Die Dunera-Boys 1941 in Australien

Bilder und Musik von Inhaftierten, die - den Nazis entflohen - von britischen und australischen Behörden drangsaliert wurden

"Feindliche Ausländer. Die Dunera Boys in Orange, 1941", Ausstellung [Photo: Orange Regional Museum: Painting by Fred Lowen, reproduced courtesy Monica Lowen.]

Am 25. März 2023 fand in der australischen Stadt Orange, etwa 250 Kilometer westlich von Sydney, eine Aufführung der Dunera-Messe von Max-Peter Meyer im dortigen Regionalmuseum statt. Am selben Ort war gleichzeitig die Ausstellung „Enemy Aliens. The Dunera boys in Orange, 1941“ mit Gemälden, Zeichnungen, Holzschnitten und anderen visuellen Werken zu sehen.

Orange war eins von drei australischen Gefangenenlagern, in denen rund 2.500 Männer inhaftiert waren. Die britische Regierung hatte sie im Jahr 1940, nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, nach Australien deportiert. Sie kamen an Bord der HMT Dunera nach Australien, einem Passagierschiff, das die britische Marine requiriert hatte. An Bord befanden sich viele jüdische Flüchtlinge, die vor Hitlers Naziregime geflüchtet waren. Andere hatten schon länger in Großbritannien gelebt, verfügten aber nur über einen deutschen oder österreichischen Pass.

So wurden Menschen, die der Verfolgung durch die Nazis entkommen und von der britischen Regierung als politische Flüchtlinge anerkannt waren, plötzlich als „enemy aliens“ (feindliche Ausländer) eingestuft und in australische Gefangenenlager auf der anderen Seite des Planeten verfrachtet.

Ankunft der HMT Dunera in Australien, Anfang September 1940 [Photo: Australian War Memorial, ID Number: 303219]

Max-Peter Meyer (1892–1950) war bereits ein anerkannter Musiker und Komponist, als die britische Regierung ihn mit anderen zusammen deportierte. Er ist einer der vielen talentierten Menschen, die während des Krieges in Australien inhaftiert waren. Sie gehörten zu den Hunderttausenden deutschen, italienischen und japanischen Zivilisten – Männer, Frauen und Kinder –, die während des Zweiten Weltkriegs in Großbritannien, den USA, Kanada und Australien interniert wurden.

Die meisten „Dunera-Boys“, wie sie genannt wurden, wurden in einem mit Stacheldraht umzäunten Gefangenenlager in Hay, im Südwesten von New South Wales, inhaftiert, 750 Kilometer von Sydney entfernt. 400 von ihnen wurden für kurze Zeit in Orange festgehalten, während andere in Tatura, 167 Kilometer nördlich von Melbourne, inhaftiert wurden. Zu den Tatura-Insassen gesellten sich später über 260 Personen – Deutsche, Österreicher und andere so genannte feindliche Ausländer –, die in der damals noch britischen Kolonie Singapur zusammengetrieben und mit der Queen Mary nach Australien transportiert wurden.

Vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hatten über 70.000 Flüchtlinge, vor allem Juden aus Nazi-Deutschland und Österreich, in Großbritannien Zuflucht gefunden. Als am 3. September 1939 der Krieg ausbrach, erklärte Großbritannien alle deutschen, österreichischen und italienischen Einwohner zu „feindlichen Ausländern“ und potentiellen Spionen und/oder Saboteuren.

Das Innenministerium richtete rasch Internierungstribunale ein, die gegen jeden im Vereinigten Königreich registrierten „feindlichen Ausländer“ über 16 Jahren ermittelten. Diese von Regierungsbeamten und lokalen Bürokraten geleiteten Einrichtungen – insgesamt 120 – waren in allen größeren Städten tätig. Die meisten von ihnen befanden sich in London, wo die meisten Flüchtlinge und langjährigen deutschen und italienischen Einwohner lebten. Alle ermittelten Personen wurden auf ihr „Bedrohungsrisiko“ hin eingestuft.

