Angesichts des Scheiterns der „Frühjahrsoffensive“:

Ukrainischer Präsident Selenskyj zu Krisengesprächen in Washington

Angesichts der wachsenden militärischen Krise, die durch das Scheitern der ukrainischen Gegenoffensive ausgelöst wurde, verbrachte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag mehrere Stunden bei Treffen hinter verschlossenen Türen im Pentagon sowie mit US-Präsident Joe Biden, hochrangigen Kabinettsmitgliedern, dem US-Senat und führenden Abgeordneten des Repräsentantenhauses.

US-Präsident Joe Biden und sein ukrainischer Amtskollege Wolodymyr Selenskyj im Oval Office des Weißen Hauses am 21. September 2023 (AP Photo/Evan Vucci) [AP Photo/Evan Vucci]

Im Vorfeld des Treffens hatten Biden und Selenskyj vor dem UN-Sicherheitsrat aggressive Kriegsreden gehalten. Biden schloss jede Verhandlungslösung des Konflikts aus, und Selenskyj bezeichnete die Russen in einer rassistischen Hetzrede als „böse“ und „Terroristen.“

Trotz der monatelangen Medienpropaganda war die ukrainische Offensive ein blutiges Debakel. Selbst die US-Geheimdienste geben mittlerweile zu, dass sie ihre Ziele nicht erreichen wird. Im Verlauf des vergangenen Monats hat die Biden-Regierung die Ablösung fast aller führenden Beamten des ukrainischen Verteidigungsministeriums unterstützt, weil sie sich darauf vorbereitet, eine immer direktere Rolle in dem Konflikt zu übernehmen.

Selenskyjs Tag begann mit einem Treffen mit US-Militärs, darunter Verteidigungsminister Lloyd Austin. Laut Pentagon ging es bei dem Treffen darum, „die längerfristigen Leistungsanforderungen der Ukraine zu diskutieren, und die Frage, wie man sie in Zukunft bei der Abschreckung Russlands unterstützen kann.“

Nach mehreren Treffen über insgesamt zwei Stunden im Weißen Haus kündigte Biden eine weitere umfangreiche Waffenlieferung an die Ukraine an und erklärte, dass Abrams-Kampfpanzer bald auf dem Schlachtfeld eintreffen würden.

Er sagte: „Heute habe ich die nächste Tranche der US-Sicherheitshilfe an die Ukraine bewilligt, darunter zusätzliche Artillerie, Munition und Panzerabwehrwaffen. Und nächste Woche werden die ersten amerikanischen Abrams-Panzer an die Ukraine geliefert.“

Die jüngste Waffenlieferung umfasst zusätzliche Streumunition, die nicht explodierte Sprengkörper über ein großes Gebiet verteilt, Dutzende von Kampffahrzeugen und mehr als drei Millionen Schuss Munition.

Biden fuhr fort: „Wir haben uns auch darauf konzentriert, die Luftabwehrkapazitäten der Ukraine zu stärken, um die kritische Infrastruktur zu schützen, die in den kältesten und dunkelsten Tagen des Jahres Wärme und Licht liefert. Dazu gehören die Bereitstellung einer zweiten HAWK-Luftabwehrbatterie und die monatliche Lieferung weiterer HAWKs und anderer Systeme in den Wintermonaten. Und ein neues Paket mit Raketenwerfern und Abfangjägern.“

Nach dem Treffen erklärte Biden: „Herr Präsident, wir stehen Ihnen bei und werden es weiterhin tun.“

Hintergrund der Ankündigung ist die Tatsache, dass sich das Debakel des ukrainischen Militärs nicht mehr länger verheimlichen lässt. US-Medien veröffentlichten russische Videos, auf denen die Zerstörung vorrückender ukrainischer Panzerfahrzeuge aus der Ferne zu sehen ist, und stellten dies erneut als Beweis dafür dar, dass ukrainischen Truppen ein „Durchbruch“ gelungen sei.

