Trump wegen Dokumentenaffäre in sieben Punkten vor Bundesgericht angeklagt

Wie der ehemalige US-Präsident Donald Trump am Mittwochabend auf seiner eigenen Social-Media-Plattform erklärt hat, wurde er von einer Grand Jury des Bundes in Florida angeklagt. Er soll am kommenden Dienstag zur Anklageerhebung in Miami erscheinen.

Es geht in allen Anklagepunkten darum, dass Trump bei seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus im Januar 2021 Tausende von offiziellen Dokumenten, darunter Hunderte von Verschlusssachen, mitgenommen hat und sich weigerte, sie auf Anordnung des Justizministeriums, das im Namen der National Archives and Records Administration handelte, die Dokumente wieder herauszugeben.

Das Justizministerium und der Sonderermittler des Justizministeriums, Jack Smith, der für die Untersuchung zuständig ist, haben sich offiziell nicht geäußert, und die Anklageschrift selbst bleibt bis zum Gerichtstermin unter Verschluss. Doch laut Presseberichten, die auf nicht näher bezeichneten Leaks beruhen, lauten die Anklagepunkte u.a. vorsätzliche Zurückhaltung von Dokumenten, Falschaussage, Verschwörung zur Behinderung der Justiz, Verheimlichen und „Sammeln, Übermittlung oder Verlust von verteidigungspolitischen Informationen“, was ein Vergehen nach dem Espionage Act von 1917 darstellt.

Die vollständigen Details der Anklagen und der sie stützenden Beweise werden erst nach Anklageverlesung am Dienstag um 15 Uhr Ortszeit bekanntgegeben, es sei denn, der Richter gibt die Anklageschrift vorher frei.

Als Reaktion auf die Anklageschrift behauptete Trump demagogisch, das Justizministerium „mische sich in die Wahlen ein.“ Er appellierte an die Republikaner im Kongress, eine Untersuchung gegen das Justizministerium und das FBI zu ihrer „obersten Priorität“ zu machen. Sein Wahlkampfteam begann sofort mit einer Spendensammlung zu der Anklage und verbreitete eine E-Mail von Trump, in der es hieß: „Das ist nichts weiter als ein abstoßender Akt von Wahlbeeinflussung durch die Regierungspartei, um ihre Opposition zu ELIMINIEREN und die totale Kontrolle über unser Land zu erlangen.“

Es ist das erste Mal in der Geschichte der USA, dass ein ehemaliger Präsident vor einem Bundesgericht angeklagt wird, ganz zu schweigen von einer Anklage wegen Kapitalverbrechen, bei denen im Falle eines Schuldspruchs eine lange Haftstrafe droht. Trump ist sowohl ehemaliger Präsident als auch Spitzenreiter im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner im Jahr 2024.

Ex-Präsident Donald Trump bei einer Rede am Flughafen Minden-Tahoe in Minden (Nevada) am 8. Oktober 2022 (AP Photo/José Luis Villegas, Archiv) [AP Photo/José Luis Villegas, Pool, File]

Die Anklage hebt die politische Kriegsführung innerhalb der herrschenden Elite der USA auf eine neue Stufe, die sich bereits in einer Reihe beispielloser Vorfälle niedergeschlagen hat: die Untersuchung eines Sonderermittlers gegen einen amtierenden Präsidenten wegen des Vorwurfs der Zusammenarbeit mit Russland; zwei Amtsenthebungsverfahren durch das Repräsentantenhaus, die im US-Senat scheiterten; der faschistische Putschversuch, mit dem Trump die Präsidentschaftswahlen von 2020 sowie die Verfassung kippen und an der Macht bleiben wollte, und jetzt eine Reihe von Anklagen gegen einen ehemaligen Präsidenten.