Die britische Regierung gab diese Kategorien bald auf und begann im Mai 1940, die „feindlichen Ausländer“ in höllischen Gefängnissen im ganzen Land einzusperren.

Das berüchtigtste war Warth Mill, eine verlassene und von Ratten verseuchte Baumwollspinnerei in der Nähe von Manchester. Auf der Isle of Man waren mehr als 20.000 Menschen inhaftiert, was der Hälfte der damaligen Inselbevölkerung entsprach. Tausende der Inhaftierten waren in Großbritannien geboren, aber deutscher oder italienischer Abstammung, und viele von ihnen sprachen nur Englisch.

Die Regierungen Kanadas und Australiens, die während des Ersten Weltkriegs systematisch langjährige Einwohner deutscher Abstammung eingesperrt hatten, erklärten sich bereit, während des Zweiten Weltkriegs mehrere tausend „feindliche Ausländer“ in ihren Ländern zu internieren.

Mehr als die Hälfte der ersten Gruppe von 1.100 Gefangenen, die auf der SS Arandora Star nach Kanada unterwegs waren, kamen am 2. Juli 1940 ums Leben, als deutsche Torpedos das Schiff vor der irischen Küste versenkten. Innerhalb weniger Tage wurden Hunderte der Überlebenden, die noch unter dem Schock des Torpedo-Angriffs standen, auf die Dunera getrieben, die eine Woche später nach Australien auslief.

Die HMT Dunera sollte eigentlich nur 1.600 Menschen, einschließlich der Besatzung, befördern, aber fast 3.000 wurden auf das Schiff „verfrachtet“. Sie waren zwischen 16 und 66 Jahre alt und dachten, sie würden nach Kanada geschickt. Den verheirateten Männern wurde fälschlicherweise versichert, dass ihre Ehefrauen und Kinder später nachkommen dürften. Ihre Familien erhielten keine Informationen über den Verbleib der Männer, bis sie in Australien inhaftiert waren.

Die Reise dauerte 57 Tage und war ein Höllenritt. Es war die erste Massenverschiffung von Gefangenen nach Australien, seit Großbritannien 1868 seine Transporte von Strafgefangenen in die Kolonie eingestellt hatte.

Die Gefangenen schliefen in Hängematten, auf Bänken oder auf dem Boden und durften sich nur wenige Minuten pro Tag an Deck aufhalten. Es gab nur zehn Toiletten für die Gefangenen, ein Stück Seife pro Woche für zwanzig Männer und ein Handtuch für zehn Männer. Hautkrankheiten, Ruhr und andere Krankheiten breiteten sich rasch aus, aber es gab nur einen Militärarzt an Bord.

Die britischen Bewacher schlugen und beschimpften die Gefangenen und stahlen ihnen Uhren, Ringe und andere Wertgegenstände. Die britischen Marinesoldaten warfen Insulin und andere Medikamente, Briefe, Dokumente und persönliche Erinnerungsstücke, die sie in Koffern fanden, einfach über Bord.

Wir Flüchtlinge wurden mit sadistischer Brutalität in den unteren Teil des Schiffsdecks gedrängt, wie Schafe von den Hüterhunden eines Hirten. Sie schlugen mit ihren Gewehren zu wie professionelle Banditen ... Unten auf der Treppe standen Soldaten mit ihren Gewehren, der Feldwebel mit einem großen Stock in der Hand, bereit, uns zu töten. [Boaz Bischofswerder. Dunera Lives: Profiles, von Ken Inglis, Seumas Spark, Jay Winter und Carol Bunyan, 2020, S. 414]

Bei einer anderen Gelegenheit wurde ein Gefangener von einem Soldaten mit einem Bajonett in den Bauch gestochen, nachdem er versucht hatte, nachts eine Toilette an Deck aufzusuchen, die nicht zugänglich war. Er verbrachte den Rest der Reise im Lazarett des Schiffes. Ein anderer Gefangener, der 36jährige Jacob Weiss, war so verzweifelt, als die Wachen seine Papiere für die Auswanderung nach Argentinien zerrissen, dass er Selbstmord beging, indem er sich über Bord warf.