Der erfahrene Journalist Seymour Hersh zeichnete am selben Tag ein viel realistischeres Bild und zitierte einen US-Außenpolitiker mit den Worten: „Die Wahrheit ist, dass die ukrainische Armee meutern würde, wenn sie den Befehl erhalten würde, die Offensive fortzusetzen. Die Soldaten sind nicht mehr bereit zu sterben, aber das passt nicht zu dem Schwachsinn, den die Biden-Regierung von sich gibt.“

Bei der derzeitigen Offensive sind zehntausende ukrainische Soldaten ums Leben gekommen, so dass die Gesamtzahl der ukrainischen Todesopfer in diesem Krieg bisher wahrscheinlich in die Hunderttausende geht. Im Juli berichtete die New York Times, einige ukrainische Militäreinheiten seien mehrfach vollständig aufgerieben und wiederaufgebaut worden, und bestünden jetzt aus älteren Rekruten, die „zum Kampfeinsatz gezwungen wurden.“

Bei seinem Treffen mit Selenskyj rief Biden den Kongress auf, weitere 24 Milliarden Dollar zur Finanzierung des Kriegs zu bewilligen: „Ich verlasse mich auf das gute Urteilsvermögen des Kongresses der Vereinigten Staaten. Es gibt keine Alternative.“

Selenskyj, der in militärisches Grün gekleidet war, unterrichtete in einem geheimen Treffen den US-Senat. Danach erklärte Mehrheitsführer Chuck Schumer, Selenskyj habe den Senatoren gesagt: „Wenn wir die Hilfe nicht bekommen, werden wir den Krieg verlieren.“

Danach traf sich Selenskyj im Rahmen einer kleineren Veranstaltung mit dem republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, und einer Gruppe weiterer Abgeordneter. Michael McCaul, der republikanische Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des Repräsentantenhauses, erklärte, die USA würden der Ukraine „alles geben, was sie braucht.“ Er deutete außerdem an, die USA würden der Ukraine letzten Endes die ATACMS-Langstreckenraketen zur Verfügung stellen.

Er fuhr fort: „Es gibt im Moment viele politische Intrigen, aber ich versichere Ihnen, wir werden es verabschieden.“ Damit meinte er den Antrag des Weißen Hauses, der Ukraine weitere 24 Milliarden Dollar zukommen zu lassen.

Dass McCarthy Selenskyj das Privileg verweigerte, bei einer gemeinsamen Sitzung des Kongresses zu sprechen, und das Thema Militärhilfe für die Ukraine aus dem letzten Entwurf des Übergangsetats entfernte, der bis zum 30. September verabschiedet werden muss, um einen teilweisen Shutdown der Bundesregierung zu verhindern, verdeutlicht den schwindenden Rückhalt für die Ukraine in seiner Fraktion. Ein wachsender Teil der Republikaner im Repräsentantenhaus, der mit Trump verbündet ist, will China und nicht Russland zum unmittelbaren Ziel des US-Imperialismus machen.

Bidens Rede vor den Vereinten Nationen am Dienstag, in der er erklärte, „Russland allein trägt die Verantwortung“, hatte zum Ziel, jede Verhandlungslösung des Konflikts auszuschließen.

Die Biden-Regierung befürchtet, dass das Ergebnis der Wahlen im Jahr 2024 die Fortsetzung der US-Beteiligung an dem Konflikt gefährden könnte. Durch ihre Eskalation des Kriegs zu einem direkten Zusammenstoß mit Russland versucht sie, „Fakten vor Ort zu schaffen“, die eine Beendigung des Konflikts unmöglich machen würden.

Angesichts des Scheiterns der ukrainischen Offensive ist die Biden-Regierung zu dem Schluss gekommen, dass sich die umfangreichen Ziele der USA in der Ukraine nur durch eine massive Eskalation ihrer Beteiligung an dem Konflikt erreichen lassen. Dazu gehört auch der potenzielle direkte Einsatz von US- und Nato-Truppen in einer militärischen Konfrontation mit Russland.

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