Am Mittwoch veröffentlichte der Guardian einen Artikel, in dem der ehemalige Nato-Generalsekretär Anders Rasmussen in Aussicht stellte, dass Nato-Mitglieder „Bodentruppen“ in der Ukraine einsetzen könnten.
Der Guardian bezeichnete seine Worte als „bemerkenswerte Andeutung, dass aus Sicht einiger Staaten derart viel auf dem Spiel steht, dass sie ihre eigenen Truppen in dem Konflikt einsetzen könnten“.
Rasmussen äußerte sich im Vorfeld des Nato-Gipfels, der nächsten Monat in Vilnius (Litauen) stattfindet und auf dem erwartet wird, dass die Nato eine Art formelles Militärbündnis mit der Ukraine beschließen wird, einschließlich möglicher Schritte in Richtung Nato-Mitgliedschaft.
Würde die Ukraine – ein Land, das sich derzeit im Krieg mit Russland befindet – formelle militärische Garantien erhalten, würde dies bedeuten, dass sich das Nato-Bündnis formell im Krieg mit Russland befindet.
Rasmussen erklärte, wenn eine solche formelle militärische Liaison nicht zustande käme, würden die einzelnen Nato-Mitgliedstaaten ihre eigene Beteiligung am Krieg ausweiten. Er sagte:
Wenn sich die Nato nicht auf einen klaren Weg für die Ukraine einigen kann, besteht durchaus die Möglichkeit, dass einige Länder einzeln Maßnahmen ergreifen. Wir wissen, dass Polen sehr engagiert ist, um der Ukraine konkrete Hilfe zu leisten. Und ich würde nicht ausschließen, dass sich Polen in diesem Zusammenhang auf nationaler Ebene noch stärker engagieren wird und die baltischen Staaten folgen werden, vielleicht einschließlich der Möglichkeit von Bodentruppen vor Ort.
Er fuhr fort:
Ich denke, die Polen würden ernsthaft in Erwägung ziehen, hineinzugehen und eine Koalition der Willigen zusammenzustellen, wenn die Ukraine in Vilnius nichts erreicht. Wir sollten die polnischen Gefühle nicht unterschätzen. Die Polen haben den Eindruck, dass Westeuropa ihre Warnungen vor der wahren russischen Mentalität zu lange missachtet hat.
Der Guardian paraphrasierte Rasmussen mit den Worten: „Es wäre völlig legal, wenn die Ukraine eine solche militärische Unterstützung ersuchen würde“, was nur als Unterstützung für dieses Szenario verstanden werden kann.
Rasmussen fügte hinzu: „Ich habe mit mehreren osteuropäischen Staats- und Regierungschefs gesprochen, und es gibt einen harten Kern von ostmitteleuropäischen Verbündeten, die zumindest einen klaren Weg für die Ukraine in Richtung Nato-Mitgliedschaft sehen wollen.“
Anfang dieser Woche trafen sich die Nato-Außenminister in Oslo (Norwegen), um über die Formalisierung ihres Bündnisses mit der Ukraine zu beraten. Auf der Pressekonferenz nach Abschluss des Treffens erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg: „Wir haben uns heute darauf konzentriert, wie wir die Ukraine näher an die Nato heranführen können, wo sie hingehört.“
Er fuhr fort: „Alle Verbündeten sind sich einig, dass die Tür der Nato offen bleibt... Die Verbündeten sind sich einig, dass die Ukraine Mitglied der Nato werden wird.“
Stoltenberg machte deutlich, dass die Formalisierung der Nato-Bündnisstruktur mit der Ukraine ein wichtiger Schwerpunkt des Gipfels sein wird.
Wohl als Reaktion auf Rasmussens Äußerungen sagte Julianne Smith, Ständige US-Vertreterin bei der Nato, gegenüber dem Guardian: „Wir prüfen eine Reihe von Optionen, um zu signalisieren, dass die Ukraine in ihren Beziehungen zur Nato vorankommt.“
Diese Äußerungen werden getätigt, während die Nato eine Reihe massiver Militärübungen in der Nähe der russischen Grenze durchführt.
Nächste Woche wird sie mit der Übung Air Defender 23 die größten Luftkriegsmanöver ihrer Geschichte beginnen, in deren Rahmen die Nato einen simulierten Krieg mit Russland führen wird.
An den Übungen werden 250 Flugzeuge, darunter F-35-Kampfflugzeuge und B1-Bomber, sowie 10.000 Soldaten teilnehmen.