Major William Patrick Scott, der kommandierende Offizier der HMT Dunera, war ein schikanöser Rassist. In einem langen Bericht an die australischen Behörden behauptete er später, dass seine Offiziere keine Gefangenen geschlagen oder deren Hab und Gut gestohlen hätten.

Scott lobte nazi-freundliche Deutsche, die ebenfalls auf das Schiff gepfercht worden waren. Ihr Verhalten sei „vorbildlich“, erklärte er: „Sie sind von feiner Art, ehrlich und aufrichtig und äußerst diszipliniert.“

In Anlehnung an Hitler und Goebbels beschrieb Scott die deutschen und österreichischen jüdischen Flüchtlinge als „subversive Lügner, anspruchsvoll und arrogant, und ich habe Schritte unternommen, um sie auf meine Linie zu bringen ... [Sie sind] definitiv nicht vertrauenswürdig, weder in Wort noch in Tat.“ [Cyril Pearl, The Dunera Scandal: Deported by Mistake, 1983, S.55]

Gefangene „feindliche Ausländer“ werden unter militärischer Bewachung von der HMT Dunera auf Eisenbahnwaggons in Sydney verlegt, 6. September 1940 [Photo: Pyrmont History Group]

Ein australischer medizinischer Offizier, der an Bord des Schiffes ging, nachdem es in Sydney angelegt hatte, war schockiert über die entsetzlichen Zustände und erstattete sofort einen offiziellen Bericht. Weitere Einzelheiten über die sadistische Misshandlung der Dunera-Flüchtlinge an Bord kamen ans Licht und zwangen die britische Regierung zu dem Eingeständnis, dass diese „feindlichen Ausländer“ niemals hätten inhaftiert oder deportiert werden dürfen.

Premierminister Churchill entschuldigte sich schließlich und erklärte, die Inhaftierungen und Deportationen seien „ein bedauerlicher und bedauernswerter Fehler“ gewesen. Dies führte zu einer parlamentarischen Untersuchung und einem Kriegsgerichtsverfahren gegen Scott und zwei weitere hohe Offiziere. Scott wurde „streng gemaßregelt“, und einer der Offiziere, ein Regimentsfeldwebel, wurde für 12 Monate ins Gefängnis gesteckt und dann aus der Armee entlassen.

Churchills doppelzüngige Entschuldigung war zweifellos durch das Bedürfnis der Regierung motiviert, einige der inhaftierten hochqualifizierten Fachkräfte und qualifizierten Arbeiter freizulassen, um die Kriegsanstrengungen Großbritanniens zu unterstützen. Im März 1941 entsandte das Innenministerium Julian Layton nach Australien, um Nachforschungen anzustellen. Er erhielt einen militärischen Ehrenrang, war aber Börsenmakler und hatte ein ausgeprägtes Interesse an der jüdischen Wohlfahrt. Er empfahl, die Internierten als „Flüchtlingsausländer“ einzustufen und in das Vereinigte Königreich zurückzuschicken.

Bis Mitte 1942 wurden etwa 1.300 Männer entlassen, von denen viele nach Großbritannien zurückkehrten. Diejenigen, die sich entschieden hatten, in Australien zu bleiben, wurden später freigelassen, wobei etwa ein Drittel von ihnen der 8th Employment Company der australischen Armee beitraten, die Arbeitsdienst in wichtigen Industrien verrichtete.

