Orbán warnt: EU könnte Gespräche über Einsatz von „Friedenstruppen“ in der Ukraine führen

Wie der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán am Freitag erklärte, stehen die europäischen Mächte kurz davor, angesichts der Eskalation des US/Nato-Kriegs gegen Russland in der Ukraine Gespräche über die Stationierung von „Friedenstruppen“ zu beginnen.

Die Frage, ob die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in irgendeiner Form Friedenstruppen in die Ukraine entsenden können oder nicht, stehe „kurz vor einer legitimen, akzeptierten und gut etablierten Frage im Gespräch zwischen den europäischen Staats- und Regierungschefs“, sagte Orbán.

Er fügte hinzu: „Wir stehen nahe an dieser Grenze, die bisher als unpassierbar galt.“

Orbán fuhr fort: „Ich bin überzeugt, dass die Gefahr eines Weltkriegs keine dramatische Übertreibung ist. Wenn europäische und amerikanische Regierungschefs sagen, dass wir, wenn es so weitergeht, im Dritten Weltkrieg landen könnten, so scheint das erst einmal unglaublich übertrieben. Aber wo ich arbeite und die Ereignisse verfolge, besteht momentan eine reale Gefahr.“

Diese Äußerungen Orbáns stammen aus einem Interview mit dem ungarischen Radiosender Kossuth Rádió. Anschließend bezogen sich Newsweek und Yahoo News auf seine Äußerungen.

Orbán ist der erste Regierungschef eines Nato-Staats, der öffentlich die Stationierung von Nato-Truppen in der Ukraine in Aussicht stellt.

Anfang des Jahres kündigten die USA an, „in die Offensive zu gehen, um die von Russland besetzte Ukraine zu befreien“. Doch angesichts der enormen Verluste der Ukraine wird klar, dass dieses Ziel nicht ohne die direkte Kriegsbeteiligung der Nato erreicht werden kann.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte als Reaktion auf Orbáns Äußerungen: „Wenn wir hier von ernsthaften Verhandlungen sprechen, dann ist das eine potenziell äußerst gefährliche Diskussion.“

Der ehemalige russische Präsident Dimitri Medwedew fügte hinzu: „In Europa wird die neue falsche Idee diskutiert, eine Art ,Friedenstruppe‘ unter der Schirmherrschaft der Nato in die Ukraine zu schicken. ... Es ist klar, dass die so genannten Nato-Friedenstruppen einfach an der Seite unserer Feinde in den Konflikt eingreifen werden.“

Medwedew erklärte, ein solcher Schritt würde „die Situation an den Punkt bringen, an dem es kein Zurück mehr gibt“, und „genau den Dritten Weltkrieg entfesseln, der in Worten angeblich so gefürchtet wird. ... Es bleibt nur noch zu klären, ob Europa für eine große Anzahl von Särgen für seine ,Friedenstruppen‘ bereit ist.“

Orbán ist zwar mit den USA über das Ausmaß der Unterstützung Ungarns für den Nato-Kriegskurs aneinandergeraten, doch ist das Land Mitglied der Nato und erschien auf einer vom Kreml am Donnerstag veröffentlichten Liste „nicht-freundlicher“ Staaten.

Der russische Botschafter in Budapest, Jewgeni Stanislawow, erläuterte die Entscheidung mit den Worten: „Ungarn hat alle antirussischen Sanktionspakete Brüssels unterzeichnet und ist gezwungen, sie strikt einzuhalten.“

Während Orbán die Diskussionen über die Stationierung von „Friedenstruppen“ als hypothetische Frage in den Raum gestellt hat, weiten die USA und ihre Verbündeten ihre direkte Beteiligung an dem Konflikt massiv aus.

Der Pressesprecher des Pentagon, Air-Force-Brigadegeneral Pat Ryder, erklärte am Freitag, die USA hätten der Ukraine bisher Waffen im Wert von mehr als 30 Milliarden Dollar geliefert – zusätzlich zu den mehr als 70 Milliarden Dollar Finanz- und Wirtschaftshilfe.

Inzwischen werden in den USA, Deutschland und anderen Nato-Staaten laut Ryder mehr als 10.000 ukrainische Soldaten ausgebildet.

Ryder erklärte: „Seit Russlands unprovoziertem Einmarsch in die Ukraine im Jahr 2022 hat das US European Command, die US Army Europe and Africa und die Security Assistance Group Ukraine mehr als 7.000 Angehörige der ukrainischen Streitkräfte ausgebildet.“

Er fuhr fort: „Erst diese Woche haben 65 ukrainische Soldaten in Fort Sill (Oklahoma) ihre Ausbildung an Patriot-Raketenwerfern abgeschlossen und sind wieder in Europa eingetroffen.“

Ryder informierte über den aktuellen Stand der Ausbildung tausender ukrainischer Soldaten, die in Deutschland an Nato-Panzerfahrzeugen und Kampfpanzern ausgebildet werden: „Ende dieses Monats werden mehr als 4.000 ukrainische Soldaten in zwei Brigaden – eine davon ist mit [Schützenpanzern des Typs] M2 Bradley ausgerüstet, die andere mit Stryker-Schützenpanzern – ihre Ausbildung in Waffenverbünden abgeschlossen haben und in die Ukraine zurückkehren.“

Laut Ryder werden derzeit mehr als 11.000 ukrainische Soldaten in 26 verschiedenen Ländern ausgebildet.

Am Freitag berichtete Reuters, die USA würden bald weitere Waffenlieferungen an die Ukraine im Wert von etwa 2,6 Milliarden Dollar ankündigen, die unter anderem Radargeräte, Raketen und Panzermunition umfassen sollen.

Währenddessen haben der russische Präsident Wladimir Putin und der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko die Stationierung russischer Atomwaffen in Belarus in Aussicht gestellt, wodurch sie näher an die Grenzen der Nato rücken würden.

Lukaschenko erklärte: „Ich und [der russische Präsident Wladimir] Putin können darüber entscheiden, hier gegebenenfalls strategische Atomwaffen zu stationieren.“ Er versprach, die „Souveränität und Unabhängigkeit“ von Belarus zu verteidigen.

Diese Entwicklungen finden statt, während der Krieg in der Ukraine sich beschleunigt. US-Generalstabschef Mark Milley bezeichnete die Schlacht um Bachmut als „Schlachtfest“. Als Reaktion auf die anhaltenden Verluste im Krieg ordnete Putin am Donnerstag die Einberufung von weiteren 147.000 Soldaten an.

Am Donnerstag stimmte die Türkei der Aufnahme Finnlands in die Nato zu, was die Landgrenze zwischen den Nato-Staaten und Russland massiv vergrößern wird. Laut dem Magazin Politico erwägt die Nato außerdem die Stationierung von bis zu 300.000 Soldaten an der Grenze zu Russland.

Politico schrieb am 18. März: „In den kommenden Monaten wird das Bündnis die Bemühungen intensivieren, Ausrüstung an der Ostgrenze des Bündnisgebiets zu sammeln und Zehntausende von Soldaten zu bestimmen, die ihren Verbündeten kurzfristig zu Hilfe kommen können. Dies soll Russland daran hindern, seinen Krieg über die Ukraine hinaus auszuweiten.“

Weiter hieß es: „Die Truppenstärke wird groß sein, laut offiziellen Quellen könnten bis zu 300.000 Nato-Soldaten notwendig sein, damit das neue Modell funktioniert.“

Die erste Abteilung aus etwa 100.000 Soldaten, die innerhalb von zehn Tagen mobil gemacht werden können, könnten von Polen, Norwegen und den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen gestellt werden.

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