Die Übungen werden sich von den Vereinigten Staaten bis zum Baltikum und dem Schwarzen Meer erstrecken, und Deutschland spielt dabei eine führende Rolle.
Der deutsche Generalleutnant und Inspekteur der Luftwaffe, Ingo Gerhartz, sagte dem Wall Street Journal: „Deutschland muss viel mehr Verantwortung übernehmen und manchmal die Führung unter den Nato-Nationen hier in Europa übernehmen... und wir beweisen mit dieser Übung, dass wir dazu in der Lage sind.“
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die Darstellung der Kriegsmanöver im Wall Street Journal ist erschreckend:
Im Zuge der Air-Defender-Übung wird die massive Verlegung von Truppen und Gerät aus den USA nach Europa als Reaktion auf verschiedene Szenarien geübt, die russische Angriffe auf Nato-Mitglieder beinhalten.
Das Basisszenario sieht die Einnahme des deutschen Hafens Rostock durch den Feind vor, ein Angriff, der die gemeinsame Verteidigungsklausel der Nato, bekannt als Artikel 5, auslösen würde. Die Reaktion umfasst die Rückeroberung des Hafens und anderer Infrastrukturen sowie die Verteidigung von Städten und die Einleitung von Offensivmaßnahmen.
Teile des deutschen Luftraums werden für kurze Zeit für den zivilen Flugverkehr gesperrt werden. Die Übung wird sich auch auf die Ostflanke der Nato erstrecken, namentlich auf Länder wie Litauen und Rumänien sowie auf Polen und die Tschechische Republik.
Die gemeinsamen Luftstreitkräfte werden auch üben, eine Lücke in der europäischen Sicherheit zu schließen, die durch den Mangel an Luftabwehr entsteht. Sie werden russische Raketen- und Drohnenangriffe simulieren und Kampfjets einsetzen, um diese abzuwehren.
Die Eskalation erfolgt inmitten einer sich verschlimmernden humanitären Krise, die durch die Zerstörung des Kachowka-Staudamms ausgelöst wurde. In der gesamten Südukraine kam es dadurch zu Überschwemmungen, die die ohnehin schon katastrophale humanitäre Lage noch verschärft haben.
Zwar ist noch unklar, wer für den Angriff verantwortlich ist, doch im vergangenen Jahr haben ukrainische Truppen den Damm beschossen, um den Wasserstand flussabwärts zu erhöhen. Die militärische Führung hatte damals öffentlich erwogen, ihn ganz zu zerstören.
In einem im vergangenen Jahr veröffentlichten Artikel über die ukrainische Offensive in der Region Cherson berichtete die Washington Post, dass Generalmajor Andrij Kowaltschuk, der Leiter der ukrainischen Gegenoffensive in Cherson, „eine Flutung des Flusses in Erwägung zog“.
Die Washington Post fuhr fort:
Die Ukrainer hätten sogar einen Testangriff mit einem HIMARS-Werfer auf eines der Fluttore am Nova-Kachowka-Damm durchgeführt und dabei drei Löcher in das Metall gebohrt, um zu sehen, ob das Wasser des Dnjepr so weit angehoben werden könne, dass die Russen den Fluss nicht überqueren könnten, ohne jedoch umliegende Dörfer zu überfluten. Der Test war ein Erfolg, sagte Kowaltschuk, aber der Schritt blieb ein letztes Mittel. Er behielt ihn sich vor.
Am Dienstag veröffentlichte die Post einen Artikel, in dem sie behauptete, dass die Ukraine für die Zerstörung der Nordstream-Pipelines in der Ostsee am 26. September 2022 verantwortlich sei und dass die Vereinigten Staaten im Voraus von dem Angriff wussten und nichts unternommen hätten, um ihn zu verhindern.
Unabhängig davon, ob, wie die Post behauptet, die Ukraine den Bombenanschlag auf die Nordstream-Pipelines mit Unterstützung der USA verübt hat oder, wie der erfahrene Enthüllungsjournalist Seymour Hersh behauptet, die Vereinigten Staaten die Anschläge direkt ausgeführt haben, ist klar, dass die Vereinigten Staaten an der Planung eines Terroranschlags auf ihren Nato-Verbündeten Deutschland beteiligt waren.
Die Erklärung von Außenminister Antony Blinken, dass „ich wirklich nichts zu der absurden Behauptung von Präsident Putin zu sagen habe, dass wir oder andere Partner oder Verbündete in irgendeiner Weise für das Nordstream-Attentat verantwortlich seien“, erweist sich damit ebenfalls als völlig falsch.