Die Deportierten der HMT Dunera waren eine außergewöhnliche Gruppe von Menschen: Schriftsteller, Künstler, Designer, Musiker, Akademiker, Ärzte, Wissenschaftler, Ingenieure und hochqualifizierte Handwerker. Es handelte sich um den größten einzelnen Transport wissenschaftlicher und künstlerischer Talente, die in jenem Jahrhundert nach Australien gebracht wurden und die später, nach dem Krieg, eine Schlüsselrolle im wissenschaftlichen und kulturellen Leben des Landes spielten.

Unter den Inhaftierten befanden sich Sozialdemokraten, Anarchosyndikalisten, linke Christen sowie über 100 Kommunisten, darunter Teilnehmer an der deutschen Revolution von 1923 und mindestens ein ehemaliges Mitglied der Komintern. Einige schlossen sich nach ihrer Entlassung der stalinistischen Kommunistischen Partei Australiens und ihrer Jugendbewegung Eureka League an.

Der Enkel von Sigmund Freud, Anton Walter Freud, ein Chemieingenieur, der später eine wichtige Rolle bei der Verfolgung von Nazi-Kriegsverbrechern spielte, war ebenso inhaftiert wie Richard Sonnenfeldt, der bei den Nürnberger Nachkriegsprozessen als Hauptdolmetscher für die amerikanische Anklage fungierte. Weitere inhaftierte Flüchtlinge waren der Atomphysiker Hans Kronberger, der Mathematiker Martin Löb und der später weltbekannte Leichtathletiktrainer Franz Stampfl.

Ulrich Alexander Boschwitz [Photo: Courtesy of Leo Baeck Institute, New York]

Der deutsche Romanautor Ulrich Alexander Boschwitz („Der Reisende“) war ein weiterer bekannter Gefangener. Er starb tragischerweise im Alter von 27 Jahren zusammen mit Hunderten von anderen entlassenen Gefangenen, die nach Großbritannien zurückkehrten, nachdem die Transportschiffe Abosso und Waroonga 1942 bzw. 1943 von deutschen Torpedos versenkt worden waren.

Der deutsche surrealistische Maler Hein Heckroth (1901-1970) war in Hay inhaftiert. Er arbeitete in den 1930er Jahren mit Salvador Dalí und Picasso zusammen und zog nach Großbritannien, wo er ein sehr erfolgreicher Bühnen- und Filmdesigner wurde, bevor er in Australien ins Gefängnis kam. Heckroth hielt vor seinen Mitgefangenen Vorträge über Surrealismus.

Nach seiner Freilassung 1943 kehrte Heckroth nach Großbritannien zurück und arbeitete an mehreren Filmen für die Regisseure Michael Powell und Emeric Pressburger (ebenfalls ein Flüchtling aus Nazi-Deutschland). 1948 erhielt er einen Oscar für seine radikale Farbwahl, seine Bühnenbilder und Kostüme für „Die roten Schuhe“.

Isoliertes Leben hinter Stacheldraht in Australien

Auch wenn sich die grundlose Gewalt auf der HMT Dunera in Australien nicht wiederholte, war das Leben in den mit Stacheldraht umzäunten Lagern hart, insbesondere in Hay mit seiner großen Sommerhitze und den heftigen Staubstürmen. In den ersten Monaten ihrer Inhaftierung fehlte es den Gefangenen an angemessener Kleidung und anderen lebensnotwendigen Dingen.

George Teltscher Adams, Lagerzaun mit Wachhäuschen in Hay, 1940–1941 [Photo by Mitchell Library, State Library of New South Wales.]

Die Häftlinge richteten jedoch eine demokratisch gewählte Verwaltung ein, die die internen Angelegenheiten des Lagers regelte, und taten alles, was in ihrer Macht stand, um Vernunft und Moral aufrechtzuerhalten. Sie gründeten Zeitungen und informelle Universitäten, in denen ehemalige Akademiker Kurse in Kunst, Geschichte, Literatur, Philosophie, zahlreichen Sprachen, Schriftstellerei und verschiedenen Handwerken gaben.

