Bidens Deal mit den Republikanern: Gelder für Ukraine-Krieg gegen verschärften Grenzschutz

Nach der Absetzung des Sprechers des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, werden die Umrisse eines reaktionären Deals zwischen US-Präsident Joe Biden und den Republikanern im Kongress allmählich deutlich.

Der Kern der sich anbahnenden Vereinbarung besteht darin, dass die Republikaner im Repräsentantenhaus zusätzliche Militärhilfe für die Ukraine in Milliardenhöhe bewilligen, wenn der demokratische Präsident im Gegenzug verschärften Unterdrückungsmaßnahmen gegen Immigranten zustimmt, die versuchen, die amerikanisch-mexikanische Grenze zu überqueren, um in den USA Asyl und Arbeit zu finden.

Die Biden-Regierung hat zwei dieser Maßnahmen umgesetzt, seit McCarthy am Dienstag als erster Sprecher des Repräsentantenhauses in der Geschichte der USA durch eine derartige Aktion abgesetzt worden war.

Am Mittwoch kündigte das Heimatschutzministerium an, es werde die Anwendung von 26 Bundesumweltgesetzen aussetzen, um den Ausbau der Grenzmauer zwischen den USA und Mexiko um 32 Kilometer voranzutreiben, hauptsächlich im Starr County (Texas) am Rio Grande. Das ist ein direkter Bruch des Wahlversprechens von Biden aus dem Jahr 2020, die unter Trump begonnene Mauer nicht um einen Zentimeter weiterzubauen.

Migranten an der Grenzmauer nahe Yuma (Arizona) (AP Photo/Gregory Bull) [AP Photo/Gregory Bull]

Am Donnerstag erklärte das Heimatschutzministerium, es werde mit der Abschiebung von Asylsuchenden aus Venezuela beginnen, die kürzlich illegal in die USA eingereist sind. Damit wird die anhaltende Flut von Einwanderern aus Venezuela unterbunden, die durch die massive Wirtschaftskrise in diesem Land ausgelöst wurde. Diese wiederum geht auf die US-Wirtschaftssanktionen und die faktische Blockade zurück, mit der die Regierung von Präsident Nicolas Maduro destabilisiert und gestürzt werden soll, weil sie sich der US-Außenpolitik in der Region widersetzt.

Letzten Monat hatte die Biden-Regierung noch großspurig angekündigt, sie würde den Hunderttausenden von venezolanischen Immigranten in den USA eine befristete Arbeitserlaubnis erteilen.

Zusammen laufen die beiden Maßnahmen auf die Erklärung hinaus, dass die Biden-Regierung die bösartige migrantenfeindliche Politik übernimmt, die Trump und die Republikaner in den letzten acht Jahren vertreten haben, seit Trump die Rolltreppe seines Hochhauses in Manhattan herunterkam, um Migranten aus Mexiko als Mörder und Vergewaltiger zu verunglimpfen.

Bidens Vorgehen zielt so eindeutig darauf ab, um die Unterstützung der Republikaner für die Finanzierung der Ukraine zu werben – das Hauptthema bei der Absetzung von McCarthy als Parteiführer im Repräsentantenhaus –, dass selbst das Pressekorps in Washington auf das Thema eingehen musste. Bei einem Fototermin mit dem neuen Generalstabschef Charles Q. Brown wurde Biden lautstark gefragt: „Mr. President, werden Sie die Ukraine-Hilfe mit der Frage der Grenze verknüpfen?“

Biden wich der Frage aus. Er antwortete aber auf eine Folgefrage: „Sie haben versprochen, keinen weiteren Zentimeter der Grenzmauer zu bauen. Was hat sich geändert?“ Daraufhin behauptete er, es habe sich nichts geändert. Allerdings waren in den großen Zeitungen bereits Schlagzeilen über die Kehrtwende erschienen, und Trump höhnte in einer Erklärung, seine Grenzpolitik sei bestätigt worden.

Diese Abfolge der Ereignisse bestätigt die Analyse der WSWS, die am Donnerstag in ihrer Perspektive „Der Sturz McCarthys, die Demokratische Partei und die Eskalation des US/Nato-Kriegs gegen Russland“ veröffentlicht wurde. Darin warnten wir: „Die Demokraten versprechen..., die innenpolitische Agenda der Republikaner zu unterstützen, wenn diese im Gegenzug die weitere Finanzierung der Waffenlieferungen für die Ukraine garantieren.“

Der Anlass für McCarthys Amtsenthebung war seine Entscheidung vom Samstagabend, den 30. September, eine Folgeresolution zu unterstützen, die es den Bundesbehörden ermöglicht, im neuen Haushaltsjahr für weitere 45 Tage Geld zur Verfügung zu haben und so einen Shutdown der Bundesbehörden zu verhindern. Das Gesetz beinhaltete weder zusätzliche Mittel für den Ukraine-Krieg noch für die von der faschistischen Rechten vorgeschlagenen drakonischen Maßnahmen an der Grenze.