Die Reihe von rechtlichen Schritten gegen Trump während der letzten drei Monate ist bemerkenswert:

  • Am 30. März erstattete der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, 34 Strafanzeigen gegen Trump, weil er Geschäftsunterlagen gefälscht hatte, um sein Bestechungsgeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels zu verschleiern, damit sie über ihre Behauptungen einer sexuellen Beziehung mit ihm schweigt.
  • Am 11. Mai wurde der pensionierten Zeitschriftenkolumnistin E. Jean Carroll in einem Zivilverfahren gegen Trump eine Entschädigung von fünf Millionen Dollar zugesprochen. Sie hatte ihn verklagt, weil er sie vor fast 30 Jahren vergewaltigt und sie dann diffamiert hatte, als sie den Angriff zum ersten Mal öffentlich machte, während er noch Präsident war.
  • Am 13. Juni soll Trump wegen mehrerer Anklagepunkte vor einem Bundesgericht erscheinen, weil er offizielle Dokumente, von denen viele als vertraulich eingestuft sind, rechtswidrig mitgenommen und einbehalten hat.

Bei zwei weiteren weitaus schwerwiegenderen Strafverfahren steht die endgültige Entscheidung der Staatsanwaltschaft noch aus.

In Georgia erklärte die Staatsanwältin Fani Willis aus Atlanta, sie werde bis August über die Eröffnung eines Verfahrens gegen Trump wegen dessen Versuchs entscheiden, das Ergebnis der Wahl von 2020 in diesem Bundesstaat zu manipulieren. Trump hatte u.a. falsche Vorwürfe wegen Wahlmanipulation durch Wahlbeamte in Atlanta erhoben und den Innenminister von Georgia, Brad Raffensperger, in einem inzwischen berüchtigten Telefonat gedrängt, genug Stimmen für Trump zu „finden“, um Bidens Vorsprung von etwa 13.000 Stimmen zu überholen.

Sonderermittler Jack Smith ist neben der Dokumentenaffäre auch für die Ermittlungen des Justizministeriums und des FBI zu Trumps Beteiligung an den Ereignissen vom 6. Januar 2021 zuständig. Damals hatte ein Mob von Trumps Anhängern, die von ihm nach Washington gerufen und zum Kapitol dirigiert wurden, das Gebäude gestürmt, sich heftige Kämpfe mit der Polizei geliefert, das Leben von Abgeordneten und Vizepräsident Mike Pence bedroht und vorübergehend die Bestätigung des Wahlergebnisses durch den Kongress verzögert. Mehr als eintausend direkte Teilnehmer des Angriffs wurden strafrechtlich verfolgt, doch diejenigen, die hinter den Kulissen die Gewalt mit organisiert und angestachelt haben, wurden bisher nicht angeklagt.

Es gibt eindeutig eine konzertierte Aktion der Demokratischen Partei, der Biden-Regierung und des nationalen Sicherheitsapparats, das Rechtssystem zu nutzen, damit Trump behindert wird und seine Versuche gestört werden, bei den Wahlen 2024 wieder an die Macht zu kommen. Wie die Abfolge der Verfahren jedoch deutlich macht, wollen sie gleichzeitig vermeiden, den Putschversuch vom 6. Januar in den Mittelpunkt zu stellen. Dies würde Bidens Ziel beeinträchtigen, eine „starke Republikanische Partei“ zu erhalten und einen parteiübergreifenden Konsens für den Krieg gegen Russland in der Ukraine zu wahren.

Der Kampf gegen Russland ist nicht nur das zentrale politische Ziel des Weißen Hauses, sondern auch die Grundlage des gesamten Konflikts der Demokraten mit Trump, seit dieser 2015 erstmals im republikanischen Präsidentschaftswahlkampf angetreten ist. Mächtige Teile der US-Finanzaristokratie und ihres nationalen Sicherheitsapparats betrachten Trump in der Russland-Frage als unzuverlässig und unberechenbar und versuchen zu verhindern, dass er sich als Kandidat oder gar als neuer Präsident in den Krieg einmischt.

Natürlich ist Trump nicht wirklich gegen den Krieg. Er versucht lediglich, den Widerstand der Bevölkerung gegen den Krieg für seine Bemühungen auszunutzen, eine faschistische Bewegung in Amerika aufzubauen.

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