Instrumente und Noten wurden schließlich von der Australian Jewish Welfare Society, dem Victorian International Refugee Emergency Council und Einheimischen aus der Umgebung zur Verfügung gestellt. Musikaufführungen, die von klassischen Werken – säkularen und religiösen – über Jazz und Unterhaltungsmusik bis hin zu Varieté, Kabarett und ernstem Theater reichten, wurden regelmäßig organisiert.

Diese Aktivitäten konnten jedoch die Einsamkeit und geografische Isolation der Gefangenen nicht wettmachen. Niemand wusste, wie lange sie festgehalten werden würden, geschweige denn, was mit den in Großbritannien zurückgebliebenen Familien geschah, oder ob Eltern oder andere Verwandte in Deutschland, Österreich und Osteuropa in den Konzentrationslagern der Nazis ermordet wurden.

Wie die Häftlinge ihre Hoffnungen und Ängste verarbeiteten, zeigen die Ausstellung des Orange Museums und die Messe von Max-Peter Meyer. Zu den ausgestellten Künstlern gehören Ludwig Hirschfeld-Mack, George Teltscher, Robert Hofmann, Klaus Friedeberger, Erwin Fabian, Emil Wittenberg und Heinz Tichauer.

Ludwig Hirschfeld-Mack, „Desolation“, 1941. Geschenk von Chris Bell, Sammlung des Orange Regional Museum [Photo]

„Desolation“, ein Holzschnitt von Hirschfeld-Mack (1893-1965), ist ein einfaches, aber eindringliches Bild, das das Schicksal Hunderter von Männern in den australischen Lagern darstellt. Es zeigt eine einsame Gestalt, die sich mit dem Rücken zum Betrachter gegen einen Stacheldrahtzaun abhebt und auf das Kreuz des Südens starrt. Hirschfeld-Mack schuf mehrere Variationen dieses Bildes in Hay, wobei seine endgültige Version in Orange fertiggestellt wurde.

Ludwig Hirschfeld-Mack hatte Kunst und Musik an der Musterschule in Frankfurt am Main studiert und im Ersten Weltkrieg in der deutschen Armee gedient. Er war Pazifist geworden. Ab 1920 studierte er Graphik, Bildhauerei und experimentelle Kunst am Bauhaus bei Paul Klee, Johannes Itten und Wassily Kandinsky.

Nach der Machtübernahme der Nazis in Deutschland zog er nach England, wo er bei der Umschulung arbeitsloser walisischer Bergarbeiter half und Quäker wurde. Im Jahr 1940 wurde er als „feindlicher Ausländer“ eingestuft, auf der Isle of Man inhaftiert und dann nach Australien gebracht. Er wurde schließlich freigelassen und erhielt im Dezember 1943 den Status eines „refugee alien“ (ausländischen Flüchtlings). Er unterrichtete Kunst an australischen Schulen, unter anderem bis 1957 an der renommierten Geelong Grammar School, und hatte mehrere Einzelausstellungen.

George Teltscher (1904-1983), ein weiterer ehemaliger Bauhaus-Schüler, war ein etablierter und hoch qualifizierter Grafikdesigner aus Österreich. Als ehemaliges Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands kämpfte Teltscher 1936 für die Verteidigung des republikanischen Spaniens und zog später nach London.

George Teltscher, „Zwei im Meer versinkende Hände“, 1940-1941 [Photo by Mitchell Library, State Library of New South Wales]

Er gab in Hay Kurse über Modernismus und Bauhaus-Ästhetik und entwarf eine kurzlebige interne Währung für das Lager, zu deren Druck er den Herausgeber der Stadtzeitung überredete. Die Stückelungen des „Lagergeldes“ sind im Museum ausgestellt. Nach seiner Entlassung im Jahr 1941 kehrte er nach Großbritannien zurück, wo er in der Kartographie arbeitete und Flugblätter für die britischen Kriegsanstrengungen entwarf. Später arbeitete er als Grafikdesigner für das Massachusetts Institute of Technology.