Nur zwei Tage später reichte der faschistische republikanische Abgeordnete Matt Gaetz einen Antrag ein, mit dem das Amt des Sprechers für vakant erklärt wird, um eine Abstimmung über den Verbleib McCarthys im Amt zu erzwingen. Am nächsten Tag beschloss die demokratische Fraktion des Repräsentantenhauses gegen McCarthy zu stimmen, ohne eine einzige Gegenstimme. Die Abstimmung am Dienstag fiel mit 216 zu 210 Stimmen gegen McCarthy aus, d. h. 208 Demokraten schlossen sich sieben weiteren Republikanern an, und 210 Republikaner stimmten für McCarthy.

Da das Amt des Repräsentantenhaus-Sprechers jetzt unbesetzt ist, kann das Repräsentantenhaus bis zur Wahl eines neuen Sprechers nicht mehr tätig werden. Der Übergangssprecher Patrick McHenry aus North Carolina, der im Vorfeld von McCarthy ernannt wurde, hat die Abgeordneten für eine Woche in Urlaub geschickt, während die Republikaner über einen neuen Sprecher diskutieren.

Bisher wurden zwei Kandidaten bekanntgegeben: der ultrarechte Abgeordnete Jim Jordan (Ohio), der sich gegen die Ukraine-Hilfe ausgesprochen hat, und der Mehrheitsführer Steve Scalise, der zweithöchste Republikaner, der die militärische und finanzielle Unterstützung der USA für Kiew generell befürwortet hat.

Mehrere Mitglieder der republikanischen Fraktion, darunter die Faschistin Marjorie Taylor Greene, haben erklärt, sie würden die Wahl von Ex-Präsident Trump zum Sprecher unterstützen. Die Verfassung schreibt nicht vor, dass der Vorsitzende des Repräsentantenhauses tatsächlich ein gewählter Abgeordneter sein muss. Aufgrund der vier Anklagen gegen ihn ist Trump allerdings gemäß den Regeln, die die republikanische Fraktion verabschiedet hat, nicht wählbar – es sei denn, sie würden sie wieder aufheben.

Vertreter des Pentagon erklärten, weder die Vertagung des Repräsentantenhauses noch die Folgeresolution würden ein sofortiges Ende der US-Militärhilfe bedeuten. Sie wiesen darauf hin, dass gemäß zwei unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben insgesamt sieben Milliarden Dollar zur Verfügung stünden, um entweder Geld zur Verfügung zu stellen oder um Militärgerät an die Ukraine zu liefern. Die Folgeresolution ist jedoch nur für 45 Tage gültig. Jegliche Finanzierung der Ukraine nach dem 14. November erfordert die Verabschiedung des gesamten Verteidigungshaushalts, was noch immer höchst unsicher ist.

Presseberichten zufolge gab es im Weißen Haus intensive Diskussionen darüber, wie groß das Hilfspaket für die Ukraine im Pentagon-Haushalt sein sollte. Normalerweise legt der Haushalt nur die Ausgaben für das Haushaltsjahr 2024 fest, das am 30. September nächsten Jahres endet. Allerdings wurde vorgeschlagen, die Hilfe für die Ukraine für das gesamte Jahr 2024 zu bewilligen, um das Thema im nächsten Präsidentschaftswahlkampf vom Tisch zu haben.

Biden erklärte am Mittwoch, er werde eine wichtige Rede zur Ukraine halten. Zur Blockade im Repräsentantenhaus erklärte er: „Es beunruhigt mich ... Eine Mehrheit der Mitglieder beider Parteien haben erklärt, sie seien für die Ukraine-Hilfen.“

Am Donnerstag wurden Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris von nationalen Sicherheitsberatern über die Ukraine informiert, allerdings wurde nicht bekanntgegeben, was dabei diskutiert wurde.

Verteidigungsminister Lloyd Austin und General Brown sollen nächste Woche nach Europa reisen, um am 11. und 12. Oktober in Brüssel an einem Treffen der Kontaktgruppe zur Verteidigung der Ukraine und der Nato-Verteidigungsminister teilzunehmen. Bei solchen Treffen werden normalerweise neue Waffenlieferungen an die Ukraine oder Nato-Maßnahmen angekündigt, die den Krieg gegen Russland eskalieren werden.

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