammen, die das Andenken an den Nazi-Kollaborateur und Antisemiten Stepan Bandera hochhalten. Die Versuche der Nato, diese Tatsache zu leugnen oder sie als russische Propaganda abzutun, sind völlig unglaubwürdig. Letzten Monat hat das gesamte kanadische Parlament dem 98-jährigen ukrainischen Nazi-Kriegsverbrecher und ehemaligen Mitglied der Waffen-SS Jaroslaw Hunka stehende Ovationen dargebracht.
Während die kapitalistischen Führungseliten in die Barbarei abgleiten, bildet sich in der internationalen Arbeiterklasse eine Massenbewegung heraus. Die Proteste gegen Imperialismus und Zionismus finden inmitten zunehmender weltweiter Kämpfe der Arbeiterklasse statt. In diesem Jahr wurden alle großen imperialistischen Mächte durch Streiks gegen Ausbeutung, Sparmaßnahmen, Inflation und Polizeigewalt erschüttert, die in den kommenden Wochen und Monaten noch zunehmen werden.
Die Befreiung Palästinas ist nur möglich, wenn sich in der internationalen Arbeiterklasse, auch in Israel selbst, eine starke sozialistische Bewegung herausbildet. Dies wird die Voraussetzungen für den Sturz des zionistischen Chauvinismus und die Einheit der palästinensischen und israelischen Arbeiter schaffen. Der Kampf gegen den Krieg in Gaza muss einen klaren antiimperialistischen und antikapitalistischen Charakter erhalten und die Arbeiterklasse in ganz Palästina, im Nahen Osten und international zum Kampf für den Sozialismus mobilisieren.