„Zwei im Meer versinkende Hände“, ein Aquarell von Teltscher, ist eine ergreifende Halbabstraktion. Es scheint ein Gedenken an die Internierten zu sein, die beim Untergang der SS Arandora Star ums Leben kamen, und ein Appell für die Freilassung aller in Australien Inhaftierten.

Robert Hofmann (1889-1987) studierte als junger Mann Kunst und kämpfte dann im Ersten Weltkrieg. Nach dem Krieg wurde er ein erfolgreicher Porträtmaler in Wien. Er war 51 Jahre alt, als er nach Australien deportiert und inhaftiert wurde. Eine kleine Auswahl seiner zahlreichen Zeichnungen von Mitgefangenen ist im Orange Regional Museum ausgestellt.

„Roll call trouble“, Robert Hofman zugeschrieben [Photo: Mitchell Library, State Library of New South Wales]

Eines seiner Bilder, „Roll call trouble“, ist eine skurrile Skizze eines Gefängniswärters von Dunera, die entweder auf dem Weg nach Australien schnell zu Papier gebracht oder nach der Ankunft aus dem Gedächtnis gezeichnet wurde.

Heinz Tichauer (1920-1999), ein junger Werbegrafiker und Fotograf, wurde 1941 von Hay nach Orange versetzt. Sein Aquarell „View of Orange depicting the Showgrounds, 1941“ ist in der Ausstellung zu sehen.

Nach seiner Entlassung wurde Tichauer, der seinen Namen in Henry Talbot anglisierte, ein führender Modefotograf in Melbourne. Er ging eine erfolgreiche fotografische Partnerschaft mit Helmut Neustädter, dem späteren Helmut Newton (1920-2004), ein, der in Singapur verhaftet und in das Gefangenenlager Tatura deportiert worden war. Newton kehrte schließlich nach Europa zurück und arbeitete in London, Paris und anderswo für die Vogue und andere renommierte Modemagazine.

Die Bilder in der Ausstellung des Orange Museums sind jedoch nur eine kleine Auswahl der Kunstwerke, die die Gefangenen während der kurzen Zeit, die sie in dem Stacheldrahtgefängnis auf dem Ausstellungsgelände der Stadt verbrachten, geschaffen hatten. Ein umfassender Überblick über alle Dunera-Künstler und ihre Werke – in Hay, Orange und Tatura - kann hier eingesehen werden.

Die Dunera-Messe

Bei der Aufführung der Messe von Max-Peter Meyer am 25. März gab Nicole Forsyth, eine professionelle Bratschistin und Dozentin für Historische Aufführungspraxis und Streicher am Sydney Conservatorium of Music, eine Einleitung.

Nicole Forsyth

In vielen veröffentlichten Berichten über die Dunera-Reise und das Leben in den australischen Gefangenenlagern wird auf Meyers Musik Bezug genommen. Die Originalmanuskripte seiner Kompositionen waren unbekannt, bis sie im Jahr 2002 wiederentdeckt wurden.

Meyer wurde 1892 in München geboren. Ursprünglich Jude, konvertierte er 1935 zum Katholizismus, wurde aber im November 1938, nach der Kristallnacht, sechs Wochen lang im KZ Dachau inhaftiert. Am jenem 9. November 1938 wüteten Nazi-Sturmtruppen und -Schläger in ganz Deutschland, ermordeten etwa 1.500 Juden, brannten fast alle 1.400 Synagogen des Landes nieder und plünderten und zerstörten 7.000 jüdische Geschäfte und Betriebe.

Nach seiner Entlassung aus Dachau floh Meyer nach Großbritannien, wo er am London College of Music unterrichtete, bis er verhaftet und nach Australien gebracht wurde. Meyer kehrte 1942 nach Großbritannien zurück und nahm seine alte Stelle am London College of Music wieder auf, wo er später für seine Arbeit und seinen Beitrag zur Musik zum Fellow ernannt wurde. Meyer war nicht der einzige Musiker und Komponist, der mit der HMT Dunera transportiert wurde. Andere waren Felix Werder und sein Vater Boaz Bischofswerder, der Konzertpianist Peter Stadlen und der Geiger Ivan Pietruschka.

Es gibt zwei Versionen von Meyers Messe. Die erste, für unbegleitete Männerstimmen, war die in Orange aufgeführte Version. Sie wurde auf verschiedene Papierschnipsel geschrieben und schon an Bord der HMT Dunera gesungen. Die zweite Fassung wurde für Sopran, Alt, Tenor und Bass mit Orgelbegleitung geschrieben und 1941 im Lager Tatura aufgeführt.

Originale einer Komposition von Max-Peter Meyer [Photo by Manuscripts courtesy of Wolkenstein & Forsyth Families]

Unter den wiederentdeckten Meyer-Werken, die in den australischen Lagern geschrieben und aufgeführt worden waren, sind ein Requiem für die auf der Arandora Star Getöteten, der Psalm „De Profundis“, der für ein klassisches Orchester arrangiert wurde, und ein Klavierquartett in C-Dur.

Nicole Forsyth sagte bei ihrer Einleitung zu der Aufführung, Meyers Kompositionen seien ein wichtiges Beispiel für die „partizipatorische künstlerische Kultur in den Lagern“ und ein Trost für die Insassen gewesen. Meyers Messe ist in d-Moll, einer besonders ergreifenden Tonart des Barock, geschrieben, und sie vermittelt Sehnsucht, Verlangen und Traurigkeit.

Max-Peter Meyer’s Dunera-Messe, aufgeführt am 25. März 2023 vom Orange Regional Conservatorium’s Symphonic Choir

Die Ausstellung im Museum von Orange und die Aufführung von Meyers Dunera-Messe im März waren ein bedeutendes und tief bewegendes kulturelles Ereignis. Wie schon frühere Präsentationen über die Dunera-Boys in den letzten Jahren ist dies die Gelegenheit für neue Generationen, sich ernsthaft mit den Ursachen auseinanderzusetzen, die zur Barbarei des Faschismus, Nationalismus und imperialistischen Kriegs führen, und daraus zu lernen.

Im Strudel des imperialistischen Krieges können Menschen, die zuvor als „Flüchtlinge“ definiert worden sind, mit einem Federstrich der Regierung in „feindliche Ausländer“ verwandelt werden. Sie werden dann permanent unter dem Verdacht stehen, Spione oder potenzielle Saboteure zu sein, und ins Gefängnis geworfen werden.

Zwischen der Verfolgung der Dunera-Boys und der rücksichtslosen Behandlung der vielen Millionen Flüchtlinge auf der Welt durch Regierungen auf allen Kontinenten besteht kein grundlegender Unterschied. Auch heute haben die Regierungen kein Problem damit, gegen internationale Konventionen und grundlegende Menschenrechte zu verstoßen.

Max-Peter Meyers Messe wurde beim Canberra International Music Festival am 6. Mai ein weiteres Mal gesungen. Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch die „Cantata Judaica“ von Boaz Bischofswerder, Felix Werders Vater, aufgeführt. Auch diese beiden Männer waren interniert und arbeiteten mit Meyer zusammen.

Weiterführende Literatur und Videos:

Ken Inglis, Seumas Spark, Jay Winter und Carol Bunyan, „Dunera Lives: A Visual History“, Monash University 2018

Alien Worlds: Dunera Artists at Hay“ (2022), Dokumentarfilm von Seumas Spark und Kate Garret

„Into the Arms of Strangers: Stories of the Kindertransport“ (2001), Buch und Regie: Mark Jonathan Harris

„The Dunera Boys“ (1985), australische Fernseh-Miniserie, geschrieben und inszeniert von Ben Lewin, mit Bob Hoskins, Warren Mitchell und John Meillon in den Hauptrollen

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